Frau mit Schilddrüsenkrebs wird ärztlich untersucht.
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Schilddrüsenkrebs: Anzeichen erkennen & Prognose

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.03.2024

Schilddrüsenkrebs zählt zu den seltenen Krebserkrankungen – die Fälle nehmen jedoch seit einigen Jahren zu. Symptome zeigen sich in der Regel erst, wenn der Tumor eine gewisse Größe hat. Welche Anzeichen für Schilddrüsenkrebs sprechen können und wie sich die Erkrankung auf die Lebenserwartung auswirkt, erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Fragen und Antworten zum Thema Schilddrüsenkrebs

Tumoren in der Schilddrüse bereiten meist lange Zeit keine Beschwerden. Anzeichen können Knoten und Schwellungen am Hals, Heiserkeit, Schluckbeschwerden, Husten sowie Schmerzen im Hals, Nacken oder in den Ohren sein. Wichtig: Derartige Symptome können auch harmlose Ursachen haben, weshalb eine ärztliche Untersuchung ratsam ist.

Ja, in vielen Fällen ist Schilddrüsenkrebs heilbar. Insbesondere, wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und der Tumor vollständig entfernt wurde. Grundsätzlich hängen die Heilungschancen von der Art und dem Stadium des Tumors ab.

Grundsätzlich lassen sich vier Hauptarten von Schilddrüsenkarzinomen unterscheiden: 

  • papilläres Karzinom (am häufigsten, meist gute Prognose)
  • follikuläres Karzinom (relativ gute Prognose)
  • medulläres Karzinom (selten, erfordert spezifische Therapie)
  • anaplastisches, undifferenziertes Karzinom (sehr selten, meist ungünstige Prognose)

Was ist Schilddrüsenkrebs?

Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom) ist ein seltener, bösartiger Tumor der Schilddrüse. Die Schilddrüse liegt schmetterlingsförmig um den Kehlkopf und umfasst die Luftröhre. Sie produziert wichtige Hormone, die für viele Stoffwechselvorgänge essenziell sind. Die Heilungschancen bei Schilddrüsenkrebs stehen gut, sofern er frühzeitig erkannt und behandelt wird. Je nachdem, von welchem Zelltyp die Krebserkrankung ausgeht, unterscheiden sich Behandlung und Krankheitsverlauf.

Häufigkeit

Tumoren in der Schilddrüse sind selten. In Deutschland erkranken jährlich rund 9 von 100.000 Frauen und 4 von 100.000 Männern daran. Häufig sind Betroffene zwischen 40 und 50 Jahre alt, die Erkrankung kann aber in jedem Alter entstehen.

Schilddrüsenkrebs: Diese Arten gibt es

Grundsätzlich kann ein Tumor an jeder Stelle in der Schilddrüse auftreten. Abhängig von der Art der Tumorzellen teilen Fachleute die Krebserkrankung in verschiedene Arten ein.

Differenzierte Schilddrüsenkarzinome

Die Tumorzellen von differenzierten Schilddrüsenkarzinomen ähneln weitgehend den normalen Schilddrüsenzellen und zählen damit zu den weniger bösartigen Tumoren. Sie entstehen aus hormonproduzierenden Zellen.

Zu den differenzierten Schilddrüsenkarzinomen gehören:

  • papilläre Karzinome: Sie machen rund 60 bis 75 Prozent der Schilddrüsenkarzinome aus und können Tochtergeschwulste in nahegelegenen Lymphknoten bilden. Metastasen an entfernt liegenden Organen (Fernmetastasen) treten oftmals in der Lunge, seltener auch in Knochen auf. Frauen sind häufiger von dieser Art betroffen als Männer.

  • follikuläre Schilddrüsenkarzinome: Diese Art macht etwa 10 bis 30 Prozent aus. Oftmals kommt es nur zu einzelnen Schilddrüsenknoten und selten zu Metastasen in den Lymphknoten. Bilden sich Tochtergeschwulste, handelt es sich vorwiegend um Fernmetastasen, die Lunge und Knochen gleichermaßen befallen können.

Undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome

Undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome machen etwa 2 Prozent der Tumoren aus. Sie werden auch als anaplastische Karzinome bezeichnet. Undifferenzierte Tumorzellen ähneln dem normalen Schilddrüsengewebe kaum noch und sind hochgradig bösartig. Sie wachsen schnell und aggressiv in das umliegende Gewebe ein.

Undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome haben zum Zeitpunkt der Diagnose oft schon in Lymphknoten gestreut und Fernmetastasen gebildet. Neben der Lunge und den Knochen sind vor allem das Gehirn und die Leber betroffen.

Medulläres Schilddrüsenkarzinom

Medulläre Karzinome entwickeln sich aus bestimmten Zellen (C-Zellen) der Schilddrüse, die nicht an der Bildung von Schilddrüsenhormonen wie TSH beteiligt sind. Sie produzieren ein für den Calciumstoffwechsel wichtiges Hormon, das Calzitonin. Derartige C-Zell-Karzinome zählen zu den neuroendokrinen Tumoren. Medulläre Karzinome machen rund 5 bis 8 Prozent der Fälle aus und können sowohl Lymphknoten- als auch Fernmetastasen bilden. 

Schilddrüsenkrebs: Anzeichen und Symptome erkennen

Zu Beginn der Erkrankung bereitet Schilddrüsenkrebs kaum Beschwerden und wird daher oftmals nicht bemerkt. Erst mit zunehmender Tumorgröße können sich Symptome zeigen, wie:

Außerdem kann sich ein sogenanntes Horner-Syndrom entwickeln: Dabei ist die Pupille verengt, der Augapfel ist in die Augenhöhle zurückgesunken und das Oberlid der betroffenen Seite hängt herab.

Weitere Symptome bei Metastasen möglich

Haben sich Tochtergeschwulste gebildet, sind auch allgemeine Symptome wie Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust und Müdigkeit möglich. Auch Knochenschmerzen, Verdauungsprobleme wie häufiger Durchfall oder blutiger Husten können infolge von Metastasen auftreten und für einen fortgeschrittenen Tumor sprechen.

Wichtig: Viele der genannten Symptome können auch eine harmlose Ursache haben. Nur durch eine ärztliche Untersuchung kann herausgefunden werden, was der Auslöser der Beschwerden ist.

Schilddrüsenkrebs: Ursachen und Risikofaktoren

Wie Schilddrüsenkrebs entsteht, ist nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass ionisierende Strahlung an der Entwicklung beteiligt sind. Deshalb erkranken zum Beispiel Menschen, die aufgrund einer Reaktorkatastrophe einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt waren, häufiger an Schilddrüsenkrebs. 

Aber auch wenn bei einer Strahlentherapie die Schilddrüse im sogenannten Strahlenfeld liegt, erhöht dies das Krebsrisiko. Kinder sind besonders gefährdet, da sie noch anfälliger für Strahlung sind.

Außerdem erhöhen bestimmte Faktoren oder Vorerkrankungen das Risiko für Tumoren der Schilddrüse:

  • Jodmangel: Personen mit Jodmangel haben ein erhöhtes Risiko, an einem Schilddrüsenkarzinom zu erkranken.

  • erhöhter TSH-Wert: Durch einen Jodmangel erhöht sich häufig der TSH-Wert, was wiederum die Wahrscheinlichkeit eines Schilddrüsentumors erhöhen kann.

  • Vorerkrankungen: Vielen Schilddrüsenkarzinomen gehen Vorerkrankungen wie ein Kropf (Struma), Hashimoto-Thyreoiditis oder gutartige Adenome der Schilddrüse voraus.

Ein Zusammenhang zwischen diesen Faktoren und Schilddrüsenkrebs ist bisher aber nicht sicher belegt.

Erbliche Veranlagung für Schilddrüsenkrebs

Manche Arten von Schilddrüsenkarzinomen können vererbt werden. Dazu zählen das medulläre, seltener auch das papilläre Schilddrüsenkarzinom. Das medulläre Karzinom kommt insbesondere im Rahmen des sogenannten MEN-2-Syndroms in manchen Familien gehäuft vor. MEN steht für "multiple endokrine Neoplasien". 

Überwiegend erkranken junge Erwachsene dabei an Tumoren verschiedener Hormondrüsen. So sind neben medullären Schilddrüsenkarzinomen oft zusätzlich Tumoren der Nebenniere und der Nebenschilddrüse vorhanden. 

Bei Personen mit MEN-2-Syndroms sollte sich die gesamte Familie auf den zugrundeliegenden Gen-Defekt auf dem Chromosom 11 untersuchen lassen und regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen.

Schilddrüsenkrebs: Maßnahmen zur Behandlung

Die Behandlung hängt von der Art und dem Ausbreitungsgrad es Schilddrüsenkarzinoms ab. 

Operation bei Tumoren der Schilddrüse

In den meisten Fällen wird die Schilddrüse vollständig operativ entfernt (radikale Thyreoidektomie). Auch die unmittelbar benachbarten Lymphknoten werden oftmals im Rahmen der Operation entnommen. Finden sich in den entnommenen Lymphknoten Metastasen, werden aus der befallenen Halsseite sämtliche Halslymphknoten entfernt.

Sind keine Halslymphknoten befallen, kann es bei kleinen Karzinomen ausreichen, nur eine Hälfte der Schilddrüse zu entfernen (Hemithyreoidektomie).

Radiojodtherapie

Etwa drei Wochen nach der Operation schließt sich bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen eine Radiojodtherapie an. Dabei erhalten Patient*innen radioaktives Jod, meist in Form von Flüssigkeit oder Kapseln, die sich im Magen auflösen. Das Jod sammelt sich im restlichen Schilddrüsengewebe und möglichen Tumorresten an und zerstört dieses durch eine gezielte Bestrahlung von innen. So lässt sich auch das Rückfallrisiko senken. 

Bei Bedarf kann die Radiojodtherapie wiederholt werden. Unter Umständen kann in manchen Fällen eine zusätzliche Strahlentherapie durchgeführt werden.

Zu den möglichen Nebenwirkungen der Radiojodtherapie gehören:

  • Schmerzen im Bereich der verbliebenen Schilddrüse oder im Bereich der Metastasen 
  • eine vorübergehende Magenschleimhautentzündung (Gastritis)
  • Entzündung der Speicheldrüsen

Um diese Nebenwirkungen zu behandeln, verschreiben Fachleute zur kurzfristigen Therapie Kortison oder entzündungshemmende Schmerzmittel.

Hormontherapie nach Schilddrüsenentfernung

Nach einer operativen Entfernung der kompletten Schilddrüse und anschließender Radiojodtherapie befindet sich im Körper kein funktionsfähiges Schilddrüsengewebe mehr. Darum müssen Betroffene lebenslang Schilddrüsenhormone in Form von Tabletten einnehmen, um die fehlende Hormonproduktion der Schilddrüse auszugleichen.

Chemotherapien spielen bei der Therapie von Schilddrüsenkrebs kaum eine Rolle, da diese Tumoren oft nur wenig empfindlich auf die Medikamente (Zytostatika) reagieren. Bei verstreut liegenden Metastasen und besonders aggressiven Tumorarten kann die Chemotherapie aber sinnvoll sein.

Therapie: Medulläres Schilddrüsenkarzinom

Medulläre Schilddrüsenkarzinome entstehen aus den C-Zellen in der Schilddrüse, also nicht aus Schilddrüsengewebe. Eine Radiojodtherapie ist nicht wirksam, da dieser Tumor kein Jod speichert. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom wird folgendermaßen behandelt:

  • Im Rahmen einer Operation werden die Schilddrüse und die Halslymphknoten vollständig entfernt.
  • Im Anschluss an die Operation wird die Halsregion meist zusätzlich von außen bestrahlt – insbesondere dann, wenn die Schilddrüse nicht komplett entfernt werden konnte oder bei Metastasen in Lymphknoten.

Wie werden undifferenzierte Schilddrüsenkarzinome behandelt?

Undifferenzierte, anaplastische Schilddrüsenkarzinome sind zum Zeitpunkt der Diagnose meist bereits in Nachbarorgane eingewachsen und haben Tochtergeschwulste gebildet. Die Prognose ist oft ungünstig. Deshalb ziel die Behandlung vor allem darauf ab, die Beschwerden zu lindern. Oftmals kombinieren Fachleute eine Operation und externe Strahlentherapie mit einer Chemotherapie. 

Schilddrüsenkrebs: Verlauf, Prognose und Lebenserwartung

Der Verlauf und die Prognose hängen von der Art und dem Stadium des Karzinoms zum Zeitpunkt der Diagnose ab. Insgesamt ist die Prognose bei Schilddrüsenkrebs gut, vor allem wenn es sich um papilläre Karzinome handelt. 10 Jahre nach der Diagnose leben circa 92 Prozent der Frauen und 84 Prozent der Männer noch. Rund 9 von 10 Betroffenen mit differenziertem Schilddrüsenkrebs können geheilt werden.

Bei einem undifferenzierten (anaplastischen) Schilddrüsenkrebs ist die Prognose ungünstiger, was sich negativ auf die Heilungschancen und somit die Lebenserwartung auswirkt. Auch bei medullären Karzinomen ist die Prognose ungünstig.

Nachsorge

Betroffene mit Schilddrüsenkrebs müssen lebenslang Nachsorge- und Kontrolltermine wahrnehmen, um mögliche neue Tumoren frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Bei den Untersuchungen wird in der Regel ein Ultraschall durchgeführt und die Blutwerte kontrolliert. Die genauen Intervalle der Nachsorgekontrollen werden individuell festgelegt.

Wie wird Schilddrüsenkrebs diagnostiziert?

Bei Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom stellt die*der Ärztin*Arzt zunächst Fragen zu Symptomen, Vorerkrankungen oder möglichen Krebsfällen in der Familie. Danach folgt eine körperliche Untersuchung, bei welcher der Hals, die Lymphknoten und die Schilddrüse vorsichtig abgetastet werden.

Danach schließen sich weitere Untersuchungen an: 

  • Ultraschall: Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) ist es möglich, die gesamte Schilddrüse hinsichtlich ihrer Größe und Gewebsveränderungen zu beurteilen und flüssigkeitsgefüllte Hohlräume (Zysten) und Knoten von Tumoren zu unterscheiden. In den meisten Fällen sind Schilddrüsenknoten gutartig und harmlos.

  • Bluttests: Blutuntersuchungen geben Auskunft über die Funktionsfähigkeit des Organs und können zum Beispiel anhand der Calzitonin-Konzentration auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom hinweisen.

  • Schilddrüsen-Szintigraphie: Ein besonders wichtiges Untersuchungsverfahren ist die Szintigraphie. Durch die Gabe eines radioaktiven Stoffes kann die Schilddrüse dargestellt werden. Ein sogenannter "kalter Knoten" ohne Stoffwechseltätigkeit kann auf einen Tumor hinweisen.

  • Gewebeprobe (Biopsie): Um herauszufinden, ob es sich tatsächlich um Krebs handelt, wird der Knoten in der Schilddrüse punktiert und das Gewebe genauer untersucht.

Weitere Untersuchungen

Bestätigt sich der Verdacht auf Schilddrüsenkrebs, folgen weitere Untersuchungen, um zu bestimmten, ob und wie weit sich der Tumor ausgebreitet hat. Möglich sind etwa: 

  • Ultraschall
  • Computertomographie (CT)
  • Magnetresonanztomographie (MRT)

Eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs, eine Kehlkopfspiegelung sowie eine Knochenszintigraphie sind ebenfalls notwendig, um zum Beispiel Tochtergeschwulste (Metastasen) in Lunge oder Knochen zu entdecken.

Lässt sich Schilddrüsenkrebs vorbeugen?

Es ist nicht möglich, Schilddrüsenkrebs sicher vorzubeugen. Da jedoch bestimmte Faktoren das Risiko erhöhen, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:

  • Jodmangel vorbeugen: Deutschland zählt zu den Jodmangelgebieten. Das heißt die Nahrung hierzulande enthält nicht genügend Jod, um den täglichen Bedarf zu decken. Es sollten deshalb jodhaltige Lebensmittel wie Fisch verzehrt und jodiertes Speisesalz verwendet werden. So lässt sich einem Kropf vorbeugen, der mit einem erhöhten Risiko für Schilddrüsenkrebs verbunden ist.

  • ionisierende Strahlung meiden: In Betrieben und im Gesundheitswesen, etwa radiologischen Praxen, beugen spezielle Vorschriften und Richtlinien einer unnötigen Strahlenbelastung vor, da Schilddrüsenkrebs Folge ionisierender Strahlung sein kann. 

  • Jodprophylaxe: Bei einer Bestrahlung der Kopf- und Halsregion oder nach einem Reaktorzwischenfall können entsprechende Jodpräparate zum Einsatz kommen.

  • bei familiärer Vorbelastung: Gibt es Fälle von medullären Karzinomen in der Familie, kann bei Verwandten mit Genveränderungen die Schilddrüse entfernt und eine Hormonersatztherapie durchgeführt werden.