Endometriose: Diagnose, Behandlung und Ursachen
Endometriose ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Frauen. Viele Betroffene halten ihre Symptome jedoch jahrelang für gewöhnliche Regelschmerzen. Auch deshalb wird die Erkrankung oftmals erst spät festgestellt. Wie äußert sich Endometriose und wieso gestaltet sich die Diagnose so schwierig?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Endometriose
Endometriose zählt zu den häufigsten Erkrankungen bei Frauen. Dabei entstehen Entzündungen und sogenannte Endometrioseherde und Zysten, die sich etwa am Bauchfell, an den Eierstöcken, an der Blase oder dem Darm bilden können. Das Gewebe der Endometrioseherde ähnelt dem der Gebärmutterschleimhaut.
Schätzungen zufolge sind rund 8 bis 15 Prozent aller geschlechtsreifen Mädchen und Frauen betroffen. In Deutschland sind etwa 2 Millionen Frauen erkrankt, weltweit etwa 190 Millionen.
Ja, eine Schwangerschaft ist trotz Endometriose möglich, unter Umständen aber erschwert. Die Fruchtbarkeit kann in manchen Fällen beeinträchtigt sein, weshalb eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege nicht immer möglich ist. Eine Option kann eine künstliche Befruchtung sein.
Bislang gibt es keine eindeutigen Hinweise darauf, dass Endometriose mit einer Gewichtszunahme einhergeht. Mitunter können jedoch im Rahmen der Behandlung verschriebene Medikamente als Nebenwirkung eine Gewichtszunahme verursachen.
Bislang lässt sich Endometriose nicht heilen. Jedoch gibt es einige Maßnahmen zur Behandlung, welche den Alltag mit der Erkrankung erleichtern.
Was ist Endometriose?
Bei Endometriose siedelt sich Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ähnelt, außerhalb der Gebärmutterhöhle an. Diese sogenannten Endometrioseherde können sich unter anderem an
- den Eierstöcken,
- den Eileitern,
- der Scheidenwand,
- dem Darm,
- am Bauchfell oder etwa
- der Harnblase bilden.
Seltener kann sich Endometriose auch in den Lymphknoten und in der Lunge zeigen. Prinzipiell kann sich die Krankheit an jeder Stelle im Körper ausbreiten. Die Größe der Endometrioseherde reicht von wenigen Millimetern bis zur Größe einer Orange. Zeigt sich Endometriose an den Eierstöcken, bilden sich mitunter Endometriosezysten (auch Schokoladenzysten).
Endometriose gilt als chronische, aber gutartige Krankheit. Etwa jede fünfte Betroffene verspürt keinerlei Beschwerden. Oft sind die Symptome allerdings stark ausgeprägt und vielfältig. Da sie aber häufig Regelschmerzen ähneln und das Krankheitsbild erst seit einiger Zeit mehr in den Fokus rückt, dauert es durchschnittlich sieben bis zehn Jahre bis zur Diagnose.
Häufigkeit
Bislang gibt es keine verlässlichen Daten zur Häufigkeit von Endometriose. Schätzungen zufolge sind circa acht bis 15 Prozent der Frauen im geschlechtsreifen Alter betroffen. Bei unerfülltem Kinderwunsch ist bei rund 35 bis 50 Prozent der Frauen die Erkrankung ursächlich.
Endometriose: Welche Symptome können auftreten?
Endometriose kann mit verschiedenen Symptomen einhergehen – je nachdem, in welchem Organ die Endometrioseherde wachsen und ob sie gegebenenfalls auf Nervenbahnen drücken. Oft verursachen die Herde Verwachsungen, Verklebungen und Entzündungen, die mit starken Schmerzen verbunden sein können.
Mögliche Symptome bei Endometriose sind:
- starke Menstruationsschmerzen (Dysmenorrhö)
- Schmerzen vor Menstruationsbeginn (prämenstruelle Schmerzen)
- Schmerzen beim Eisprung
- verstärkte Regelblutung
- Dauerschmerzen
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
- Menstruationsstörungen wie Zwischenblutungen
- Unfruchtbarkeit bzw. unerfüllter Kinderwunsch
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Reizblase und Schmerzen beim Wasserlassen
- Blut im Urin
- Übelkeit und Erbrechen
- Durchfall, Verstopfung
- geschwollener Bauch
- Schmerzen beim Stuhlgang sowie Blut im Stuhl (bei Endometriose im Darm)
- Schmerzen in anderen Körperteilen, beispielsweise Rückenschmerzen oder Beinschmerzen
Typisch bei Endometriose ist, dass die Beschwerden abhängig vom Zyklus sind. Meist sind die Symptome etwa ein bis drei Tage vor der Regelblutung am stärksten. Dann werden sie mit Abnahme der Blutung wieder schwächer und stoppen vollständig. Die Schmerzen bei Endometriose sind meist intensiv und sehr belastend. Ohne Schmerzmittel lassen sie sich häufig kaum ertragen.
Je nachdem, wo die Endometriose besteht, sind auch ständige Beschwerden möglich. Oft liegen dann Verwachsungen mit umliegendem Gewebe vor.
Endometriose: Wie erfolgt die Diagnose?
Zunächst stellt der*die Gynäkolog*in Fragen zu den genauen Beschwerden und wann die Intensität der Symptome am stärksten ist (Anamnese). Der erste Hinweis auf eine Endometriose sind die für die Erkrankung typischen Symptome – vor allem starke Regelschmerzen.
Danach folgt die körperliche Untersuchung. Da die Herde sehr klein sein können, sind sie nur selten tastbar. Auch durch einen Ultraschall lassen sich die Wucherungen meist nicht erkennen. Ebenso ist Endometriose nicht über bestimmte Blutwerte nachweisbar.
Bauchspiegelung zur Endometriose-Diagnose
Der bislang einzige Weg, um bei Endometriose eine sichere Diagnose stellen zu können, ist eine Bauchspiegelung (Laparoskopie). Bei dieser OP führen Ärzt*innen über drei kleine Schnitte eine Kamera und Operationsinstrumente in die Bauchhöhle der Patientin ein. Dadurch lässt sich der Bauchraum nach Endometrioseherden und Verwachsungen absuchen. Auffälligkeiten können direkt entfernt werden – unter Umständen wird auch eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen und im Labor untersucht.
Eine Bauchspiegelung zählt zu den Routineeingriffen, ist jedoch mit einigen Komplikationen wie Verletzungen von Blutgefäßen verbunden. Die Vollnarkose stellt eine zusätzliche Belastung für den Körper dar. Ratsam ist in jedem Fall, dass der Eingriff in einem speziellen Endometriose-Zentrum durchgeführt wird.
Diagnose mittels Speicheltest
Zudem wurde ein neuer Speicheltest zur Diagnose entwickelt: Nach rund zwei Wochen soll ein nahezu 100-prozentig sicheres Ergebnis vorliegen. Derzeit befindet sich der Test jedoch noch im experimentellen Stadium, weshalb er noch nicht standardmäßig von den Krankenkassen übernommen wird und nicht in den Leitlinien integriert ist.
Endometriose: Möglichkeiten der Behandlung
Bislang ist Endometriose nicht heilbar. Jedoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Schmerzen zu lindern. Eine symptomlose Endometriose muss hingegen nicht behandelt werden. Die*der Ärztin*Arzt bestimmt in Absprache mit der Patientin eine individuelle Therapie. Auch, ob ein unerfüllter Kinderwunsch vorliegt, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Betroffene sollten sich in einem spezialisierten Endometriose-Zentrum behandeln lassen.
Endometriose: Behandlung mit Hormonen
Durch eine Behandlung der Endometriose mit Hormonen, soll die Regelblutung verringert und so das Wachstum der Endometrioseherde bestenfalls gestoppt werden. Ziel ist, den Östrogenspiegel (weibliches Sexualhormon) zu senken. Hormonelle Therapieformen wirken zugleich auch verhütend, weshalb sie bei einem bestehenden Kinderwunsch oder einer Schwangerschaft nicht infrage kommen. Die Behandlung muss über mehrere Jahre erfolgen. Danach setzen die normale Menstruation und manchmal auch wieder die Schmerzen ein.
Mögliche hormonell-wirksame Medikamente zur Behandlung bei Endometriose sind:
reine Gestagene (Gelbkörperhormone): Gestagene sind Hormone, die bei der Zyklussteuerung beteiligt sind und bei einer Schwangerschaft dafür sorgen, dass die Gebärmutterschleimhaut nicht weiterwächst. Dieser Effekt wird zur Behandlung genutzt. Dabei wird beispielsweise das Gestagen Dienogest langfristig in Tablettenform eingenommen, um den Östrogenspiegel zu senken. Mitunter kann auch eine gestagenhaltige Spirale eingesetzt werden. Die Behandlung ist mit einigen Nebenwirkungen wie etwa Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Depressionen und Übelkeit verbunden.
Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparate (Antibabypille): Auch die meisten Antibabypillen enthalten Gestagene, die das Wachstum der Endometrioseherde hemmen können. Die endometriosebedingten Beschwerden lassen sich daher häufig durch die Einnahme der Pille abschwächen. Meist verstärken sich die Schmerzen jedoch während der sogenannten Entzugsblutung in der Pillenpause. In diesem Fall empfehlen Ärzt*innen möglicherweise die Durchnahme der Pille. Mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen (Ödeme) und Stimmungsschwankungen.
GnRH-Agonisten: Bei einer erfolglosen Hormontherapie können GnRH-Agonisten zum Einsatz kommen. Diese Medikamente werden als Spritze oder Nasenspray verabreicht und hindern die Eierstöcke daran, Östrogen und somit Gebärmutterschleimhaut zu bilden. GnRH-Agonisten dürfen nur für etwa sechs Monate eingenommen werden. Nebenwirkungen sind etwa Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Scheidentrockenheit.
Wichtig: Einige hormonelle Verhütungsmittel sind nicht zur Behandlung starker Regelschmerzen zugelassen, sondern dienen allein der Verhütung. Behandelnde Fachleute müssen deshalb über den sogenannten "off label use" – also der Verwendung außerhalb eines zugelassenen Indikationsbereichs – aufklären.
Schmerzmittel bei Endometriose
Zur medikamentösen, nicht-hormonellen Therapie können verschiedene Arzneimittel ergänzend, alternativ oder langfristig verschrieben werden. Die Medikamente sollen in erster Linie Schmerzen lindern. Dazu zählen beispielsweise Wirkstoffe wie Ibuprofen, Diclofenac oder Acetylsalicylsäure. Derartige Medikamente dürfen langfristig jedoch nur nach ärztlicher Absprache eingenommen werden, da sie mit einigen Nebenwirkungen verbunden sind.
Endometriose: Wann ist eine Operation notwendig?
Fachleute raten Patientinnen mit Endometriose zu einer Operation bei:
- sehr starken Beschwerden
- Blutungen in die Gebärmutterwand (Adenomyose)
- Endometriosezysten, die Beschwerden verursachen
- Verwachsungen im Bauchraum oder mit anderen Organen
- Unfruchtbarkeit und Kinderwunsch
Ziel der Endometriosen-OP ist es, die Endometrioseherde vollständig zu entfernen. Mittel der Wahl ist eine Bauchspiegelung. Liegen die Herde ungünstig oder sind stark mit der Bauchdecke oder Organen verwachsen, muss ein größerer Bauchschnitt vorgenommen werden, um sie zu entfernen.
Bei starken Symptomen und wenn kein Kinderwunsch vorliegt, kann es mitunter auch sein, dass nach Absprache mit der Patientin eine vollständige oder teilweise Entfernung der Eierstöcke und/oder Gebärmutter durchgeführt wird (Hysterektomie). Jedoch setzen bei Betroffenen dann umgehend die Wechseljahre ein, weshalb Nutzen und Risiken gründlich abgewogen werden.
Kombinationstherapie bei Endometriose
Bei etwa jeder zweiten Frau mit Endometriose kommt es innerhalb der nächsten fünf Jahre zur Bildung neuer Herde. Deshalb verschreiben Ärzt*innen nach einer Endometriose-OP meist für etwa drei bis sechs Monate hormonelle Arzneimittel, um einen längerfristigen Erfolg zu erzielen. Mitunter ist dann eine erneute Bauchspiegelung notwendig, um den Therapieerfolg zu beurteilen. Auch möglicherweise übriggebliebene Endometrioseherde werden dabei entfernt.
Endometriose: Was können Betroffene selbst tun?
Zudem gibt es einige Maßnahmen, die sich bei einigen Patientinnen als positiv erweisen:
Ernährung: Bei Endometriose scheint sich eine entzündungshemmende Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukten auszuzahlen.
Sport: Körperliche Aktivität und Bewegung erweisen sich bei einigen Betroffenen als schmerzlindernd.
Entspannung: Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen sowie Yoga können dazu beitragen, die Symptome zu reduzieren.
Selbsthilfegruppen: Den Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe empfinden viele Frauen als hilfreich, um mit der chronischen Krankheit besser umgehen zu können.
Endometriose: Welche Ursachen sind möglich?
Wie genau Endometriose entsteht, ist noch nicht abschließend geklärt. Jedoch vermuten Fachleute einige Ursachen mit folgenden Theorien:
Implantations-/Verschleppungs-Theorie: Bei dieser Theorie gehen Fachleute davon aus, dass sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut während der Regelblutung lösen und so über die Eileiter in den Bauchraum gelangen – eine umgekehrte Menstruation (retrograde Menstruation). In der Folge kann sich das Gewebe am Bauchfell, den Eierstöcken oder anderen Organen festsetzen.
Metaplasie-Theorie: Bei der Metaplasie-Theorie wird vermutet, dass sich Schleimhautzellen der Endometrioseherde direkt an der Stelle im Körper (z. B. den Eierstöcken) bilden, ohne erst verschleppt werden zu müssen. Diese Zellen sollen ihren Ursprung aus der gleichen Zelllinie haben, die im Embryo die Leibeshöhle (Coelom) auskleiden.
Endometriose: Gibt es Risikofaktoren?
Darüber hinaus stehen einige Risikofaktoren im Diskurs, die Entstehung von Endometriose zu begünstigen:
familiäre Veranlagung: Häufig sind innerhalb einer Familie mehrere Frauen von Endometriose betroffen, weshalb eine genetische Veranlagung vermutet wird. Genaue Belege hierzu gibt es aktuell nicht, vermutet wird jedoch eine Kombination aus erblichen und anderen Faktoren.
hormonelle Faktoren: Auch Störungen der Zusammensetzung bestimmter Hormone sollen eine Rolle spielen.
Fehlfunktionen des Immunsystems: Bei einigen Patientinnen sind Antikörper im Blut nachweisbar, die sich gegen die Gebärmutterschleimhaut richten und eine entzündliche Reaktion im Bereich der Endometrioseherde verursachen. Unklar ist, ob diese Fehlfunktion Ursache oder Folge der Endometriose ist.
Regelblutung: Eine besonders frühe Regelblutung vor dem Teenageralter und eine späte, letzte Monatsblutung scheinen ein Risikofaktor für die Entstehung der Krankheit zu sein.
Veränderungen der Gebärmutter: Auch bestimmte Unregelmäßigkeiten der Anatomie der Gebärmutter spielen möglicherweise eine Rolle.
Endometriose: Verlauf und Prognose
Grundsätzlich ist Endometriose eine chronische und wiederkehrende Krankheit. Der genaue Verlauf lässt sich somit nicht vorhersagen. Bei manchen Patientinnen bildet sich die Krankheit spontan zurück – bei anderen hingegen entstehen immer mehr Endometrioseherde.
Nicht nur die anhaltenden Beschwerden, auch die mitunter häufigen Operationen sind mit einem großen Leidensdruck und Einschränkungen im Alltag verbunden. Nach einer OP folgt oft eine symptomfreie Zeit. Bei etwa 75 Prozent der Patientinnen entstehen allerdings innerhalb der nächsten zwei Jahre erneut Beschwerden.
Auch mögliche Nebenwirkungen der hormonellen Therapiemaßnahmen sind meist eine starke Belastung. So kann ein dadurch erzielter Östrogenmangel zu einer Reduzierung der Knochendichte führen. In der Folge steigt das Risiko für Osteoporose (Knochenschwund). Mit Einsetzen der Wechseljahre gehen die Beschwerden meist zurück. In sehr seltenen Fällen kann sich aufgrund eines Endometrioseherdes ein Eierstockkrebs entwickeln.
Schwangerschaft und Kinderwunsch bei Endometriose
Eine Schwangerschaft ist oft auch bei Endometriose möglich, jedoch häufig erschwert. Insbesondere wenn die Wucherungen Eierstöcke und Eileiter beeinträchtigen und deren Form verändern, ist es schwieriger, schwanger zu werden. Die Spermien haben dann unter Umständen Schwierigkeiten, den Weg zur Eizelle zu finden.
Eine Endometriose kann sich aber auch aus anderen Gründen auf die Fruchtbarkeit auswirken. Zum Beispiel kann sie dazu führen, dass sich der Embryo nicht in der Gebärmutter einnistet. Die genaue Ursache lässt sich nicht immer sicher feststellen. Bei einigen Erkrankten hängt die Unfruchtbarkeit auch gar nicht mit der Endometriose zusammen. Dennoch ist eine Schwangerschaft häufig möglich, unter Umständen durch eine künstliche Befruchtung.