Das Bild zeigt Kühe auf der Weide.
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BSE (Rinderwahn)

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 17.12.2021

Die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) – auch Rinderwahnsinn genannt – ist eine Erkrankung des Nervensystems, die bei Rindern auftritt. Verursacher von BSE sind Prionen: fehlgeformte Eiweiße, die im Gehirn schwere Schäden verursachen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Überblick

Ihren Ursprung hat BSE in der Traberkrankheit (Scrapie), einer Prionenerkrankung bei Schafen und Ziegen. Experten gehen davon aus, dass sich die Erkrankung durch die Verfütterung von Tiermehl an Rinder verbreitet hat. Möglicherweise können infizierte Kühe BSE bereits im Mutterleib auf ihre ungeborenen Kälber übertragen.

BSE tritt bei in der Regel bei Rindern im Alter zwischen vier bis fünf Jahren auf. Symptome sind vor allem Verhaltensstörungen. Bislang gibt es keine wirksame Therapie gegen Rinderwahnsinn: Ist die Erkrankung einmal ausgebrochen, führt sie innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tod. Der Tierarzt kann die Erkrankung mithilfe eines BSE-Schnelltests diagnostizieren, dieser ist jedoch nur am toten Tier durchführbar. Mit Blut- und Nervenwasseruntersuchungen kann der Tierarzt aber Infektionskrankheiten ausschließen, die durch Bakterien oder Viren hervorgerufen werden.

Während der BSE-Epidemie Ende der 1980er Jahre bis Anfang der 1990er Jahre sind in der Europäischen Union mehr als 185.000 Rinder erkrankt, die meisten in Großbritannien. Es ist davon auszugehen, dass wesentlich mehr Rinder infiziert waren. Im Jahr 2014 lagen die BSE-Zahlen weltweit nur noch bei 0 bis 2 Fällen.

Gelangen Prionen über den Verzehr von infiziertem Rindfleisch in den Menschen, kann die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit entstehen, die vCJK. Weltweit ist die Zahl bekannter vCJK-Fälle mit 219 sehr gering. Allerdings gehen Experten auch bei vCJK davon aus, dass es mehr Erregerträger gibt als vermutet (ca. 1 von 2.000 Einwohnern in Großbritannien). Wie BSE ist auch vCJK nicht heilbar. Zahlreiche Verbraucherschutzmaßnahmen sollen aber verhindern, dass sich Menschen mit den BSE-erregenden Prionen anstecken. So ist beispielsweise das sogenannte Rinder-Separatorenfleisch, das Nervenfasern und Knochenteile enthalten kann, als Zutat für Lebensmittel nicht mehr erlaubt. Bei Rindfleisch und Rindfleischprodukten muss außerdem gekennzeichnet werden, woher das Rind stammt und wo es geschlachtet wurde.

Definition

Die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) ist eine Erkrankung des Gehirns, die ursprünglich nur bei Rindern auftrat (Rinderwahnsinn). Durch den Verzehr von infiziertem Rindfleisch können die Erreger (Prionen) jedoch auch den Menschen infizieren und eine neue Art der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) auslösen: die sogenannte Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK).

BSE, CJK und vCJK gehören zu den "übertragbaren, schwammartigen Hirnerkrankungen" (transmissible spongiforme Enzephalopathie, TSE). Weil Prionen (PrPSc) die Erreger der Krankheiten sind, fasst man sie auch unter dem Namen Prionenkrankheiten zusammen.

Historisches

Im Jahr 1985 starb in Südengland die erste Kuh an BSE. Bereits vorher hatten Tierärzte ähnliche Erkrankungsfälle beobachtet, die Krankheit wurde aber vorher nicht im Labor nachgewiesen. Im Verlauf der nächsten Jahre traten weitere Fälle mit typischen Symptomen auf: Die betroffenen Tiere waren ungewöhnlich aggressiv und litten unter schweren Bewegungsstörungen. Sie konnten ihre Gliedmaßen nicht kontrollieren, stürzten häufig und verstarben nach kurzer Zeit.

Aufgrund der steigenden Zahl an Todesfällen untersuchten Tierärzte die Kadaver genauer und entdeckten dabei, dass im Gehirn der Tiere Nervenzellen in großer Zahl abstarben. Da die entstandenen Hohlräume im Hirngewebe unter dem Mikroskop an einen Schwamm erinnerten, bekam die Krankheit den Namen "schwammartige Hirnerkrankung des Rinds" (bovine spongiforme Enzephalopathie, BSE). Insbesondere die Medien betitelten die Erkrankung aufgrund der Symptome letztendlich als Rinderwahnsinn.

Da sich erste Hinweise verdichteten, dass Tiermehl die Krankheitserreger übertragen könnte, verbot die britische Regierung 1988 die Fütterung von Tiermehl an Wiederkäuer, der Export blieb jedoch weiterhin erlaubt. Nachdem die Bundesregierung 1994 die Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer in Deutschland verboten hatte, erließ auch die EU im Jahr 2000 ein entsprechendes Verbot. Bereits 1990 führte sie eine Meldepflicht für BSE-Fälle ein, denn aus einzelnen Fällen entwickelte sich schnell eine Epidemie.

Um die Krankheit einzudämmen, bestand im Zeitraum von 1996 bis 1999 in der EU ein Exportverbot für britische Rinder sowie britisches Rindfleisch und Tiermehl. Schließlich reagierte auch die britische Regierung und veranlasste die Notschlachtung und Verbrennung von tausenden erkrankten Tieren.

Seit Januar 2009 müssen Tierärzte alle Schlachttiere, die älter als 48 Monate und für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, mit einem Schnelltest auf BSE überprüfen. Das Alter wurde 2011 auf 72 Monate, im Jahr 2013 auf 96 Monate heraufgesetzt. Tiere aus Drittländern werden bereits ab 30 Monaten getestet und bei kranken, notgeschlachteten oder verendeten Tieren erfolgt der BSE-Test ab 24 Lebensmonaten. Außerdem trat im September 2000 eine EU-weite Kennzeichnungspflicht für Rindfleisch in Kraft, an der Verbraucher erkennen können, wo ein Tier geschlachtet wurde.

Bis heute müssen Schlachter Hirn, Schädel, Augen und Milz von Rindern vernichten, damit diese Gewebe, die potenziell die höchste Konzentration der Erreger enthalten, nicht in die Nahrungskette gelangen können.

Häufigkeit

Während der BSE-Epidemie erkrankten in Europa insgesamt über 185.000 Rinder an Rinderwahnsinn. Großbritannien steht mit über 99 Prozent der Fälle an der Spitze. In Deutschland belief sich die Zahl insgesamt auf 406 BSE-Fälle.

Bis zum Jahr 2013 sind keine BSE-Erkrankungen in Deutschland mehr aufgetreten. 2014 allerdings wurden zwei Fälle der sogenannten atypischen BSE festgestellt. Diese Form der BSE tritt spontan bei älteren Tieren auf.

Es ist mittlerweile unumstritten, dass die Erreger der BSE (Prionen) auch den Menschen infizieren können (vCJK). Jedoch sind die genauen Übertragungsmechanismen, und vor allem das mögliche Ausmaß der Übertragung, noch nicht hinreichend bekannt.

Ursachen

Die BSE-Ursachen sind Prionen (PrPSc). Es handelt sich dabei um körpereigene Eiweiße, die jedoch eine fehlerhafte Struktur aufweisen und hauptsächlich im Nervengewebe (Gehirn und Rückenmark) und in Geweben des Immunsystems (Lymphknoten und Milz) vorkommen.

Übertragung

Ursprünglich verbreitete sich BSE (bovine spongiforme Enzephalopathie) vermutlich durch die Übertragung von Prionen über die Nahrung: Rinder bekamen mit Prionen belastetes Tiermehl von Schafen zu fressen. Es gibt Hinweise darauf, dass auch eine Übertragung der Prionen von erkrankten Kühen auf ihre ungeborenen Kälber bereits im Mutterleib möglich ist.

Eine genaue Inkubationszeit (Zeitraum von der Ansteckung bis zum Auftreten der ersten Symptome) für BSE ist bisher nicht bekannt. Man geht jedoch von einem Zeitraum von 18 Monaten bis mehreren Jahren nach der Übertragung aus.

Symptome

Die ersten Symptome von BSE (Rinderwahnsinn) zeigen Rinder meist im Alter von vier bis fünf Jahren. Zunächst treten häufig Verhaltensstörungen auf: Die Tiere sind auffällig aggressiv, ängstlich oder besonders berührungsempfindlich. Im weiteren Verlauf verlieren sie die Kontrolle über ihre Gliedmaßen (Bewegungs- und Sensibilitätsstörungen): Sie torkeln, taumeln, knicken ein, bis sie zu Boden stürzen. In der Regel versterben betroffene Rinder wenige Wochen bis Monate nachdem die ersten BSE-Symptome aufgetreten sind.

Diagnose

Bei BSE (Rinderwahnsinn) ist eine sichere Diagnose erst nach dem Tod des Tieres möglich. Der Tierarzt kann die Erkrankung feststellen, indem er das Gehirngewebe mikroskopisch untersucht. Die erste Veränderung ist die sogenannte Astrogliose, bei der die Stützzellen des Gehirns (Astrozyten) anschwellen und absterben. Auf diese Weise entstehen Löcher im Gehirngewebe, die an einen Schwamm erinnern. Darunter leiden auch die Nervenzellen und ihre Verbindung untereinander, sie sterben in der Folge ebenfalls ab. Gewebeuntersuchungen weisen außerdem die für BSE charakteristischen Prionen (PrPSc) nach.

Zu Lebzeiten des Tiers kann der Tierarzt die BSE-Diagnose nicht eindeutig stellen. Allerdings kann er Infektionskrankheiten, die durch Bakterien oder Viren hervorgerufen werden, durch eine Blutuntersuchung und die Untersuchung von Nervenwasser (Liquor), das er bei einer Liquorpunktion entnimmt, ausschließen.

BSE-Schnelltest

Seit einigen Jahren gibt es einen BSE-Schnelltest, den Tierärzte bei allen notgeschlachteten Rindern und Schlachttieren, die älter als 96 Monate sind, einsetzen. Dazu entnimmt der Arzt etwas Gewebe aus dem Gehirnstamm. Das Ergebnis des Tests liegt innerhalb weniger Tage vor.

Therapie

Bisher gibt es für Rinderwahnsinn (BSE, bovine spongiforme Enzephalopathie) keine wirksame Therapie. Die betroffenen Rinder können nicht behandelt werden. Sobald bei einem Tier BSE nachgewiesen wird, schlachtet man in der Regel die ganze Herde, um eine Ausbreitung zu verhindern.

Verlauf

BSE (bovine spongiforme Enzephalopathie) zeigt im Verlauf verschiedene Symptome. Der Rinderwahnsinn schreitet schnell voran und führt innerhalb weniger Monate zum Tod.

Vorbeugen

Einer Übertragung von Rinderwahnsinn (BSE, bovine spongiforme Enzephalopathie) lässt sich vorbeugen, indem Tierhalter erkrankte Rinder von der Herde isolieren. Dies ist jedoch schwierig, da die Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Erkrankung (Inkubationszeit) relativ lang ist und typische Symptome erst sehr spät auftreten. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass es in Rinderherden eine unbekannte Zahl infizierter, aber noch nicht erkrankter Tiere gibt. Trotz umfangreicher Notschlachtungen treten daher immer wieder neue Erkrankungsfälle bei Rindern auf.

Verschiedene Verbraucherschutzmaßnahmen können BSE ebenfalls vorbeugen, etwa das Verbot von Tiermehl zur Fütterung von Rindern.