Multiple Sklerose: Eine junge Frau mit oranger Schleife
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Multiple Sklerose (MS): Symptome, Ursachen & Therapie

Von: Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 27.02.2023

Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die meist im frühen Erwachsenenalter beginnt. Die Symptome sind recht unspezifisch und der Krankheitsverlauf variiert stark, was eine frühzeitige Diagnose erschwert. Welche Anzeichen auf die Autoimmunerkrankung hindeuten können, wie MS diagnostiziert wird und welche Therapien möglich sind.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung

  • Definition: Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Durch das körpereigene Immunsystem werden Teile der Nervenfasern zerstört, wodurch diverse Impulse nicht mehr weitergeleitet werden können.

  • Symptome: MS kann sich durch zahlreiche, teils unspezifische Symptome äußern. Am häufigsten treten Lähmungserscheinungen, Sehstörungen und Empfindungsstörungen auf. Auch Gesichtsschmerzen, Sprachstörungen, Harnverhalt, Verdauungsprobleme und psychische Leiden sind möglich.

  • Ursachen: Die genaue Ursache ist abschließend noch nicht geklärt. Neben gestörten Autoimmunprozessen werden erbliche Faktoren und vergangene Infektionen diskutiert.

  • Therapie: Multiple Sklerose ist derzeit nicht heilbar. Verschiedene Therapieverfahren können die Beschwerden jedoch deutlich lindern. Zum Einsatz kommen Medikamente wie Immuntherapeutika, Entzündungshemmer sowie Wirkstoffe gegen akute Schmerzen. Parallel können sich Maßnahmen wie Physiotherapie, Schmerztherapie oder Entspannungsverfahren positiv auswirken.

  • Diagnose: MS wird vor allem per Ausschlussverfahren diagnostiziert. Neben Anamnese, neurologischen Untersuchungen und Liquorpunktion können ein EEG oder MRT Aufschluss geben.  

  • Verlauf: Erste Symptome zeigen sich meist zwischen dem 20. Und 40. Lebensjahr. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist wichtig, um den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen. Grundsätzlich lässt sich jedoch keine allgemeingültige Aussage zum Verlauf treffen.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), das Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark umfasst. Fachleute bezeichnen die Erkrankung auch als Encephalomyelitis disseminata, was so viel wie "verstreute Hirn- und Rückenmarksentzündung" bedeutet.

Fachleute nehmen an, dass die Krankheit auf eine Fehlregulation des körpereigenen Abwehrsystems zurückzuführen ist. Deshalb zählt Multiple Sklerose zu den Autoimmunerkrankungen.

Multiple Sklerose verläuft in Schüben

Die Autoimmunerkrankung äußert sich nicht immer gleich stark, sondern verläuft typischerweise in Krankheitsschüben. Ein akuter Multiple-Sklerose-Schub liegt vor, wenn bisher unbekannte Beschwerden auftreten, frühere Symptome wiederkehren oder diese sich mindestens über 48 Stunden lang verstärken.

Risikogruppe: Wer ist betroffen?

Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 20 und 40 Jahren. Zunehmend betrifft MS jedoch auch Kinder und Jugendliche. Die in Schüben verlaufenden Formen der Erkrankung kommen bei Frauen doppelt bis dreimal öfter vor als bei Männern. Vor dem 10. und nach dem 60. Lebensjahr ist ein erster MS-Schub äußert selten.

Weltweit zeigt Multiple Sklerose eine auffallende geographische Verteilung: Ihre Häufigkeit nimmt immer weiter zu, je größer der Abstand vom Äquator jeweils nach Norden und Süden ist. Dabei ist jeweils die Bevölkerung europäischer Abstammung besonders betroffen. Darüber hinaus sind in jedem Land einzelne Regionen bekannt, in denen die Erkrankung besonders gehäuft vorkommt.

Häufigkeit von MS

Multiple Sklerose zählt zu den häufigsten Erkrankungen des zentralen Nervensystems und ist – nach Epilepsie – die zweithäufigste neurologische Krankheit. Weltweit sind rund 2,8 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland leben mehr als 250.000 Menschen mit MS.

Multiple Sklerose: Mögliche Symptome

Die durch Multiple Sklerose bedingten Symptome sind sehr vielfältig und unspezifisch. Darum wird MS im Volksmund auch als "Krankheit mit tausend Gesichtern" bezeichnet.

Bestimmte Frühsymptome treten bei MS jedoch vergleichsweise oft auf. Als häufigste frühe Multiple-Sklerose-Symptome gelten folgende:

Gefühlsstörungen und Empfindungsstörungen

Oft beginnen die Missempfindungen in den Fingerspitzen oder in den Füßen und breiten sich dann auf Arme und Beine aus. Empfindungsstörungen äußern sich unter anderem durch

  • ein Taubheitsgefühl oder ein Kribbeln (Ameisenlaufen) an Armen und Beinen,
  • Spannungsgefühle um die Gelenk- und Hüftregion (wie ein eiserner Handschuh oder Gürtel),
  • Schmerzen oder auch
  • eine verminderte Empfindlichkeit (etwa bei der Temperaturwahrnehmung).

Ein bei Multipler Sklerose verbreitetes Anzeichen ist auch das sogenannte Nackenbeugezeichen: Beugen die Betroffenen den Kopf nach vorne, verspüren sie häufig einen blitzartigen Schlag entlang der Wirbelsäule – manchmal bis in die Hände und Füße.

Sehstörungen

In etwa drei Viertel aller Fälle führt Multiple Sklerose zu Sehstörungen – allerdings können diese unterschiedlich ausgeprägt sein. Hinter den Beschwerden steckt meist ein entzündeter Sehnerv (eine sogenannte Optikusneuritis). Typisch hierfür sind

  • zu Beginn Augenschmerzen, die sich bei einer Bewegung der Augäpfel verstärken,
  • eine verschwommene Sicht auf einem Auge wie durch einen Schleier oder Nebel,
  • eine Beeinträchtigung des Farbensehens oder
  • Lichtblitze oder Ausfälle des Gesichtsfelds (Skotom).

Meist bilden sich die Symptome innerhalb von wenigen Wochen bis sechs Monaten nach Abklingen der Entzündung wieder zurück. Wenn Multiple Sklerose eine Lähmung der Augenmuskulatur hervorruft, kann eine andere Form von Sehstörung auftreten: Dann sehen die Betroffenen Doppelbilder (Diplopie).

Muskellähmungen

Kraftlose Muskeln, die schnell ermüden, angespannt (spastisch) und steif sind: Dieses Symptom tritt bei vielen MS-Betroffenen auf. Weitere mögliche Beschwerden sind Lähmungserscheinungen in den Armen und Beinen. Häufig setzt die Lähmung nur in einem Bein ein. Auch die Arme sowie die Körperseiten können betroffen sein. In akuten Phasen können einige Erkrankte nicht mehr eigenständig laufen, sodass ein Rollstuhl nötig wird. Bei vielen Betroffenen verstärken sich die Beschwerden durch Hitze, Fieber oder Anstrengung.

Empfindungsstörungen, Sehstörungen und Lähmungserscheinungen gelten zwar als die drei wichtigsten MS-Anzeichen, müssen das Krankheitsbild aber nicht zwangsläufig bestimmen. Die Autoimmunerkrankung kann nämlich zahlreiche weitere Symptome verursachen.

Weitere MS-Symptome

Sind verschiedene Hirnnerven an der Erkrankung beteiligt, kann Multiple Sklerose auch bestimmte Symptome im Gesicht hervorrufen. Dann kommt es dort zu

Daneben kann MS Geschmacksstörungen (Dysgeusie) und Gleichgewichtsstörungen hervorrufen.

Ist das Kleinhirn durch die chronisch-entzündliche Erkrankung geschädigt, treten als weitere Symptome Unsicherheiten beim Gehen, zitternde Hände und Sprachstörungen auf. Letztere empfinden Betroffene oft als besonders belastend. MS-Betroffene entwickeln mitunter eine langsame, schleppende Sprache, bei der die einzelnen Silben abgehackt und explosiv ausgestoßen werden.

In etwa zwei Drittel aller Fälle ruft Multiple Sklerose eine Blasenfunktionsstörung hervor. Deren Symptome schränken Betroffene in ihrem Alltag meist stark ein und sorgen für einen hohen Leidensdruck. In frühen Stadien herrscht ein heftiger und kaum zu kontrollierender Harndrang mit unwillkürlichem Harnverlust (Inkontinenz) vor. Später kommt es meist zu ungewolltem Harnverhalt. Als weitere Symptome kann MS eine gestörte Stuhlentleerung (meist Verstopfung), gestörte Sexualfunktionen und gestörte Schweißabsonderung verursachen.

Psychische Beschwerden bei Multipler Sklerose

Multiple Sklerose wirkt sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche aus. So erhöht sich etwa die Anfälligkeit für Stimmungsschwankungen und depressive Symptome wie

Schätzungsweise die Hälfte aller MS-Betroffenen entwickelt im Laufe der Erkrankung eine Depression oder depressive Verstimmung. Mitunter zeigen Menschen mit MS auch ein sehr euphorisches Verhalten (Manie), das mit dem eigentlichen Krankheitszustand nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.

Grundsätzlich kann Multiple Sklerose alle genannten Symptome einzeln oder in unterschiedlichen Kombinationen verursachen.

Multiple Sklerose: Mögliche Ursachen

Die genauen Ursachen von Multipler Sklerose sind noch nicht abschließend geklärt. Fachleute vermuten jedoch, dass verschiedene Faktoren bei der Entstehung der Erkrankung eine wichtige Rolle spielen:

  • Autoimmunprozesse: Multiple Sklerose gehört zu den Autoimmunerkrankungen (auto = selbst). Das Immunsystem bildet Antikörper, die sich fälschlicherweise gegen die eigenen Zellen richten. So entstehen chronische Erkrankungen, die in der Regel in Schüben verlaufen und verschiedene Organe und Gewebe oder – wie bei MS – das Nervengewebe betreffen können. Weitere Beispiele für ähnlich verlaufende Autoimmunerkrankungen sind der systemische Lupus erythematodes (SLE) oder rheumatoide Arthritis.

  • erbliche Faktoren: Enge Verwandte von Menschen mit MS haben – im Vergleich zur Gesamtbevölkerung – ein 10- bis 30-fach erhöhtes Risiko, ebenfalls MS zu entwickeln. Zudem ist die Erkrankung bei einigen Ethnien auffallend seltener zu beobachten als bei anderen. Demnach scheinen erbliche Faktoren für Multiple Sklerose mitverantwortlich zu sein. Vererbbar im klassischen Sinn ist die Krankheit dennoch nicht – auch Umweltfaktoren spielen bei ihrer Entstehung eine wichtige Rolle.

  • Infektionen: Hinter der immer wieder aufflammenden Entzündung im zentralen Nervensystem stecken unter Umständen auch ausgeheilte Infektionen mit bestimmten Erregern, deren Oberfläche Ähnlichkeiten mit Markscheiden der Nervenfasern aufweisen. Infrage kommen beispielsweise Herpesviren, vor allem das Epstein-Barr-Virus, sowie Chlamydien.

MS-Risikofaktoren

Multiple Sklerose verläuft typischerweise in Schüben. Auslöser für einen akuten MS-Schub können seelische und körperliche Belastungen sein, die das Immunsystem aktivieren. Zu den möglichen Risikofaktoren, die akute Schübe begünstigen, zählen:

  • seelische aber auch körperliche Stresssituationen, zum Beispiel Operationen und größere Verletzungen
  • Schwankungen im Hormonhaushalt im Rahmen der Pubertät oder Wechseljahre
  • Infektionen, besonders Virusinfektionen wie zum Beispiel Grippe
  • bestimmte aktive Impfungen sowie Hyposensibilisierungen bei Allergien
  • Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen, zum Beispiel Präparate mit Sonnenhut (Echinacea)

Wie wird MS diagnostiziert?

Erste Anlaufstelle bei Verdacht auf Multiple Sklerose kann die hausärztliche Praxis sein. Von hier aus erfolgt in der Regel eine Überweisung an eine Fachpraxis für Neurologie. Hier findet zunächst ein ausführliches Gespräch (Anamnese) über die Krankengeschichte und die genauen Beschwerden der betroffenen Person statt. Diese können bereits erste Hinweise auf eine mögliche Erkrankung liefern. Um eine Diagnose stellen zu können, sind jedoch weiterführende Untersuchungen nötig.

Neurologische Untersuchungen

Zunächst wird der*die Arzt*Ärztin die Nervenfunktionen untersuchen, um festzustellen, ob es weitere Anzeichen für Multiple Sklerose gibt. Diese neurologische Untersuchung besteht zum Beispiel darin, die Hirnnerven auf ihre Funktion zu prüfen sowie Empfindungen, Reflexe und Muskelkraft zu testen. Mithilfe einer Skala lässt sich der Grad der vorliegenden Einschränkungen einschätzen.

Liquorpunktion

Um eine Multiple Sklerose zu diagnostizieren, ist zudem eine Untersuchung der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquorpunktion) hilfreich. Denn bei Multipler Sklerose führen entzündliche Veränderungen im Gehirn und Rückenmark dazu, dass die in der gewonnenen Probe gemessenen Werte für bestimmte Abwehrzellen und Antikörper krankhaft erhöht sind. Dies trifft allerdings auch auf andere entzündliche Erkrankungen des Nervensystems wie die Hirnhautentzündung zu. Zur Sicherung der MS-Diagnose kommen daher zusätzlich andere Verfahren zum Einsatz.

Weitere Verfahren zur MS-Diagnostik sind zum Beispiel:

  • Elektroenzephalographie (EEG) 
  • Magnetresonanztomographie (MRT)

Im Vergleich zur MRT ist die Computertomographie (CT) wesentlich weniger aussagekräftig.

Maßgeblich für die Diagnose sind zudem die Kriterien für einen MS-Schub. Ein Multiple-Sklerose-Schub liegt vor, wenn neue oder früher schon einmal aufgetretene Symptome

  • mindestens 24 Stunden lang anhalten,
  • mindestens 30 Tage nach Beginn des letzten Schubs aufgetreten sind,
  • nicht durch eine veränderte Körpertemperatur oder durch Infektionen erklärbar sind.

Wie wird Multiple Sklerose behandelt?

Die gegen Multiple Sklerose eingesetzte Therapie gliedert sich in drei verschiedene Bereiche:

  • verlaufsmodifizierende Therapie: Diese Dauerbehandlung bildet die Basistherapie von MS. Sie soll langfristig das Fortschreiten der Erkrankung hemmen.
  • Schubtherapie: Diese bei einem akuten MS-Schub eingesetzten kurzfristigen Maßnahmen sollen die akuten Symptome bekämpfen und den Schub verkürzen.
  • symptomatische Therapie: Diese zusätzlichen Maßnahmen sollen störende oder einschränkende MS-Beschwerden lindern und so die Lebensqualität verbessern.

Verlaufsmodifizierende Therapie: Krankheitsverlauf positiv beeinflussen

Gegen Multiple Sklerose kommt eine dauerhafte Therapie mit Medikamenten zum Einsatz, die das Immunsystem beeinflussen (sogenannte Immuntherapeutika) und so das Fortschreiten von MS hemmen. Im Einzelnen soll diese Immuntherapie

  • weitere MS-Schübe verhindern oder abschwächen,
  • das Fortschreiten der Behinderung durch Multiple Sklerose verlangsamen und
  • die Lebensqualität der Betroffenen erhalten.

Wichtig ist, mit der Basistherapie zu beginnen, sobald Multiple Sklerose diagnostiziert ist. Denn eine rasche Therapie kann die Prognose bei MS günstig beeinflussen.

Verläuft Multiple Sklerose mild bis gemäßigt, setzen Fachleute zur Basistherapie vor allem folgende Wirkstoffe ein:

Welche Mittel verschrieben werden, hängt unter anderem davon ab, welche MS-Form festgestellt wurde.

Die Basistherapie verringert nachweislich die Häufigkeit und Dauer einzelner Multiple-Sklerose-Schübe. Im Idealfall kann die Therapie zur Schubfreiheit führen.

Bei sogenannten hochaktiven MS-Fällen ist eine intensivere Therapie mit anderen Immuntherapeutika nötig. Als hochaktiv gilt MS, wenn sie trotz der Basisbehandlung weiterhin mit aggressiv verlaufenden Schüben einhergeht oder sich verschlimmert (bzw. eskaliert) oder wenn sie von Anfang an sehr aktiv verläuft. Fachleute bezeichnen die dann eingesetzte Behandlung auch als Eskalationstherapie. Hierzu kommen beispielsweise folgende Mittel infrage:

  • Natalizumab
  • Fingolimod
  • Daclizumab
  • Alemtuzumab
  • Cladribin
  • in Einzelfällen als Ausweichmedikament auch Mitoxantron

Schubtherapie: Akute Erkrankungsschübe eindämmen

Die während eines MS-Schubs eingesetzte Schubtherapie besteht im Wesentlichen darin, die Prozesse des Immunsystems durch Medikamente günstig zu beeinflussen. Sie zielt darauf ab,

  • die mit dem Schub verbundenen Symptome zu bekämpfen und
  • die Schubdauer zu verkürzen.

Kommt es zu einem Schub, sollte möglichst schnell – das heißt innerhalb von zwei bis fünf Tagen nach Schubbeginn – mit der Schubtherapie begonnen werden.

Je nach Schwere kann eine Therapie mit hoch dosierten Entzündungshemmern (Glukokortikoiden) helfen. Bei dieser Hochdosis-Schubtherapie wird der betroffenen Person Kortison (z. B. Methylprednisolon) drei bis fünf Tage in die Venen gespritzt und anschließend noch einige Tage lang in geringerer Dosis als Tabletten verabreicht.

Die Beschwerden und auch die ihnen zugrunde liegenden Entzündungsherde werden so rasch reduziert. Da die Behandlung zeitlich begrenzt ist, fallen die sonst unangenehmen Nebenwirkungen von Kortison deutlich milder aus: Herzklopfen, Heißhunger, Unruhe oder Schlafstörungen sind bei der Kortison-Stoßtherapie zunehmend seltener.

Bei besonders schwerwiegenden Symptomen wie Lähmungserscheinungen oder Blindheit besteht die Möglichkeit, den Multiple-Sklerose-Schub in spezialisierten Zentren mit einer Plasmapherese zu behandeln. Hier wird das Blutplasma aus dem Blut herausfiltert und gegen eine Ersatzlösung ausgetauscht.

Begleitmaßnahmen: Ein Plus für die Lebensqualität

Die Multiple Sklerose selbst lässt sich durch eine symptomatische Therapie nicht heilen. Trotzdem sind sie essenziell, da sie die Lebensqualität Betroffener deutlich verbessern können.

Die symptomatische MS-Therapie soll die Funktionseinschränkungen verringern, die aufgrund der Beschwerden entstanden sind. Einer Gehbehinderung oder Koordinationsstörung lässt sich zum Beispiel durch Physiotherapie entgegenwirken. Auch Störungen der Blasenfunktion und Sexualität sowie Zittern, Schwindel oder Schmerzen, die durch Multiple Sklerose bedingt sind, sind behandelbar: teils durch Medikamente, teils mit ergänzenden oder alternativen Therapien (z. B. Beckenbodentraining, Massagen oder Entspannungsmaßnahmen). Bei hohem psychischen Leidensdruck kann auch eine Psychotherapie sinnvoll sein.

Typisch für Multiple Sklerose ist, dass sich die Symptome durch Hitze verstärken: Bei Fieber, körperlicher Anstrengung oder hohen Umgebungstemperaturen im Sommer hilft es daher, den Körper abzukühlen. Zu dieser symptomatischen MS-Therapie sind inzwischen verschiedene Kleidungsstücke mit Kühlelementen verfügbar.

Multiple Sklerose: Verlauf

Eine vollständige Heilung von Multipler Sklerose ist derzeit nicht möglich. Typisch ist ein chronischer, also dauerhafter Verlauf. Im Wesentlichen lassen sich dabei folgenden Verlaufsformen unterscheiden:

  • schubförmig wiederkehrende Multiple Sklerose: Innerhalb weniger Tage kommt es plötzlich zu Beschwerden. Diese halten mehrere Tage bis Wochen an und bilden sich anschließend wieder (meist vollständig) zurück. Je länger die Symptome bestehen, desto wahrscheinlicher bleiben jedoch Restschäden zurück. Zwischen zwei Schüben vergehen durchschnittlich ein halbes bis drei Jahre, in seltenen Fällen mehr.

  • primär chronisch fortschreitende (progrediente) Multiple Sklerose: Die Beschwerden beziehungsweise Behinderungen entwickeln sich von Anfang an schleichend, aber stetig fortschreitend. Akute Multiple-Sklerose-Schübe treten nicht auf.

  • sekundär chronisch fortschreitende Multiple Sklerose: Im Verlauf der Erkrankung verringert sich die Anzahl auftretender Schübe, bis neue Schübe schließlich ganz ausbleiben. Die durch die Multiple Sklerose hervorgerufene Behinderung schreitet jedoch stetig fort.

Allgemein gilt, dass eine frühzeitige und angemessene Therapie Multiple Sklerose in ihrem Verlauf günstig beeinflussen kann. Daher ist es wichtig, MS möglichst schnell zu erkennen und zu behandeln.

Übrigens: Eine Schwangerschaft und Geburt wirken sich nicht negativ auf Multiple Sklerose aus. In der Schwangerschaft nimmt die Häufigkeit der Schübe sogar ab. Unmittelbar nach der Entbindung kann sie wieder leicht erhöht sein.

Multiple Sklerose: Prognose

Da Multiple Sklerose von Fall zu Fall sehr unterschiedlich verläuft, ist eine allgemeine Prognose nicht möglich.

In seltenen Fällen zeigt Multiple Sklerose einen gutartigen Verlauf: Dann bemerken die Betroffenen zwischen den weit auseinanderliegenden Schüben über Jahre keine Verschlechterung oder höchstens minimale Behinderungen, die ein normales Alltags- und Berufsleben zulassen. Eine solche milde Multiple Sklerose verkürzt auch nicht die Lebenserwartung.

Andererseits kann MS vereinzelt auch eine sehr schlechte Prognose haben und innerhalb weniger Jahre zu schweren Behinderungen bis hin zum Tod führen.

Allgemein hat Multiple Sklerose eine bessere Prognose als häufig angenommen: Nach einer mittleren Krankheitsdauer von 18 Jahren ist noch etwa ein Drittel der Menschen mit MS voll berufstätig oder arbeitet relativ uneingeschränkt im Haushalt. Ein günstiger Verlauf ist vor allem dann zu erwarten, wenn sich die Symptome nach dem ersten Krankheitsschub weitgehend oder vollständig zurückbilden.

Lässt sich der Krankheit vorbeugen?

Einer Multiplen Sklerose (MS) kann man nicht vorbeugen. Der Krankheitsverlauf lässt sich jedoch günstig beeinflussen: Multiple Sklerose frühzeitig und dauerhaft zu behandeln, verringert die Häufigkeit der Schübe.

Um MS-Schüben vorzubeugen, ist es zusätzlich ratsam, alle Risikofaktoren zu meiden, die einen Schub auslösen könnten. Einige Fachleute empfehlen zusätzlich eine fettarme, Ernährung wie Mittelmeerkost.