Histaminintoleranz: Symptome und Ernährungstipps
Bauchschmerzen, Juckreiz, Atembeschwerden: Derlei Symptome können durch den Verzehr von lang gereiften oder fermentierten Lebensmitteln wie Rotwein, Käse oder Sauerkraut auftreten. Denn diese enthalten Histamin – ein Gewebshormon, das einige Menschen nicht ausreichend abbauen können. Woran das liegt und worauf Betroffene einer Histaminunverträglichkeit bei ihrer Ernährung achten sollten, lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen zu Histaminintoleranz
Betroffene sollten auf lang gereifte, fermentierte und eingelegte Lebensmittel sowie alkoholische Getränke und Fertigprodukte verzichten. Auch Nüsse können histaminreich sein. Die individuelle Toleranz gegenüber Histamin kann jedoch variieren. Bei Unsicherheiten ist es sinnvoll, ärztlichen Rat einzuholen.
Frische, unbehandelte Lebensmittel enthalten meist kaum Histamin. Besonders histaminarm sind in der Regel frisches Fleisch und frischer Fisch, viele Obst- und Gemüsesorten, glutenfreie Getreideprodukte, die meisten Milchprodukte sowie Reis und Kartoffeln.
Typische Symptome sind Hautprobleme wie Rötungen und Juckreiz, Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen und Durchfall, Kopfschmerzen, Atemprobleme sowie Müdigkeit und Schlafstörungen.
Was ist eine Histaminintoleranz?
Von einer Histaminintoleranz (auch Histaminunverträglichkeit, Histaminose) sprechen Fachleute, wenn der Körper über die Nahrung aufgenommenes Histamin nicht richtig abbauen kann und es in der Folge zu gesundheitlichen Beschwerden kommt.
Obwohl es zu allergieähnlichen Symptomen kommt, handelt es sich nicht um eine Allergie im eigentlichen Sinne, sondern um eine Stoffwechselstörung. Mitunter wird die Histamintoleranz auch zu den Pseudoallergien ("Scheinallergien") gezählt.
Das Gewebshormon Histamin kommt natürlicherweise im Körper vor, hier entsteht es aus dem Abbau der Aminosäure Histidin. Daneben enthalten auch viele Lebensmittel Histamin. Chemisch gesehen zählt Histamin zu den sogenannten biogenen Aminen.
Histamin in Lebensmitteln ist meist die Folge bakterieller Einflüsse (z. B. bei Gärungs-, Reifungsprozessen).
Funktionen von Histamin im Körper
Immunreaktion: Histamin ist Teil des Immunsystems und wird bei Verletzungen oder Entzündungen freigesetzt. Es erhöht die Durchlässigkeit der Blutgefäße, sodass die Immunzellen zur Entzündungsstelle gelangen und diese bekämpfen können.
Magensäureproduktion: Histamin trägt zur Regulierung der Magensäureproduktion bei und unterstützt so die Verdauung von Nahrung und die Abtötung von Krankheitserregern.
Neurotransmitter: Im zentralen Nervensystem wirkt Histamin als Neurotransmitter und beeinflusst verschiedene neurologische Prozesse wie den Schlaf-Wach-Zyklus und die Appetitregulation.
Regulation des Blutdrucks: Histamin kann die Blutgefäße erweitern und den Blutdruck senken.
Wie häufig kommt eine Histaminintoleranz vor?
Schätzungen zufolge leidet in Deutschland nur etwa ein Prozent der Bevölkerung an einer Histaminintoleranz – das entspricht circa 820.000 Menschen. Vor allem Frauen zwischen 35 und 45 Jahren sind betroffen.
Histaminintoleranz: Ursachen
Bisherigen Erkenntnissen zufolge ist eine Histaminintoleranz nur in wenigen Fällen angeboren, sondern entwickelt sich in der Regel erst im Laufe des Lebens.
Normalerweise sorgen zwei Enzyme für den Abbau von Histamin:
- DAO (Diaminoxidase) und
- HNMT (Histamin-N-Methytransferase).
Für den Abbau von Histamin aus Nahrungsmitteln im Dünndarm ist vor allem die DAO wichtig. Die HNMT baut dagegen insbesondere körpereigenes Histamin ab, das sich in Zellen befindet. Für eine Histaminunverträglichkeit spielt vor allem die DAO eine Rolle.
Zu den genauen Ursachen einer Histaminintoleranz gibt es verschiedene, noch nicht vollständig gesicherte Theorien:
Enzymmenge: Der Körper produziert nicht genug vom histaminabbauenden Enzym DAO. Als Folge des DAO-Mangels kann Histamin aus der Nahrung nicht ausreichend abgebaut werden.
Enzymaktivität: Der Körper produziert zwar ausreichend DAO, diese ist jedoch inaktiv oder nur teilweise aktiv, etwa als Folge einer Erkrankung (z. B. Zöliakie, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa).
Einige Fachleute vermuten zudem, dass ein mangelnder Histaminabbau durch die DAO auch die Aktivität der HNMT beeinträchtigt. Auf diese Weise kommt es möglicherweise auch zu einem Anstieg von körpereigenem Histamin.
Weitere Faktoren, die eine Histaminintoleranz begünstigen beziehungsweise die Symptome verstärken können, sind:
- der Konsum von Alkohol zu histaminreichen Mahlzeiten
- die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
- Hormonveränderungen, z. B. bei Frauen kurz vor oder während der Periode
- (eventuell) individuelle Zusammensetzung der Darmflora
- Stress
Bei akuten Darminfektionen kann es zudem vorübergehend zu einem DAO-Mangel kommen und dadurch auch zu Beschwerden durch Histamin. Diese Form der Histaminunverträglichkeit bessert sich in der Regel nach Abklingen der Infektion.
Einfluss von Medikamenten
Bestimmte Wirkstoffe können eine Histaminintoleranz unter Umständen ungünstig beeinflussen. Sie führen möglicherweise zu einem Histaminanstieg im Körper, indem sie
- entweder das für den Histaminabbau notwendige Enzym DAO (Diaminoxidase) behindern
- oder bewirken, dass in Körperzellen gespeichertes Histamin freigesetzt wird.
Die Studienlage hierzu ist jedoch widersprüchlich, sodass sich keine sicheren Aussagen darüber treffen lassen. Folgende Wirkstoffe sollen das Enzym DAO blockieren oder gelten als Histaminliberatoren:
- bestimmte Schmerzmittel (z. B. Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen)
- Histaminrezeptor-Antagonisten wie Cimetidin oder Ranitidin
Histamin in Lebensmitteln
Viele Lebensmittel enthalten von Natur aus Histamin und können bei Menschen mit einer Histaminintoleranz Beschwerden auslösen.
Der Histamingehalt in Lebensmitteln ist jedoch nicht immer gleich: Die Menge an Histamin kann sich zum Beispiel als Folge von Reifungsprozessen, Lagerung oder Verarbeitung verändern. Auch eine Unterbrechung der Kühlkette lässt den Histaminwert oft ansteigen. Aus diesem Grund können die Histaminmengen in ein und derselben Lebensmittelsorte variieren.
Beispiel: Die Histaminmengen in Emmentaler-Käse beispielsweise liegen abhängig vom Reifegrad bei circa 0,1 Milligramm (mg) bis teilweise über 2.000 Milligramm Histamin pro Kilogramm (kg). Wie viel Histamin in einer einzelnen Mahlzeit vorkommt, lässt sich daher kaum exakt bestimmen.
Besonders histaminreiche Lebensmittel sind zum Beispiel:
- Alkohol, insbesondere Rotwein, Bier, Sekt und Champagner
- lang gereifter Käse wie Emmentaler, Parmesan, Cheddar und alter Gouda
- geräucherter Fisch sowie vereinzelt Dosenfisch, wenn dieser lange gelagert wurde
- Wurstwaren, vor allem Salami und Schinken
- fermentiertes oder in Essig eingelegtes Gemüse wie Sauerkraut und saure Gurken
- einige Nüsse, darunter Walnüsse, Pekannüsse und Cashews
- Fertigprodukte und Fertigsaucen, z. B. Tomatenketchup und Sojasoße
Histaminfreisetzende Lebensmittel
Bestimmte Lebensmittel enthalten selbst zwar kein Histamin, können möglicherweise aber bewirken, dass körpereigenes Histamin aus Zellen ausgeschüttet wird. Solche Lebensmittel werden als Histaminliberatoren bezeichnet – wörtlich bedeutet das so viel wie "Histaminfreisetzer".
Als Histaminliberatoren gelten unter anderem folgende Lebensmittel:
- verschiedene Früchte wie Erdbeeren, Zitrusfrüchte, Papayas, Kiwis und Ananas
- Tomaten und Spinat
- Meeresfrüchte
- Schokolade, Lakritz und Gummibärchen
Die Existenz solcher Histaminliberatoren konnte jedoch bislang nur im Labor in Versuchen mit Zellkulturen nachgewiesen werden. Ob es sich auch beim Menschen so verhält und welche Auswirkungen diese im Rahmen einer Histaminintoleranz haben, ist nicht ausreichend durch Studien belegt.
Einige Fachleute vermuten, dass die Beschwerden durch Histaminliberatoren durch eine Art additiven Effekt entstehen. Das bedeutet, dass erst die Kombination aus histaminreicher Nahrung und Histaminfreisetzung im Körper durch Histaminliberatoren zu einer Dosis an Histamin führt, die schließlich Beschwerden auslöst.
Gibt es histaminfreie Lebensmittel?
Gewisse Anteile an Histamin finden sich beinahe in allen Lebensmitteln. Diese sind mitunter jedoch so gering, dass sie keine Beschwerden auslösen. Folgende Lebensmittel gelten als besonders histaminarm:
Symptome einer Histaminintoleranz
Bei einer Histaminintoleranz können nach dem Verzehr histaminhaltiger Nahrungsmittel unterschiedliche Symptome auftreten. Typischerweise berichten Betroffene von folgenden Beschwerden:
- anfallsartige, plötzliche Hautrötungen (sog. Flush) oder Juckreiz
- Übelkeit und Erbrechen
- Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen
- Kopfschmerzen
- Atemwegsbeschwerden, z. B. zugeschwollene oder laufende Nase sowie Atemnot
- raue, belegte Stimme
- starke Regelschmerzen (Dysmenorrhö)
- Nesselausschlag (Urtikaria)
- Müdigkeit und Schlafstörungen
Daneben kann eine Histaminintoleranz auch auf die Psyche schlagen und etwa zu Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen und Ängsten führen.
Eher selten kommt es bei Menschen mit Histaminintoleranz zu diesen Symptomen:
- Blutdruckabfall (Hypotonie)
- Schwindel
- erhöhter Puls und Herzrasen (Tachykardie)
- Herzrhythmusstörungen
Wie wird eine Histaminintoleranz diagnostiziert?
Die Beschwerden, die bei einer Histaminintoleranz auftreten, sind eher allgemeiner Natur und können viele Ursachen haben. Deshalb wird die Stoffwechselstörung oft erst spät erkannt. Um die Diagnose Histaminintoleranz zu sichern, wird in der Regel zunächst versucht, andere mögliche Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik als Ursache auszuschließen, wie zum Beispiel:
- Allergien (z. B. Lebensmittelallergie)
- chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED)
- Zöliakie (einheimische Sprue)
- gestörte Kohlenhydratverwertung (z. B. Laktoseintoleranz, Fructoseintoleranz)
Treten die Beschwerden innerhalb von vier Stunden nach der Nahrungsaufnahme auf, ist das ein weiterer Hinweis auf eine Histaminintoleranz.
Um die Diagnose zu sichern, sind dann verschiedene Schritte hilfreich:
Führen eines Symptom- und Ernährungstagebuchs
Hierin notiert der*die Patient*in einige Wochen lang, welche Lebensmittel verzehrt wurden und welche Beschwerden im Anschluss auftraten. Auch die Begleitumstände sollten festgehalten werden, etwa die Einnahme von Medikamenten oder das Einsetzen der Periode. Das Tagebuch gibt Aufschluss darüber, ob Lebensmittel mit hohem Histamingehalt zum Speiseplan gehören oder bestimmte Begleitumstände vorliegen, die die Empfindlichkeit für Histamin erhöhen.
Dreistufige Ernährungsumstellung
Durch eine Ernährungsumstellung lässt sich nicht nur herausfinden, ob eine Histaminintoleranz vorliegt, sie dient zugleich der Behandlung beziehungsweise Vorbeugung der Symptome. Denn nach der Ernährungsumstellung vertragen Betroffene histaminhaltige Lebensmittel häufig besser.
Die Ernährungsumstellung erfolgt dabei meist in drei Phasen:
Phase 1: Zu Beginn werden Lebensmittel mit Histamin möglichst komplett gemieden. Liegt tatsächlich eine ernährungsbedingte Histaminintoleranz vor, verringern sich die Beschwerden während dieser Phase.
Phase 2: Histaminhaltige Nahrungsmittel werden schrittweise wieder in den Speiseplan integriert. Hier ist von Interesse, ob nun erneut Beschwerden auftreten oder möglicherweise nur bei bestimmten Begleitumständen (z. B. Stress, Medikamente, hormonelle Veränderungen). Möglicherweise verträgt die betroffene Person histaminhaltige Lebensmittel nur bis zu einer bestimmten Toleranzschwelle, die sich nun ermitteln lässt.
Phase 3: Sofern tatsächlich eine Histaminintoleranz vorliegt, kann die Ernährung nun langfristig so umgestellt werden, dass sie alle wichtigen Nährstoffe enthält und gleichzeitig möglichst wenig Histamin darin vorkommt.
Provokationstest
Mit einem Provokationstest lässt sich herausfinden, welche Mengen an Histamin Betroffene vertragen, ohne dass Beschwerden auftreten. Um die individuelle Histamintoleranz eingrenzen zu können, erhalten Patient*innen in regelmäßigen Abständen Histamin in allmählich steigenden Konzentrationen.
Ein Histamin-Provokationstest darf nur unter ärztlicher Aufsicht stattfinden, um eventuelle Reaktionen auf das Histamin schnell behandeln zu können. Während des Provokationstests kann es zum Beispiel kurzfristig zu Übelkeit, Erbrechen oder Kreislaufproblemen kommen. Gegen diese Symptome helfen Antihistaminika. Der Provokationstest sollte erst im Anschluss an eine Umstellung auf eine histaminarme Ernährung erfolgen.
Laborwerte
Theoretisch lassen sich die Aktivität der histaminabbauenden Enzyme sowie der Histaminspiegel der betroffenen Person feststellen.
Entsprechende Laborwerte lassen sich zum Beispiel bestimmen:
- aus dem Blut
- aus dem Urin
- aus der Dünndarmschleimhaut
Allerdings ist die Aussagekraft dieser Laborwerte fraglich und eine Diagnose allein aufgrund dieser Werte nicht zu empfehlen.
Wie lässt sich eine Histaminintoleranz behandeln?
Hat sich der Verdacht auf eine Histaminintoleranz bestätigt, gilt es, die richtige Therapie einzuleiten. Der wichtigste Schritt ist in der Regel eine Umstellung der Ernährung und der Verzicht auf histaminhaltige Nahrungsmittel.
In gewissen Situationen kann es für Betroffene jedoch schwierig sein, eine histaminarme Ernährungsweise einzuhalten, etwa auf Reisen. In solchen Fällen können Histamin-Rezeptorblocker (Antihistaminika) helfen, Beschwerden durch einen hohen Histaminspiegel zu verringern.
Außerdem kann in Einzelfällen ein Ausgleich in Form von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitamin B6 ratsam sein. Denn Vitamin B6 ist ein sogenannter Co-Faktor des Enzyms DAO (Diaminoxidase). Vitamin B6 ist also notwendig, damit das Enzym seine Aufgabe erfüllen kann: den Abbau von Histamin im Körper.
Falls Medikamente eingenommen werden, die zur Histaminintoleranz beitragen, sollten diese in ärztlicher Absprache möglichst ausgetauscht werden.
Tipp: Das Enzym Diaminoxidase ist inzwischen auch in Form von Kapseln rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Kurz vor der Mahlzeit eingenommen, sollen sie Betroffenen den beschwerdefreien Verzehr von histaminhaltigen Mahlzeiten ermöglichen. Über die Wirksamkeit und Nebenwirkungen liegen bislang jedoch keine aussagekräftigen Studien vor.
Histaminintoleranz: Verlauf und Vorbeugen
Wie genau der Verlauf einer Histaminintoleranz im Einzelnen aussieht, lässt sich schwer sagen, da die Stoffwechselstörung unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann.
Nach einer Ernährungsumstellung lassen die Beschwerden beim Großteil der Betroffenen deutlich nach. Viele stellen zudem fest, dass sie nach der Umstellung histaminhaltige Speisen wieder besser vertragen, wenn die vorher gemiedenen Nahrungsmittel allmählich wieder in den Speiseplan integriert werden.
Lässt sich einer Histaminintoleranz vorbeugen?
Bisher gibt es keine Möglichkeit, der Entstehung einer Histaminintoleranz vorzubeugen. Wer nachweislich an einer Histaminintoleranz leidet, sollte versuchen, Nahrungsmittel mit hohem Histamingehalt zu meiden. Frische Lebensmittel sind bei der Nahrungsauswahl zu bevorzugen, da sich ein hoher Histamingehalt häufig erst durch längere Lagerzeiten bildet.