Milcheiweißallergie: Kleine Junge trinkt ein Glas Milch in der Küche.
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Milcheiweißallergie: Ursachen, Symptome und Behandlung

Von: Monika Hortig (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 03.04.2025

Milcheiweißallergie – häufig auch Kuhmilchallergie genannt – ist eine Nahrungsmittelallergie, bei der das Immunsystem überempfindlich auf bestimmte Eiweiße in der Kuhmilch reagiert. Welche Beschwerden treten auf, wer ist besonders häufig betroffen und welche Behandlung hilft?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Milcheiweißallergie

Bei einer Milcheiweißallergie müssen alle Produkte mit Kuhmilch oder Milchbestandteilen gemieden werden – dazu gehören auch Milchprodukte wie Käse, Joghurt, Sahne, Butter und viele verarbeitete Lebensmittel. Vorsicht gilt auch bei Zutaten wie Molke, Kasein, Laktalbumin oder Kaseinat.

Was ist eine Milcheiweißallergie?

Milcheiweißallergie ist eine Nahrungsmittelallergie, bei der der Körper überempfindlich auf bestimmte Eiweiße in Kuhmilch reagiert. Fachleute sprechen auch von einer Kuhmilcheiweißallergie oder Kuhmilchallergie. Die wichtigsten Milcheiweiße, die eine Allergie auslösen, sind:

  • Kasein: Es macht etwa 80 Prozent des Milcheiweißes aus. Es ist hitzestabil und bleibt auch in erhitzter Milch aktiv.

  • α-Lactalbumin: Dabei handelt es sich um in Molkenprotein, das hitzeempfindlich ist und häufig bei Babys Reaktionen auslöst.

  • β-Lactoglobulin: Dieses Molkenprotein gilt als einer der Hauptauslöser allergischer Reaktionen.

  • Serumalbumin: Es kommt in geringeren Mengen vor, kann aber ebenfalls allergisch wirken.

  • Immunglobuline (z. B. IgG): Manche Menschen reagieren gegen tierische Antikörper in der Milch.

Das Immunsystem stuft diese harmlosen Eiweiße fälschlicherweise als gefährlich ein und löst eine allergische Reaktion aus. Als Abwehrmaßnahme bildet es Antikörper, vor allem sogenannte IgE-Antikörper. Bei erneutem Kontakt mit dem Allergen kommt es dann zur allergischen Reaktion. 

In Deutschland haben rund 0,5 Prozent der Säuglinge eine echte Kuhmilchallergie. Bei Säuglingen und Kleinkindern beginnt die Allergie in der Regel im ersten Lebensjahr. Rund ein Drittel der Kinder mit Neurodermitis (Atopische Dermatitis) entwickeln im Verlauf eine Kuhmilchallergie.

Milcheiweißallergie bei Kuh, Schaf- und Ziegenmilch

Studien zeigen, dass bis zu 90 Prozent der Betroffenen mit Kuhmilchallergie auch Ziegen- oder Schafmilch nicht vertragen. Besonders bei Kindern ist die Wahrscheinlichkeit hoch. Der Grund: Die Eiweiße in Ziegen- und Schafmilch ähneln denen in Kuhmilch stark. Das Immunsystem erkennt diese ähnlichen Strukturen und reagiert allergisch. Diese sogenannte Kreuzreaktion betrifft vor allem Kasein und Molkenproteine.

Unterschied: Milcheiweißallergie oder Laktoseintoleranz?

Milcheiweißallergie und Laktoseintoleranz klingen ähnlich, haben aber unterschiedliche Ursachen.

Die Milcheiweißallergie ist eine Reaktion des Immunsystems auf bestimmte Eiweiße in der Kuhmilch. Symptome wie Hautausschlag, Erbrechen oder Durchfall können oft schon wenige Minuten nach dem Verzehr auftreten. Vor allem Babys und Kleinkinder sind betroffen.

Die Laktoseintoleranz ist keine Allergie, sondern eine Lebensmittelunverträglichkeit. Betroffenen fehlt das Enzym Laktase, das den Milchzucker (Laktose) spaltet. Die ungespaltene Laktose gelangt in den Dickdarm und verursacht dort Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall. Beschwerden treten meist später auf – etwa ein bis zwei Stunden nach dem Essen. Laktoseintoleranz tritt oft erst im Jugend- oder Erwachsenenalter auf.

Milcheiweißallergie: Diese Symptome sind möglich

Bei einer Milcheiweißallergie können Symptome einzeln oder in Kombination auftreten. Die Stärke der Reaktion ist individuell.

Symptome bei Kindern und Erwachsenen:

  • Schwellungen, z. B. an den Lippen, Augenlidern oder im Gesicht 
  • Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall 
  • Hautreaktionen, z. B. Ekzeme, Nesselsucht, Rötung, Juckreiz oder Quaddeln
  • Atemwegsprobleme, etwa Schnupfen, Husten, Keuchen oder Atemnot 
  • Kreislaufreaktionen, beispielsweise Blutdruckabfall oder allergischer Schock (Anaphylaxie)

Milcheiweißallergie-Symptome bei Babys: 

  • vermehrtes Schreien und Unruhe 
  • Gedeihstörung, z. B. schlechte Gewichtszunahme oder verlangsamtes Wachstum
  • Hautsymptome und blutig-schleimige Stühlen bei gestillten Säuglingen

Wann treten Symptome einer Milcheiweißallergie auf?

Die Anzeichen einer Milchallergie können unterschiedlich schnell auftreten.
 
Soforttyp-Reaktionen: 

  • Die Allergie auf Milcheiweiß macht sich innerhalb von Minuten bis maximal 1 bis 2 Stunden nach dem Verzehr bemerkbar.
  • Typisch sind Hautausschlag, Schwellungen, Atemnot oder Erbrechen. 

Spätreaktionen:

  • Erst mehrere Stunden bis zu 2 Tage nach dem Kontakt mit Milcheiweiß entwickeln sich die Symptome der Allergie.
  • Häufige Beschwerden sind Bauchschmerzen, Durchfall, Ekzeme oder Gedeihstörungen bei Säuglingen.

Ursachen und Risikofaktoren bei Allergie auf Milcheiweiß

Hinter einer Milcheiweißallergie steckt eine Fehlreaktion des Immunsystems. Die Ursachen für diese Entwicklung sind noch nicht abschließend geklärt.

Zu den möglichen Auslösern und Risikofaktoren zählen:

  • genetische Veranlagung: Personen mit Allergien in der Familie, z. B. Heuschnupfen oder Neurodermitis, besitzen ein erhöhtes Risiko – besonders, wenn ein Elternteil betroffen ist.

  • gestörte Darmbarriere: Wenn der Darm durchlässiger ist (z. B. bei Säuglingen oder nach Infekten), gelangen Eiweiße leichter ins Blut und aktivieren das Immunsystem.

  • unausgereiftes Immunsystem bei Säuglingen: Das kindliche Immunsystem befindet sich noch in der Entwicklung und reagiert empfindlicher auf Fremdeiweiße.

  • frühzeitiger Kontakt mit Kuhmilchproteinen: In manchen Fällen kann eine frühe Belastung (z. B. durch Säuglingsnahrung auf Kuhmilchbasis) eine Rolle spielen. 

HA-Babynahrung zur Allergieprävention?

Hypo-allergene (HA-) Nahrung enthält teilweise aufgespaltenes Milcheiweißprotein und soll zur Allergieprävention bei Babys mit einem erhöhten Allergierisiko zum Einsatz kommen. Die aktuelle Studienlage zeigt aber, dass dieser Effekt nicht allgemein nachgewiesen werden kann. Eltern sollten sich laut der aktuellen Leitlinien zur Allergieprävention also gut informieren, ob ein HA-Produkt eine nachweislich allergievorbeugende Wirkung besitzt. Unternehmen sind dazu verpflichtet, dies zu belegen. 

Diagnose einer Kuhmilcheiweißallergie

Die Diagnose erfolgt Schritt für Schritt – meist bei Kinderärzt*innen, Allergolog*innen oder einer spezialisierten Ernährungsfachkraft. Ziel ist es, eine echte Allergie von einer Unverträglichkeit zu unterscheiden.

Typische Schritte der Diagnostik:

  • Anamnese: Dabei handelt es sich um ein detailliertes ärztliches Gespräch über Beschwerden, zeitlichen Zusammenhang zur Nahrungsaufnahme, Familiengeschichte und bisherige Ernährung.

  • Ernährungstagebuch: Betroffene (oder Eltern von betroffenen Kindern) dokumentieren über mehrere Tage oder Wochen ihre Ernährung. Wichtige Fragen sind: Was wurde gegessen? Wann traten Symptome auf? 

  • Hauttest: Eine kleine Menge Milcheiweiß wird auf die Haut gebracht und leicht eingeritzt. Reagiert die Haut mit Rötung oder Quaddeln, ist das ein Hinweis auf eine Sensibilisierung.

  • Bluttest: Dabei kontrolliert ein Labor, ob das Immunsystem Antikörper gegen Milcheiweiß gebildet hat.

  • Eliminationsdiät: Patient*innen streichen Kuhmilch gezielt für einige Wochen aus dem Speiseplan. Bessern sich die Symptome, ist das ein weiteres Indiz.

  • Provokationstest unter ärztlicher Aufsicht: Betroffene erhalten unter kontrollierten Bedingungen kleine Mengen Milch. Treten Beschwerden auf, bestätigt das die Diagnose.

    Die Kombination aus Anamnese, Tests und kontrollierter Provokation liefert in der Regel eine sichere Aussage darüber, ob beim Verzehr von Kuhmilch eine echte Allergie auftritt.

Behandlung der Milcheiweißallergie

Die Behandlung der Milcheiweißallergie basiert vor allem auf dem konsequenten Meiden des Auslösers – also Kuhmilcheiweiß. Je nach Alter, Symptomen und Allergieschwere kommen dabei verschiedene Maßnahmen zum Einsatz.

  • konsequenter Verzicht auf Kuhmilch und Milchprodukte: Alle Lebensmittel, die Kuhmilcheiweiß enthalten, müssen gemieden werden. Dazu zählen auch Butter, Käse, Sahne, Joghurt und viele verarbeitete Produkte.

  • Zutatenlisten genau prüfen: Milcheiweiß steckt oft in Fertiggerichten, Backwaren, Wurst oder Süßigkeiten. Begriffe wie Milchpulver, Molke, Molkepulver, Molkeeiweiß, Kasein oder Lactalbumin weisen darauf hin.

  • alternative Nahrungsmittel nutzen: Pflanzliche Milchsorten wie Hafer-, Mandel-, Soja- oder Reismilch sind gute Alternativen zur Kuhmilch – solange keine zusätzliche Allergie besteht. Vor allem mit Soja sind Kreuzallergien möglich.

  • Ernährungsberatung: Eine Fachkraft hilft dabei, einen individuellen Ernährungsplan zu erstellen, um so auch Nährstoffmängel zu vermeiden. Besondere Vorsicht ist bei Kalzium, Vitamin D und Eiweiß geboten.

  • Notfallset bei starker Allergie: Bei unbewusster Aufnahme von Milcheiweißproteinen – z. B. weil die Deklaration eines Produkts falsch war – kann es zu einem anaphylaktischen Schock kommen. Dabei verengen sich die Atemwege und schwellen an. In diesem Fall ist ein Notfallset mit Adrenalin-Autoinjektor, Antihistaminikum und Kortison notwendig. Starke Allergiker*innen sollten ihr Notfallmedikament immer mitführen.

  • regelmäßige ärztliche Kontrolle: Vor allem bei Kindern sollte regelmäßig geprüft werden, ob sich die Allergie zurückgebildet hat. Viele Kinder vertragen Milch nach einigen Jahren wieder.

  • geeignete Säuglingsnahrung wählen: Bei Babys kommen je nach Schwere der Symptome spezielle hypoallergene Formeln zum Einsatz, z. B. aminosäurebasierte Spezialnahrung oder extensiv hydrolysierte Säuglingsnahrung.

Wie ist der Verlauf einer Milcheiweißallergie?

Die gute Nachricht ist, dass sich eine Kuhmilcheiweißallergie häufig bei Kindern mit der Zeit verwächst. Etwa 80 Prozent der betroffenen Kinder vertragen Milch wieder bis zum Schulalter – oft sogar schon früher. Je früher die Symptome auftreten und je milder die Reaktion ist, desto besser sind die Chancen auf ein vollständiges Verschwinden der Allergie. 

Bei Erwachsenen verläuft die Kuhmilcheiweißallergie anders:

  • Sie ist seltener, aber oft hartnäckiger.
  • In vielen Fällen bleibt sie dauerhaft bestehen. 

Auch wenn die Milcheiweißallergie-Symptome verschwunden sind, sollte die Verträglichkeit zur Sicherheit unter ärztlicher Aufsicht getestet werden, bevor Kuhmilch wieder fester Bestandteil der Ernährung wird.