Broken-Heart-Syndrom: Wenn Stress das Herz bricht
Liebeskummer, Stress oder eine Todesnachricht: Das Broken-Heart-Syndrom tritt meist nach einer starken emotionalen Belastung auf. Fast immer sind Frauen jenseits der Wechseljahre betroffen. Die Symptomatik eines "gebrochenen Herzens" ist von einem Herzinfarkt nicht zu unterscheiden – und ebenfalls gefährlich. Erfahren Sie, wie die Funktionsstörung des Herzens diagnostiziert und behandelt wird.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist das Broken-Heart-Syndrom?
Das gebrochene Herz ist mehr als ein poetischer Ausdruck für seelisches Leid: Tatsächlich können starke Gefühle wie Enttäuschung, Wut oder Trauer das Herz erheblich belasten und zu einer plötzlichen, deutlichen Kraftminderung des Herzmuskels führen. Fachleute gaben diesem Phänomen einen Namen: Broken-Heart-Syndrom – zu Deutsch „Gebrochenes-Herz-Syndrom“. Andere Bezeichnungen lauten Takotsubo-Syndrom oder Stress-Kardiomyopathie.
Zunächst ist die Erkrankung nicht von einem Herzinfarkt zu unterscheiden. Fachleute schätzen, dass sich bis zu fünf Prozent aller vermeintlichen Herzinfarkte im Nachhinein als Broken-Heart-Syndrom herausstellen.
Wer ist betroffen?
Betroffen sind vor allem ältere Frauen ab 50 Jahren. So zeigt sich, dass Frauen typischerweise in der letzten Phase der Wechseljahre, der Postmenopause, häufig ein Broken-Heart-Syndrom entwickeln. Von einem Herzinfarkt sind dagegen überwiegend Männer betroffen.
Broken-Heart-Syndrom: Ursachen
Das Broken-Heart-Syndrom wird durch übermäßigen körperlichen oder emotionalen Stress verursacht.
Mögliche psychische Auslöser sind:
- Trauer
- Liebeskummer oder eine Trennung
- Traumatische Erlebnisse, etwa Gewalterfahrungen oder eine Naturkatastrophe
- Diagnose einer Erkrankung
Mögliche körperliche Auslöser sind:
- Extreme körperliche Anstrengungen (über das gewohnte Maß hinaus)
- Belastende medizinische Behandlungen wie Operationen oder Krebsbehandlungen (z. B. Chemotherapie)
- Starke Schmerzen, etwa nach einem Unfall
Auch tritt das Broken-Heart-Syndrom bei bestimmten Vorerkrankungen vermehrt auf:
- Psychische Erkrankungen (z. B. Panikattacken bzw. Angststörungen)
- Alkoholismus
- Hirnerkrankungen (z. B. Epilepsie oder Schlaganfall)
- Blutvergiftung (Sepsis)
- Atemwegserkrankungen (z. B. Asthma oder COPD)
- Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte)
Happy-Heart-Syndrom durch Glücksgefühle
Fachleute wissen inzwischen, dass auch starke Glücksgefühle Beschwerden im Bereich des Herzens auslösen können. Denn freudige Ereignisse sorgen ebenso wie belastende Situationen für eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol.
Stresshormone sind in belastenden Situationen dazu da, das Herz leistungsfähiger zu machen und schneller schlagen zu lassen. Bei besonders starker psychischer und/oder physischer Belastung steigt der Spiegel dieser Stresshormone so sehr an, dass die Blutzufuhr abgeschnürt wird. Die kleinen Blutgefäße, die zum Herzmuskel führen, verkrampfen und lösen einen vorübergehenden Schockzustand aus. Die Folge: Das Herz ist nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt.
Broken-Heart-Syndrom vermutlich hormonell bedingt
Fachleute nehmen an, dass das Broken-Heart-Syndrom vor allem hormonell bedingt ist. Bis zu den Wechseljahren sind Frauen im Allgemeinen besser vor Herzerkrankungen geschützt als Männer. Dazu tragen die weiblichen Geschlechtshormone (Östrogene) bei, die eine gefäßerweiternde Wirkung haben. Fällt der Östrogenspiegel in den Wechseljahren ab, kann es passieren, dass das Herz besonders empfindlich auf äußere Belastungsfaktoren reagiert.
Ungeklärt ist noch, warum nicht jede ältere Frau, die starkem Stress ausgesetzt ist, ein "gebrochenes Herz" bekommt. Verschiedene Einflüsse werden diskutiert. Einer davon ist die individuelle Reaktion der Herzgefäße auf die Stresshormone. Auch eine genetische Veranlagung für das Takotsubo-Syndrom ist nicht auszuschließen.
Broken-Heart-Syndrom: Welche Symptome sind typisch?
Das Broken-Heart-Syndrom kann auf den ersten Blick nicht von einem Herzinfarkt unterschieden werden. Typische Symptome sind:
- Schmerzen in der Brust, die in den linken Arm, Rücken, die Schultern oder den Unterkiefer ausstrahlen
- Engegefühl im Brustkorb (Angina pectoris)
- Herzrhythmusstörungen und Herzrasen (Tachykardie)
- Atemnot (Dyspnoe)
- Schwindel und niedriger Blutdruck (Hypotonie)
- Übelkeit und Erbrechen
Mitunter können die Beschwerden, die im Rahmen des Broken-Heart-Syndroms auftreten, zunächst auch auf eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) hindeuten. Bei dieser Erkrankung treten ebenfalls Brustschmerzen, Atemnot und ein beschleunigter Herzschlag auf. Auch Wasseransammlungen in der Lunge (Lungenödeme) und ein dritter Herzton können sowohl beim Broken-Heart-Syndrom als auch bei Herzinsuffizienz auftreten.
Wichtig: Bei Beschwerden wie Brustschmerzen und Luftnot sollte umgehend der Notruf (112) gewählt werden.
Wie wird das Broken-Heart-Syndrom diagnostiziert?
Zwar ist das Broken-Heart-Syndrom äußerlich nicht von einem Herzinfarkt zu unterscheiden. Bei einem Herzinfarkt erkennen Mediziner*innen Verschlüsse oder Engstellen allerdings in den Herzkranzgefäßen. Meist entstehen solche Engstellen durch Arterienverkalkung (Arteriosklerose) mit den typischen Gefäßablagerungen. Anders als beim Herzinfarkt sind die Gefäße beim Broken-Heart-Syndrom frei.
Um dies zu erkennen, ist in der Regel ein Herzultraschall (Echokardiographie) nötig. Denn Untersuchungen wie ein Elektrokardiogramm (EKG) oder eine Blutentnahme können zunächst ebenfalls fälschlicherweise auf einen Herzinfarkt hindeuten.
Beim Herzultraschall führt der*die Mediziner*in ein schlauchartiges Instrument durch ein Blutgefäß bis zum Herzen vor. Liegt ein Broken-Heart-Syndrom vor, zeigen sich zwei Auffälligkeiten:
- Die Herzkranzgefäße sind nicht verschlossen.
- Die linke Herzspitze ist in ihrer Form stark verändert. Sie ist ballonartig vergrößert, während sich die Hauptschlagader zusammenzieht.
Darüber hinaus kann in einem Gespräch erfragt werden, ob bei dem*der Patient*in ein belastendes Ereignis aufgetreten ist oder starker körperlicher Stress besteht.
Wie wird das Broken-Heart-Syndrom behandelt?
Beim Broken-Heart-Syndrom ist nicht zwingend eine Behandlung notwendig. Meist erholen sich die Betroffenen nach einigen Wochen von selbst. Dennoch ist besonders zu Beginn eine gründliche Überwachung mittels EKG sinnvoll. Denn in der Akutphase gilt es, das Risiko für mögliche Komplikationen zu minimieren.
Eine medikamentöse Behandlung kommt zum Einsatz, wenn das Broken-Heart-Syndrom eine Herzschwäche auslöst. Präparate, die die Pumpleistung des Herzens verbessern und auch bei Herzinsuffizienz eingesetzt werden, sind ACE-Hemmer. Zusätzlich kommen Betablocker, Plättchenhemmer und Statine infrage.
Daneben wird auch eine psychotherapeutische Behandlung empfohlen, um den ursächlichen Stressfaktor zu verarbeiten.
Broken-Heart-Syndrom: Verlauf und Prognose
Die Tatsache, dass das Broken-Heart-Syndrom kein Herzinfarkt ist, bedeutet nicht, dass es weniger gefährlich ist. Im Gegenteil: Vor allem die erste Zeit nach dem Ereignis gilt als kritisch. Zu möglichen Komplikationen zählen
- Herzrhythmusstörungen,
- Herztod aufgrund einer zu schwachen Pumpkraft des Herzens,
- Thromboembolien, die einen Schlaganfall auslösen können.
In der Akutphase sterben rund fünf Prozent der Betroffenen. Wird diese Phase ohne Komplikationen überstanden, ist der Vorteil gegenüber einem Herzinfarkt, dass die Erkrankung meist folgenlos wieder ausheilt. In der Regel dauert es zwischen drei Wochen und zwei Monaten, bis das Herz sich davon erholt. Dennoch ist eine regelmäßige kardiologische Nachsorge sinnvoll.
Männer erkranken zwar deutlich seltener, dann jedoch überwiegend stärker. Wer einmal ein "gebrochenes Herz" hatte, erkrankt zudem leichter erneut daran. Schätzungen zufolge erlebt jede*r zehnte Betroffene die Funktionsstörung des Herzmuskels mindestens ein weiteres Mal.