Lepra: Ursache, Vorkommen und Therapie der Infektionskrankheit
Lepra hat viele Namen – Morbus Hansen, Aussatz oder aussätzigen Krankheit. Neben Synonymen tummeln sich ebenso viele Mythen um eine der ältesten Erkrankungen der Menschheitsgeschichte. Erfahren Sie, wie ansteckend Lepra wirklich ist und wie sie geheilt werden kann.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Die häufigsten Fragen zu Lepra
Lepra ist eine chronische Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Mycobacterium leprae verursacht wird.
Lepra kommt vorrangig in Ländern Südostasiens, Südamerikas und tropischen Afrikas vor. In Deutschland sind Fälle sehr selten.
Lepra ist keine sehr ansteckende Krankheit. Für eine Ansteckung muss ein langfristiger und enger Kontakt mit Leprakranken erfolgen. Zufälliger Kontakt wie nebeneinandersitzen oder Berührungen reichen für eine Infektion nicht aus
Die Zeit von der Infektion bis Symptombeginn (Inkubationszeit genannt) beträgt 9 Monate bis 20 Jahre. Durchschnittlich beträgt die Inkubationszeit 3 bis 7 Jahre.
Ja, Lepra ist heilbar und wird mit einer Kombinationstherapie aus Antibiotika behandelt.
Die Therapie von Lepra besteht aus einer Kombinationstherapie aus den Antibiotika Dapson, Rifampicin und Clofazimin. Die Therapie dauert mindestens sechs Monate. Wie lange die Behandlung erfolgt, hängt von der Lepra-Form ab.
Ja, in Deutschland ist bundesweit der im Labor festgestellte Erregernachweis namentlich zu melden. In Sachsen fallen Erkrankungs- und Todesfälle zusätzlich unter die ärztliche Meldepflicht (namentlich).
Was ist Lepra?
Lepra ist eine chronische Infektionskrankheit, die durch das Mycobacterium leprae verursacht wird und mit einer Kombinationstherapie aus Antibiotika heilbar ist. Es handelt sich um eine sehr alte Erkrankung: Zeichen von Lepra wurden bereits an 7.000 Jahre alten Knochen aus Ägypten und 4.000 Jahre alten Knochen aus China festgestellt. Die Erkrankung hat noch viele weitere Namen, wie zum Beispiel Morbus Hansen, Aussatz oder aussätzigen Krankheit.
Lepra betrifft vor allem Haut, Nerven, Augen, Schleimhäute und oberen Atemwege. Die charakteristischen Deformierungen entstehen bei längerem Bestehen der Krankheit und können mit einer rechtzeitigen Therapie verhindert werden. Neben den körperlichen Symptomen von Lepra, leiden Betroffene in manchen Regionen an Diskriminierung und Ausgrenzung, weshalb eine Aufklärung über die Erkrankung besonders wichtig ist.
Wie häufig ist Lepra?
Jährlich werden weltweit mehr als 200.000 Lepra-Fälle, in über 120 Ländern, gemeldet. Die Anzahl von Lepra-Fällen geht seit Jahrzehnten zurück.
Lepra gehört zu den "Neglected Tropical Diseases" (NIDs), also den vernachlässigten Tropenkrankheiten. Die NIDs sind in den ärmsten Regionen der Welt verbreitet, wo sauberes Trinkwasser, Hygiene und die Gesundheitsversorgung unzulänglichen Standards entsprechen.
Länder, in denen Lepra vorkommt, sind:
- Brasilien
- Indien
- Indonesien
- Bangladesch
- Demokratische Republik Kongo
- Äthiopien
- Madagaskar
- Mosambik
- Myanmar
- Nepal
- Nigeria
- Philippinen
- Somalia
- Südsudan
- Sri Lanka
- Vereinigte Republik von Tansania
Lepra in Deutschland
In Deutschland kommen Lepra-Fälle nur sehr selten vor. Das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, dass 2020 kein Fall von Lepra und 2019 ein Fall von Borderline-Lepra in Deutschland verzeichnet wurde.
Symptome von Lepra
Die Symptome der Lepra betreffen vor allem die Haut und Nerven. Sie kann auch die Atemwege, Augen, Hoden und das Knochenmark befallen. Die Symptome unterscheiden sich ja nach Ausprägungsform der Lepra.
Die Unterscheidung von Ridley und Jopling orientiert sich an dem Erscheinungsbild des Leprakranken:
Die tuberkuloide Lepra hat eine gute Prognose, da hier das Immunsystem des Körpers den Erreger in Schach hält. Bei dieser Form werden Granulome (knötchenförmige Gewebeneubildungen) gebildet, die jenen der Tuberkulose ähneln.
Die lepromatöse Lepra geht mit einer schlechteren Prognose einher und ist auch ansteckender als die tuberkuloide Lepra. Hier kann das Immunsystem die Erkrankung nur wenig in Zaum halten.
Die Boderline-Verlaufsform der Lepra ist ein Zwischenstadium zwischen lepromatöser und tuberkuloider Lepra. Sie kann in drei Borderline-Stadien eingeteilt werden, je nachdem, in welche Extremform die Symptome tendieren.
Symptome der tuberkuloiden Lepra:
- Vereinzelte Hautflecken mit klaren Grenzen. Am Anfang sind die Flecken überempfindlich. Im Verlauf geht das Temperaturempfinden zurück und später werden Berührungen und Schmerzen nicht mehr wahrgenommen.
- Muskelschwund (Muskelatrophie)
- Deformierte Gliedmaßen: Durch den Gefühlsverlust werden kleine Verletzungen und Verbrennungen kaum entdeckt und nicht versorgt. Dadurch können Entzündungen und Wundheilungsstörungen entstehen, die bis zur Amputation führen können.
- Tastbare, verdickte Nervenenden
Symptome der lepromatösen Lepra:
- Symmetrische Hautflecken
- Blutig-schleimiges Nasensekret, das meist ansteckend ist
- Löwenartiges Gesicht (Facies leonina)
- Entzündung der Regenbogenhaut (Iritis) oder Hornhautentzündung des Auges
- Bei Männern und langer Erkrankung: Schrumpfung der Hoden (Hodenatrophie) und Brustbildung (Gynäkomastie)
Die Symptome der Borderline-Lepra sind eine Mischung aus beiden Formen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet zusätzlich zwischen zwei Formen der Lepra, die die Besiedelung mit Bakterien betrifft. Diese Einteilung bestimmt, welche Therapie empfohlen ist.
- Die paucibazilläre Form der Lepra hat eine geringe Bakterienlast von Mycobacterium leprae.
- Die multibazilläre Form hat eine hohe Bakterienlast von Mycobacterium leprae.
Ursachen von Lepra
Die Lepra wird vom Mycobacterium leprae verursacht. Das Besondere an diesem Bakterium ist, dass es sich nur sehr langsam teilt. Deshalb kann es auch Monate bis Jahre dauern, bis es zum Ausbruch der Erkrankung kommt. Ob und wie stark die Lepraerkrankung ausbricht, hängt vom Gesundheitszustand der*des Betroffenen ab. Die geografische Lage hat damit weniger zu tun.
Wie wird Lepra übertragen?
Die relevanteste Übertragung von Lepra erfolgt von Mensch zu Mensch. Auf welchem Weg Lepra übertragen wird, ist bis heute nicht sicher geklärt. Der vermutete Übertragungsweg ist eine Tröpfcheninfektion durch Sekrete aus der Nase und/oder Wunden.
Die Dauer von Infektion mit dem Mycobacterium Leprae bis zum Ausbruch der Krankheit (Inkubationszeit) ist sehr unterschiedlich und kann neun Monate bis zu 20 Jahre sein. Im Durchschnitt beträgt die Inkubationszeit drei bis sieben Jahre. Es handelt sich um die längste Inkubationszeit, die für ein Bakterium bekannt ist.
Betroffene sind bereits ansteckend, bevor sie die Erkrankung selbst bemerken. Lepra wird nicht über beiläufigen Kontakt, wie Händeschütteln oder Nebeneinandersitzen mit Infizierten übertragen. Für eine Ansteckung ist ein längerer Kontakt notwendig, wie zum Beispiel das Leben unter einem Dach oder Teilen von Besteck.
Mit Therapiebeginn ist der*die Betroffene nicht mehr ansteckend.
Diagnose der Lepra
Die Symptome geben erste Hinweise auf eine Lepraerkrankung. Ein ärztliches Gespräch und eine körperliche Untersuchung geben mehr Aufschluss über die Diagnose.
Um die Diagnose der Lepra stellen zu können, müssen laut WHO drei Kriterien erfüllt sein:
- Gefühlsverlust im Bereich der blassen oder geröteten Hautflecken
- Verdickte oder vergrößerte Nerven mit Gefühlsverlust oder Schwäche des Muskels, der vom betroffenen Nerv versorgt wird
- Positiver Skin-Smears-Test: Bei der Skin-Smears Methode wird mit einem Skalpell ein kleiner Schnitt (zum Beispiel am Ohrläppchen) gemacht und eine kleine Menge Gewebe entnommen. Finden sich hier Bakterien, spricht dies für Lepra.
Ist der Skin-Smears-Test negativ und besteht nach wie vor der Verdacht einer Lepraerkrankung, kann eine Gewebeprobe mittels Biopsie notwendig sein, die anschließend im Labor untersucht wird.
Wie wird Lepra behandelt?
Lepra wird mit einer Kombinationstherapie aus Antibiotika behandelt. Erfolgt die Behandlung rechtzeitig, lassen sich Deformierungen, von zum Beispiel Armen und Beinen, verhindern. Um Lepra weltweit einzudämmen, sind die Medikamente global kostenlos verfügbar, zum Beispiel über die WHO.
Die Weltgesundheitsorganisation gibt eine Behandlungsempfehlung mit folgenden Wirkstoffen vor:
- Dapson
- Rifampicin
- Clofazimin
Die Antibiotika-Behandlung erfolgt sechs Monate in paucibazillären Fällen und 12 Monate in multibazillären Fällen.
Eine frühe Diagnose und Therapie können eine Behinderung durch Lepra verhindern. Schätzungsweise leben zwei bis drei Millionen Menschen weltweit mit Behinderung, als Folge einer verzögerten Lepra Behandlung und Diagnose.
Verlauf von Lepra
Lepra ist mit Kombinationstherapie heilbar. Bleibt die Lepra jedoch unbehandelt, hängt der Verlauf unter anderem vom Immunsystem und der allgemeinen Gesundheit der*des Leprakranken ab. In schweren Fällen kann die Erkrankung zu Erblindung, zum Verlust von Gliedmaßen, Lähmungen (Paresen) oder Muskelverkürzung (Muskelkontraktur) führen.
Eine Komplikation der Lepra sind die sogenannten Leprareaktionen. Es gibt zwei Formen der Leprareaktion (Typ-I und Typ-II):
- Typ-I-Leprareaktion: Kann während und Monate nach der Therapie auftreten und betrifft meist Leprakranke mit einer Borderline-lepromatösen Form. Die Hautflecken der Lepra werden plötzlich rötlich und geschwollen, mit möglicherweise zusätzlich, sehr schmerzhafter, Nervenentzündung (Neuritis).
- Typ-II-Leprareaktion: Kann nach Therapiebeginn bei einer lepromatösen oder Borderline-lepromatösen Lepra auftreten. Die*der Leprakranke hat bei dieser Leprareaktion Fieber und ist sehr krank. Es kann auch zu einer akut entzündlichen Hauterkrankung mit Knotenbildung (Erythema nodosum leprae), Nervenentzündung (Neuritis), Hodenentzündung (Orchitis) oder einer Entzündung der Iris (Iridozyklitis) kommen.
Auf eine Leprareaktion müssen Ärzt*innen besonders schnell reagieren, weshalb spezialisierte Zentren besonders gut für die Behandlung ausgestattet sind.
Wie wird Lepra vorgebeugt?
Die wichtigste Maßnahme, um eine Übertragung der Lepra zu verhindern, ist die Früherkennung und Behandlung. Die Aufklärung der Bevölkerung ist deshalb besonders wichtig, damit Betroffene ihre Erkrankung aus Angst davor, ausgeschlossen zu werden, nicht verheimlichen. Eine Impfung gibt es bis heute nicht. Die Nachverfolgung von engen Kontakten und eine bei Bedarf einmalig verabreichte Dosis Rifampicin an Kontaktpersonen sollen die weitere Ausbreitung verhindern.
Mythen und Missverständnisse über Lepra
In einigen Regionen gilt die Lepra als unheilbar, weshalb viele Menschen große Angst vor der Erkrankung haben. Durch das Stigma der Erkrankung verheimlichen Betroffene oft ihre Symptome, um nicht ausgeschlossen zu werden. Bereits der Name "Aussatz" oder "aussätzigen Krankheit" weist darauf hin, dass Leprakranke in der Vergangenheit von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden und in sogenannten Leprosorien leben mussten. Angebrachte Glöckchen an der Kleidung sollten die Bevölkerung auf die Erkrankung hinweisen.
Eine späte Diagnose und Behandlung erhöht jedoch die Komplikationsrate von Lepra und kann zu bleibender Behinderung führen. Zudem herrscht oft der Irrglaube, dass Lepra eine sehr ansteckende Krankheit sei. Lepra ist jedoch eine nicht sehr infektiöse Erkrankung und wird nicht über zufälligen Kontakt wie Händeschütteln oder Nebeneinandersitzen übertragen. Für eine Ansteckung ist ein langer und enger Kontakt, zum Beispiel im selben Haushalt, notwendig.