Nystagmus – Wenn die Augen zittern
Beim Nystagmus kommt es zu einem unwillkürlichen Zittern der Augen. Diese Erkrankung kann angeboren, aber auch die Folge einer Vorerkrankung sein. Welche Formen des Nystagmus es gibt und welche Therapien die Symptome lindern, lesen Sie hier.
Was ist Nystagmus?
Der Name Nystagmus leitet sich vom griechischen „nystázein“ ab und bedeutet sinngemäß „in den Schlaf nicken“. Die Erkrankung Nystagmus bezeichnet unwillkürliche Augenbewegungen, die auch als Augenzittern bezeichnet werden. Charakteristisch ist, dass die Augäpfel wiederholt im gleichen Rhythmus entweder langsam hin und her pendeln oder zucken und damit einen Gegenstand nicht lange fixieren können. Die Bewegung tritt fast immer an beiden Augen und gleichseitig auf, das bedeutet, dass beide Augen in die gleiche Richtung abdriften: Bewegt sich der linke Augapfel in einer Zitter- oder Pendelbewegung nach links, bewegt sich der rechte Augapfel in die gleiche Richtung.
Welche Symptome treten bei Nystagmus auf?
Der natürliche Nystagmus ermöglicht durch kurze Blickfixierungen und Folgebewegungen eine scharfe Sicht. Menschen mit einem krankhaften Nystagmus ist es nicht möglich, die Augenmuskeln zu kontrollieren. Daher ist die Sehschärfe durch die ruckartigen Bewegungen häufig herabgesetzt, auch nehmen Betroffene die Umwelt oft als schwankend wahr. Folgende Symptome sind typisch:
- Doppelbilder
- Schwank- oder Drehschwindel, zum Teil mit Übelkeit und Erbrechen
- Fallneigung
- Gangstörung
- Schluck-und Sprechstörungen
- Koordinationsstörungen der Extremitäten
- Schiefe Kopfhaltung (um das unruhige Bild auszugleichen)
- Tinnitus
Wie sich die Erkrankung auswirkt, ist sehr individuell. Daher kann es auch sein, dass Menschen mit Nystagmus keine oder nur geringe Sehbeschwerden haben.
Was verursacht Nystagmus?
Der pathologische wie auch der physiologische Nystagmus lassen sich verschiedenen Ursachen zuordnen.
Der physiologische Nystagmus dient der Blickstabilität und entsteht durch den natürlichen Anpassungsprozess des Auges an seine Umwelt. Je nach auslösendem (provozierenden) Reiz lässt sich der Nystagmus in unterschiedliche Formen unterteilen. Wenn der Nystagmus aktiv ausgelöst wird, ist auch die Rede von einem Provokationsnystagmus.
Der rotatorische oder postrotatorische Nystagmus tritt auf, wenn der Körper lange gedreht wurde, wie beispielsweise bei einer Karussellfahrt. Um den Schwindel zu reduzieren, führen die Augen eine Gegenbewegung aus. Das Gleiche tritt bei einem vestibulären Nystagmus nach einer schnellen Dreh- oder Schüttelbewegung des Kopfes auf. Bei diesen Einflüssen auf den Körper wird das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan), das einen Teil des menschlichen Innenohrs ausmacht, gereizt.
Der optokinetische Nystagmus tritt auf, wenn Menschen beispielsweise während einer Zugfahrt aus dem Fenster sehen. Die Augen fixieren ein Objekt so lange, bis es aus dem Gesichtsfeld gleitet und springt dann schnell zum nächsten Objekt. Dieser Vorgang wiederholt sich, sodass es zu schnellen, ruckartigen Augenbewegungen kommt.
Beim kalorischen Nystagmus entsteht das Augenzittern durch Temperaturreize im Ohr. Durch kühles oder warmes Wasser im Ohr wird das Innenohr so stimuliert, dass im Gehirn der Eindruck entsteht, dass der Körper einer Drehbewegung ausgesetzt ist. Je nachdem, welches Ohr gereizt wird, bewegen sich die Augen nach links oder rechts.
Tritt ein Nystagmus jedoch ohne äußere Reize des visuellen Systems oder des Gleichgewichtsorgans auf, können Erkrankungen des Nervensystems, des Gleichgewichtsorgans oder der Augen die Auslöser dafür sein. Jedoch ist nicht bei jeder Form die Ursache feststellbar. Wie beim physiologischen Nystagmus werden auch beim pathologischen Nystagmus unterschiedliche Formen unterschieden.
Der Spontannystagmus tritt in Ruhe auf, oft ist er ein Hinweis auf eine Schädigung des Gleichgewichtsorgans. Schlagen die Augen schneller und stärker aus, wenn Patient*innen ein Objekt fixieren, wird diese Form von Augenzittern Fixationsnystagmus genannt.
Bei einem Up- oder Downbeat-Nystagmus schlagen die Augen von der neutralen, nach vorne gerichteten Augenposition unwillkürlich nach oben beziehungsweise nach unten aus.
Zittern die Augen nur dann unwillkürlich, wenn der Mensch nach links oder rechts blickt, ist die Rede von einem Blickrichtungsnystagmus.
Generell betrifft der Nystagmus beide Augen. Bei dem dissoziierten Nystagmus allerdings zittert entweder nur ein Auge oder es ist ein Auge stärker betroffen als das andere.
Beim Latenstyp-Nystagmus kommt es zu nicht gleichseitigen Bewegungen: Fixiert das rechte Auge ein Objekt, schlägt das Auge nach rechts aus, das Gleiche geschieht umgekehrt mit dem linken Auge. Dieser Effekt verstärkt sich jeweils, wenn ein Auge abgedeckt ist und das andere ein Objekt fixiert.
Auch Drogen erschweren die Koordination von Sehen und Gleichgewichtssinn und lösen so einen zeitlich begrenzten Nystagmus aus. Tritt diese Störung der Augen neu und wiederholt und ohne äußere Reize auf, so ist es ratsam, eine Praxis aufzusuchen, die entweder auf neurologische oder Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen spezialisiert ist. Nur so lassen sich Erkrankungen des Gehirns oder des Gleichgewichtsorgans feststellen.
Wie lässt sich Nystagmus diagnostizieren?
In der Praxis erfolgt in der Regel das Anamnesegespräch, bei dem Vorerkrankungen, familiäre Belastungen, Symptome und wann diese auftreten im Fokus stehen. Während der Untersuchung ist es unter Umständen erforderlich, verschiedene Kopf- und Körperhaltungen einzunehmen, um dann eine mögliche Veränderung der Sicht zu beschreiben.
Die Frenzelbrille mit speziellen Linsen unterstützt beim Nystagmus die Diagnose und ist besonders geeignet, um den Spontannystagmus festzustellen. Wie eine gewöhnliche Brille aufgesetzt, dienen die Linsen zum einen der Augenvergrößerung, gleichzeitig verhindern sie es, Gegenstände im Raum zu fixieren. So werden die auftretenden schnellen Augenbewegungen nicht behindert und lassen sich besser untersuchen. Zur Diagnose eines Blickrichtungsnystagmus ist die Frenzelbrille nicht geeignet.
Die Elektronystagmographie hingegen ist ein bildgebendes Verfahren, das sich zur Untersuchung verschiedener Nystagmus-Arten einsetzen lässt. Dafür werden Elektroden auf der Stirn, unter den Augen und im Nasenbereich angebracht, um die Zitterbewegungen aufzuzeichnen. Zur Untersuchung gehören
- das Verfolgen von Objekten mit den Augen,
- die Prüfung des Gleichgewichtssystems bei Lagerung (beispielsweise bei Änderung der Körperposition vom Sitzen ins Liegen und umgekehrt),
- Prüfung des Gleichgewichtssystems durch Reizung des Innenohrs.
Die Reaktionen auf die einzelnen Testkomponenten lassen Rückschlüsse auf die Art des Nystagmus zu.
Wie sieht die Behandlung bei Nystagmus aus?
Zur Behandlung des Nystagmus stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, dennoch ist der Nystagmus nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es, das Augenzittern zu verringern und die Sicht zu verbessern.
Infrage kommen dafür das Tragen einer Brille oder von Kontaktlinsen für eine bessere Sehschärfe. Durch Medikamente ist es möglich, die Frequenz und die Stärke der Augenbewegungen herabzusetzen und so das gesehene Bild zu stabilisieren. Dafür kommt beispielsweise Botulinumtoxin (auch Botox genannt) infrage.
Auch andere Medikamente kommen zum Einsatz, jedoch wird die operative Behandlung des Nystagmus bevorzugt. Bei Menschen, die durch eine Schiefstellung des Kopfes die Wirkung der Sehstörung ausgleichen, weil die Augen beispielsweise im Seitenblick weniger zittern, erfolgt die sogenannte Parallelverschiebung nach Kestenbaum. Bei dieser Operation werden die Augen so verschoben, dass sie beim geradeaus Blicken weniger oder nicht mehr zittern. Bei operativen Eingriffen werden oft die äußeren Augenmuskeln entweder entfernt oder verlagert.
Mit der Operation geht in der Regel ein Aufenthalt im Krankenhaus einher, jedoch ist es auch möglich, sie ambulant durchführen zu lassen.
Nystagmus: Verlauf
Ist der Nystagmus angeboren, wird er häufig nicht sofort erkannt, da das Kind keine andere Art des Sehens kennt. Zwar lassen sich in vielen Fällen die Symptome lindern, eine Heilung ist jedoch nicht möglich. Tritt der Nystagmus durch eine andere Erkrankung auf, kann er abklingen, sobald die auslösende Erkrankung geheilt ist. Sind Drogen die Auslöser des Augenzitterns, normalisieren sich die Augenbewegungen, sobald die Wirkung der Drogen nachlässt.
Wie lässt sich Nystagmus vorbeugen?
Einem Nystagmus lässt sich nicht vorbeugen, wenn er infolge einer genetischen Veranlagung auftritt. Auch bei der erworbenen Form ist dies kaum möglich, da oft nicht alle Risikofaktoren bekannt oder vermeidbar sind, die eine Vorerkrankung auslösen könnten. Allerdings hilft der Verzicht auf Drogen, die einen Rauschzustand auslösen und damit einen Nystagmus begünstigen können.