Ein Arzt erklärt etwas einer Patientin, er hat ein Gehirnmodell in der Hand.
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Epilepsie

Von: Onmeda-Redaktion, Wiebke Posmyk (Medizinjournalistin, Diplom-Pädagogin, M.A. Media Education)
Letzte Aktualisierung: 18.01.2022

Verdrehte Augen, Krämpfe, Muskelzuckungen: Die Symptome einer Epilepsie wirken auf Außenstehende bedrohlich. Gut zu wissen, dass die meisten epileptischen Anfälle nach wenigen Sekunden bis Minuten wieder abklingen. Aber wie gefährlich ist die Erkrankung? Und wie gut helfen Medikamente, sogenannte Antiepileptika?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Epilepsie: Überblick

Eine Epilepsie kann sich ganz unterschiedlich äußern. Manche werden bei einem epileptischen Anfall plötzlich bewusstlos und stürzen, der ganze Körper verkrampft und zuckt. Bei einigen zuckt nur ein Arm oder Bein und sie bleiben bei Bewusstsein. Andere wiederum wirken kurzzeitig abwesend und ihr Blick geht ins Leere. Riechen, Sehen, Schmecken, Fühlen oder Hören können vorübergehend verändert sein.

Definition: Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine chronische Erkrankung, bei der immer wieder Nervenzellen im Gehirn übermäßig aktiv sind – entweder in beiden Hirnhälften oder aber in einem einzelnen Hirnbereich. Entladen sich viele Gruppen dieser Nervenzellen gleichzeitig, löst dies einen epileptischen Anfall aus.

Ein epileptischer Anfall ist eine vorübergehende, plötzlich auftretende Funktionsstörung des zentralen Nervensystems. Er dauert in der Regel nicht länger als zwei Minuten. Zwischen zwei Anfällen ist die Person meist beschwerdefrei.

Im menschlichen Gehirn befinden sich Milliarden von Nervenzellen. Mithilfe von Botenstoffen leiten sie chemische und elektrische Signale an andere Hirnbereiche weiter. Während eines epileptisches Anfalls geben ganze Gruppen von Nervenzellen in der Hirnrinde gleichzeitig solche Signale ab. Diese Überaktivität führt zu einer Art "Kurzschluss" mit unterschiedlichen Ausfällen wie Krämpfen, Zuckungen oder Bewusstlosigkeit.

Je nach Anzahl und Lage der sich entladenden Nervenzellen unterscheiden Ärzte zwischen fokalen und generalisierten epileptischen Anfällen:

  • Fokale Anfälle entstehen, wenn die Entladungen von einem begrenzten Bezirk der Hirnrinde ausgehen und auf bestimmte Hirnbereiche beschränkt bleiben.
  • Generalisierte Anfälle treten auf, wenn beide Hirnhälften betroffen sind – entweder von Anfang an (sog. primär generalisierte Anfälle) oder weil sich die Entladungen ausbreiten (sog. fokal eingeleitete bzw. sekundär generalisierte Anfälle).

Nicht jeder epileptische Anfall ist eine Epilepsie

Ein epileptischer Anfall muss nicht bedeuten, dass die Person tatsächlich Epilepsie hat. Vielmehr können epileptische Anfälle auch andere Ursachen haben. Dazu zählen etwa Fieberkrämpfe bei Kindern. Solche einzelnen Anfälle, die nicht im Rahmen einer Epilepsie auftreten, nennt man Gelegenheitsanfälle.

Wie häufig ist Epilepsie?

Von 1.000 Menschen erkranken zwischen 5 und 10 im Laufe ihres Lebens an Epilepsie. In Deutschland leben insgesamt rund 400.000 bis 800000 Epileptiker. Epilepsie kann in jedem Alter erstmals auftreten. Besonders häufig erkranken jedoch kleine Kinder und Personen jenseits des 50. bis 60. Lebensjahrs.

Epilepsie: Symptome

Eine Epilepsie macht sich durch epileptische Anfälle bemerkbar. Sie entstehen, wenn sich Nervenzellen im Gehirn plötzlich entladen. Ein epileptischer Anfall dauert in der Regel höchstens zwei Minuten. Ein typisches Anzeichen sind offene, starre, leere oder verdrehte Augen.

Die weiteren Symptome eines epileptischen Anfalls können sehr unterschiedlich sein. Häufig sind Bewusstseinsstörungen, Zuckungen, Krämpfe und Bewegungsstörungen. Welche Symptome auftreten, hängt davon ab,

  • wie viele Nervenzellen sich gleichzeitig entladen,
  • wo sie liegen und
  • ob sich die Entladungen ausbreiten.

In manchen Fällen dauert der Anfall nur wenige Sekunden (sog. Abscence). Außenstehende und sogar die Person selbst bemerken ihn unter Umständen gar nicht. Bei anderen Betroffenen zucken einzelne Extremitäten, zum Beispiel ein Arm. Und wieder andere haben Anfälle, die den gesamten Körper betreffen. Ärzte sprechen dann von einem Grand-Mal-Anfall. In der Regel verlaufen die Anfälle bei ein und derselben Person immer ähnlich.

Nach einem Anfall befinden sich viele Epileptiker in einer Art Dämmerschlaf und sind sehr erschöpft. Weitere vorübergehende Symptome nach einem Anfall sind depressive Verstimmungen, Gedächtnisprobleme oder Sprachstörungen. Andere Epileptiker hingegen fühlen sich schon nach wenigen Minuten wieder gut und haben keine weiteren Beschwerden.

Generalisierte epileptische Anfälle

Bei einer generalisierten Epilepsie sind beide Hirnhälften von dem Anfall betroffen. Wo genau der jeweilige Anfall seinen Ursprung hat, kann der Arzt oft nicht genau bestimmen.

Nicht jeder epileptische Anfall ist mit Krämpfen verbunden. Treten Krämpfe auf, sprechen Ärzte von einer konvulsiven Epilepsie (konvulsiv = krampfartig).

Ein generalisierter epileptischer Anfall kann sich in verschiedenen Ausprägungen zeigen, z.B.:

  • Absencen: Das Bewusstsein ist kurzzeitig getrübt und die Person hat anschließend einen Gedächtnisverlust.
  • Großer Anfall (sog. Grand Mal, klonisch-tonischer Anfall) mit Zuckungen, Verkrampfungen und Bewusstlosigkeit; typische Symptome sind
    • Schrei zu Beginn des Anfalls (Initialschrei)
    • Sturz
    • Streckkrämpfe
    • unkoordinierte rhythmische Zuckungen des gesamten Körpers
    • Zungenbiss (typischerweise am seitlichen Zungenrand)
    • unkontrollierter Urin- und Stuhlabgang
  • tonischer Anfall: Die Gliedmaßen werden steif. Manche Patienten verlieren dabei das Bewusstsein, andere nicht.
  • atonischer Anfall: Plötzlich verlieren die Muskeln in einem Körperteil die Spannung. Der Patient kann dabei z.B. stürzen oder in sich zusammensacken. Das Bewusstsein kann gestört sein.
  • myoklonischer Anfall: Bestimmte Muskelgruppen zucken in kurzer Folge. Der Patient bleibt bei Bewusstsein.
  • klonischer Anfall: Typisch sind langsame Muskelzuckungen an Armen oder Beinen. Der Patient ist meist bewusstlos.

Fokale epileptische Anfälle

Bei einer fokalen Epilepsie betrifft der Anfall einen begrenzten Hirnbereich. Er kann sich jedoch auf weitere Hirngebiete ausdehnen und in einen generalisierten Anfall übergehen.

Häufige Symptome eines fokalen Anfalls sind:

  • Zuckungen oder Krämpfe einzelner Körperteile, z.B. der Beine oder Arme
  • Missempfindungen wie Kribbeln,Taubheitsgefühle
  • Sensorische Störungen wie verändertes Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen oder Hören
  • Sprachstörungen, z.B. plötzliche Lautäußerungen, Stammeln

Hinzu kommen oft Symptome wie Schweißausbrüche, Blässe, Übelkeit, Erbrechen oder unkontrollierter Stuhl- oder Harnabgang.

Erstes Anzeichen eines fokalen Anfalls kann eine sogenannte Aura sein. Darunter versteht man Symptome, die mit einer veränderten Wahrnehmung einhergehen. So kann etwa das Riechen oder Schmecken verändert sein. Schwindel, Halluzinationen oder Ängste können ebenfalls zu einer Aura gehören. Bei einigen Personen tritt nur die Aura auf und weitere Anfalls-Symptome bleiben aus.

Einfach-fokale und komplex-fokale Anfälle

Wenn das Bewusstsein während eines fokalen Anfalls erhalten bleibt ist, sprechen Ärzte von einem einfach-fokalen Anfall. Bei einem komplex-fokalem Anfall hingegen sind Bewusstsein oder Aufmerksamkeit der Person beeinträchtigt. Der Betroffene wird zum Beispiel kurz bewusstlos oder er wirkt abwesend.

Epilepsie: Ursachen

Eine Epilepsie kann verschiedene Ursachen haben, so etwa

  • eine genetisch bedingte Veranlagung
  • eine vorgeburtliche Hirnschädigungen
  • eine Hirnfehlbildung
  • ein Schlaganfall
  • eine Verletzung am Gehirn
  • ein Hirntumor
  • eine Hirnhaut- oder Gehirnentzündung
  • eine Stoffwechselerkrankung
  • eine Vergiftung

In manchen Fällen bleibt jedoch unklar, was genau zu der Epilepsie geführt hat.

Je nach Ursache unterscheiden Ärzte grob zwischen

  • strukturell/metabolischer Epilepsie (auch: symptomatische Epilepsie), wenn eine Krankheit oder Hirnveränderung/-schädigung die Ursache ist,
  • genetischer Epilepsie (auch: idiopathische Epilepsie), wenn die Neigung zu Epilepsie vermutlich auf Veranlagung zurückzuführen ist und
  • Epilepsie mit unbekannter Ursache (auch: kryptogene Epilepsie), wenn das Gehirn vermutlich krankhaft verändert ist, die Untersuchungen jedoch ergebnislos bleiben.

Auslöser von epileptischen Anfällen

Bestimmte Faktoren können epileptische Anfälle auslösen. Dazu zählt etwa flackerndes Licht. Menschen mit Epilepsie können aber auch einen Anfall bekommen, ohne dass ein bestimmter Auslöser ersichtlich ist. Der Grund: Ihr Gehirn befindet sich permanent in einem Zustand gesteigerter Erregbarkeit.

Bei Menschen, die keine Epilepsie haben, können besondere Einflüsse ebenfalls einen einzelnen epileptischen Anfall hervorrufen. Solche Einflüsse sind unter anderem:

Epilepsie: Diagnose

Der Verdacht auf Epilepsie ergibt sich in der Regel nach einem Anfall. Erster Ansprechpartner ist meist der Hausarzt, der den Patienten dann häufig an einen Neurologen überweist.

Der Arzt wird zunächst vor allem wissen wollen, ob es sich bei den Symptomen tatsächlich um einen epileptischen Anfall gehandelt hat. Daher wird er verschiedene Fragen stellen, zum Beispiel:

  • Wie lief der Anfall genau ab?
  • Welche Symptome sind während des Anfalls aufgetreten?
  • Hat sich der Anfall im Vorfeld angekündigt, z.B. durch Symptome wie Sehstörungen, Empfindungsstörungen oder Kribbeln?
  • Wie lange hielt der Anfall an?
  • Gab es bestimmte Auslöser für den Anfall?
  • Gab es in der Vergangenheit bereits solche Anfälle?

Oft kann sich die betroffene Person selbst nicht oder kaum an den Anfall erinnern. Hilfreich sind dann Angaben von Außenstehenden, die den Anfall beobachtet haben.

Anhand bestimmter Merkmale kann der Arzt bestimmen, ob es tatsächlich ein epileptischer Anfall war. Zu Beginn eines epileptischen Anfalls haben (vorher wache) Betroffene beispielsweise meist die Augen geöffnet. Die Augen wirken starr, verdreht und der Blick geht ins Leere. Sind die Augen hingegen geschlossen, deutet das eher auf einen nicht-epileptischen Anfall hin.

Ist ein epileptischer Anfall den Schilderungen nach wahrscheinlich, wird der Arzt einige Untersuchungen veranlassen. Ein einzelner Anfall muss noch nicht bedeuten, dass es sich tatsächlich um Epilepsie handelt – denn solche Anfälle können auch andere Ursachen haben.

Die Diagnose Epilepsie stellt der Arzt, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle im Abstand von mindestens 24 Stunden auftreten. Wenn die Untersuchungsergebnisse darauf hinweisen, kann die Diagnose auch schon nach einem einzigen Anfall feststehen.

Nach dem Gespräch wird der Arzt seinen Patienten gründlich körperlich untersuchen. Besonders wichtige Diagnoseverfahren sind

  • Elektroenzephalogramm (EEG): Im EEG misst der Arzt die Hirnströme. Diese werden auf einem Monitor in Form von Wellen sichtbar gemacht. Der Arzt kann anhand der charakteristischen Muster erkennen, ob die Person zu epileptischen Anfällen neigt.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Mithilfe der MRT kann der Arzt herausfinden, ob bestimmte Veränderungen im Gehirn die Anfälle auslösen.
  • Laboruntersuchungen: Der Arzt wird Blut abnehmen. Bestimmte Blutwerte können bis zu mehrere Stunden nach einem Anfall erhöht sein. Dazu gehört z.B. die Creatinkinase. Das Blutbild kann zudem Hinweise auf die Ursache der Epilepsie geben. Gegebenenfalls wird der Arzt zudem das Nervenwasser (Liquor) untersuchen. Dieses entnimmt er mithilfe einer Spritze aus der Lendenwirbelsäule.

Um auszuschließen, dass hinter der Epilepsie andere Ursachen (z.B. eine Hirnblutung oder Verkalkung) stecken, können weitere Untersuchungen nötig sein – zum Beispiel eine Computertomographie (CT).

Epilepsie-Therapie: Antiepileptika & Co.

Ziel der Therapie ist es vor allem,

  • den Epileptiker während eines Anfalls zu schützen und
  • weitere epileptische Anfälle zu verhindern (Anfallsprophylaxe).

Erste Hilfe bei epileptischem Anfall

In der Regel klingt ein epileptischer Anfall ohne Folgeschäden von allein wieder ab. Wichtig ist, Ruhe zu bewahren – und dafür zu sorgen, dass sich der Epileptiker nicht verletzt. In jedem Fall sollten Sie den Notarzt rufen, wenn

  • ein Anfall zum ersten Mal auftritt,
  • länger als 5 Minuten dauert,
  • sich innerhalb einer Stunde wiederholt,
  • die Person nicht mehr atmet oder
  • blau anläuft und/oder
  • die Person nach einer halben Stunde noch verwirrt ist.

Antiepileptika: Medikamente zur Vorbeugung eines Anfalls

Ein einzelner komplikationsloser epileptischer Anfall muss nicht zwingend behandelt werden, wenn keine weiteren Anfälle zu erwarten sind. Bei Anfällen, die sehr selten auftreten oder sehr leicht verlaufen, wird der Arzt genau abwägen, ob und welche Therapie infrage kommt.

Die meisten Epileptiker nehmen lebenslang Medikamente ein: sogenannte Antiepileptika. Diese Medikamente sollen die Anfälle blockieren. Heilen können sie eine Epilepsie nicht, aber ihre Symptome lindern beziehungsweise verhindern.

Es gibt viele unterschiedliche Antiepileptika. Welches Medikament der Arzt verschreibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, so zum Beispiel davon, wie gut es die Person verträgt. Auch die Epilepsie-Form spielt eine Rolle:

  • Bei einer fokalen Epilepsie sind Medikamente mit den Wirkstoffen Lamotrigin oder Levetiracetam das erste Mittel der Wahl. Alternativen sind Wirkstoffe wie Carbamazepin, Gabapentin, Lacosamid oder Oxcarbazepin.
  • Bei einer generalisierten Epilepsie bieten sich z.B. Antiepileptika mit Valproinsäure an. Alternativen sind u.a. Lamotrigin, Levetiracetam (als Zusatzbehandlung) oder Topiramat.

Der Patient nimmt das Medikament in langsam steigernder Dosis ein, bis der empfohlene Blutspiegel erreicht ist. Kann ein einzelnes Präparat die Anfälle nicht wirksam verhindern, wird der Arzt mehrere Medikamente miteinander kombinieren.

Mögliche Nebenwirkungen von Antiepileptika sind:

Solche Nebenwirkungen treten vor allem bei höheren Dosen oder Wirkstoffkombinationen auf. Langfristig können Antiepileptika unter anderem zu Sexualstörungen, Gewichtsveränderungen oder psychischen Beeinträchtigungen führen.

Nicht bei allen Patienten helfen Antieileptika ausreichend. Bei circa 3 von 10 Patienten treten die Anfälle weiterhin auf.

Antiepileptika: Besonderheiten bei Verhütung und Schwangerschaft

Epileptikerinnen, die mit der Antibabypilleverhüten möchten, sollten frühzeitig mit dem Arzt darüber sprechen, denn: Manche Antiepileptika führen dazu, dass die Pille weniger gut wirkt. Dann kann es sinnvoll sein, auf ein anderes Medikament zu wechseln oder eine andere Verhütungsmethode zu wählen.

Epileptikerinnen mit Kinderwunsch sollten ebenfalls das Arztgespräch suchen. Vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel können Antiepileptika zu Fehlbildungen oder Entwicklungsverzögerungen beim Kind führen. Daher wird der Arzt die Medikamentendosis während der Schwangerschaft möglichst niedrig halten und auf Wirkstoffkombinationen verzichten. Gegebenenfalls wird er entscheiden, vor der Schwangerschaft auf ein Antiepileptikum zu wechseln, welches ein vergleichsweise geringes Risiko für das Ungeborene darstellt. Während der Schwangerschaft wird der Arzt die Medikamente meist nicht mehr wechseln, da dies zu erneuten Anfällen führen könnte.

Höher dosierte Valproinsäure kann sich in der Schwangerschaft negativ auf die Intelligenz und (im ersten Schwangerschaftsdrittel) auf die Hirnentwicklung des Kindes auswirken. Ist es nicht möglich, auf ein anderes Medikament umzustellen, sollte die Dosis unter 1000 Milligramm pro Tag betragen.

Normalerweise bedeutet ein epileptischer Anfall während der Schwangerschaft kein großes Risiko für das Ungeborene. Nur in seltenen Fällen führen lang anhaltende, generalisierte Anfälle oder Verletzungen durch einen Sturz zu Problemen.

Epilepsiechirurgie: Wenn Antiepileptika nicht ausreichen

Wenn die Therapie durch Medikamente nicht den gewünschten Erfolg erzielt, kann ein neurochirurgischer Eingriff infrage kommen. Voraussetzung ist, dass zwei Behandlungsversuche mit verschiedenen Antiepileptika die epileptischen Anfälle nicht anhaltend stoppen konnten.

Eine Anfallsfreiheit können in der Regel nur sogenannten resektivenVerfahren erreichen (Resektion = operative Entfernung von Organteilen). Das bedeutet, dass der Operateur umgrenzte Hirnbereicheentfernt. Dies birgt das Risiko, dass anschließend bestimmte Hirnfunktionen beeinträchtigt sind. Art und Ausmaß der Nebenwirkungen nach einem solchen Eingriff sind mitunter schwer vorherzusagen. Deshalb wägen Ärzte bei einer Epilepsie sehr sorgfältig ab, ob so eine Operation sinnvoll ist.

Stimulationsverfahren

Stimulationsverfahren können die Anfallsaktivität durch elektrische Reize (ähnlich wie beim Herzschrittmacher) vermindern. Diese Behandlung kommt besonders für Epileptiker infrage, die nicht auf Medikamente ansprechen und bei denen eine Gehirnoperation keinen Erfolg brachte oder nicht möglich ist.

Für die Stimulation ist ein einen chirurgischer Eingriff nötig. Der Chirurg implantiert den Schrittmacher im Brustbereich oder Bauchbereich unter die Haut und verbindet anschließend Elektroden mit einem Nerv.

Am häufigsten kommt die Vagusnervstimulation (VNS) zum Einsatz. Hier ist der Schrittmacher über eine Elektrode im Halsbereich unter der Haut mit dem Vagusnerv (dem 10. Hirnnerv) verbunden und sendet regelmäßig einen elektrischen Reiz. Völlig frei von Anfällen bleiben die meisten Epileptiker durch dieses Stimulationsverfahren zwar nicht. Die Anfallshäufigkeit geht aber oft dauerhaft stark zurück.

Ein weiteres, in Deutschland bislang seltenes Stimulationsverfahren ist die tiefe Hirnstimulation, die auch bei anderen Erkrankungen des Nervensystems (wie Parkinson) gute Behandlungsergebnisse erzielt. Ein Schrittmacher sendet über zwei Elektroden im Gehirn (eine pro Hirnhälfte) elektrische Reize in die Kerngebiete des vorderen Thalamuskerns im Zwischenhirn. Es ist ratsam, sich zur tiefen Hirnstimulation in ein spezielles Epilepsiezentrum zu begeben.

Epilepsie: Verlauf

Wer einmal einen epileptischen Anfall hatte, bekommt nicht zwangsläufig einen zweiten. Wiederholt sich ein Anfall jedoch, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weitere auftreten. In der Regel ist ein Anfall nicht mit bleibenden Schäden verbunden. Zahlreiche, schwere Anfälle können sich allerdings auf Gedächtnis und Konzentrationsfähigkeit auswirken.

Wie stark eine Epilepsie ausgeprägt ist und wie häufig die Anfälle vorkommen, ist von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich. Der Verlauf ist unter anderen davon abhängig, was die Epilepsie verursacht hat und wie gut die Therapie anschlägt. Manche Epileptiker, die beruflich Kraftfahrzeuge führen oder in großer Höhe arbeiten, sind zu einem Berufswechsel gezwungen.

Epilepsie geht häufiger mit Depressionen und Angsterkrankungen einher. Die Angst vor einem erneuten Anfall kann den Alltag erheblich einschränken und eine starke psychische Belastung darstellen.

Prognose

Der Verlauf einer Epilepsie ist durch Medikamente gut zu beeinflussen. Die Prognose ist entsprechend gut: Etwa 60 bis 80 Prozent der Epileptiker sind durch die Behandlung anfallsfrei. Wenn die Ursache der Epilepsie nicht beseitigt ist, kann es ohne Medikamente erneut zu Anfällen kommen.

Welche Komplikationen sind möglich?

Eine Epilepsie kann zu verschiedenen Komplikationen führen:

  • Verletzungen: Während eines epileptischen Anfalls kann sich die Person verletzen. So kann es vorkommen, dass sie stolpert, an Gegenstände stößt oder sich auf die Zunge beißt.
  • Status epilepticus: Ein Status epilepticus ist ein länger anhaltender oder sich ohne zwischenzeitliche Erholungen wiederholender, schwerer epileptischer Anfall. Dabei bekommt das Gehirn nicht mehr ausreichend Sauerstoff. Dieser Zustand erfordert eine schnelle und intensivmedizinische Hilfe.
  • SUDEP: SUDEP steht für "sudden unexpected death in epilepsy". Dabei stirbt ein Epileptiker plötzlich und unerwartet. Dies ist allerdings sehr selten der Fall. Forscher gehen davon aus, dass ein SUDEP durch eine gehemmte Herz-Lungen-Funktion nach einem generalisierten Anfall zustande kommt.

Insgesamt ist das Risiko, an den direkten Folgen eines epileptischen Anfalls zu sterben, jedoch gering.