Junger Mann mit Hodenkrebs sitzt beim Arzt
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Hodenkrebs: Anzeichen erkennen und Behandlung

Von: Dagmar Schüller (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 24.09.2024

Hodenkrebs ist ein seltener bösartiger Tumor, der vor allem bei jungen Männern auftritt. Dennoch sind die Heilungschancen sehr gut. Welche Anzeichen auf den Krebs hindeuten und wie die Behandlung aussieht, lesen Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Hodenkrebs

Ein schmerzloser Knoten oder eine Verhärtung im Hoden sind häufig erste Anzeichen. Weitere Symptome können ein Schweregefühl, Schmerzen oder eine Schwellung im Hoden sein​.

Die Heilungschancen sind in der Regel sehr gut: Über 95 Prozent der Betroffenen können geheilt werden, besonders bei früher Diagnose​.

Hodenkrebs ist in den meisten Fällen heilbar. Unbehandelt kann er jedoch tödlich verlaufen, vor allem wenn er in andere Organe streut.

Ja, sowohl die Erkrankung als auch die Behandlung (Chemotherapie und Strahlentherapie) können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Daher wird das Einfrieren von Spermien (Kryokonservierung) empfohlen​.

Was ist Hodenkrebs?

Die Hoden (Testikel) bestehen aus verschiedenen Arten von Gewebe, aus denen entsprechend unterschiedliche Krebsarten entstehen können. Hodenkrebs (Hodenkarzinom) ist der Überbegriff für diese Krebsarten.

Entwickelt sich Krebs aus den sogenannten Keimzellen, die die männlichen Samenzellen (Spermien) produzieren, spricht man von einem Keimzelltumor oder germinalen Tumor (von lat. germen = Keim). Alle anderen Arten nennt man nicht-germinale Tumoren. Sie sind deutlich seltener und meist gutartig.

Hodenkrebs betrifft in der Mehrzahl der Fälle nur einen Hoden. Da beide Testikel Spermien und Testosteron bilden, wirkt sich die operative Entfernung eines Hodens nicht zwangsläufig auf die Sexualität oder Zeugungsfähigkeit aus.

Häufigkeit von Hodentumoren

Insgesamt zählt Hodenkrebs zu den seltenen Krebserkrankungen. Pro Jahr wird in Deutschland bei etwa 4.100 Männern ein Hodentumor festgestellt. Zum Vergleich: An Prostatakrebs erkranken jährlich mehr als 68.000 Männer.

Unter jungen Männern ist Hodenkrebs die häufigste bösartige Tumorerkrankung. Bei ihnen entstehen sie meist aus Keimzellen (germinale Tumoren). Nicht-germinale Tumoren kommen überwiegend bei älteren Männern und Kindern vor.

Bislang bekannte Ursachen von Hodenkrebs

Die genauen Ursachen für Hodenkrebs sind noch nicht vollständig geklärt. Bestimmte Risikofaktoren können die Entstehung dieser Krebsart jedoch begünstigen. 

Besonders der sogenannte Hodenhochstand, bei dem ein oder beide Hoden nach der Geburt nicht in den Hodensack abgewandert sind, erhöht das Risiko signifikant. Männer mit einem unbehandelten oder spät korrigierten Hodenhochstand haben ein zehnfach höheres Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken.

Zudem scheinen genetische Faktoren eine Rolle zu spielen: In einigen Familien treten Hodentumoren gehäuft auf. Dagegen scheinen der Lebensstil und Umwelteinflüsse nicht entscheidend für die Entwicklung eines Hodentumors zu sein.

Entwicklungsprozess von Hodenkrebs

Hodenkrebs entwickelt sich in den meisten Fällen aus Keimzellen. Diese sind für die Spermienproduktion verantwortlich. Bereits vor der Geburt können bei männlichen Föten fehlerhafte Keimzellen entstehen, die nicht normal reifen. Diese Vorzellen bleiben oft bis zur Pubertät inaktiv. Erst durch die hormonellen Veränderungen während der Pubertät entwickeln sie sich zu Krebszellen weiter.

Keimzelltumoren können unterschiedlich beschaffen sein:

  • Seminom: Keimzelltumor, der aus einer Gewebeart besteht
  • Nichtseminom: Tumor aus unterschiedlichen Gewebetypen

Hodenkrebs: Mögliche Symptome

Da Hodenkrebs in der Regel langsam wächst, bleibt er oft längere Zeit unbemerkt. Die häufigste und auffälligste Veränderung ist eine schmerzlose Schwellung oder Verhärtung im Hoden, die meist nur eine Seite betrifft.

Weitere Symptome sind:

  • tastbarer Knoten
  • Schweregefühl im Hodensack
  • einseitiges Ziehen im Hoden oder in der Leiste
  • Hodenschmerzen
  • Vergrößerung der Brustdrüse und Schmerzen in der Brust
  • Flüssigkeitsansammlung im Hodensack
  • Blutbeimengung im Sperma (rostbraune Verfärbung)

Achtung: Hodenschmerzen können auch Symptom anderer Erkrankungen und Verletzungen sein. Beispielsweise kann eine Nebenhodenentzündung, Prellung, Hodentorsion oder ein Hodenbruch vorliegen. In jedem Fall sollten Betroffene zeitnah ärztliche Hilfe aufsuchen.

Diagnose bei Verdacht auf Hodenkrebs

In den meisten Fällen entdecken Betroffene oder deren Partner*innen die ersten Anzeichen von Hodenkrebs durch Abtasten. Im Rahmen der Anamnese wird der*die Urolog*in nach Beschwerden und möglichen Risikofaktoren fragen. Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung: Abtasten der Hoden, der Leistengegend und des Bauchraums sowie Überprüfung der Brustdrüsen, ob sie vergrößert oder druckempfindlich sind.

Durch eine Ultraschalluntersuchung (Hodensonographie) lässt sich erkennen, ob das Gewebe in dem verhärteten Bereich tatsächlich Veränderungen aufweist. Ergänzend wird eine Blutuntersuchung durchgeführt, um sogenannte Tumormarker zu kontrollieren. Diese Substanzen werden von Tumorzellen produziert. 

Bei Hodenkrebs sind die wichtigsten Tumormarker

  • Alpha-­Fetoprotein (AFP),
  • beta-­humanes Choriongonadotropin (ß-HCG) sowie
  • Laktatdehydrogenase (LDH).

Leicht erhöhte AFP-Werte können zum Beispiel auch durch Rauchen ausgelöst werden. Der LDH-Wert kann etwa durch körperliche Anstrengung steigen.

Operation: Diagnose und Therapie zugleich

Besteht nach den ersten Untersuchungen weiterhin der Verdacht, erfolgt eine operative Freilegung des betroffenen Hodens. Neben der visuellen Beurteilung kann eine Gewebeprobe entnommen und mikroskopisch auf Zellveränderungen untersucht werden. Bestätigt sich hierbei der Verdacht, entfernt die*der Ärztin*Arzt den Testikel vollständig (Orchiektomie).

In der Regel wird auch aus dem anderen Hoden Gewebe entnommen und pathologisch untersucht. So können Krebsvorstufen wie die testikuläre intraepitheliale Neoplasie (TIN) rechtzeitig entdeckt werden.

Ausbreitungsdiagnostik

Bösartige Tumoren können sich zunächst über den Lymphweg ausbreiten und in Lymphknoten und anderen Organen Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden.

Um mögliche Fernmetastasen festzustellen, erfolgt nach Bestätigung der Diagnose häufig eine weiterführende Bildgebung:

  • Computertomographie (CT) des Becken-, Bauch- und Brustraums
  • Magnetresonanztomographie (MRT) des Bauchraums
  • Röntgenuntersuchung

Möglichkeiten zur Therapie von Hodenkrebs

Als erster Behandlungsschritt wird der erkrankte Hoden samt Nebenhoden und Samenstrang vollständig entfernt. Der Eingriff erfolgt unter Narkose über einen Schnitt in der Leiste. Bei manchen Patienten werden zudem die Lymphknoten im hinteren Bauchraum entfernt (Lymphadenektomie).

Anschließend kommen je nach Art und Stadium des Tumors folgende Therapien zum Einsatz:

  • Kontrolle
  • Strahlentherapie (Bestrahlung)
  • Chemotherapie

Moderne Ansätze zielen darauf ab, die Behandlung individuell anzupassen. So sollen im Einzelfall auch überflüssige Behandlungen vermieden werden, die den Körper stark belasten (Übertherapie).

Aktive Überwachung ("Wait-and-See")

In Frühstadien kann nach der Hodenentfernung eine engmaschige Überwachung ohne sofortige weitere Therapie erfolgen. Die Überwachungsstrategie kommt infrage, wenn der Tumor noch keine Metastasen gebildet hat. Innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Operation sind regelmäßige Kontrollen besonders wichtig.

Strahlentherapie

Eine Bestrahlung kommt vor allem bei Seminomen und bei kleineren Lymphknotenmetastasen im Bauchraum zum Einsatz. Auch vorbeugend kann die Strahlentherapie angewendet werden, wenn in der Bildgebung keine befallenen Lymphknoten sichtbar sind.

Medikamentöse Chemotherapie

Chemotherapeutika werden häufig bei fortgeschrittenen Stadien oder Nicht-Seminomen verordnet. Hierbei kommen Kombinationschemotherapien mit Bleomycin, Etoposid und Cisplatin zum Einsatz. Seminome werden oft mit Carboplatin im Rahmen einer Monochemotherapie behandelt.

In frühen Stadien kann eine Chemotherapie auch eine vorbeugende Maßnahme sein.

Übrigens: Betroffene Männer können sich nach der Operation eine Hodenprothese aus Silikon in den Hodensack einfügen lassen. Sie imitiert das Aussehen und Gefühl eines natürlichen Hodens. Die Prothesen sind in verschiedenen Größen und Formen erhältlich.

Heilungschancen und Prognose bei Hodenkrebs

Dank moderner Behandlungsmethoden sind die Heilungschancen bei Hodenkrebs gut. Befindet sich der Tumor im Frühstadium und ist auf den Hoden begrenzt, überleben fast alle Patienten mindestens die nächsten fünf Jahre. Auch bei bereits vorhandenen Metastasen ist die Prognose meist günstig.

Auswirkungen auf Sexualität und Fruchtbarkeit

In vielen Fällen bleibt die Zeugungsfähigkeit erhalten, da der verbleibende Hoden weiterhin Spermien und Testosteron (männliches Sexualhormon) produziert. Vor allem bei Seminomen ist der Erhalt der Fruchtbarkeit durch moderne Behandlungsmethoden oft möglich. 

Dennoch wird Betroffenen mit Kinderwunsch empfohlen, vor einer Chemotherapie oder Operation eine Samenspende in Betracht zu ziehen. Das Sperma wird konserviert und später im Rahmen einer künstlichen Befruchtung verwendet. Chemotherapien können die Anzahl der fruchtbaren Samenzellen deutlich reduzieren, weshalb diese Vorsorgemaßnahme sinnvoll sein kann. 

Hodenkrebs vorbeugen durch Früherkennung

Nach bisherigen Erkenntnissen spielen Lebensstil und Umweltfaktoren keine Rolle bei der Entstehung bösartiger Hodentumoren.

Umso wichtiger bei der Früherkennung ist die regelmäßige Selbstuntersuchung. Dies gilt für Männer bereits ab der Pubertät – besonders bei bestehenden Risikofaktoren wie einem Hodenhochstand oder familiärer Vorbelastung. Das monatliche Abtasten der Hoden kann helfen, mögliche Anzeichen frühzeitig zu erkennen, um so die Heilungschancen erheblich zu verbessern.