Borreliose: Anzeichen, Behandlung und Spätfolgen
Eine Borreliose (Lyme-Borreliose) entwickelt sich langsam und durchläuft verschiedene Stadien. Als typisches Anzeichen gilt die Wanderröte. Nicht selten wird Borreliose verschleppt und es kommt zu weiteren Symptomen. Eine Impfung gibt es bisher nicht. Erfahren Sie hier mehr zum Verlauf und zur Behandlung der Krankheit.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Zusammenfassung
- Definition: Borreliose ist ein Oberbegriff für Infektionskrankheiten, die durch Borrelien ausgelöst werden. Lyme-Borreliose tritt am häufigsten auf und wird durch infizierte Zecken übertragen.
- Symptome: Mögliche Symptome sind Wanderröte, grippeähnliche Beschwerden, geschwollene Lymphknoten sowie Nervenerkrankungen oder Herzrhythmusstörungen.
- Behandlung: Je nach Stadium und Beschwerden kommen verschiedene Antibiotika zum Einsatz.
- Vorbeugen: Bislang gibt es keinen Impfstoff. Entscheidend sind daher Zeckenschutz durch entsprechende Sprays (Repellentien) und lange Kleidung.
Was ist Borreliose?
Borreliose ist ein Überbegriff für Infektionskrankheiten, die durch Bakterien (Borrelien) ausgelöst werden. Dazu zählen vor allem das Rückfallfieber und die Lyme-Borreliose. Letztere wird häufig durch einen Zeckenstich (nicht Zeckenbiss) übertragen und daher mit Borreliose gleichgesetzt. In Deutschland erkranken jährlich etwa drei von 10.000 Menschen an Borreliose.
Wie hoch ist das Risiko, nach einem Zeckenstich an Borreliose zu erkranken?
Zecken sind in Europa, Nordamerika und Asien weit verbreitet, aber in unterschiedlichem Ausmaß mit Borrelien infiziert. In Deutschland können je nach Gebiet bis zu 30 Prozent aller Zecken die Bakterien in sich tragen.
Statistisch gesehen kommt es nach einem Zeckenstich bei 2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen zu einer Infektion durch die Borrelien, jedoch nur bei 0,3 bis 1,4 Prozent auch zu Symptomen einer Borreliose. Wer infiziert ist, erkrankt also nicht automatisch auch an Borreliose.
Borreliose: Mögliche Symptome
Eine Borreliose entwickelt sich meist schleichend, kann mit vielfältigen Symptomen einhergehen und verschiedene Organe betreffen. Die Beschwerden wechseln dabei oft rasch und scheinen unabhängig voneinander aufzutreten.
Grundsätzlich wird die Krankheit in drei verschiedene Stadien mit typischen Symptomen unterteilt. Die Beschwerden können einzeln oder gemeinsam auftreten, abklingen und später erneut auftreten.
Frühstadium: Borreliose-Stadium 1
Etwa ein bis zwei Wochen nach dem Stich einer infizierten Zecke kann es zu einer kreis- oder ringförmigen Hauterscheinung kommen, der sogenannten Wanderröte (Erythema migrans).
Zudem sind allgemeine Symptome möglich, wie:
Harmlose Hautrötung oder Wanderröte?
Eine Wanderröte ist nicht das Gleiche wie jene harmlose Rötung, die sich oft direkt an der Stelle des Zeckenstichs bildet und im Durchmesser circa ein bis zwei Zentimeter groß ist. Diese harmlose Rötung juckt meist stark und verschwindet nach einigen Tagen oder spätestens einer Woche wieder. Zudem fehlen andere Anzeichen einer Infektion.
Verschleppte Borreliose-Symptome: Stadium 2
Bleibt die Krankheit unbehandelt, stellt sich nach einigen Monaten das Borreliose-Stadium 2 ein. Dabei kommt es oft zu grippeähnlichen Symptome. Zudem kann es zu Erkrankungen anderer Organe kommen.
Erkrankungen des Nervensystems (Neuroborreliose): Mögliche Symptome sind Nervenschmerzen, neurologische Ausfälle und Lähmungen. In manchen Fällen ist auch nur ein einzelner Körpernerv entzündet (periphere Neuropathie). Die Entzündung kann aber auch Gesichtsnerven lähmen (Fazialisparese). In schweren Fällen ist auch eine Hirnhautentzündung (Meningitis) möglich.
Herzerkrankungen: Die Infektion kann zu einer Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung führen und typische Herzrhythmusstörungen auslösen.
Augenerkrankungen: Möglich ist etwa eine Entzündung der mittleren Augenhaut (Uveitis).
Hauterscheinungen: Bei der eher seltenen Lymphadenosis cutis benigna kommt es zu einer Schwellung der Haut und es bilden sich mehrere zentimetergroße, bläulich-rote Flecken – insbesondere im Bereich der Ohrläppchen, Brustwarzen und im Genitalbereich.
Spätfolgen: Borreliose Stadium 3
Dieses sehr schwere Stadium tritt Monate oder Jahre nach dem Zeckenstich auf und zeichnet sich unter anderem durch die sogenannte Lyme-Arthritis oder fortschreitende Nervenerkrankungen aus.
Bei der Lyme-Arthritis handelt es sich um eine Gelenkentzündung, die chronisch oder schubweise verlaufen kann. Oftmals sind die Kniegelenke betroffen. Zudem können verschiedene Muskeln und Sehnen schmerzen. Derartige Beschwerden lassen sich nur schwer von anderen Erkrankungen abgrenzen.
Im Stadium 3 wird mitunter die Haut an den Händen und Füßen sehr dünn und bläulich (Acrodermatitis atrophicans Herxheimer). Auch die Nerven können weiteren Schaden nehmen. Selten sind Teile des Körpers gelähmt (Paresen).
Wie wird Borreliose übertragen?
Ursache einer Borreliose ist eine Infektion mit bestimmten Bakterien: den Borrelien. Sechs verschiedene Borrelien-Arten können eine Borreliose auslösen. Diese zählen zum sogenannten Borrelia-burgdorferi-(sensu lato)-Komplex, bestehend aus:
- Borrelia afzelii
- Borrelia garinii
- Borrelia bavariensis
- Borrelia burgdorferi sensu stricto
- Borrelia spielmanii
- Borrelia mayonii
In Europa sind hauptsächlich die Arten Borrelia afzelii und Borrelia garinii Ursache für Borreliose-Erkrankungen. Borrelia mayonii hingegen kommt in Europa bislang gar nicht vor. Borrelia burgdorferi sensu stricto spielt vor allem in den USA eine Rolle für Borreliose-Erkrankungen.
Was sind Borrelien?
Die spiralig geformten Bakterien findet man häufig im Blut von Vögeln oder kleinen Nagetieren wie Mäusen – sie sind das hauptsächliche Erregerreservoir. Zecken infizieren sich, wenn sie bei befallenen Tieren Blut saugen. Bei der nächsten Blutmahlzeit können Zecken die Bakterien auf weitere Tiere oder Menschen übertragen.
In der Zecke findet man Borrelien vor allem im Darm. Hat das Tier einen neuen Wirt gefunden und beginnt Blut zu saugen, wandern die Bakterien in die Speicheldrüse der Zecke. Da bei einem Zeckenstich auch immer Speichel mit in die Haut abgegeben wird, können sie so ins Blut des Menschen gelangen.
Die Erreger gelangen aber nicht sofort mit dem Zeckenstich in den Körper. Erst etwa 12 Stunden nachdem die Zecke mit dem Blutsaugen beginnt, können sie übertragen werden. Daher ist es wichtig, das Tier so rasch wie möglich zu entfernen.
Borreliose: Wie erfolgt die Behandlung?
Liegt eine Borreliose vor, ist eine möglichst frühzeitige Behandlung wichtig. Denn im Frühstadium verspricht eine Antibiotika-Therapie den besten Erfolg: In der Regel heilt die Erkrankung in 95 bis 100 Prozent der Fälle damit bereits nach kurzer Zeit vollständig aus. Schwere Krankheitsverläufe lassen sich auf diese Weise verhindern.
Die Dauer der Antibiotika-Therapie richtet sich nach dem Borreliose-Stadium. Bei einer Wanderröte beziehungsweise im Frühstadium der Borreliose genügt eine zweiwöchige Gabe von Antibiotika. Mittel der Wahl sind zum Beispiel die Wirkstoffe
Vertragen Betroffene diese Antibiotika nicht, kann der*die Arzt*Ärztin den Wirkstoff Azithromycin verordnen.
Ist die Borreliose bereits weiter fortgeschritten, kommen vor allem Antibiotika aus der Wirkstoffgruppe der Cephalosporine (zum Beispiel die Wirkstoffe Ceftriaxon, Cefotaxim) zum Einsatz. Diese werden üblicherweise über eine Vene verabreicht. Zu diesem Zeitpunkt dauert die Borreliose-Behandlung in der Regel drei bis vier Wochen.
Bleibende Beschwerden trotz Behandlung
Nur in seltenen Fällen bleiben nach der Therapie mit Antibiotika manchmal noch monatelang Beschwerden zurück, wie zum Beispiel Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Müdigkeit oder ein allgemeines Krankheitsgefühl. Eine zusätzliche Behandlung mit Antibiotika hilft in solchen Fällen offenbar nicht. Warum vereinzelt auch nach der Therapie noch Symptome auftreten, ist bislang nicht bekannt.
Borreliose: Diagnose und Tests
Krankengeschichte und Anzeichen wie eine Wanderröte sind in der Regel so typisch, dass sie für eine Diagnose ausreichen und eine Blutuntersuchung nicht unbedingt erfordern.
Andererseits kann eine Borreliose sehr vielgestaltig ablaufen und mit eher allgemeinen Anzeichen einhergehen, wie etwa Kopfschmerzen oder Muskelschmerzen. Das erschwert es in manchen Fällen, eine Borreliose zu erkennen. Denn solche Beschwerden können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. In diesen Fällen kann eine Labordiagnostik durchgeführt werden.
Antikörpernachweis und weitere Tests
Bei einer akuten oder zurückliegenden Borrelien-Infektion liegen einige Wochen nach der Ansteckung Antikörper gegen die Erreger im Blut vor. Der Nachweis von Antikörpern im Blut zeigt, dass sich das Abwehrsystem des Körpers (Immunsystem) mit den Erregern auseinandergesetzt hat – nicht jedoch wann. Solche Antikörper können selbst Jahrzehnte später noch bestehen.
Neben dem Antikörpernachweis im Blut kann auch nach Antikörpern im Nervenwasser (Liquor) gesucht werden. Das ist ratsam, wenn Beschwerden vorliegen, die auf Entzündungen des Nervensystems hindeuten, also Gehirn oder Rückenmark von einer Borreliose betroffen sein könnten.
Zu den weiteren Maßnahmen gehören etwa:
- Borrelien-Nachweis mit Polymerase-Kettenreaktion (PCR): Mit der Polymerase-Kettenreaktion lässt sich das genetische Material der Erreger nachweisen, etwa mit Proben aus Liquor, Gelenkflüssigkeit oder Haut.
- Borrelien-Anzucht: Eine weitere, allerdings sehr arbeits- und zeitaufwändige und deshalb unübliche Möglichkeit besteht darin, die Bakterien aus Probenmaterial heraus anzuzüchten.
- Lymphozyten-Transformationstests (LTT): Der LTT soll die Reaktion des Immunsystems auf bestimmte Antigene messen. Antigene sind körperfremde Substanzen, welche eine spezifische Immunantwort auslösen. Hierfür wird Betroffenen Blut entnommen und dieses den Antigenen von Borrelien ausgesetzt. Vermehren sich daraufhin bestimmte Lymphozyten (eine Form der weißen Blutkörperchen), soll das als Hinweis auf eine aktiv ablaufende Infektion gelten. Oft führt der LTT jedoch zu falsch-positiven Ergebnissen. Das bedeutet, dass der Test positiv ausfällt, obwohl es keinen Kontakt zu Borrelien gab.
Mit einer PCR oder einer Erreger-Kultur lässt sich kontrollieren, ob sich Borrelien im Körper befinden. Ob die Infektion aber auch zu einer Erkrankung, also einer Borreliose geführt hat, kann durch das Verfahren nicht erkannt werden.
Borreliose vorbeugen: Zeckenstiche verhindern
Um die Krankheit zu verhindern, ist vor allem ein ausreichender Schutz vor Zeckenstichen wichtig. Dabei sind folgende Tipps hilfreich:
- Auf festen Wegen bleiben: Zecken halten sich mit Vorliebe in hohem Gras, in Sträuchern und im Laub auf – anders als viele denken, lassen sie sich nicht von Bäumen fallen. Bei Waldspaziergängen ist es daher ratsam, auf festen Wegen zu bleiben.
- Lange Kleidung tragen: Bei Ausflügen in die Natur am besten lange Kleidung tragen, die den gesamten Körper bedeckt. Hosenbeine sollte man in die Socken stecken, um zu verhindern, dass Zecken von unten in die Hosen krabbeln.
- Helle Farben bevorzugen: Vorzugsweise helle Kleidung tragen – hierauf lassen sich Zecken leichter auffinden.
- Zeckenschutzmittel verwenden: Spezielle Cremes und Sprays halten Zecken fern – dabei bedenken, dass diese nur für eine begrenzte Dauer wirken.
- Körper absuchen: Nach einem Aufenthalt in der Natur den Körper sorgfältig nach Zecken absuchen. Zecken stechen etwa am Kopf (Ohren, Haaransatz), aber auch an geschützten Stellen, wie Hals, Achseln, Kniekehle oder Genitalbereich. Zusätzlich am besten ein Bad oder eine Dusche nehmen.
Impfung gegen Borreliose
Bislang gibt es gegen Borreliose keine Impfung. Es wird jedoch an einem Wirkstoff geforscht – wann dieser zur Verfügung stehen wird, ist jedoch unklar.
Gegen die ebenfalls durch Zecken übertragene Erkrankung FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) gibt es dagegen eine Impfung.
Wie entfernt man eine Zecke?
Wer von einer Zecke gestochen wurde, sollte diese rasch entfernen. Dazu sollte das Tier möglichst nah über der Haut gepackt und langsam herausgezogen werden – zum Beispiel mit einer
- (Zecken-)Pinzette,
- Zeckenzange oder
- Zeckenkarte.
Stehen keine Hilfsmittel zur Verfügung, genügen notfalls auch die eigenen Fingernägel. Leichtes Rütteln oder vorsichtiges Hin- und Herbewegen erleichtern das Herausziehen.
Betroffene sollten die Zecke nicht drehen, da dabei der Stechrüssel abreißen und in der Haut verbleiben kann. Es ist außerdem wichtig, den Zeckenkörper beim Entfernen nicht zu quetschen, damit die Borrelien nicht aus der Zecke ins Blut gepresst werden.
Ist die Zecke entfernt, sollte die Einstichstelle desinfiziert werden. Sind Zeckenreste sichtbar, ist es ratsam, eine ärztliche Praxis aufzusuchen, um diese professionell entfernen zu lassen.
Zecke entfernen mit Hausmitteln?
Auf Hausmittel wie Öl, Klebstoff, Alkohol oder ähnliches sollte verzichtet werden. Sie können dazu führen, dass die Zecke verstärkt ihren erregerhaltigen Speichel ausstößt und die Infektionsgefahr steigt.