Eagle-Syndrom: Ausstrahlende Schmerzen im Kieferbereich
Gesichtsschmerzen, Halsschmerzen oder Schluckbeschwerden, die durch Kopfbewegung ausgelöst oder verstärkt werden – mit solchen oder ähnlichen Symptomen kann sich das Eagle-Syndrom bemerkbar machen. Erfahren Sie mehr über Ursachen und Behandlung der Erkrankung.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist das Eagle-Syndrom?
Vom Eagle-Syndrom (auch bezeichnet als Stylohyoid-Syndrom oder Styalgie) sprechen Fachleute, wenn der Griffelfortsatz (Processus styloideus) am Schläfenbein (Os temporale) verlängert ist oder das Band (Ligamentum stylohyoideum) zwischen Zungenbein (Os hyoideum) und Processus styloideus verknöchert ist. Es können diffuse Symptome wie Schmerzen im Kiefer- und Gesichtsbereich, Schwindel oder Sehstörungen auftreten.
Die genaue Häufigkeit des Eagle-Syndroms ist schwer zu benennen, da es keine verlässlichen aktuellen Zahlen gibt. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2002 wurde die Häufigkeit mit 0,16 Prozent der Bevölkerung sehr gering angegeben, wobei Fachleute inzwischen eher von einer Häufigkeit von 4 bis 10 Prozent ausgehen.
Benannt wurde das Eagle-Syndrom nach dem US-amerikanischen Hals-Nasen-Ohren-Arzt Watt Weems Eagle. Er beschrieb den Beschwerdekomplex 1937 als Erster in einer Veröffentlichung.
Eagle-Syndrom: Symptome
Beim Eagle-Syndrom kommt es typischerweise zu Beschwerden wie einseitigen Gesichtsschmerzen oder Halsschmerzen, insbesondere in der Nähe des Kieferbereichs. Möglich sind auch Schmerzen im Bereich der Gaumenmandeln, der Zungenbasis oder im unteren Rachen.
Die Schmerzen können beim Eagle-Syndrom kommen und gehen oder ständig auftreten. Häufig verschlimmern sie sich bei bestimmten Kopfbewegungen, etwa beim Gähnen, Schlucken oder Sprechen oder wenn man den Kopf dreht. In manchen Fällen strahlen die Schmerzen ins Ohr aus.
Weitere mögliche (oft durch Kopfbewegung auslösbare) Symptome beim Eagle-Syndrom sind zum Beispiel:
- Schluckbeschwerden
- Kloß im Hals bzw. Gefühl, als ob etwas im Hals feststeckt (Globusgefühl)
- Tinnitus (Ohrgeräusche)
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Strangulationsgefühl
Bei einem sehr massiv ausgeprägten Processus styloideus können sogar die Hirnnerven gereizt werden, sodass es zu ausstrahlenden Schmerzen in den Hals, die Brustwand oder in Richtung Schläfe und Auge kommen kann. Auch Gangunsicherheiten sind in diesen Fällen möglich.
Ursachen für das Eagle-Syndrom
Ursache für die Schmerzen und Beschwerden beim Eagle-Syndrom sind
- ein übermäßig langer Griffelfortsatz, einem normalerweise etwa 2 bis 3 Zentimeter langen spitzen Knochen unterhalb des Ohrs,
- sowie eine Verknöcherung des Ligamentum stylohyoideum, einem paarigen Band, das den Griffelfortsatz mit dem Zungenbein verbindet.
Ein verlängerter Griffelfortsatz (über 3 Zentimeter) wird als Megastyloide bezeichnet und kommt als anatomische Abweichung bei schätzungsweise 4 bis 10 von 100 Menschen vor. Diese müssen jedoch nicht automatisch auch Beschwerden haben. Nur etwa 2 bis 10 Prozent der Betroffenen mit überlangem Griffelfortsatz spüren Symptome, leiden also unter dem Eagle-Syndrom. Bei betroffenen Menschen beträgt die durchschnittliche Länge des Processus styloideus 4 Zentimeter. Frauen sind etwa dreimal häufiger betroffen als Männer.
Warum der Griffelfortsatz bei manchen Menschen länger ist beziehungsweise das Ligamentum stylohyoideum verknöchert, ist bislang nicht sicher bekannt. Traumata und Operationen im Mund-Hals-Bereich, wie beispielsweise eine Entfernung der Gaumenmandeln, scheinen eine Rolle zu spielen, dass es zur Knochenwucherung kommt.
Eagle-Syndrom: Diagnose
Besteht Verdacht auf das Eagle-Syndrom, wird die Ärztin oder der Arzt zunächst versuchen, den Griffelfortsatz am Kopf beziehungsweise im Halsbereich zu ertasten.
Der Goldstandard zur Diagnose ist die Computertomographie (CT), da damit Processus styloideus und Ligamentum stylohyoideum gut dargestellt werden können.
Mitunter dauert es lange, bis das Eagle-Syndrom als Befund erkannt wird. Denn das Beschwerdebild ist diffus und kann auch bei anderen Erkrankungen auftreten.
Therapie beim Eagle-Syndrom
Ein verlängerter Griffelfortsatz geht nicht automatisch mit Beschwerden einher. Solch eine anatomische Abweichung ist deshalb nicht zwingend behandlungsbedürftig.
Wenn jedoch Schmerzen dadurch ausgelöst werden und damit das Eagle-Syndrom vorliegt, werden Physiotherapie, Medikamente und Schmerzmittel zur Therapie eingesetzt. Können die Beschwerden so nicht beseitigt werden, ist zur Behandlung ein operativer Eingriff nötig.
Je nach Methode entnimmt beziehungsweise zertrümmert man dabei den überlangen Processus styloideus und entfernt verknöcherte Teile des Ligamentum stylohyoideum. Der Eingriff kann entweder
- über den Mund- und Rachenraum,
- von außen über den Halsbereich oder
- minimal-invasiv erfolgen.
Um beim Eingriff über den Mundraum an den Griffelfortsatz heranzukommen, müssen auch die Gaumenmandeln chirurgisch entfernt werden.
Die beim Eagle-Syndrom auftretenden Beschwerden gehen nach der Operation in der Regel rasch zurück.