Bipolare Störung: Symptome, Ursachen und Frühwarnzeichen
Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: Betroffene einer bipolaren Störung erleben beide Stimmungen in extremer Ausprägung. Entsprechend hoch ist der Leidensdruck. Welche Ursachen möglich sind, welche Frühwarnzeichen auf die Erkrankung hindeuten können und wie sich die affektive Störung behandeln lässt.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Während depressiver Episoden ziehen sich Erkrankte oft zurück – mitunter auch aus der Partnerschaft, sodass es zur Trennung kommt. Auch manische Phasen können eine Beziehung belasten, etwa, wenn die bipolare Person zu Leichtsinn neigt, Unmengen Geld ausgibt oder fremdgeht, da oftmals vorübergehend sämtliche sexuelle Hemmungen fallen.
Bipolare Menschen stellen vor allem eine Gefahr für sich selbst dar. Während einer Manie überschätzen sie etwa ihre Fähigkeiten und ihre Energie, verausgaben sich bis zur Erschöpfung oder geraten in finanzielle Schwierigkeiten. Auch die Depression kann destruktive Verhaltensweisen mit sich bringen. Eine Gefahr für andere stellen bipolare Menschen dar, wenn alle Hemmschwellen fallen und sie sich ihrem Umfeld gegenüber aggressiv verhalten.
Vermutlich entsteht eine bipolare Störung aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Traumata in der Kindheit (etwa körperliche oder seelische Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung) sind eine mögliche Ursache, aber auch genetische und neurologische Komponenten können eine bipolare Störung begünstigen.
Was ist eine bipolare Störung?
Mal traurig, mal fröhlich, mal lustlos, mal energiegeladen: Bei allen Menschen schwankt die Gefühlslage hin und wieder. Das ist ganz normal.
Menschen mit bipolarer Störung (auch: bipolare affektive Störung, früher: manisch-depressive Erkrankung) erleben jedoch Stimmungsschwankungen, die weit über das normale Maß hinausgehen und für die es äußerlich keinen Anlass gibt. Ihre Stimmung schwankt immer wieder zwischen zwei Extremen:
- Depression
- Hochstimmung (Manie)
Während der Depression ist die Stimmung gedrückt und es fehlt den Betroffenen an Interesse und Antrieb. In der Manie kehrt sich die Stimmung um. Euphorie, Tatendrang und grenzenlose Selbstüberschätzung sind dann typische Symptome.
Diese Schwankungen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Zwischen Manie und Depression liegen Abschnitte, in denen die Stimmung in einem gesunden Rahmen liegt. Symptome von Manie und Depression können bei einer bipolaren Störung auch gleichzeitig auftreten oder sich in rascher Folge abwechseln.
Komorbidiät: Parallel auftretende Störungen
Die bipolare Störung geht häufig mit weiteren Krankheitenund Beschwerden einher. Typische komorbide Störungen sind zum Beispiel
- Angststörungen,
- Substanzabhängigkeit (z. B. Drogensucht und Alkoholismus),
- Persönlichkeitsstörungen,
- Impulskontrollstörungen (z. B. Essstörungen oder Kleptomanie) und
- Aufmerksamkeit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS).
Auch körperliche Krankheiten wie Arthritis, Migräne, Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas treten gehäuft mit der bipolaren Störung auf.
Wie häufig sind bipolare Störungen?
Schätzungen zufolge entwickelt etwa eine von 100 Personen im Laufe ihres eine bipolare Störung mit depressiven und manischen Episoden. Etwas häufiger ist eine abgeschwächte Form (Bipolar-II-Störung): Schätzungen zufolge erkranken rund vier von 100 Menschen daran. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Bipolare Störung: Welche Formen gibt es?
Fachleute unterscheiden zwischen zwei Ausprägungen der bipolaren Störung:
1. Bipolar-I-Störung: Der Typ Bipolar I steht für den typischen Verlauf mit ausgeprägten depressiven und manischen Phasen.
2. Bipolar-II-Störung: Menschen mit einer sogenannten Bipolar-II-Störung erleben hingegen depressive und hypomanische Phasen. Das bedeutet: Die Hochstimmung ist weniger stark ausgebildet als bei einer echten Manie – depressive Episoden können hingegen genauso schwer verlaufen wie beim Typ Bipolar I.
Die einzelnen Krankheitsphasen können unterschiedlich lange anhalten. In den meisten Fällen dauert es zwei bis drei Jahre, bis ein kompletter manisch-depressiver Zyklus abgeschlossen ist. Die Zyklen können aber auch deutlich kürzer sein:
Rapid cycling: Bei einem sog. rapid cycling (engl. = "schneller Zyklus") erleben Erkrankte pro Jahr mindestens vier (hypo-)manische oder depressive Phasen. Schätzungen zufolge kommt rapid cycling bei bis zu zwei von zehn Personen mit bipolarer Störung vor.
Ultra rapid cycling: Die Phasen wechseln wöchentlich oder häufiger.
Ist die jeweilige Krankheitsphase abgeklungen, schließt sich in der Regel eine beschwerdefreie Phase an (Remission). In einigen Fällen bleibt die beschwerdefreie Phase jedoch aus und Depression und Manie wechseln sich unmittelbar ab.
Zyklothymia: Leichte, anhaltende Stimmungsschwankungen
Eine lang anhaltende (chronische), aber eher leichte Form der Stimmungslabilität ist die sogenannte Zyklothymia: Dabei schwankt die Stimmung über Jahre hinweg immer wieder. Sie schlägt jedoch weniger stark in eine Richtung aus. Vielmehr erleben Betroffene immer wieder Phasen einer mäßig gehobenen Stimmung (Hypomanie), die sich mit einer leichten Depression abwechseln. Ausgeprägte manische oder depressive Episoden kommen nicht vor. Eine Zyklothymia entwickelt sich oft im frühen Erwachsenenalter.
Typische Symptome eine bipolaren Störung
Je nachdem, ob gerade eine Manie oder eine Depression vorherrscht, können die Symptome einer bipolaren Störung sehr unterschiedlich sein. Nicht nur die Stimmung, auch Denken, Handeln und Fühlen sind während einer akuten Krankheitsphase erheblich beeinträchtigt.
Symptome einer Manie
Eine manische Phase entsteht meist sehr plötzlich. Betroffene glauben, sie seien unverwundbar. Sie sind in absoluter Hochstimmung und fühlen sich übertrieben selbstbewusst. Manche reagieren auffällig gereizt, unruhig oder aggressiv und sind anderen gegenüber sehr misstrauisch.
Maniker*innen sind in extremen Maße
- unternehmungslustig,
- kontaktfreudig
- und voller Energie.
Sie sprudeln nur so über vor Ideen, die sie möglichst sofort in die Tat umsetzen möchten. Meist sind ihre Gedanken jedoch so sprunghaft, dass sie es nicht schaffen, ein Vorhaben zu Ende zu führen.
Sie denken, sprechen und handeln schnell, sind dabei aber sehr zerstreut. Oft verlieren sie jegliche Hemmschwellen gegenüber anderen und verhalten sich zum Beispiel sexuell sehr freizügig. Während einer Manie sind die Betroffenen kaum oder gar nicht in der Lage, einen geregelten Alltag zu führen. Zudem kommen sie kaum zur Ruhe, weil ihnen Schlaf eher lästig erscheint.
Typisch bei einer Manie: Psychotische Symptome
Eine manische Phase kann mit psychotischen Symptomen einhergehen. Das bedeutet: Der Bezug zur Realität geht vorübergehend verloren. Häufig entwickeln Betroffene einen Größenwahn: Sie überschätzen sich maßlos und glauben, jede noch so riskante oder schwierige Aufgabe bewältigen zu können – obwohl das aus objektiver Sicht unrealistisch ist. Halluzinationen oder Verfolgungswahn können während einer Manie ebenfalls auftreten.
Wer sich in einer manischen Phase befindet, gerät schnell in Schwierigkeiten und setzt leichtsinnig Gesundheit, Beziehungen, Beruf oder Finanzen aufs Spiel. Betroffene legen ein Verhalten an den Tag, dass normalerweise nicht ihrer Natur entspricht. Einige Beispiele:
- Sie geben ihr gesamtes Geld für ein eigentlich aussichtsloses Projekt aus und verschulden sich.
- Sie kündigen ihren Job und treten spontan und ohne Vorbereitung eine Weltreise an.
- Sie setzen beim Roulette ihr gesamtes Geld auf eine Zahl.
- Sie stürzen sich in sexuelle Abenteuer und gefährden dabei ihre Beziehung.
Hypomanie: Die kleine Schwester der Manie
Eine abgeschwächte Form der Manie ist die Hypomanie. Hier ist die Stimmung deutlich gesteigert – aber nicht so stark, dass man von einer Manie sprechen könnte. Menschen mit Hypomanie sind normalerweise in der Lage, einen geregelten Alltag zu führen. Die gesteigerte Stimmung hält meist nur einige Tage an.
Weitere Anzeichen einer Hypomanie sind
- vermindertes Schlafbedürfnis,
- erhöhtes Redebedürfnis und Bedürfnis nach Geselligkeit,
- Konzentrationsprobleme,
- Innere Unruhe,
- erhöhtes sexuelles Bedürfnis sowie
- Hang zu Leichtsinnigkeit.
Symptome einer Depression
Die Symptome der Depression stellen gewissermaßen das Gegenteil der Manie dar. Depressive Phasen kommen in der Regel häufiger vor als manische und halten länger an. Zu den Hauptsymptomen einer Depression zählen
- eine gedrückte Stimmung,
- Freudlosigkeit (Anhedonie) und Interessenlosigkeit sowie
- verminderter Antrieb.
Depressionen können mit Suizidgedanken einhergehen. Wenn Sie solche Gedanken haben oder bemerken, dass eine Person in Ihrem Umfeld suizidgefährdet sein könnte: Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen und wenden Sie sich an die nächste psychiatrische Klinik oder informieren Sie den Notruf unter 112.
Eine weitere Anlaufstelle kann die Telefonseelsorge sein. Diese erreichen Sie kostenlos und anonym unter den Nummern:
- +49 (0)800 1110111
- +49 (0)800 111 0 222
Typisch bei depressiver Episode: Gefühl der Leere
Menschen, die sich in einer depressiven Phase befinden, haben keine Freude mehr an Dingen, die ihnen vorher Spaß bereitet haben. Sie spüren eine tiefe Traurigkeit oder eine innere Leere. Einige Betroffene haben den Eindruck, zu keinerlei Gefühlsregungen mehr fähig zu sein. Sie blicken pessimistisch in die Zukunft und trauen sich nichts zu. Sämtliche Aktivitäten fallen Erkrankten plötzlich schwer. Selbst kleine Entscheidungen zu treffen, wird zur unüberwindbaren Hürde. Oft gehen Depressionen mit einem sozialen Rückzug einher.
Ähnlich wie bei einer Manie kann es auch in einer depressiven Phase zu psychotischen Symptomen kommen. So kann es etwa passieren, dass der Bezug zur Realität vorübergehend verloren geht. Zum Beispiel hat die depressive Person dann den Wahn, zu verarmen und sich zu verschulden.
Depressionen können sich auch durch körperliche Symptome äußern. Hierzu zählen etwa
- Magenschmerzen,
- Kopfschmerzen,
- verlangsamtes Sprechen und Bewegen (psychomotorische Hemmungen)
- Unruhe und starker Bewegungsdrang (psychomotorische Agitiertheit)
Mischzustände bei bipolarer Störung
Symptome von Manie und Depression können gleichzeitig oder in raschem Wechsel auftreten. Fachleute sprechen dann von einer gemischten Episode. Bis zu 60 von 100 Erkrankten erleben solche Mischzustände.
Ein Beispiel für einen Mischzustand: Eine Person fühlt sich niedergeschlagen und depressiv. Gleichzeitig ist sie aber sehr unruhig, aktiv und fühlt sich getrieben.
Bipolare Störung: Mögliche Ursachen
Die Ursachen der bipolaren Störung sind noch nicht im Detail bekannt. Fest steht, dass mehrere Faktoren im Zusammenspiel an der Entstehung einer manisch-depressiven Erkrankung beteiligt sind. Dazu zählen vor allem:
genetische Komponenten: Eine genetische Veranlagung scheint bei bipolaren Erkrankungen eine große Rolle zu spielen. Personen mit einem betroffenen Elternteil entwickeln 10-mal häufiger eine bipolare Störung als Menschen ohne erbliche Vorbelastung. Sind beide Elternteile erkrankt, erhöht sich das Risiko auf bis zu 60 Prozent.
neurologische Komponenten: Bei einer bipolaren Störung kann ein Ungleichgewicht zwischen Neurotransmittern im Gehirn festgestellt werden: Die Botenstoffe Serotonin, Dopamin und Noradrenalin beeinträchtigen das Verarbeiten und Empfinden von Emotionen.
Charaktereigenschaften: Menschen mit bestimmten Charaktereigenschaften haben ein erhöhtes Risiko für eine bipolare Störung. Dazu zählen vor allem Personen, die von Natur aus eher extrovertiert und übertrieben ausgelassen (hypothym) sind.
äußere Einflüsse und Erlebnisse in der Kindheit: Einschneidende Lebensereignisse (z. B. Trennung der Eltern, Tod einer nahestehenden Person) oder Traumata (etwa durch Missbrauch) können bei entsprechender Veranlagung eine akute manische oder depressive Episode auslösen.
Wie wird eine bipolare Störung diagnostiziert?
Bis eine bipolare Störung diagnostiziert wird, kann einige Zeit vergehen. Insbesondere (hypo-)manische Phasen werden oft lange übersehen. Der Grund: Viele Betroffene fühlen sich durch die Hochstimmung gar nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil – sie sind froh, nach einer depressiven Phase wieder besser gelaunt zu sein. So fällt ihre Reaktion bisweilen aggressiv aus, wenn Angehörige sie darauf hinweisen.
Erste Anlaufstelle kann die hausärztliche Praxis sein. Erhärtet sich der Verdacht auf eine psychische Krankheit wie eine bipolare Störung, erfolgt eine Überweisung an eine Facharztpraxis für Psychiatrie oder eine*n Psychotherapeuten*Psychotherapeutin.
Um die Diagnose bipolare Störung zu stellen, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein:
Es müssen mindestens zwei affektive Episoden (also eine (hypo-)manische und eine depressive Episode) vorliegen
Um von einer depressiven Episode zu sprechen, muss die Stimmung über mindestens zwei Wochen hinweg gedrückt sein.
Eine manische Episode definiert sich durch eine über mindestens zwei Wochen anhaltende, übertriebene Hochstimmung.
Oft ergeben sich erste Hinweise auf eine bipolare Störung aus dem Erstgespräch (Anamnese). Der*die Patient*Patientin wird unter anderem nach ihrer Lebensgeschichte, nach psychischen Erkrankungen innerhalb der Familie und nach Art und Dauer der Beschwerden gefragt.
Zur Diagnose der bipolaren Störung sind verschiedene Untersuchungen und Verfahren hilfreich – so etwa psychologische Tests zur Persönlichkeitsdiagnostik:
- strukturierte Interviews mit der betroffenen Person
- Fragebögen zur Selbstbeurteilung, z. B. die Manie-Selbstbeurteilungsskala (MSS) oder das Beck-Depressions-Inventar-II (BDI-II)
- Beurteilungsbögen wie der Clinical Global Impression Scale (CGI), die dabei helfen, den Zustand der erkrankten Person einzuschätzen
Differentialdiagnosen: Andere Ursachen ausschließen
Bestimmte Erkrankungen oder Medikamente können zu Symptomen führen, die einer bipolaren Störung ähneln. Dazu gehören etwa
- Schilddrüsenerkrankungen,
- Hirntumoren,
- Medikamente, z. B. Antidepressiva, Hormonpräparate,
- Suchterkrankungen oder
- psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, Borderline-Syndrom und ADHS.
Derlei Erkrankungen gilt es, mithilfe von körperlichen Untersuchungen auszuschließen. Dazu gehören bildgebende Verfahren wie MRT oder CT, ein EEG oder die Bestimmung der Laborwerte sowie der Hormonwerte.
Übrigens: Im Internet gibt es zahlreiche Selbsttests zur bipolaren Störung. Derlei Tests können möglicherweise eine Tendenz aufzeigen, aber keine ärztliche Diagnose ersetzen!
Bipolare Störung: Was hilft?
Die Therapie einer bipolaren Störung besteht aus der
- Akutbehandlung mit dem Ziel, akute (hypo-)manische bzw. depressive Episoden zu lindern und der
- Phasenprophylaxe mit dem Ziel, erneuten Episoden vorzubeugen bzw. sie zu lindern.
Zur Verfügung stehen etwa nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden wie
- Elektrokrampftherapie,
- Lichttherapie,
- Schlafentzug und
- Verfahren zur Hirnstimulation, z. B. Vagusnervstimulation.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Therapie durch Ergotherapie, Kunst-, Musik- oder Tanztherapie oder Körperarbeit zu ergänzen.
Psychoedukation: Betroffene und Angehörige aufklären
Je genauer Betroffene und ihre Angehörigen über die bipolare Störung, ihre Ursachen und möglichen Therapieformen Bescheid wissen, desto leichter fällt in der Regel der Umgang mit der Erkrankung. Eine solche Aufklärung, für die es spezielle Kursangebote gibt, nennt sich Psychoedukation. Im Anschluss an die Psychoedukation kann eine Psychotherapie folgen.
Gerade in einer akuten manischen Phase fühlen sich Patienten*Patientinnen oft nicht krank und brechen die medikamentöse Therapie ab. An dieser Stelle ist es besonders wichtig, dass Angehörige, Psychiater*innen und/oder Psycholog*innen unterstützend zur Seite stehen. Manchmal ist eine vorübergehende Behandlung in einer Klinik notwendig – gegebenenfalls auch gegen den Willen des*der Erkrankten. Dazu kommt es insbesondere dann, wenn der Selbst- oder Fremdschutz gefährdet sind.
Bipolare Störung: Medikamente
Zur medikamentösen Akutbehandlung einer bipolaren Störung sind vor allem drei Wirkstoffgruppen geeignet:
Stimmungsstabilisierer: Diese gleichen die starken manisch-depressiven Stimmungsausschläge aus. Sie sind sowohl in akuten Krankheitsphasen als auch zur Vorbeugung erneuter Episoden geeignet. Zu häufig verwendeten Wirkstoffen zählen Lithium, Carbamazepin, Valproat und Lamotrigin.
Antipsychotika (Neuroleptika): Antipsychotika wirken dämpfend und beruhigend. Sie können unter anderem psychotische Symptome wie Wahnvorstellungen lindern. Zu Antipsychotika, die bei einer bipolaren Störung verschrieben werden, zählen sogenannte atypische Antipsychotika wie Risperidon, Olanzapin, Aripiprazol und Quetiabin.
Antidepressiva: Antidepressiva wie Fluoxetin oder Sertralin wirken stimmungsaufhellend und antriebssteigernd. Sie sind insbesondere während einer depressiven Episode geeignet. Die Nebenwirkungen von Antipsychotika und Antidepressiva variieren je nach Wirkstoff.
Psychotherapie zur Behandlung einer bipolaren Störung
Psychotherapie ist eine sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen Behandlung. Die Therapie trägt dazu bei, neue Krankheitsphasen zu verhindern und möglichst lange beschwerdefrei zu bleiben. Ersetzen kann die Psychotherapie die Medikamentengabe jedoch in der Regel nicht.
Der Inhalt der Therapie ist unter anderem davon abhängig, ob die Person gerade eine akute Krankheitsphase durchlebt oder ob sie beschwerdefrei ist. Während einer manischen Episode ist es wichtig, zu viele Reize zu vermeiden. Während der Depression hingegen kann die Therapie darauf abzielen, dass der*die Betroffene aktiver wird.
Verschiedene Therapieverfahren haben sich zur Behandlung einer bipolaren Störung bewährt:
Kognitive Verhaltenstherapie: Erkrankte lernt unter anderem, erste Anzeichen einer akuten Phase zu erkennen, Stress zu minimieren und mit manischen/depressiven Symptomen umzugehen.
Familienfokussierte Therapie (FFT): Angehörige werden in die Behandlung mit einbezogen. Gemeinsam mit der betroffenen Person lernen sie, einen geregelten Alltag zu führen, Rückfälle zu verhindern und Konflikte zu lösen.
Interpersonelle und soziale Rhythmustherapie (IPSR): Zum einen lernt der*die Betroffene, Lösungen für zwischenmenschliche Probleme zu finden. Zum anderen sollen ein geregelter Tagesablauf und ein ausgeglichener Schlaf-Wach-Rhythmus Stimmungsschwankungen verhindern.
Bipolare Störung: Folgen und Verlauf
Eine bipolare Störung kann sehr belastend sein und das Leben der betroffenen Person erheblich beeinträchtigen. Vor allem die akuten manischen und depressiven Phasen können zu Problemen führen. Einige Betroffene haben aber auch in symptomfreien Phasen Schwierigkeiten, ein normales Leben zu führen.
- Mögliche Folgen einer bipolaren Störung sind:
- Probleme am Arbeitsplatz bis hin zum Jobverlust
- Verschuldung in einer manischen Phase
- soziale Isolation, etwa, weil Freunde oder Bekannte die Symptome nicht nachvollziehen können oder weil sich Betroffene aus Scham zurückziehen
- Konflikte in der Partnerschaft durch ständige Stimmungswechsel
- Suizidgedanken und -versuche.
Das Suizidrisiko ist insbesondere während einer depressiven Phase oder gemischten Episode erhöht.
Wie verläuft eine bipolare Störung?
Jede bipolare Störung verläuft anders: Einige erleben zwischen manischen und depressiven Krankheitsepisoden sehr lange Phasen, in denen die Stimmung stabil ist. Bei anderen wechselt die Stimmung häufiger Manische und depressive Symptome können gleichzeitig auftreten oder sich unmittelbar abwechseln.
Die bipolare Störung ist zwar nicht heilbar, lässt sich jedoch mit Medikamenten gut in den Griff bekommen. Bei einer angemessenen Therapie bleiben die akuten Phasen bei bis zu 7 von 10 Betroffenen aus oder verlaufen sehr milde.