CTE – Krank durch Kopfverletzungen beim Sport
Die CTE (chronisch traumatische Enzephalopathie) ist eine Gehirnerkrankung, die infolge von Schlägen und Stößen gegen den Kopf, leichten Schädel-Hirn-Traumata und Gehirnerschütterungen entstehen kann. Mehr zu den Symptomen, der Diagnose und Behandlung.
Was ist die Krankheit CTE ?
CTE, medizinisch als chronisch traumatische Enzephalopathie bezeichnet und umgangssprachlich auch Boxer-Demenz genannt, ist eine fortschreitende, degenerative Gehirnerkrankung. Die CTE tritt bei Sportler*innen auf, die im Laufe ihrer aktiven Zeit oft Schläge oder Stöße gegen den Kopf erlitten haben, ruckartig durchgerüttelt wurden, wie beispielsweise beim amerikanischen Bullenrodeo, oder häufig mit dem Kopf zu Boden gefallen sind.
Nicht unbedingt müssen heftige Gehirnerschütterungen in der Krankheitsgeschichte vorkommen, schon die leichten Traumata können zu Veränderungen im Gehirn führen – die sich aber erst viele Jahre oder sogar Jahrzehnte später bemerkbar machen. Die CTE zeigt sich mit Depressionen, neuronalen Störungen beim Sprechen und in der gesamten Motorik sowie parkinsonähnlichen und demenziellen Symptomen. CTE gilt als neurologische Erkrankung, die langfristig durch Kopftraumata entsteht. Die Erforschung einer belastbaren Diagnostik ist erst in den letzten Jahren vorangekommen. Spezielle Therapien gibt es noch nicht, wohl aber können die Symptome auf verschiedene Weise behandelt und abgemildert werden.
Hintergrund
Bereits 1928 wurde die Gehirnerkrankung in Amerika erwähnt, 1966 tauchte der Begriff CTE erstmals in der medizinischen Literatur auf. 1973 stellte man bei Autopsien ehemaliger Boxer besondere Gehirnveränderungen fest. In Amerika, mit seiner Tradition für Boxwettkämpfe und zahlreiche robuste Kontaktsportarten, begannen Mediziner*innen seit 2005 das CTE-Syndrom bei Menschen aus dem Boxsport und American Football genauer zu untersuchen. Dabei erkannten sie Zusammenhänge zwischen Hirnverletzungen und Gehirnerschütterungen während der aktiven Sportzeit und den Jahrzehnte später auftauchenden, neurodegenerativen Erscheinungen.
Seit 2015 bemüht sich die deutsche Gesellschaft für Sport-Neuropsychologie, für die Folgen von Gehirnverletzungen im Sport zu sensibilisieren und Wissen zu vermitteln. Eine spezielle Behandlung für die CTE gibt es nicht. Umso wichtiger scheint es, Aufklärung zu betreiben und gerade im Kinder- und Jugendfußball die sogenannten Kopfbälle zu verbieten.
Symptome bei CTE
Eine CTE-Krankheit zeigt sich erst viele Jahre, manchmal auch erst Jahrzehnte, nach den auslösenden Ereignissen. Sie macht sich zunächst mit Verhaltensveränderungen bemerkbar, Depressionen, Ängste oder Aggressionen können auftreten. Im späteren Verlauf kommt es zu kognitiven und motorischen Störungen, zunehmend entwickelt sich eine Demenz. Fachleute teilen die CTE in vier Stadien ein:
- Leichte Beschwerden: erste psychische Veränderungen, motorische Unsicherheiten, Kopfschmerzen, Nachlassen der Konzentrationsfähigkeit, Schwierigkeiten sich zu erinnern, Defizite in der Selbstkontrolle, Gangstörungen, verlangsamtes Sprechen
- Zunehmende psychische Probleme: Depressionen, Wahnvorstellungen, Suizidtendenzen, abnehmendes Kurzzeitgedächtnis
- Zunehmende Probleme in der Alltagsbewältigung: Gedächtnisverlust, kognitive Schwierigkeiten, Unfähigkeit zu planen und sich zu organisieren
- Fortschreitende Demenz: Für die Betroffenen wird es unmöglich, eigenverantwortlich zu leben. Motorische Störungen wie Sprechprobleme, Schwierigkeiten beim Gehen und Bewegen oder parkinsonähnliche Symptome schränken zusätzlich ein
Wie entsteht eine CTE ?
Schläge oder Stöße gegen den Kopf, Stürze oder Gehirnerschütterungen – gerade wenn sie häufig erlebt werden – provozieren die CTE-Krankheit. Zuerst wurde sie bei Boxer*innen beobachtet, aber auch Footballspieler*innen und Soldat*innen können an CTE leiden, ebenso viele Menschen der eher rauen, sogenannten Kontaktsportarten wie Rugby, Hockey oder Fußball. Je jünger die Betroffenen zu Beginn der Sportkarriere sind, desto mehr traumatische Ereignisse können sie in ihrem sportlichen Leben ansammeln, was das Risiko für eine CTE-Krankheit erhöht.
Kopftraumata, auch in minimaler Form, verursachen mikrofeine Verletzungen an den Nervenzellen des Gehirns. Die Betroffenen müssen gar nicht einmal akute Folgen oder die üblichen Symptome einer Gehirnerschütterung verspüren. Schon bei einem kleinen Stoß können die Mikrotubuli, zarte Fortsätze der Nervenzelle, die Impulse an andere Nervenzellen weiterleiten, zusammengedrückt und verletzt werden. Bei einer Verletzung setzen die Mikrotubuli Tau-Protein frei, ein Protein, das normalerweise die Zelle stützt. Wenn die Tau-Filamente sich dann zusammenklumpen, bewirken sie ein allmähliches Absterben der Nervenzellen, ein Prozess, der sich allerdings über lange Zeit hinzieht. In manchen Fällen können sich die Mikrotubuli auch wieder erholen – der Körper braucht dazu viel Ruhe.
Mikropathologisch wird ab dem dritten Stadium eine Reduktion des Hirngewichts sichtbar, die im vierten Stadium deutlich zunimmt. Auch fällt auf, dass die Ventrikel – mit Hirnwasser gefüllte Hohlräume im Hirn – gleichzeitig größer werden. Aus den pathologischen Untersuchungen weiß man außerdem, dass in den Gehirnen von CET-Patient*innen auffällig viele Tau-Filamente gefunden werden. Zu viel Tau-Protein kommt auch bei Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen vor. Schwindende kognitive, motorische und geistige Fähigkeiten sind die Folge.
Diagnose der CTE-Krankheit
Eine eindeutige Diagnose der chronisch traumatischen Enzephalopathie ist bisher nur nach dem Tod durch eine pathologische Untersuchung des Gehirns möglich. Inzwischen ist die Forschung ein gutes Stück weitergekommen und kann mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) auch an lebenden Menschen Tau-Kumulationen im Gehirn sichtbar machen. In Studien konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Menge der Ablagerungen im Laufe der Spieljahre zunahm. Zwar geht die CTE mit verschiedenen deutlichen Symptome einher, doch müssen diese medizinisch gegen andere neurodegenerative Erkrankungen abgegrenzt werden. Wichtiges Diagnosekriterium bei neurologischen und psychischen Symptomen, wie sie infolge von CTE auftreten, ist der Zusammenhang mit früheren Kopftraumata.
Behandlung der CTE
Da es sich bei der CTE um eine langfristige Folge von traumatischen Kopfereignissen handelt, geht es darum, möglichst frühzeitig einzugreifen und die Mikroverletzungen entweder gar nicht entstehen zu lassen oder dafür zu sorgen, dass sie bestmöglich ausheilen können. So ist es ein Anliegen der deutschen Gesellschaft für Sport-Neuropsychologie, für das Thema im Amateur- und im Profisport zu sensibilisieren.
Studien zufolge besteht gerade im Amateursport von Fuß- und Handball eine erhöhte Gefahr für Gehirnerschütterungen. Auch ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma beim Sport darf nicht bagatellisiert werden und keinesfalls sollen Spieler*innen danach direkt weiter machen, sondern sich ausreichend Zeit zur Erholung nehmen. Die Deutsche Sporthochschule Köln arbeitet beispielsweise an Studien, um die Diagnose sportbedingter Gehirnerschütterungen präziser zu machen. In einer Untersuchung konnten mit der funktionellen Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS), einer relativ neuen, optischen Methode zur Untersuchung der Gehirnoxygenierung, gute Erfolge erzielt werden.
In einer englischen Studie wurde ein Speicheltest erprobt, der bestimmte Biomarker sichtbar macht, die sich bei einem Schädel-Hirn-Trauma zeigen. Das International Football Association Board (IFAB) hat einen Katalog erarbeitet, um den Umgang mit Gehirnerschütterungen im Profifußball zu verbessern. Auch der Deutsche Fußballbund (DFB) engagiert sich in der Erforschung der CTE-Krankheit. Seit 2019 werden Profispieler*innen der ersten und zweiten Bundesliga zu Gehirntests im Hinblick auf CTE gebeten. Und seit 2020 wird in einer über drei Jahre laufenden Studie der Gesundheitszustand von Ex-Profis gemessen. Außerdem empfiehlt der DFB Kopfballtraining erst ab dem 13. Lebensjahr.
Eine spezielle Behandlung der CTE gibt es nicht. Die demenziellen Veränderungen werden behandelt wie bei anderen Demenzkranken auch. Vielleicht können die noch in der Entwicklung stehenden Alzheimermedikamente, die Tau-Ablagerungen verhindern oder auflösen sollen, bald auch CTE-Patient*innen helfen.
Risikofaktoren für CTE
Schädel-Hirn-Traumata können langfristig zu einer CTE führen. Dabei scheint – Studien zufolge – die Häufigkeit der Ereignisse und das Alter der Betroffenen eine Rolle zu spielen. Besonders riskant ist es, wenn Sportler*innen nach einem Kopfstoß oder -sturz nur kurz pausieren und dann weiterspielen. Auch wenn es keine sicht- oder spürbaren Folgen gibt, können Mikroverletzungen geschehen sein, die durch das Weiterspielen verstärkt werden. Nach jeder Gehirnerschütterung, die sich nicht immer mit den klassischen Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen zeigen muss, braucht das empfindliche Hirngewebe absolute Ruhe, in physischer als auch in psychischer Hinsicht.
Wie kann man CTE vorbeugen?
Alle Kontaktsportarten stellen ein mögliches Risiko für die Entwicklung einer CTE dar. Helme schützen dabei nur bedingt vor Erschütterungen des Kopfes. Die CTE droht nicht nur im Profisport, auch im Freizeit- und Amateurbereich kann es schnell zu leichten Schädel-Hirntraumata kommen. Die Gefahr liegt in der Häufigkeit der Ereignisse. Da sich das Gehirn bei Kindern und Jugendlichen noch in der empfindlichen Entwicklungsphase befindet, sollten in diesem Alter Kopfstöße und Gehirnerschütterungen in den Kontaktsportarten vermieden werden. Wichtig ist es, Trainer*innen, Sportler*innen, Eltern und Betreuer*innen für das Thema zu sensibilisieren und bei einem leichten Schädel-Hirn-Trauma oder dem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung sofort für Ruhe und Erholung zu sorgen. Meist ist eine Gehirnerschütterung nach etwa 14 Tagen absoluter Ruhe wieder auskuriert.