Man sieht eine ältere Frau bei einer Ärztin.
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Tumorschmerzen

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 24.10.2022

Unter Tumorschmerzen verstehen Mediziner solche Schmerzen, die im Rahmen einer Krebserkrankung auftreten. Tumorschmerzen können die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken, lassen sich heutzutage aber in den meisten Fällen ganz beseitigen oder zumindest gut kontrollieren.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Tumorschmerzen betreffen circa zwei Drittel aller Krebspatienten. Eine geeignete Schmerztherapie ist deshalb ein wesentlicher Bestandteil der Krebstherapie. Dabei ist es wichtig, ob die Tumorerkrankung oder die Therapie die Schmerzen verursacht – oder ob andere, behandelbare Krankheiten die Ursache sind. Außerdem spielt die Art der Beschwerden eine Rolle, da akute Schmerzen anders therapiert werden als chronische Schmerzen.

Wie fast alle Medikamente haben auch Schmerzmittel Nebenwirkungen. Das hat in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass besonders die starken Schmerzmedikamente (Analgetika) zögerlich eingesetzt wurden. Heute ist man sich einig, dass es gerade bei Krebspatienten die Lebensqualität deutlich erhöht, wenn Tumorschmerzen wirksam bekämpft werden. Bei neun von zehn Betroffenen führt die medikamentöse Behandlung zur völligen Schmerzfreiheit. Bei den meisten anderen lassen sich die Tumorschmerzen zumindest erheblich lindern. Außerdem stehen auch Medikamente zur Verfügung, welche manche typischen Analgetika-Nebenwirkungen wie Verstopfung oder Übelkeit abmildern können.

Tumorschmerzen lassen sich auf unterschiedliche Art bekämpfen. Die medikamentöse Schmerztherapie baut auf dem sogenannten Stufenplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf. Die Ärzte setzen dabei abhängig von der Stärke der Schmerzen

Die Schmerztherapie wird unter Umständen durch weitere Medikamente, sogenannte Koanalgetika (z.B. Antidepressiva), und durch Entspannungsmaßnahmen wie autogenes Training ergänzt.

Um abzuwägen, ob die nächste Stufe der Schmerztherapie genommen werden muss, ist eine regelmäßige Kontrolle der Schmerzstärke nötig. Dabei ist eine sogenannte Schmerzskala hilfreich. Der Patient kann dann zum Beispiel auf einer Skala von 0 (keine Schmerzen) bis 10 (stärkste Schmerzen) angeben, wie stark seine Tumorschmerzen sind. Je nachdem, welchen Wert er nennt, kann der Arzt abschätzen, ob er die Dosis der Schmerzmittel erhöhen oder auf ein anderes, stärker wirksames Mittel ausweichen sollte. Der Patient kann die jeweiligen Schmerzskala-Werte auch notieren und zum Beispiel in einem Schmerztagebuch festhalten. So können Arzt und Patient gemeinsam verfolgen, ob die Therapie anschlägt und die Tumorschmerzen dauerhaft bekämpft beziehungsweise auf einem erträglichen Niveau hält.

Definition

Im Rahmen von Krebserkrankungen können unterschiedliche Beschwerden auftreten, welche die Lebensqualität der Betroffenen verringern. Schmerzen sind eines dieser Symptome. Doch nicht jeder Krebspatient leidet an Tumorschmerzen. Bei etwa jedem dritten Patienten treten keine erheblichen Schmerzen auf – auch dann nicht, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten und eine Heilung nicht mehr möglich ist.

Tumorschmerzen im engeren Sinne sind per Definition Schmerzen, die durch eine Krebserkrankung ausgelöst werden. Im Rahmen einer Krebserkrankung kann aber auch die Therapie (z.B. Bestrahlung) Schmerzen auslösen. Tumorschmerzen treten meist erst im späteren Krankheitsverlauf auf und können mit der Zeit zunehmen.

Für die Tumorschmerzen-Definition ist es wichtig, ob es sich um akute oder chronische Schmerzen handelt.

Schmerz

Die International Association for the Study of Pain (Internationale Schmerzgesellschaft) definiert Schmerz als "ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird". Diese Definition beinhaltet sowohl akuten als auch chronischen Schmerz.

Akuter Schmerz ist eine Schutzreaktion des Körpers auf eine plötzlich auftretende Gefahr, beispielsweise eine Verletzung. Bei akutem Schmerz ist die Ursache daher meist eindeutig erkennbar und lässt sich gezielt behandeln.

Chronischer Schmerz entwickelt sich meist langsam, dauert dann aber lange an und kann mit der Zeit die Form eines eigenen Krankheitsbilds annehmen. Dies ist bei Tumorschmerzen häufig der Fall. Bei chronischen Schmerzen senden die Nerven anhaltend Impulse an das Gehirn, obwohl kein Reiz mehr vorhanden ist. Das heißt, die Nervenzellen haben eine Art Schmerzgedächtnis entwickelt. Dauern Schmerzen länger als sechs Monate an, bezeichnet man sie als chronisch.

Ursachen

Tumorschmerzen haben verschiedene Ursachen. Folgende Formen von Tumorschmerzen lassen sich unterscheiden.

Echte Tumorschmerzen

Echte Tumorschmerzen entstehen durch den Krebs beziehungsweise den Tumor selbst. Bei circa 60 Prozent aller Krebspatienten, die an Schmerzen leiden, handelt es sich um diese echten Tumorschmerzen.

Überall im Körper befinden sich sogenannte Schmerzrezeptoren, die Schmerzreize empfangen. Nervenfasern leiten diese Reize weiter ins Gehirn, das sie dann als Schmerz bewusst wahrnimmt.

In manchen Fällen gehen die Schmerzen nicht vom Ursprungstumor aus, sondern entstehen dort, wo der Tumor Metastasen (Tochtergeschwulste) gebildet hat. Die Metastasen in anderen Körperregionen können also bei echten Tumorschmerzen ebenfalls die Ursache sein. Je nachdem, wo der Tumor oder die Metastasen wachsen, unterscheidet man verschiedene durch Krebs verursachte Schmerzen.

Knochen- und Weichteilschmerzen

Bei Knochen- und Weichteilschmerzen entstehen die Tumorschmerzen in Geweben mit einer hohen Dichte an Schmerzrezeptoren (Knochen, Knochenhaut, Haut, Muskulatur). Die Knochen- und Weichteilschmerzen sind in der Regel

  • dumpf,
  • bohrend und
  • gut lokalisierbar.

Wenn der Tumor die Knochen befällt und zerstört, kann es außerdem zu sogenannten pathologischen Frakturen kommen, das heißt der Knochen bricht bereits bei geringer Belastung. Ist die Wirbelsäule betroffen, kann der Tumor die Nervenwurzeln einklemmen – eine Nervenschädigung gehört bei Tumorschmerzen zu den typischen Ursachen.

Viszerale Schmerzen

Eine weitere Form der Tumorschmerzen sind die viszeralen Schmerzen (lat. viscera = Eingeweide). Sie entstehen, wenn innere Organe von bösartigen Tumoren befallen sind. Die Gewebe innerer Organe enthalten keine Schmerzrezeptoren. Dadurch treten in der Frühphase von beispielsweise Lungenkrebs oder Darmkrebs keine Tumorschmerzen auf.

Allerdings enthalten die Umhüllungen der Organe Schmerzrezeptoren, die vor allem auf Zug oder Dehnung reagieren. Bei viszeralen Tumorschmerzen sind die Ursachen also die Größenzunahme eines Tumors und der dadurch entstehende Druck auf Organe beziehungsweise ihre schmerzempfindlichen Hüllen. Kommt es durch das Wachstum des Tumors zum Verschluss eines Hohlorgans, wie etwa des Harnleiters, kann dies typische Krämpfe (Koliken) zur Folge haben.

Viszerale Schmerzen sind

  • dumpf,
  • schlecht lokalisierbar,
  • oft krampfartig und
  • tiefliegend.

Sie werden häufig auf die den inneren Organen entsprechenden Hautareale, die sogenannten Head-Zonen, projiziert – das bedeutet, dass die Schmerzen in diesen Arealen wahrgenommen werden, obwohl sie an anderer Stelle entstehen.

Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen)

Wenn ein Tumor Nerven quetscht (komprimiert) oder zerstört, tritt eine spezielle Form der Tumorschmerzen auf, die sogenannten Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen). Entzündungen oder Druck auf die Nerven (Wachstum des Tumors) sind typische Tumorschmerzen-Ursachen. Aber auch Krebstherapien (Strahlentherapie, Chemotherapie, Operation etc.) können bei Nervenschmerzen die Ursache sein.

Nervenschmerzen sind durch ungewöhnliche Empfindungen – schneidende, stechende und häufig anfallsweise auftretende Schmerzen – oder durch Lähmungen der versorgten Muskulatur gekennzeichnet.

Schmerzen nach Behandlung

Für die Krebstherapie setzen Ärzte mitunter aggressive Behandlungen und Medikamente ein, um den Krebs zu zerstören. Nebenwirkungen bleiben daher meist nicht aus, sodass es zu Tumorschmerzen nach Behandlung beziehungsweise im Rahmen der Behandlung kommen kann.

Chemotherapie-Medikamente (sog. Zytostatika), die der Erkrankte über die Vene verabreicht (intravenös) bekommt, können an der Einstichstelle schmerzhafte Reizungen verursachen. Werden diese Medikamente über längere Zeit verabreicht, können sie einen schädlichen Einfluss auf die Nerven haben und so zu teils schmerzenden Missempfindungen in den Händen oder Füßen führen.

Schmerzhafte Nebenwirkungen einer Strahlentherapie können unter anderem Hautreizungen und Bauchkrämpfe sein. Wenn die Speiseröhre oder die Luftröhre bestrahlt werden, kann es außerdem zu Schluckstörungen oder Halsschmerzen kommen.

Zu den Schmerzen, die nach einer Behandlung auftreten, gehören auch Narbenschmerzen, etwa nach Operationen.

Indirekte Tumorschmerzen

Die Begleitumstände einer Krebserkrankung können sogenannte indirekte Tumorschmerzen hervorrufen. So kann es durch Bewegungsmangel und Bettlägerigkeit zu Wundliegen (Dekubitus) oder Durchblutungsstörungen kommen. Weitere Folgen von Bettlägerigkeit oder zu wenig Bewegung können sein:

Zudem kann das Immunsystem durch die Krebstherapie oder den Tumor selbstDas Immunsystem geschwächt sein. Daher können indirekte Tumorschmerzen auch entstehen, wenn der Betroffene an einer Infektion erkrankt.

Vom Krebs unabhängige Schmerzen

Im Rahmen einer Krebserkrankung können sich außerdem Schmerzen entwickeln, die in keinem Zusammenhang mit dem Krebs stehen (z.B. Migräne oder rheumatische Schmerzen). Es kann mitunter schwierig sein, diese Schmerzen von Tumorschmerzen abzugrenzen. Es ist wichtig, auch die vom Krebs unabhängigen Schmerzen entsprechend zu behandeln und ihre möglichen Ursachen zu beseitigen.

Psychisch bedingte Schmerzen

Zu den Tumorschmerzen gehören auch psychisch bedingte Schmerzen, deren Ursachen Ängste oder Depressionen sind. Angst und gedrückte Stimmung können selbst wiederum durch die Krebserkrankung hervorgerufen werden. Psychisch bedingte und körperliche Schmerzen beeinflussen sich wechselseitig. Das bedeutet, dass die Psyche die Wahrnehmung körperlicher Schmerzen verstärken oder abschwächen kann. Andererseits führen körperliche Schmerzen oft zu einer psychischen Belastung und können Ängste auslösen.

Phantomschmerzen

Unter dem Begriff Phantomschmerzen verstehen Mediziner Schmerzen, die in einem nicht mehr vorhandenen Körperteil empfunden werden – sich also genau genommen außerhalb des Körpers befinden. Mehr als die Hälfte der Patienten nach einer Arm- oder Beinamputation leiden unter Phantomschmerzen. Aber auch nach Amputationen anderer Körperteile, wie zum Beispiel der Brust bei Brustkrebs oder eines Hodens bei Hodenkrebs, kann es zu Phantomschmerzen kommen. Phantomschmerzen können sehr unterschiedlich sein - brennend, juckend, kribbelnd, drückend – und sind in der Regel nicht durchgehend vorhanden.

Diagnose

Tumorschmerzen bedürfen einer intensiven Diagnostik. Manchmal ist der Schmerz das erste Symptom, mit dem sich eine Krebserkrankung bemerkbar macht. Tumorschmerzen können aber auch im Verlauf der Krankheit auftreten. In beiden Fällen ist es wichtig herauszufinden, wo genau der Schmerz sitzt und was seine Ursache ist. Auf der anderen Seite ist auch die Schmerzstärke (Schmerzintensität) ein wichtiger Faktor, vor allem im Hinblick auf die Lebensqualität und die Therapie.

Es stehen eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, um Art und Ausmaß der Tumorschmerzen festzustellen. Die Diagnose ergibt sich beispielsweise aus folgenden Untersuchungen:

  • ausführliche Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Der Arzt muss hier auch die körperlichen und seelischen Beschwerden des Krebspatienten genau erfragen. Besonders wichtig für die Ursachenforschung ist auch, welche Medikamente der Patient bisher schon einnimmt.
  • gründliche körperliche Untersuchung
  • neurologische Untersuchung und gegebenenfalls eine Elektroenzephalographie (EEG)
  • Schmerzskala zur Beurteilung der Schmerzstärke
  • Schmerztagebuch

Die Tumorschmerzen-Diagnose bedarf unter Umständen weiterer Untersuchungen. Sogenannte bildgebende Verfahren wie

eignen sich zum Beispiel dazu herauszufinden, ob ein Tumor auf einen Nerv drückt oder einen Nerv schädigt.

Schmerztagebuch

Schmerzen sind eine individuell sehr unterschiedliche Empfindung. Doch gerade bei Tumorschmerzen ist die Diagnose der Schmerzauslöser und -intensität für eine wirksame Therapie besonders wichtig. Ein Schmerztagebuch kann helfen, die Tumorschmerzen über längere Zeit zu beobachten und schriftlich festzuhalten. Dies hilft nicht nur dem Betroffenen selber, der einen Überblick über die Schmerzentwicklung erhält, sondern auch den behandelnden Ärzten. Sie können mithilfe des Schmerztagebuchs eine individuelle Therapie entwickeln.

Wichtige Punkte, die der Patient in seinem Schmerztagebuch festhalten sollte, sind folgende:

  • Seit wann bestehen die Schmerzen?
  • Wo sitzen die Schmerzen?
  • Wie stark sind die Schmerzen, zum Beispiel auf einer Skala von 0 bis 10?
  • Bestehen die Schmerzen kontinuierlich oder treten sie zu bestimmten Gelegenheiten auf? Wenn letzteres zutrifft: Zu welchen Gelegenheiten?
  • Wie äußern sich die Schmerzen?
    • bohrend?
    • drückend?
    • ziehend?
    • stechend?
    • brennend?
    • pochend?
    • heiß?
    • dumpf?
    • krampfartig?
  • Lassen sich die Schmerzen beeinflussen?
  • Treten zusätzliche Beschwerden auf?

Symptome

Etwa zwei Drittel aller Krebspatienten kennen Tumorschmerzen als Symptom ihrer Erkrankung. Sie können durch den Tumor selbst bedingt sein. In manchen Fällen löst die Krebsbehandlung jedoch die Symptome aus. Tumorschmerzen äußern sich in unterschiedlicher Schmerzqualität. Betroffene beschreiben die Schmerzen zum Beispiel als:

  • dumpf
  • bohrend
  • drückend
  • pochend
  • brennend
  • heiß
  • krampfartig
  • stechend
  • ziehend

Tumorschmerzen entstehen auf verschiedene Weise – entsprechend können sich diese Symptome in Art und Ausprägung unterscheiden: Es kann sich zum Beispiel um echte Tumorschmerzen oder um sogenannte Phantomschmerzen oder psychisch bedingte Tumorschmerzen handeln.

Ob, wo und wie stark die Tumorschmerzen sind, hängt außerdem von der Art und der Lage des Tumors sowie von seiner Größe ab. Tumorschmerzen können bereits früh einsetzen oder auch erst, wenn der Krebs schon weit fortgeschritten ist.

Tumorschmerzen können außerdem folgende Symptome mit sich bringen:

Therapie

Bei Tumorschmerzen legt der Arzt eine individuelle Therapie fest.

Wie fast alle Medikamente haben auch Schmerzmittel Nebenwirkungen. Das mag ein Grund dafür sein, dass in der Vergangenheit besonders die starken Schmerzmedikamente (Analgetika) zögerlich eingesetzt wurden – beziehungsweise von Patienten oder Angehörigen aus Angst vor einer Abhängigkeit. Heute ist man sich einig, dass es gerade bei Krebspatienten die Lebensqualität deutlich erhöht, wenn Tumorschmerzen wirksam bekämpft werden. Bei neun von zehn Betroffenen führt die medikamentöse Schmerzbehandlung zur völligen Schmerzfreiheit. Bei den meisten anderen lassen sich die Schmerzen zumindest erheblich lindern. Außerdem stehen auch Medikamente zur Verfügung, welche typische Analgetika-Nebenwirkungen wie Verstopfung abmildern können (Adjuvantien).

In manchen Fällen ist es sinnvoll, die Schmerztherapie durch weitere Medikamente, sogenannte Koanalgetika (z.B. Antidepressiva), und durch Entspannungsmaßnahmen wie autogenes Training zu ergänzen.

Optimal ist es, wenn ein Betroffener so geschult ist, dass er eigenverantwortlich seine Medikamente dosieren und an seine Schmerzen anpassen kann. Generell gilt jedoch: Sehr starke Schmerzen lassen sich besser mit einem festen Dosis-Zeitplan (meist alle drei bis sechs Stunden) bekämpfen als nach Bedarf. Der Grund dafür ist, dass die Medikamente nicht sofort wirken. Daher ist es meist schon zu spät, wenn das Schmerzmittel erst eingenommen wird, wenn der Schmerz auftritt. Mit einer regelmäßigen Einnahme beugt man den Schmerzen durchgehend vor.

Interdisziplinäre Tumortherapie

Um bei Tumorschmerzen eine optimale Therapie zu gewährleisten, sind speziell ausgebildetes medizinisches Personal, verschiedene Einrichtungen, aber auch die Unterstützung des Umfelds, von Angehörigen, Freunden und Bekannten und gegebenenfalls auch von Psychologen notwendig. Jedem kommt dabei eine besondere Aufgabe zu. Man nennt dies eine interdisziplinäre Tumortherapie.

EbeneAufgabe
HausarztAnsprechpartner, Verordnung von Medikamenten, Verlaufskontrollen, Auffüllen von Schmerzpumpen etc.
HauskrankenpflegePflege, Verbandwechsel etc.
Psychologisches BetreuungsteamSeelische Unterstützung; nicht nur für Patienten, auch für Angehörige und medizinisches Personal
SchmerzambulanzFestlegen der optimalen Schmerztherapie, Akutbehandlung
Onkologische AmbulanzTumornachsorge
Diätassistenz/ErnährungsberatungHilfestellung bei Ernährungsproblemen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Verstopfung als Medikamentennebenwirkungen
EingriffsraumLegen von intravenösen oder rückenmarksnahen Kanülen für die Tumorschmerzen-Therapie
Palliativstation/HospizAmbulante oder stationäre Betreuung, wenn keine Aussicht mehr auf Heilung besteht
Familie, Freunde, BekannteUnterstützung im Alltag bei allen seelischen und praktischen Problemen

Schmerzmittel bei Tumorschmerzen

Welche Schmerzmittel (Analgetika) bei Tumorschmerzen wann und in welcher Dosierung geeignet sind, richtet sich nach dem sogenannten Stufenplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Er gilt heutzutage als allgemein gültige Richtlinie für die Behandlung von Tumorschmerzen und anderen chronischen Schmerzen. Das WHO-Schema empfiehlt ein stufenweises Vorgehen mit verschiedenen Schmerzmitteln, das sich an der Stärke der Schmerzen orientiert. Es gibt dabei drei Stufen.

1. Stufe: Nicht-Opiod-Analgetika

Am Beginn der Schmerztherapie, also auf der 1. Stufe, stehen herkömmliche Schmerzmittel im Vordergrund, die beispielsweise auch bei Kopf- oder Zahnschmerzen geeignet sind. Weil diese Schmerzmittel keine Opioide sind, nennt man sie auch Nicht-Opioid-Analgetika. Die meisten Schmerzmittel dieser Art gehören zu den sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR).

Häufige Vertreter der NSAR sind

Auch Paracetamol und Metamizol gehören zu den Schmerzmitteln der ersten Stufe des WHO-Modells, sind jedoch keine NSAR.

Bei gelegentlich auftretenden, leichten Schmerzen sollte man Nicht-Opioid-Analgetika nur bei Bedarf einnehmen. Falls dies nicht ausreicht, verordnet der Arzt sie als Dauermedikation. Als Nebenwirkungen der NSAR können unter anderem Magen-Darm-Beschwerden und allergische Reaktionen auftreten.

2. Stufe: Nicht-Opioid-Analgetika und leichte Opioide

Bei anhaltenden Tumorschmerzen und unzureichender Wirksamkeit der Stufe-1-Therapie mit Nicht-Opioid-Analgetika lassen sich zusätzlich leichte Opiate einsetzen. Opioide unterdrücken die Tumorschmerzen zentral im Gehirn.

Bekannte Vertreter aus dieser Gruppe der leichten Opiate sind

Opioide können das Bewusstsein beeinflussen. Schwindel, Übelkeit und Verstopfung sind häufige Nebenwirkungen.

3. Stufe: Nicht-Opioid-Analgetika und starke Opioide

Ist auch die 2. Stufe der Schmerztherapie nicht mehr ausreichend, leiten Ärzte die 3. Stufe der WHO-Schmerztherapie ein. Dabei werden die schwach wirksamen Opioide durch stärkere Opioide ersetzt. Gegen schwere Tumorschmerzen wirken vorwiegend stark wirksame Opioide wie

Es gibt zahlreiche weitere dem Morphium ähnliche Substanzen (Morphinderivate), die sich in Wirkstärke und Wirkdauer unterscheiden. Sie lassen sich bei Tumorschmerzen einzeln oder kombiniert geben.

Darreichungsformen der Tumor-Schmerzmittel

Die Darreichungsformen der Tumor-Schmerzmittel sind vielfältig. Die meisten Medikamente gegen Tumorschmerzen lassen sich in der Regel sehr einfach und schmerzfrei verabreichen. Bewährt haben sich:

  • Tabletten, Kapseln und Tropfen, die der Patient über den Mund (oral) einnimmt.
  • Hautpflaster, die den Wirkstoff über die Haut abgeben.
  • Zäpfchen, die über den Anus eingeführt werden.

Wenn diese Darreichungsform nicht ausreichend wirkt oder der an Krebs Erkrankte sie ablehnt, lassen sich die Schmerzmittel auch anders verabreichen:

  • Spritzen und Infusionen in die Vene (intravenös)
  • Schmerzpumpen: Über ein Kästchen, das ein mit einem Schmerzmittel gefülltes Depot enthält, und eine intravenöse Kanüle erhält der Erkrankte kontinuierlich eine bestimmte Dosis Schmerzmittel. Bei Bedarf kann der Patient selbst eine zusätzliche Dosis (Bolus) freisetzen, um plötzlich einsetzende Tumorschmerzen zu lindern.
  • Katheter: In seltenen Fällen kann es notwendig sein, die Schmerzmittel mithilfe einer Pumpe über einen Katheter in die unmittelbare Nähe der Rückenmarksnerven einzubringen, die die Tumorschmerzen zum Gehirn leiten.

Ergänzende Therapie bei Tumorschmerzen

Weitere Medikamente, sogenannte Adjuvantien oder Co-Analgetika, können eine Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenplan sinnvoll ergänzen. Dazu zählen:

Kortisonpräparate

Kortisonpräparate (z.B. Dexamethason oder Prednisolon), wirken vor allem bei entzündlich bedingten Schmerzen und drängen Ödeme zurück, wie sie zum Beispiel bei Hirnmetastasen entstehen. Aufgrund ihrer Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit oder Depressionen verordnen Ärzte sie jedoch meist nur kurzfristig.

Bisphosphonate und Calcitonin

Bisphosphonate und Calcitonin wirken fördernd auf den Knochenstoffwechsel. Diese Wirkstoffe sind daher sinnvoll bei Tumorschmerzen, deren Ursache Knochenmetastasen sind.

Psychopharmaka

Manche Psychopharmaka lassen sich bei der Behandlung neuropathischer Schmerzen erfolgreich als Ergänzung einsetzen. Zu den Psychopharmaka, die Ärzte bei Tumorschmerzen einsetzen, zählen beispielsweise

Begleitmedikation

Bei einer medikamentösen Therapie der Tumorschmerzen können diese Medikamente selbst wiederum Beschwerden verursachen. Zur Behandlung dieser Therapie-bedingten Nebenwirkungen stehen folgende Präparate zur Verfügung:

Magenschutz

Eine der häufigsten Nebenwirkungen einer Schmerztherapie sind Magen- oder Darm-Geschwüre. Diese treten vor allem bei der Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) auf. Zur Behandlung eignen sich Protonenpumpeninhibitoren (z.B. Omeprazol), H2-Rezeptorenblocker, Antazida oder Prostglandin-Analoga.

Antibrechmittel

Vorübergehende Übelkeit und Erbrechen sind typische Nebenwirkungen einer Schmerztherapie mit Opioiden. Dagegen kann zum Beispiel die Gabe eines Dopaminantagonisten helfen. Typische Vertreter sind Metoclopramid oder Domperidon.

Abführmittel

Die Einnahme von Opioiden kann zu einer Verstopfung (Obstipation) führen. Als Patient können Sie diesen durch eine große Trinkmenge und viel körperliche Bewegung entgegen wirken. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, sollte der Arzt die Gabe eines Abführmittels (Laxans) erwägen. Zur Auswahl stehen beispielsweise Natriumpicosulfat, Bisacodyl oder Lactulose.

Weitere Therapien

Neben der medikamentösen Schmerztherapie gibt es ergänzende Therapien bei Tumorschmerzen. Wenn notwendig und sinnvoll, setzt man sie alleinig oder zusätzlich zu den Medikamenten ein.

Bestrahlung, Chemotherapie, Chirurgie

Bestrahlung, Chemotherapie und Chirurgie sind generell drei wichtige Säulen in der Krebstherapie. Sie ermöglichen oft sogar eine Heilung der Erkrankung oder dämmen den Krebs für lange Zeit ein. Somit bekämpfen diese Methoden auch Krebs-Symptome – also auch Tumorschmerzen: Durch Bestrahlung oder Chemotherapie lässt sich in vielen Fällen das Tumorwachstum verhindern oder die Rückbildung eines Tumors erreichen. Dadurch können Tumorschmerzen abnehmen oder verschwinden. Auch eine chirurgische Tumorverkleinerung (Operation) eignet sich, um Tumorschmerzen zu reduzieren.

Die behandelnden Ärzte beurteilen im Einzelfall, ob bei Tumorschmerzen eine solche Therapie sinnvoll ist. Eine Bestrahlung kann beispielsweise bei Tochtergeschwulsten (Metastasen) im Knochen- oder Weichteilgewebe sowie bei Tumorschmerzen durch Leber- oder Milzkrebs erfolgversprechend sein.

Nervenblockaden

Neurochirurgische Verfahren, wie Nervenblockaden, zählen zu den eindringenden (invasiven) Therapieverfahren. Ob sich ein solches Verfahren bei Tumorschmerzen als Therapie eignet, hängt immer von dem individuellen Nutzen und Risiko einer solchen Behandlung ab. Im Einzelfall können Nervenblockaden sehr hilfreich sein.

Für eine Nervenblockade bringt der Arzt eine Kanüle durch die Haut nahe an den schmerzleitenden Nerv. Über diese Kanüle verabreicht er ein örtliches Betäubungsmittel, welches die Nervenleitung – und damit die Schmerzweiterleitung – unterbricht. Die Kanüle lässt sich auch nahe an das Rückenmark setzen, wo mehrere Nerven zusammenlaufen. Auf diese Weise lassen sich Schmerzen schon mit geringen Mengen eines Schmerzmittels sehr effektiv lindern.

Akupunktur, Elektrostimulationsverfahren, Physiotherapie u.a.

Akupunktur, Elektrostimulation und Physiotherapie gehören ebenfalls zu den ergänzenden Therapien bei Tumorschmerzen. Allein sind sie jedoch in der Regel nicht ausreichend wirksam. Sie helfen aber oft bei zusätzlichen schmerzhaften Symptomen wie etwa Verspannungen.

Dasselbe gilt für

Psychische Unterstützung

Bei Tumorschmerzen hilft oft auch eine psychische Unterstützung. Eine Krebserkrankung belastet nicht nur den Körper, sondern auch die Seele. Seelisch bedingte Schmerzen können durch folgende Umstände entstehen:

  • Schock bei der Diagnose
  • Belastung durch notwendige Operationen und Therapien
  • Ungewissheit vor der Zukunft
  • Angst vor Leiden und dem Tod
  • Veränderungen im Alltagsleben

Die seelische Krankheits- und Schmerzverarbeitung ist deshalb ein wichtiger Teil der Krebsbehandlung. Hier eignen sich etwa psychologische Gesprächstherapien. Aber auch Entspannungstechniken wie autogenes Training, Meditation und Atemtherapie können hilfreich sein. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von künstlerischen Therapien, wie Mal- und Musiktherapien, und Bewegungstherapien, wie die Tanztherapie.

Verlauf

Bei Tumorschmerzen gibt es keinen einheitlichen Verlauf. Die Entwicklung der Schmerzen ist abhängig von der Art und dem Ausmaß der Krebserkrankung.

Es ist bei Tumorschmerzen wichtig, früh mit der Therapie zu beginnen. Eine regelmäßige und sehr enge Betreuung durch alle beteiligten Personen (Ärzte, Pflegekräfte, Psychologen etc.) ist bei Tumorschmerzen für den Verlauf sehr entscheidend. Eine wirkungsvolle Schmerztherapie lindert nicht nur die Tumorschmerzen, sondern kann auch die Lebensqualität erheblich verbessern.

Tipps zur Bewältigung

Schmerzen und körperliche Einschränkungen sind belastend und mindern die Lebensqualität. Wenn Sie an Krebs erkrankt sind, helfen Ihnen möglicherweise folgende Tipps zur Bewältigung Ihrer Tumorschmerzen:

  • Sprechen Sie über Ihre Gefühle, Ihre Ängste und Sorgen und suchen Sie das Gespräch mit Familie, Freunden und Ihren Ärzten.
  • Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe aus oder nutzen Sie Internet-Foren, wenn Sie lieber anonym bleiben wollen.
  • Wenn Sie es alleine nicht schaffen, erkundigen Sie sich nach psychologischer Unterstützung und nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch.
  • Tun Sie sich Gutes! Nehmen Sie sich Auszeiten, lassen Sie sich zum Beispiel mit einer Massage verwöhnen oder gehen Sie mal wieder ins Theater oder Kino.
  • Bewegen Sie sich – es muss kein anstrengender Sport sein, aber gehen Sie zum Beispiel regelmäßig Schwimmen oder machen Sie einen Spaziergang an der frischen Luft.
  • Ernähren Sie sich gesund und ausgewogen. Sie brauchen keine spezielle "Krebsdiät" – Experten raten davon ab. Essen Sie das, was Ihnen bekommt und schmeckt.
  • Wenn Sie unter den Nebenwirkungen Ihrer Behandlung oder unter Fatigue (chronische Erschöpfung) leiden, sprechen Sie mit Ihrem Arzt und erkundigen Sie sich nach Möglichkeiten, die Ihnen helfen können.

Vorbeugen

Sie können Tumorschmerzen bedingt vorbeugen, in dem Sie sich über das Thema Schmerztherapie schon in der Frühphase der Krebserkrankung ausführlich informieren. Die wichtigsten Punkte, die Sie wissen sollten, sind:

  • Schmerzen können in jedem Krankheitsstadium auftreten und sind kein Anhaltspunkt für die Schwere der Erkrankung.
  • Schmerzen treten auch im Endstadium von Krebs nicht zwangsläufig auf.
  • Die Medikamente müssen auf jeden Fall wie verordnet regelmäßig und immer zu einem festgelegten Zeitpunkt eingenommen werden.
  • Die nächste Dosis erfolgt schon, bevor neue Schmerzen auftreten. Das vermindert nicht nur die Tumorschmerzen selbst, sondern auch die Angst vor den Schmerzen.
  • Besprechen Sie außerdem mit Ihrem Arzt folgende Fragen:
    • Wie hoch ist Ihre Schmerz-Toleranzgrenze?
    • Bis zu welcher Intensität können Sie die Schmerzen gut aushalten?
    • Wann brauchen Sie Medikamente?
    • Wie und wo können Sie Selbsthilfetechniken zur Schmerzbewältigung erlernen?