Frau mit Schwangerschaftsdiabetes injiziert Insulin
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Schwangerschafts­diabetes: Symptome, Werte und Ernährung

Von: Frederike Rausch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 04.09.2023

Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) ist eine Stoffwechselerkrankung während der Schwangerschaft. Für betroffene Frauen kann es wichtig sein, ihre Werte regelmäßig zu messen und einen Ernährungsplan einzuhalten. Lesen Sie, welche Symptome auftreten, welche Risiken es gibt und wie die Behandlung erfolgt.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung

  • Definition: Von einem Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) wird gesprochen, wenn der Blutzucker in der Schwangerschaft bestimmte Werte überschreitet.
  • Symptome: Meist gibt es keine spürbaren Beschwerden. Möglich sind etwa Müdigkeit, Erschöpfung und starker Durst.
  • Diagnose: Die Stoffwechselkrankheit kann durch einen Zuckertest (Glukosetoleranztest) diagnostiziert werden. 
  • Ursache: Fachleute vermuten als Grund schwangerschaftsbedingte Veränderungen im Hormonstoffwechsel. Faktoren wie Übergewicht und ein hohes Alter der Frau erhöhen das Risiko für die Krankheit.
  • Behandlung: Meist helfen eine Umstellung der Ernährung und ausreichend Bewegung. Etwa jede vierte Frau mit Schwangerschaftsdiabetes spritzt Insulin für die Zeit bis zur Geburt.

Was ist ein Schwangerschaftsdiabetes?

Der Begriff Schwangerschaftsdiabetes bezeichnet einen erhöhten Blutzuckerspiegel während der Schwangerschaft. Er wird in der Fachsprache als Gestationsdiabetes bezeichnet (Gestation = Schwangerschaft).

Ein Schwangerschaftsdiabetes bereitet keine direkten Symptome, sodass grundsätzlich die Gefahr besteht, dass er nicht oder zu spät therapiert wird. Eine Behandlung ist aber nötig, denn der Diabetes kann sich bei manchen Frauen negativ auf das ungeborene Kind auswirken. Darum wird bei allen Schwangeren im Rahmen der Vorsorge der Blutzucker kontrolliert.

Wie häufig ist Schwangerschaftsdiabetes?

Die Erkrankung betrifft fast acht Prozent der Schwangeren – Tendenz steigend. Die meisten Frauen bringen aber mit der passenden Behandlung ein gesundes Kind zur Welt. 

Nachsorge ist wichtig: Meistens normalisieren sich die Werte nach der Geburt wieder. Allerdings ist das Risiko in der Folge einen Diabetes Typ 2 zu entwickeln, erhöht. Der Mutter wird daher empfohlen, ihre Werte nach der Entbindung in regelmäßigen Abständen überprüfen zu lassen. 

Schwangerschaftsdiabetes: Symptome und Anzeichen

Ein Schwangerschaftsdiabetes verursacht meist keine auffälligen Symptome. Er äußert sich aber durch einen zu hohen Blutzuckerspiegel bei der werdenden Mutter, der im Rahmen eines Zuckerbelastungstests festgestellt werden kann. Möglich sind eher leichte Beschwerden wie Schwäche, Müdigkeit oder vermehrter Durst.

Mögliche Anzeichen für einen Gestationsdiabetes

Auf den Ultraschallaufnahmen im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge wird möglicherweise ein übermäßiges Wachstum (Makrosomie) beziehungsweise ein zu hohes Gewicht des Fötus festgestellt – dies kann ein Anzeichen der Stoffwechselkrankheit sein.  

Schwangerschaftsdiabetes: Symptome einer Ketoazidose

Bleibt ein Gestationsdiabetes unbehandelt, kann er im Verlauf zu einer Ketoazidose führen, die ihrerseits verschiedene Beschwerden und Symptome verursachen kann. Dabei handelt es sich um eine eine Übersäuerung aufgrund von Ketonkörpern, die zu einem diabetischen Koma führen kann.

Anzeichen für eine Ketoazidose können sein:

Über spezielle Teststreifen können die Ketone im Urin nachgewiesen werden. Eine regelmäßige Überprüfung der Ketone wird empfohlen.

Wie kommt es zu einer Ketoazidose?

Wenn zu wenig Kohlenhydrate als Energielieferant zur Verfügung stehen, beispielsweise aufgrund eines Diabetes, beginnt der Körper, seine Fettreserven abzubauen. Beim Fettabbau werden sogenannte Ketone oder Ketonkörper frei – unter normalen Umständen geschieht dies in geringem Maße und ist unbedenklich. Wird aber aufgrund fehlender Glukose in kurzer Zeit viel Energie aus Fettreserven benötigt, werden zu viele Ketone freigesetzt.

Es gibt drei unterschiedliche Ketonkörper:

  • Azetoazetat
  • Azeton
  • Beta-Hydroxybutyrat

Überschüssiges Azeton wird abgeatmet. Der Atem riecht dann scharf, ähnlich wie Nagellackentferner. Azetoazetat und Beta-Hydroxybutyrat aber lagern sich im Körper an und verschieben den pH-Wert in den sauren Bereich (Azidose), was sich wiederum auf die Stoffwechselprozesse im Körper auswirkt.

Schwangerschaftsdiabetes: Ursachen & Risikofaktoren

Ein Schwangerschaftsdiabetes kann durch einen gesteigerten Insulinbedarf oder eine zunehmende Insulinresistenz der Schwangeren entstehen.

  • Echter Insulinmangel: Mit fortschreitender Schwangerschaft benötigt die Frau mehr Energie. Um diese zur Verfügung zu stellen, wird im Körper vermehrt Glukose freigesetzt. Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) muss mehr Insulin produzieren, um die Glukose den Zellen zuzuführen und so die Konzentration des Zuckers im Blut (Blutzuckerspiegel) zu senken. Bei einigen werdenden Müttern kann die Bauchspeicheldrüse diese Mehrarbeit nicht leisten und dem gesteigerten Insulinbedarf nicht gerecht werden, sodass es zu einem Insulinmangel kommt. In diesem Fall spricht man von einem echten Insulinmangel.

  • Relativer Insulinmangel: Im ersten Drittel der Schwangerschaft (1. Trimester) werden außerdem bestimmte Hormone vermehrt ausgeschüttet (unter anderem HCG), die dafür sorgen, dass die Zellen auf den Insulinreiz sensibler reagieren. Im zweiten und besonders im dritten Abschnitt der Schwangerschaft (2. und 3. Trimester) ändert sich jedoch die Zusammensetzung der ausgeschütteten Hormone und die Zellen entwickeln eine zunehmende Insulinresistenz. Der Blutzuckerspiegel kann dann trotz ausreichend vorhandenem Insulin nicht gesenkt werden. Man spricht dann von einem relativen Insulinmangel.

Risikofaktoren für einen Schwangerschaftsdiabetes

In den meisten Fällen kommt der weibliche Körper mit den veränderten Anforderungen während der Schwangerschaft zurecht. Es gibt aber einige Faktoren, die das Risiko für einen Gestationsdiabetes erhöhen können:

  • Übergewicht (Adipositas) mit einem BMI > 30
  • falsche Ernährung
  • Diabetes mellitus in der Familie
  • eine oder mehrere vorangegangene Fehlgeburten
  • ein früheres Kind wog bei der Geburt mehr als 4.500 Gramm
  • das Geburtsgewicht der werdenden Mutter lag über 4.500 Gramm
  • die Schwangere ist älter als 35 Jahre
  • erhöhte Fruchtwassermenge
  • Einnahme von Kortisonpräparaten in der Schwangerschaft
  • bestimmte Erkrankungen, etwa das Polyzystische Ovarsyndrom (PCOS)

Diagnose: Wie wird Schwangerschaftsdiabetes festgestellt?

Um einen Schwangerschaftsdiabetes rechtzeitig erkennen zu können, hat jede Schwangere, die noch keinen diagnostizierten Diabetes hat, zwischen der 25. Schwangerschaftswoche und der 28. Schwangerschaftswoche Anspruch auf ein sogenanntes Screening und bei Bedarf auf einen Glukosetoleranztest.

  • Beim Screening nimmt die Schwangere zunächst 50 Gramm Glukoselösung ein. Sie muss dafür nicht nüchtern sein. Eine Stunde später entnimmt der*die Arzt*Ärztin der Schwangeren Blut ab und der Glukosewert im Blut wird bestimmt. Wenn der Wert nicht im Toleranzbereich liegt, wird in der Folge ein sogenannter Glukosetoleranztest durchgeführt.

  • Der Zuckerbelastungstest ist aufwändiger als das Screening. Er wird auch oraler Glukosetoleranztest, kurz oGTT, genannt. Die Schwangere muss für diesen Test nüchtern sein, das heißt, sie darf mindestens acht Stunden lang keine Nahrung aufnehmen. Nachdem der Nüchternwert bestimmt wurde, nimmt die Schwangere 75 g Glukoselösung zu sich. Nach einer sowie nach zwei Stunden wird erneut der Glukosewert im Blut bestimmt. 

Beide Tests werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Typischerweise wird der Blutzuckerspiegel in Milligramm pro Deziliter (mg/dl) gemessen. Ein normaler Nüchternwert liegt in der Regel unter 92 mg/dl (5,1 mmol/L)

Schwangerschaftsdiabetes: So erfolgt die Therapie

Meistens genügt es, wenn Betroffene ihre Ernährung umstellen und sich mehr bewegen, zum Beispiel durch häufige Spaziergänge an der frischen Luft, Schwangerschaftsgymnastik und Sportarten wie Schwimmen oder Fahrradfahren.

Seltener ist eine Insulintherapie notwendig. Die werdende Mutter kann in diesem Fall selbst den Blutzuckerwert bestimmen und sich Insulin injizieren.

Dabei ist besondere Vorsicht im 3. Trimester geboten: In dieser Zeit ist bei allen Schwangeren die Insulinwirkung erhöht. Spritzt sich die Schwangere jetzt zu viel Insulin, kann sie damit eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) bewirken. Die Insulingabe sowie das Messen des Blutzuckerspiegels sollten daher immer in ärztlicher Absprache erfolgen. Schwangere sollten außerdem immer etwas dabei haben, um den Blutzuckerspiegel schnell steigern zu können (etwa Traubenzucker).

Ernährungsplan bei Schwangerschaftsdiabetes

Die meisten Betroffenen können den Blutzucker mit einem entsprechenden Ernährungsplan in den gewünschten Bereich senken. Wie genau dieser aussieht, ist individuell verschieden und hängt auch vom Gewicht der Frau ab. In jedem Fall sollte die Ernährung mit einem*einer Diabetologen*Diabetologin abgesprochen und gegebenenfalls eine Ernährungsberatung hinzugezogen werden.

Allgemein gilt die Empfehlung, sich abwechslungsreich zu ernähren. Ein besonderes Augenmerkt liegt auf den Kohlenhydraten: Weil sie den Blutzucker erhöhen, wird oft geraten, sie in geringer Menge zu sich zu nehmen.

Eine Orientierungshilfe ist die Teller-Methode:

  • Gemüse und Obst sollten die Hälfte des Tellers einnehmen.
  • Ein Viertel des Tellers sollte mit eiweißhaltigen Lebensmitteln gefüllt sein (etwa Fisch, Käse, mageres Fleisch oder Hülsenfrüchte).
  • Kohlenhydrate nehmen ebenfalls ein Viertel des Tellers ein. Dazu gehören Kartoffeln, Naturreis, Vollkornnudeln oder Vollkornbrot.

Idealerweise nehmen betroffene Frauen drei große Hauptmahlzeiten und zwei bis drei kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt ein. 

    Ansonsten gibt es etwa folgende Empfehlungen:

    • Vollkornprodukte bevorzugen
    • Täglich reichlich frisches Gemüse und Obst essen
    • Mageres Fleisch und magere Milchprodukte auswählen
    • Auf Süßigkeiten und Fertiggerichte eher verzichten

    Schwangere sollten keine klassische Diät einhalten – das kann sich ungünstig auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Entscheidend ist, auf eine gesunde Ernährung zu achten und eine zu schnelle Gewichtszunahme zu verhindern.

    Verlauf eines Schwangerschaftsdiabetes

    In den meisten Fällen beschränkt sich der Gestationsdiabetes auf die Schwangerschaft. Nur äußerst selten besteht er über die Geburt hinaus fort. Jedoch ist dann das Risiko für Mütter erhöht, in späteren Jahren einen Diabetes mellitus Typ 2 zu entwickeln.

    Mit der entsprechenden Insulintherapie oder mithilfe einer Ernährungsumstellung kann die Krankheit meist gut behandelt werden. 

    Bei Betroffenen werden im letzten Schwangerschaftsdrittel vermehrt Ultraschalluntersuchungen durchgeführt, um ein übermäßiges Wachstum des Babys zu erkennen und wenn nötig die Geburt verfrüht einleiten oder einen Kaiserschnitt vornehmen zu können.

    Mögliche Folgen und Komplikationen

    Bleibt die Krankheit unbehandelt oder wird erst spät therapiert, hat das nicht zwingend negative Auswirkungen. Jedoch steigt das Risiko für eine Reihe von Komplikationen. 

    Komplikationen für die Schwangere im Verlauf eines unbehandelten Gestationsdiabetes können sein:

    • Das Risiko für eine Präeklampsie (Bluthochdruck und hohe Eiweißkonzentration im Urin) sowie einer Eklampsie (Krampfanfall) steigt.
    • Das Risiko für Harnwegsinfekte steigt.
    • Bestehende Erkrankungen der Netzhaut des Auges (Retinopathie) können sich verschlechtern.
    • Ein im Durchschnitt größeres und schwereres Kind kann die Geburt erschweren.
    • Die Hälfte der Mütter entwickeln bei einer erneuten Schwangerschaft wieder einen Gestationsdiabetes.

    Eine fehlende oder zu spät eingeleitete Behandlung kann aber auch Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben:

    • Makrosomie: > 4.500 Gramm Geburtsgewicht
    • Cushingoid: Vollmondgesicht, Nackenfettpolster, tomatenrote Haut, dichter Haarschopf
    • Organreifestörungen: Atemnotsyndrom durch Surfactantmangel. Surfactant ist eine oberflächenaktive Substanz, welche die Lungenreife unterstützt.
    • zu hoher Bilirubinwert im Blut und Blutbildung außerhalb des Knochenmarks
    • Kardiomyopathie: zu großes aber wenig leistungsfähiges Herz
    • Hypoglykämie: zu niedrige Blutzuckerwerte nach der Abnabelung
    • Hypokalzämie mit Tetanie: zu niedriger Kalziumblutspiegel mit Muskelkrämpfen

    Jedes dritte Kind einer Mutter mit unbehandeltem Gestationsdiabetes entwickelt im Lauf seines Lebens einen Diabetes. Andere neigen später zu Übergewicht.