Chagas-Krankheit: Ursache, Therapie und Verlauf
Ursprünglich nur in Lateinamerika vorkommend, breitet sich die Chagas-Krankheit global aus. Eine Schlüsselrolle spielt nicht nur der Überträger, die Raubwanze, sondern auch eine rasche Behandlung. Lesen Sie mehr zu Symptomen, Behandlung und Verlauf der Chagas-Krankheit.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Chagas-Krankheit im Überblick
- Vorkommen: Hauptsächlich in Lateinamerika, aufgrund der Globalisierung vermehrt auch in Kanada, USA, Europa, und anderen Ländern.
- Symptome: Symptome der akuten Phase sind zum Beispiel Schwellung des Raubwanzenbisses (Chagom), einseitige Schwellung und Lila-Färbung der Augenlider (Romaña Zeichen). Symptome der chronischen Phase sind neurologische Symptome, Erweiterung von Speiseröhre und Dickdarm sowie Funktionsstörungen des Herzens.
- Inkubationszeit: Ein bis zwei Wochen.
- Ursachen: Infektion mit dem Parasiten Trypanosoma cruzi über Raubwanzenbisse sowie Übertragung über Blut oder Schwangerschaft.
- Diagnose: Nachweis des Erregers im Blut mittels Mikroskopie oder Alternativen wie PCR. Indirekter Erregernachweis zum Beispiel mit ELISA.
- Therapie: Antiparasitäre Medikamente wie Benznidazol oder Nifurtimox.
- Vorbeugen: Auf Reisen in Endemiegebieten Insektennetze, imprägnierte Kleidung und Insektenschutzsprays empfohlen.
Was ist die Chagas-Krankheit?
Die Chagas-Krankheit ist eine Erkrankung, die von dem Parasiten Trypanosoma cruzi ausgelöst und überwiegend durch Bisse von Triatominen Raubwanzen übertragen wird. Die Chagas-Krankheit wird auch als Amerikanische Trypanosomiasis bezeichnet. Es handelt sich um eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die nach einer akuten Phase in eine chronische Phase übergehen kann und in manchen Fällen das Herz und den Verdauungstrakt schädigt.
Verbreitung der Chagas-Krankheit
Die Chagas-Krankheit war lange Zeit nur in Lateinamerika verbreitet. Aufgrund von Mobilität und Migration ist die Chagas-Krankheit auch in die USA, Kanada, Europa und in manchen afrikanischen, ost-mediterranen und westpazifischen Ländern verbreitet. Die meisten Fälle in Europa treten in Spanien auf.
Derzeit sind etwa sechs bis sieben Millionen Menschen weltweit mit Trypanosoma cruzi infiziert, der Großteil befindet sich in Lateinamerika.
Akut bis chronisch: Verlauf der Chagas-Krankheit
Die Chagas-Krankheit kann in zwei Phasen eingeteilt werden: eine akute und eine chronische Krankheitsphase.
Akute Phase
Nach der Infektion mit dem Chagas-Erreger folgt bei einigen Personen die akute Phase, die etwa zwei Monate andauert. Während dieser Phase befindet sich eine hohe Parasitenzahl im Blut und eine Therapie ist hier effektiver als in der chronischen Phase. Die Symptome sind oft mild, können aber auch schwerwiegend sein oder ganz ausbleiben.
Chronische Phase
Die chronische Phase tritt bei etwa einem Drittel der Infizierten nach Jahren bis Jahrzehnten nach der ersten Infektion auf. In der chronischen Phase ist die Parasitenzahl im Blut geringer, als in der akuten Phase, da sich der Parasit in das Gewebe der Organe zurückzieht. Nach Jahren kann die Chagas-Krankheit auch im jungen Alter zum plötzlichen Tod führen, der meist durch Herzversagen oder Herzrhythmusstörungen verursacht wird.
Symptome der Chagas-Krankheit
Die Symptome der Chagas-Krankheit unterscheiden sich je nach Phase der Erkrankung: akut oder chronisch.
Die Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch erster Symptome wird Inkubationszeit genannt und beträgt bei der Chagas-Krankheit ein bis zwei Wochen.
Akute Phase
Ein charakteristisches Zeichen für eine Infektion mit T. cruzi nach einem Raubwanzenbiss ist eine einseitige, lilafarbene Schwellung der Augenlider, auch Romaña-Zeichen genannt. Schwillt die Bissstelle selbst an, sprechen Fachleute von einem Chagom. Betroffene haben größtenteils leichte und nicht sehr eindeutige Symptome. Es kann aber auch sein, dass die Symptome in der akuten Phase schwerwiegend sind oder ganz ausbleiben.
Weitere Symptome können sein:
- Fieber
- Kopfschmerz
- Vergrößerte, geschwollene Lymphknoten
- Blässe
- Muskelschmerz
- Probleme beim Atmen
- Bauch- oder Brustschmerzen
Chronische Phase
Während dieser Phase entwickeln bis zu 30 Prozent der Betroffenen eine Fehlfunktion des Herzens, auch Chagas-Kardiomyopathie genannt. Die Chagas-Myopathie ist gekennzeichnet durch Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Herzrhythmusstörungen und Thromboembolien.
Bis zu 10 Prozent erleben Störungen im Verdauungssystem, neurologische Probleme oder eine Mischung aus den Symptomen. Der Chagas-Erreger kann das Nervensystem des Verdauungstraktes schädigen und so zu einer Erweiterung von Speiseröhre und/oder Dickdarm führen.
Wie der Chagas-Erreger den Körper schädigt, ist noch nicht vollkommen geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass Trypanosoma cruzi das unwillkürliche Nervensystem (autonomes Nervensystem) schädigt, zu einer Gefäßverengung und somit Minderdurchblutung führt und eine chronische Entzündung im Gewebe verursacht.
Raubwanzen als Übeltäter
Der Auslöser der Chagas-Krankheit ist der Parasit Trypanosoma cruzi, der zu der Gruppe der Protozoen gehört. Ist eine Raubwanze mit Trypanosoma cruzi infiziert, verbleibt der Parasit im Darm der Wanze. Raubwanzen leben in Wänden oder Dachritzen einfacher Behausungen, wie Lehmhütten.
Die Raubwanze ist ein Blutsauger und beißt nachts in unbedeckte Hautareale des Menschen. Nach dem Biss der Raubwanze setzt sie ihren Kot in der Nähe des Bisses ab. Kratzen sich Betroffene an der Stelle, kann der Kot der Wanze und somit Trypanosoma cruzi über die Bissstelle, Mund oder Augen,in den Körper gelangen. In selteneren Fällen wird der Parasit auch über den Verzehr von mit Raubwanzenkot kontaminierten Lebensmitteln übertragen.
Übertragung durch das Blut
Ein Übertragungsweg ist über den sogenannten Vektor, also die Raubwanze selbst. Neben der Vektorübertragung kann die Chagas-Krankheit auch über Blut- oder Organspenden oder von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft oder Geburt übertragen werden. Viele Betroffene wissen nichts von ihrer Infektion, können den Erreger aber trotzdem weitergeben.
Wie wird die Chagas-Krankheit festgestellt?
Für die Diagnose der Chagas-Krankheit ist ein ausführliches ärztliches Gespräch über Auslandsaufenthalte notwendig, sowie eine körperliche Untersuchung.
Die gängigste Form, um den Parasiten im Körper nachzuweisen, ist eine Blutabnahme und anschließende Untersuchung mit dem Mikroskop. Dieser Test wird vor allem in der akuten Phase der Erkrankung, bei Neugeborenen oder bei erneutem Anstieg der Parasitenzahl im Blut (Reaktivierung) durchgeführt, da der Erreger vor allem in diesen Phasen nachweisbar ist. Es kann sein, dass dieser Test wiederholt werden oder ein weiterer Test wie eine PCR (Polymerasekettenreaktion) durchgeführt werden müssen, um die DNA des Parasiten direkt nachzuweisen.
Trypanosoma cruzi kann auch indirekt nachgewiesen werden. Dafür werden die vom Körper auf den Erreger gebildeten Antikörper vom Typ IgG nachgewiesen. Dieses Testverfahren ist vor allem zur Überprüfung von Blut- und Organspender*innen gängig, um die Übertragung von Mensch zu Mensch auszuschließen. Beispiele für diese Tests sind Enzymimmunoessays (ELISA) oder Western Blots.
Ist die Diagnose der Chagas-Krankheit bestätigt, können Ärzt*innen weitere Untersuchungen anordnen, wie zum Beispiel ein EKG, ein Herzultraschall (Echokardiographie) oder ein Lungenröntgen, um zu klären, ob Organe von der Erkrankung betroffen sind. In manchen Fällen ist das Herz so geschädigt, dass eine Herztransplantation von Ärzt*innen in Erwägung gezogen wird.
Behandlung der Chagas-Krankheit
Die Chagas-Krankheit wird mit einer sogenannten trypanoziden Therapie behandelt. Eingesetzte Medikamente sind:
- Benznidazol
- Nifurtimox
Ob eine trypanozide Therapie infrage kommt, wird individuell von Expert*innen, zusammen mit Betroffenen beschlossen. Die Entscheidung hängt von der Erkrankungsphase und -schwere ab, sowie vom Alter der Betroffenen und dem allgemeinen Gesundheitszustand. Bei Kindern und Säuglingen liegt die Heilungsrate bei etwa 100 Prozent, während sie umso mehr sinkt, je mehr Zeit zwischen Infektion und Therapie verstreicht.
Chagas-Krankheit auf Reisen vorbeugen
Verglichen mit anderen Reisegefahren, ist die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit Trypanosoma cruzi relativ gering. Bei sehr langen Reisen in Endemiegebieten in einfachen Behausungen aus Holz und Lehm ist es sinnvoll, das Infektionsrisiko und die Übertragungswege zu berücksichtigen. Orte mit vermehrtem Auftreten von Infektionen befinden sich zum Beispiel im Grenzgebiet zwischen Bolivien, Paraguay und Argentinien, was auch „Chaco“ genannt wird.
Auf Reisen in betroffene Gebiete ist ein Schutz mit Moskitonetzen, imprägnierter Kleidung und Insektenabwehrmitteln vor dem nächtlichen Angriff der Raubwanzen sinnvoll. Bisher gibt es keinen Impfstoff, um eine Infektion mit dem Chagas-Erreger vorzubeugen.