Dyskalkulie: Symptome und Therapie der Rechenschwäche
Drei bis sieben Prozent der Bevölkerung leiden an Dyskalkulie, auch bekannt als Rechenstörung. Unbehandelt kann sie zu Einschränkungen im Alltag bis hin zu psychischen Problemen führen. Bei welchen Symptomen Sie aufmerksam werden sollten und welche Therapie bei Dyskalkulie möglich ist.
FAQ zur Dyskalkulie
Das ist abhängig vom jeweiligen Bundesland. Grundsätzlich sind Schulen in Deutschland aber dazu angehalten, eine begabungsgerechte Schulausbildung zu ermöglichen. Auch in der S3-Leitlinie zur Rechenstörung ist festgehalten, Betroffenen einen Nachteilsausgleich in Kombination mit bestimmten Förderungen zu gewährleisten.
Bei Kindern können Ärzt*innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, psychologische Psychotherapeut*innen sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen eine Dyskalkulie feststellen. Erwachsene müssen dafür Psychiater*innen oder psychologische Psychotherapeut*innen aufsuchen.
Bei Menschen mit Dyskalkulie zeigt sich im intraparietalen Sulcus (IPS) eine geringere Aktivität. Der Bereich im Gehirn trägt entscheidend zu der Entwicklung einer Rechenkompetenz bei. Es ist noch Teil der Forschung, die genauen Abläufe im Gehirn bei Betroffenen zu analysieren, um wirksamere Behandlungskonzepte zu entwickeln.
Eine Rechenstörung ist nicht heilbar. Durch gezielte Förderungen und Schulungen können Betroffene jedoch Einschränkungen im Alltag entgegenwirken.
Es wird angenommen, dass eine Rechenstörung vererbbar ist. Häufig leiden auch Familienmitglieder unter der Störung.
Was ist Dyskalkulie?
Menschen mit Dyskalkulie haben Schwierigkeiten mit einfachster Mathematik wie Addieren oder Subtrahieren. Weitere Bezeichnungen lauten Rechenschwäche und Rechenstörung. Abzugrenzen ist Dyskalkulie von Akalkulie, welche erworben ist und sich erst im Alter oder nach Erkrankungen wie einem Schlaganfall entwickeln kann.
Die Dyskalkulie ist eine Lernstörung, wie auch die Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche). Sie wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten zugeordnet. Die Beeinträchtigung im Bereich Mathematik ist dabei nicht auf eine generelle Intelligenzminderung oder fehlende schulische Bildung zurückzuführen.
Erste Anzeichen der Rechenstörung machen sich meist schon im Kindergarten, spätestens in der Schule bemerkbar. Erfolgt keine entsprechende Therapie, haben Betroffene oft im Erwachsenenalter noch Probleme mit Mathematik, die auch im privaten und beruflichen Umfeld zu Einschränkungen führen können. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie sind deshalb erforderlich.
Symptome bei Dyskalkulie: Rechenschwäche erkennen
Menschen mit Dyskalkulie sehen Zahlen als Symbole an. Sie haben dadurch nur ein sehr geringes Verständnis für Mathematik. Bereits einfache Dinge wie das Einmaleins und die Grundrechenarten können Betroffene nur schwer lösen.
Im Kindergartenalter sind folgende Anzeichen bei Dyskalkulie möglich:
- Fehlendes, grundlegendes Verständnis für Mengen und Maße wie Zeit, Länge oder Geld
- Probleme beim Zuordnen von Verhältnissen, zum Beispiel, ob etwas mehr, weniger, kleiner oder größer ist
- Abzählen von Gegenständen und die Zuordnung von Mengen zu Zahlen fällt schwer
Ab dem Grundschulalter treten oft folgende Symptome mit Rechenstörung auf:
- Das Benennen und Schreiben von Zahlen fällt schwer
- Rechenaufgaben werden sehr langsam gelöst und auch in höheren Jahrgangsstufen noch mit Abzählen der Finger bearbeitet
- Verwechslung von Rechenarten
- Probleme beim Lesen der Uhr
- Schwierigkeiten beim Lösen von Textaufgaben
- Stellenwerte und Dezimalsystem bereiten Probleme, zum Beispiel wird fünfundzwanzig zu 52 "übersetzt"; einhundertzwölf zu 10012
Probleme beim Rechnen in der ersten Klasse müssen nicht zwangsläufig auf eine Dyskalkulie hinweisen. Oft bessern sich die Schwierigkeiten in den Folgeklassen. Ist dies nicht der Fall, sollte durch Fachleute eine Rechenstörung geprüft werden.
Mögliche Begleiterkrankungen und Folgen der Dyskalkulie
Es gibt verschiedene Begleiterkrankungen und Probleme, die häufig mit einer Dyskalkulie auftreten. Dazu zählen:
- Angststörungen und Vermeidungsstrategien
- Psychosomatische Probleme wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen
- ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung)
- Depressive Verstimmung
- Gestörtes Sozialverhalten
- Probleme in der Schule, wie schlechte Noten
- Psychische Beschwerden, die zu Rückzug und Schuldgefühlen führen
Diagnose Dyskalkulie: Tests bei Rechenschwäche
Liegt eine Rechenstörung vor, ist eine frühzeitige Diagnose und Förderung essenziell. Eine wichtige erste Anlaufstelle bei Verdacht auf Dyskalkulie sind Lehrer*innen. Sie können einschätzen, wie stark eine vermutete Rechenstörung ausgeprägt ist. Eltern sollten mit ihnen im engen Austausch bleiben. Die endgültige Diagnose sollte dann von Fachleuten, zum Beispiel für Kinder- und Jugendpsychiatrie, erfolgen.
Es gibt verschiedene Kriterien, anhand denen sich eine Dyskalkulie vermuten lässt:
- Deutlich schlechtere Rechenleistungen als der Alters- und Klassendurchschnitt
- Körperliche und psychische Störungen wie Hör- oder Sehminderungen sowie motorische Schwächen müssen ausgeschlossen werden
- Unzureichende Beschulung oder psychosoziale Probleme kommen nicht als Ursache infrage
- Es besteht keine allgemeine Intelligenzminderung oder Leistungsschwäche
Daneben gibt es verschiedene Tests, die bei einem Verdacht auf Dyskalkulie professionell durchgeführt werden können. Beispiele hierfür sind:
- Rechentests
- IQ-Tests
- Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests
- Psychologische Tests
Welche Tests sinnvoll sind, entscheidet der*die jeweilige Spezialist*in. Online-Selbsttests geben hierbei in der Regel keine fundierten Aussagen.
Auf der Seite des Bundesverbandes fürs Legasthenie und Dyskalkulie e.V. finden Sie weitere wichtige Informationen zum Thema Rechenstörung.
Therapie bei Dyskalkulie
Je früher eine Behandlung der Dyskalkulie startet, desto besser. Gezielte Förderungen können bereits im Kindergarten stattfinden. Heilbar ist die Rechenstörung nicht, Einschränkungen im Erwachsenenalter und auch Auswirkungen auf die Psyche können durch eine Behandlung aber vermindert werden. Medikamente sind bei einer Therapie der Dyskalkulie nicht nötig.
Eine Behandlung der Dyskalkulie setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen:
- Rechentraining
- Verhaltenstherapie
- Neuropsychologische Therapie
Mögliche Ursachen: Wie entsteht eine Dyskalkulie?
Bis heute ist noch nicht eindeutig geklärt, wie genau eine Dyskalkulie entsteht. Klar ist, dass die Störung nicht mit der Intelligenz oder anderen Kompetenzen zusammenhängt. Die Forschung geht davon aus, dass mehrere Faktoren eine Rolle in der Entstehung der Dyskalkulie spielen.
Vererbung: Verschiedene Studien lassen vermuten, dass Dyskalkulie vererbt werden kann. Meist kommt die Rechenstörung öfter in der Familie vor. Das Risiko, dass Geschwister auch an einer Dyskalkulie leiden, ist um das fünf- bis zehnfache erhöht, wenn bereits ein Geschwisterkind an den Problemen leidet.
Veränderungen im Gehirn: Die Hirnareale, die zuständig für das Bearbeiten von Rechenaufgaben und mathematischen Fragestellungen sind, scheinen bei einer Dyskalkulie verändert zu sein.
Kognition: Häufig liegen bei Betroffenen auch Probleme in der Verarbeitung schnell aufeinanderfolgender Reize, des Arbeitsgedächtnisses und der Aufmerksamkeit vor.