Man sieht die Hand einer Frau, die sich ein Pflaster um eine Schnittwunde klebt
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Blutvergiftung: Anzeichen und Ursachen einer Sepsis

Von: Lydia Klöckner (Medizinredakteurin), Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 05.10.2023

Eine Blutvergiftung kann tödlich enden. Darum ist es wichtig, die ersten Anzeichen schnell zu erkennen und ernst zu nehmen. Ursprung kann sowohl eine Entzündung im Körper als auch eine Wunde in der Haut sein. Wie es zu einer Sepsis kommt und welche Symptome dafürsprechen, erfahren Sie hier.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Zusammenfassung

  • Definition: Eine Blutvergiftung ist das Ergebnis einer überschießenden Reaktion des Immunsystems im Kampf gegen eine Infektion. Dabei kann es zu Schäden an den Organen kommen.
  • Symptome: Eine Sepsis äußert sich durch unspezifische Symptome wie Fieber oder auch Unterkühlung, starkem Krankheitsgefühl, niedrigem Blutdruck, schneller Atmung
  • Ursachen: Jegliche Art von Infektion im Körper kann zu einer Sepsis führen, wenn das Immunsystem geschwächt ist und nicht angemessen reagiert. Häufig gehen etwa eine Lungenentzündung, Hirnhautentzündung oder eine Wundinfektion der Blutvergiftung voraus.
  • Diagnose: Die drei wichtigsten Kriterien für die Diagnose der Sepsis sind Bewusstseinsveränderung, niedriger Blutdruck und beschleunigte Atmung.
  • Behandlung: Zunächst muss die Infektion eingedämmt werden. Sind Bakterien die Ursache, wird ein Antibiotikum verabreicht. Wichtig ist außerdem eine rasche Flüssigkeitszufuhr. Über eine Infusion werden Elektrolytlösungen verabreicht. Die weitere Behandlung hängt davon ab, welche Organe geschädigt sind.
  • Vorbeugen: Um einer Blutvergiftung vorzubeugen, ist Hygiene besonders wichtig. Besonders immungeschwächte Menschen sollten zudem darauf achten, sich vor Infektionen zu schützen und die empfohlenen Impfungen wahrzunehmen.

Was ist eine Sepsis?

Bei einer Sepsis greift der Körper im Kampf gegen eine Infektion seine eigenen Organe an. Diese können in der Folge versagen, was tödlich enden kann. Der umgangssprachlich genutzte Begriff "Blutvergiftung" ist medizinisch eigentlich nicht korrekt, denn es handelt nicht um eine Vergiftung.

Vielmehr geht eine Sepsis in der Regel von einer Infektion mit Krankheitserregern aus. Wird der Körper von Bakterien, Pilzen oder Viren angegriffen, versucht er, diese abzuwehren und reagiert mit einer Entzündung. Zunächst beschränkt sich diese auf die betroffene Körperregion. Das kann sowohl eine Wunde in der Haut sein als auch eine Entzündung im Körper wie eine Lungenentzündung oder ein Harnwegsinfekt.

Wenn die Krankheitserreger oder die von ihnen freigesetzten Stoffe in die Blutbahn gelangen und sich im Körper ausbreiten, kann das Immunsystem überreagieren und die Entzündungsreaktion auf den ganzen Körper ausweiten. Dabei werden Körpergewebe und Organe geschädigt. Es kommt zu einer Blutvergiftung.

Häufigkeit einer Sepsis

Insgesamt erkranken in Deutschland jährlich etwa 280.000 Menschen an einer Sepsis. Für 70.000 von ihnen endet die Erkrankung tödlich. Es stirbt also etwa jede vierte betroffene Person an den Folgen der Blutvergiftung. Etwa 20 Prozent aller Todesfälle weltweit werden mit einer Sepsis in Zusammenhang gebracht.

Die Sepsis zählt in deutschen Krankenhäusern zu denhäufigsten vermeidbaren Todesursachen.

Lebensbedrohliche Infektionen und Sepsis stellen häufige Notfälle dar, sind aber bei Weitem nicht so im öffentlichen Bewusstsein wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Prof. Michael Bauer, Facharzt für Intensiv- und Notfallmedizin

Blutvergiftung erkennen: Anzeichen einer Sepsis

Typische Anzeichen für eine Sepsis sind:

Nicht immer reagiert der Körper mit Fieber auf die Sepsis. Bei manchen Menschen hat der Körper Probleme damit, die normale Körpertemperatur zu halten. Sie entwickeln eine Unterkühlung (unter 36 Grad Celsius).

Zu den genannten Beschwerden kann es auch bei anderen, harmlosen Erkrankungen kommen. Treten die Symptome jedoch zusammen, in Verbindung mit einem Infekt oder bei Menschen mit einer Immunschwäche auf, besteht das Risiko einer Sepsis. Dann sollte die betroffene Person so schnell wie möglich in einem Krankenhaus versorgt werden.

Wie sieht eine Blutvergiftung aus?

Eine Blutvergiftung kann man nicht sehen. Eine infizierte Wunde, etwa eine Schnittverletzung an Fuß oder Finger, kann jedoch der zugrunde liegende Infektionsherd sein. Ist eine Wunde infiziert, äußert sich das zum Beispiel durch eine Rötung, Schwellung, Eiteraustritt und einen pochenden Schmerz. Aus einer solchen infizierten Wunde muss sich keine Sepsis entwickeln, allerdings sollte sie sicherheitshalber gut beobachtet und sorgfältig behandelt werden.

Roter Strich = Blutvergiftung?

Entgegen der häufigen Annahme ist ein roter Strich, der sich zum Herzen hin ausbreitet, kein Anzeichen für eine Sepsis. Eine solche rote Linie ist vielmehr das Symptom einer entzündeten Lymphbahn, einer Lymphangitis. Diese kann zwar zur Sepsis führen, das ist jedoch nur sehr selten der Fall.

Sepsis: Ursachen für eine Blutvergiftung

Prinzipiell kann jede Infektion zu einer Sepsis führen. Am häufigsten entwickelt sich eine Sepsis als Folge

Jedoch sind letztlich nicht die Infekte die Ursache für die Blutvergiftung, sondern eine fehlregulierte Immunantwort des Körpers.

Normalerweise ist der Körper dazu in der Lage, Krankheitserreger abzuwehren, bevor sie zur Bedrohung für den gesamten Organismus werden. Dazu muss er zum einen die Erreger wirkungsvoll bekämpfen, und zum anderen schnellstmöglich das angegriffene Gewebe reparieren.

Zu einer Sepsis kommt es, wenn das Immunsystem diese Aufgaben nicht richtig erfüllen kann: Ist es geschwächt, können die Keime die Oberhand gewinnen. Fällt die Entzündungsreaktion daraufhin zu stark aus, wird auch körpereigenes Gewebe beschädigt. Obendrein laufen möglicherweise die Reparaturprozesse zu langsam ab. Dann können die Schäden im Körper immer gefährlichere Ausmaße annehmen.

Droht eine Blutvergiftung nach Insektenstich?

Von Insektenstichen an sich geht keine Gefahr für eine Sepsis aus. Wer dem Juckreiz nachgibt und daran kratzt, bringt unter Umständen Bakterien ein. Aus der infizierten Wunde kann sich in seltenen Fällen eine Blutvergiftung entwickeln. Deshalb sollten juckende Stiche wie Mückenstiche möglichst in Ruhe gelassen werden.

Risikofaktoren für eine Sepsis

Ein erhöhtes Risiko für eine Sepsis haben vor allem Menschen mit Erkrankungen, die das Immunsystem beeinträchtigen:

  • Menschen mit einer Krebserkrankung, die eine Chemotherapie erhalten
  • Personen, die Immunsuppressiva einnehmen
  • ältere Menschen
  • Neugeborene
  • Menschen mit Diabetes mellitus
  • Menschen mit chronischen Nieren- und Lebererkrankungen
  • Alkohol- und Drogenabhängige

Auch eine Operation oder eine schwerwiegende Erkrankung können das Immunsystem vorübergehend schwächen.

Wie wird eine Sepsis festgestellt?

Der Definition und den Diagnosekriterien der Sepsis kommt eine lebenswichtige Bedeutung zu: Nur wenn die Kriterien klar und eindeutig sind, kann eine Blutvergiftung schnell und sicher erkannt werden. Je früher die Behandlung beginnt, desto höher sind die Überlebenschancen.

Entsprechend der sogenannten Sepsis-3-Definition reicht das Vorhandensein von drei Kriterien, um die Diagnose stellen zu können:

  1. Bewusstseinsveränderung
  2. niedriger Blutdruck
  3. beschleunigte Atmung

Nach dieser schnellen Bewertung sind zunächst intensivmedizinische Notfall-Maßnahmen nötig, um den Infekt unter Kontrolle zu bringen und die betroffene Person zu stabilisieren.

Erst dann folgen weitere Diagnose-Schritte, mit denen die Organfunktionen überprüft werden. Wichtig hierfür sind unter anderem:

Aus den Untersuchungsergebnissen können Ärzt*innen Rückschlüsse auf den Zustand der Organe ziehen. Diesen lassen sich auf einer Punkteskala von

  • 1 (leicht beeinträchtigt) bis
  • 4 (stark beeinträchtigt) bewerten. 

Mithilfe dieses sogenannten SOFA-Scores (sepsis-related organ failure assessment) lässt sich beurteilen, wie weit das Organversagen bereits fortgeschritten und wie hoch die Überlebenschancen sind. 

Septischer Schock

Die schwerste Form der Sepsis ist der sogenannte septische Schock, der mit deutlich schlechteren Überlebenschancen verbunden ist. Er endet für mehr als jede zweite betroffene Person tödlich. Die beiden wichtigsten Anzeichen für einen septischen Schock sind stark abgesunkener Blutdruck und erhöhte Laktat-Werte im Blut. Laktat sammelt sich im Körpergewebe an, wenn dieses nicht mehr ausreichend durchblutet wird. 

Sepsis: Behandlung einer Blutvergiftung

Eine Sepsis und ein septischer Schock sind medizinische Notfälle, die sofort behandelt werden müssen. Die Therapie zielt darauf ab,

  • die Infektion einzudämmen, die zur Sepsis geführt hat, und
  • den Zustand der Betroffenen zu stabilisieren.

Behandlung des Infekts

Meist sind Bakterien Ursache der Sepsis. Da zunächst oft unklar ist, um welche Erreger es sich genau handelt, wird in der Regel ein Breitbandantibiotikum verabreicht, das gegen verschiedene Bakterien wirkt.

Später kann das Breitbandantibiotikum durch ein anderes Antibiotikum ersetzt werden, das sich gezielt gegen den vorliegenden Erreger richtet.

Haben Pilze die Infektion ausgelöst, wird ein Antibiotikum nichts ausrichten können. Dann eignen sich Mittel gegen Pilzerkrankungen(Antimykotika).

Maßnahmen zur Stabilisierung

Bei einer Sepsis sinkt der Blutdruck stark ab. Zudem mangelt es den Organen an Sauerstoff, was im schlimmsten Fall zur Folge hat, dass sie versagen.

Um das zu verhindern, werden über eine Infusion große Mengen Flüssigkeit verabreicht, in der Regel eine Elektrolytlösung, beispielsweise mit Kochsalz. Zusätzlich können blutdruckerhöhende Medikamente gegeben werden. Noradrenalin beispielsweise regt das Herz-Kreislauf-System an und steigert den Blutdruck.

Je nachdem, welche Organe beeinträchtigt sind, können weitere Maßnahmen erforderlich sein, um den Zustand der betroffenen Person zu stabilisieren. Versagen die Lungen, ist eine künstliche Beatmung nötig. Bei Nierenversagen kann eine Dialyse notwendig sein. Manchmal muss die betreffende Person auch in ein künstliches Koma versetzt werden.

Rehabilitation

Ist die intensivmedizinische Behandlung abgeschlossen, ist die*der Patient*in in der Regel stark geschwächt. Wer etwa im künstlichen Koma war und künstlich beatmet wurde, muss zunächst lernen, wieder selbstständig zu atmen. Eine Physiotherapie kann dabei helfen, die Muskulatur wieder aufzubauen.

Sepsis: Verlauf und Überlebenschancen

Eine Sepsis kann innerhalb weniger Stunden zum Tod führen. Die Überlebenschancen hängen unter anderem von den Auslösern sowie vom Alter und der sonstigen gesundheitlichen Verfassung der betroffenen Person ab.

Grundsätzlich gilt aber: Je eher die Behandlung erfolgt, umso höher sind die Überlebenschancen. Denn je länger die Entzündung sich im Körper ausbreiten kann, umso mehr Organe nehmen Schaden. 

Folgen der Sepsis

Häufig hinterlässt die Blutvergiftung bleibende Spuren, weil die Organe sich nicht wieder vollständig von der Schädigung durch die Entzündung erholen. Wurden zum Beispiel Nerven durch die entzündlichen Prozesse beschädigt, kann es sein, dass sich die betroffene Körperregion dauerhaft taub anfühlt.

Wurde durch die Sepsis die Durchblutung einzelner oder mehrerer Gliedmaßen gestört, erhalten diese vorübergehend nicht ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe. Diese Unterversorgung kann dazu führen, dass Gewebe abstirbt. Dann ist eine Amputation nicht zu vermeiden.

Nicht minder belastend sind die psychischen Folgen, mit denen Betroffene und ihre Angehörigen oft noch jahrelang zu tun haben. Viele entwickeln eine sogenannte posttraumatische Belastungsstörung. In diesem Fall ist es wichtig, dass sie sich von einem Psychotherapeuten helfen lassen.

Sepsis: Einer Blutvergiftung vorbeugen

Die wichtigste Maßnahme, um Infektionen aller Art vorzubeugen, ist Hygiene. Vor allem an Orten wie Krankenhäusern und ärztlichen Praxen, an denen sich viele kranke Menschen aufhalten, sollten folgende Hygienemaßnahmen getroffen werden:

  • gründliches Händewaschen
  • Händedesinfektionsmittel verwenden und mindestens 30 Sekunden einwirken lassen
  • immungeschwächte Menschen sollten alle empfohlenen Impfungen erhalten, besonders die gegen Pneumokokken, die häufig Lungenentzündungen hervorrufen