Was ist ein Aneurysma und welche Ursachen hat es?
Bei einem Aneurysma weitet sich die Wand eines Blutgefäßes und es bildet sich eine Ausbuchtung. Aneurysmen können etwa im Bauch, im Herz oder im Kopf entstehen. Im schlimmsten Fall reißt die krankhafte Gefäßerweiterung und es kommt zu einer lebensgefährlichen Blutung. Lesen Sie, welche Ursachen zu einer Aussackung führen und wie hoch die Überlebenschancen sind, wenn ein Aneurysma geplatzt ist.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Aneurysmen
Etwa die Hälfte aller Aneurysmen macht niemals Beschwerden. Bei der anderen Hälfte besteht jedoch das Risiko, dass sie platzen und eine lebensgefährliche Blutung auslösen. Welchen Verlauf die Aussackung nehmen wird, lässt sich nicht vorhersagen. Die Frage, wie gefährlich ein Aneurysma ist, lässt sich also pauschal nicht beantworten.
Platzt ein Aneurysma im Kopf, endet die damit verbundene Blutung für fast die Hälfte der Betroffenen tödlich. Nur rund 20 von 100 Betroffenen überleben die Blutung ohne bleibende körperliche Beschwerden.
Der langjährige Missbrauch von Steroiden steht im Verdacht, die Entstehung von Aneurysmen begünstigen zu können.
Stress allein führt nicht zur Entstehung eines Aneurysmas. Allerdings kann Stress Risikofaktoren wie Bluthochdruck begünstigen.
Was ist ein Aneurysma?
Der Name Aneurysma leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet so viel wie "Erweiterung". Denn ein Aneurysma entsteht, wenn die sonst elastische Wand eines Blutgefäßes nachgibt und sich weitet. Es bildet sich eine Aussackung. In der Regel sind die Arterienwände betroffen, venöse Ausbuchtungen sind selten. Arterien transportieren das sauerstoffreiche Blut, Venen das sauerstoffarme.
Diese Schwachstellen in der Gefäßwand entstehen meist als Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose oder Bluthochdruck. Darüber hinaus können auch schwere Verletzungen zu Aneurysmen führen.
Formen von Aneurysmen
Es gibt drei verschiedene Formen von Aneurysmen:
- Aneurysma verum: Wenn alle Schichten der Gefäßwand an Elastizität verlieren, nachgeben und sich vorstülpen, spricht man von einem echten Aneurysma oder einem Aneurysma verum.
- Aneurysma dissecans: Wenn die mittlere Schicht der Gefäßwand – die Tunica media – aufreißt, kann Blut zwischen die innerste und äußerste Schicht der Gefäßwand fließen und diese aufspalten. Fachleute bezeichnen das als Aneurysma dissecans. Dies ist ein akuter Notfall und kann lebensbedrohlich sein.
- Aneurysma spurium: Ein falsches Aneurysma oder Aneurysma spurium liegt vor, wenn die Gefäßwand aufreißt, Blut austritt und sich in einer Kapsel aus Bindegewebe ansammelt. Der Riss in der Gefäßwand ist meist Folge einer Verletzung oder einer Entzündung.
Wo können Aneurysmen auftreten?
Aneurysmen können überall im Körper entstehen. Aneurysmen im Kopf bilden sich häufig mitten im Gehirn an Verzweigungsstellen der Arterien, die das Hirn mit Blut versorgen. Am häufigsten ist jedoch die Hauptschlagader (Aorta) betroffen. Diese verläuft vom Herzen durch den Bauchraum bis ins Becken. Ein Aortenaneurysma bildet sich häufig im Bauch, seltener in der Brust. Auch in den Beinen, beispielsweise am Knie, sind Aneurysmen möglich.
Wie macht sich ein Aneurysma bemerkbar?
Aneurysmen rufen zunächst keine Symptome hervor und bleiben daher häufig unbemerkt. Beschwerden verursacht die Gefäßerweiterung nur, wenn
- sie größer wird und Druck auf die umliegenden Organe oder Strukturen ausübt,
- wenn sie aufreißt oder
- sich Blutgerinnsel bilden, lösen, ein Blutgefäß verschließen und zu einer Embolie führen.
Welche Symptome dann auftreten, hängt von der Lage des Aneurysmas ab.
Aneurysma im Kopf und Gehirn
Wird ein Aneurysma im Kopf so groß oder liegt so ungünstig, dass es auf einen Nerv drückt, können folgende Symptome auftreten:
- Lähmungserscheinungen im Gesicht
- Sehstörungen
- Kopfschmerzen und Schmerzen rund ums Auge
- Sprachstörungen
- Gleichgewichtsstörungen
In seltenen Fällen können Aneurysmen im Gehirn zu Schlaganfällen oder Embolien führen. Dies passiert, wenn sich im Inneren des Aneurysmas ein Gerinnsel bildet, das in eine kleinere Abzweigung der Hirnarterie gelangt und diese verstopft.
Aortenaneurysma im Bauch
Drücken ein Bauchaortenaneurysma auf umliegendes Gewebe, können folgende Symptome auftreten:
- Bauchschmerzen
- Rückenschmerzen, die mitunter bis in die Beine ausstrahlen
- häufiger Harndrang
- Gefühl einer pulsierenden "Beule" im Bauch
Aortenaneurysma in der Brust
Aneurysmen in der Brustschlagader kommen insgesamt recht selten vor. Wenn, können sie ab einer gewissen Größe folgende Symptome verursachen:
- Schmerzen im Brustbereich
- Rückenschmerzen
- Schluckbeschwerden
- Husten
- Heiserkeit
- Atembeschwerden (Dyspnoe)
Aortenaneurysma im Herzen
Bei einem Aneurysma im Herzen besteht eine Ausbuchtung in der Herzwand. Meist entsteht es nach einem Herzinfarkt, weil Gewebe geschädigt wurde und vernarbt. Dieses schadhafte Gewebe hält dem Druck im Herzen nicht stand, es bildet sich eine Ausbuchtung. Das sogenannte Ventrikelaneurysma kann zu einer verminderten Funktion des Herzens führen. Mögliche Beschwerden sind:
Achtung: Bei Symptomen eines geplatzten Aneurysmas muss sofort notärztliche Hilfe gerufen werden!
Aneurysma geplatzt: Welche Symptome deuten auf einen Riss hin?
Wenn Aneurysmen aufreißen, liegt ein Notfall vor, der sofort ärztlich behandelt werden muss. Fachleute sprechen dann von einer Ruptur oder, wenn nur eine Schicht der Gefäßwand reißt, von einem Aneurysma dissecans oder einer Aortendissektion.
Die Ruptur und die dadurch hervorgerufene innere Blutung machen sich durch einen plötzlichen, schneidenden Schmerz in der betroffenen Region bemerkbar:
- Bei Hirnaneurysmen beginnt der Schmerz häufig am Hinterkopf und Nacken und strahlt bis in den Rücken aus.
- Ein Bauchaortenaneurysma oder ein Aneurysma in der Brust äußert sich durch heftige Schmerzen im Bauch oder im Brustraum, die bis in die Leisten ausstrahlen können.
Der Schmerz ist meist so stark, dass die BetroffenenTodesangst haben. Daher spricht man auch von Vernichtungsschmerz.
Ein geplatztes Aneurysma geht in der Regel mit einem großen Blutverlust einher. Daher führt es neben den Schmerzen meist auch zu:
- Schwindel
- Bewusstlosigkeit
- Kreislaufzusammenbruch
Bei einer durch ein Aneurysma hervorgerufenen Hirnblutung fließt das Blut in den sogenannten Subarachnoidalraum, der zwischen zwei Hirnhäuten liegt. Fachleute sprechen dann von einer Subarachnoidalblutung. Das Blut übt zunehmend Druck auf das Hirngewebe aus, wodurch dieses beschädigt wird.
Wie kommt es zu einem Aneurysma? Ursachen und Risikofaktoren
Aneurysmen entwickeln sich meist im Laufe des Lebens, weil die Elastizität der Gefäßwände mit dem Alter nachlässt und Schäden an ihnen entstehen.
Durch Arteriosklerose entstandene Aneurysmen betreffen vor allem ältere Menschen, die
- rauchen,
- übergewichtig sind,
- Bluthochdruck haben (dieser belastet die Gefäßwände stark),
- sich fettreich ernähren und/oder
- an Diabetes erkrankt sind.
Außerdem scheint die erbliche Veranlagung bei der Entstehung der Arteriosklerose und von Aneurysmen eine Rolle zu spielen.
Übrigens: Ein erhöhtes Risiko für ein Aneurysma der Schlagader im Bauch (Bauchaorta) besteht vor allem bei Männern über 65.
Aneurysmen bei jungen Menschen
Bei jüngeren Menschen sind meist nicht Arteriosklerose oder Bluthochdruck die Ursache für die Entstehung von Aneurysmen. Bei ihnen sind mögliche Gründe:
- Verletzungen (etwa im Rahmen von diagnostischen Katheter-Eingriffen)
- Erbkrankheiten
- Infektionen
- Drogenkonsum (z. B. Kokain)
Erbkrankheiten, die zu Aneurysmen führen können, sind beispielsweise:
- autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung
- Erkrankungen, die mit geschwächtem Bindegewebe einhergehen, z. B. Marfan-Syndrom oder Ehlers-Danlos-Syndrom
Infektionskrankheiten, die die Gefäßwände schädigen und Aneurysmen auslösen können, sind zum Beispiel:
Wie wird ein Aneurysma festgestellt?
Aneurysmen können durch bildgebende Verfahren wie
- Ultraschall,
- Computertomographie (CT) oder
- Magnetresonanztomographie (MRT)
sichtbar gemacht werden.
Häufig sind sie jedoch Zufallsbefunde im Rahmen einer Routineuntersuchung oder werden entdeckt, wenn die betroffene Körperregion wegen einer anderen Erkrankung untersucht wird.
Leider werden Aneurysmen häufig jedoch erst erkannt,wenn sie reißen und heftige Schmerzen und Schocksymptome auslösen. In diesem Fall muss die betroffene Person sofort ins Krankenhaus gebracht werden. Dort werden die Ärzt*innen zunächst CT-Aufnahmen vom betroffenen Gefäß machen, um das Ausmaß und die genaue Lage des Risses zu ermitteln und die dann dringend nötige Operation planen zu können.
Früherkennung von Bauchaortenaneurysmen
Da Männer über 65 Jahre ein erhöhtes Risiko für Bauchaortenaneurysmen haben, können sie Früherkennungsuntersuchung wahrnehmen. Dabei wird die Bauchschlagader mit einem Ultraschallgerät untersucht. So können Aneurysmen rechtzeitig entdeckt und gegebenenfalls operativ entfernt werden, bevor sie reißen.
Aneurysma entdeckt: OP oder nicht?
Wird per Zufall ein Aneurysma entdeckt, das noch keine Beschwerden verursacht, gilt es abzuwägen. Ob ein Aneurysma gefährlich wird oder nicht, lässt sich vorher nicht sicher abschätzen. Eine Operation birgt auch Risiken und ist nicht immer notwendig: Fachleute gehen davon aus, dass etwa die Hälfte aller entdeckten Aneurysmen nie zu Problemen führt. Daher werden sich Ärzt*innen bei kleinen und stabilen Aneurysmen vermutlich dafür entscheiden, diese zunächst im Abstand von ein bis drei Jahren zu beobachten. Wachsen sie rasch oder überschreiten eine gewisse Größe (5,5 Zentimeter Durchmesser bei Aortenaneurysmen, 7 Millimeter bei einem Hirnaneurysma) wird wahrscheinlich eine Operation nötig.
Lässt sich ein Aneurysma behandeln?
Ob ein Aneurysma behandelt werden muss, hängt davon ab,
- ob es Beschwerden verursacht,
- wie groß es ist,
- welche Form es hat,
- wo es sich befindet,
- wie alt und gesund die betreffende Person ist und
- wie hoch die Gefahr eines Risses ist.
Therapie eines Aneurysmas ohne OP
Entscheidet sich die*der behandelnde Arzt*Ärztin dafür, die Ausstülpung zunächst zu beobachten, kann die*der Patient*in einiges dazu beitragen, das Risiko eines Risses zu verringern. Und zwar mit folgenden Maßnahmen:
- nicht rauchen
- auf Alkohol weitestgehend verzichten
- falls nötig Blutdruck und Cholesterinspiegel senken
- auf ausgewogene, fettarme Ernährung achten
Möglicherweise werden zusätzlich Medikamente wie Blutdrucksenker oder Acetylsalicylsäure (Aspirin) verschrieben. Diese sollten jedoch nicht auf eigene Faust eingenommen werden.
Operation eines Aneurysmas in Bauch oder Brust
Wenn ein Aneurysma im Bauchraum oder in der Brustregion operiert werden muss, stehen dafür zwei Methoden zur Auswahl:
- offene Operation: Das beschädigte Gefäßstück wird entfernt und durch eine Gefäßprothese ersetzt.
- endovaskulärer Eingriff: Über einen kleinen Schnitt in der Leiste wird ein feiner Schlauch (Katheter) mit einem Kunststoffröhrchen (Stent-Prothese) in die Arterie eingeführt und bis zur betroffenen Stelle geschoben. Der Stent verstärkt die Gefäßwand von innen und soll verhindern, dass sie weiter nachgibt und reißt.
Welches Verfahren am besten geeignet ist, hängt vom Gesundheitszustand der betroffenen Person sowie von Lage und Größe des Aneurysmas ab. Menschen, die etwa aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle haben, werden meist endovaskulär behandelt, da dies mit weniger Risiken verbunden ist.
Endovaskuläre Eingriffe machen jedoch häufigere einen weiteren Eingriff nötig, etwa wenn der Stent verrutscht. Zudem gibt es für ungünstig gelegene Aneurysmen mitunter keine passende Prothese.
Behandlung eines Aneurysmas im Gehirn
Für ein Aneurysma im Gehirn gibt es ebenfalls zwei verschiedene Behandlungsmöglichkeiten:
- offene Operation mit "Clipping" oder "Wrapping": Für diesen Eingriff muss der Schädel geöffnet und das Aneurysma mit einem Clip aus Titan abgeklemmt werden. Ist dies nicht möglich, wird das Aneurysma "gewrappt". Das bedeutet, dass die Wand des Aneurysmas verstärkt wird, um einen möglichen Riss zu verhindern.
- endovaskulärer Eingriff mit "Coiling" oder "Flow-diverter": Über einen kleinen Schnitt in der Leiste wird ein Katheter in die Oberschenkelarterie eingeführt. Am Katheter ist eine kleine Spirale (ein sogenannter Coil) befestigt. Diese wird über die Aorta bis ins Gehirn vorgeschoben und ins Aneurysma eingesetzt. Dort bewirkt sie, dass das Blut gerinnt. Das Aneurysma kann sich dann nicht weiter mit Blut füllen und platzen. Auch ein sogenannter "Flow-diverter" kann auf diese Weise eingesetzt werden. Dieser Stent leitet das Blut an der Aussackung vorbei, sodass sich dort kein Blut mehr sammeln kann.
Der endovaskuläre Eingriff ist zwar nicht frei von Risiken, aber schonender als die offene OP und daher vor allem für ältere Menschen oder Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser geeignet.
Aneurysma: Überlebenschance und Prognose
Kleine Aneurysmen, die nicht weiter wachsen, können ein Leben lang unbemerkt bleiben. Bei größeren Aneurysmen besteht jedoch die Gefahr, dass sie reißen, was häufig tödlich endet. Wie hoch dieses Risiko ist, lässt sich nicht pauschal sagen, sondern hängt von der Art, Form und Lage des Aneurysmas ab.
Bei einem geplatzten Aneurysma ist die Prognose schlecht:
- An einer durch ein geplatztes Hirnaneurysma entstandenen Hirnblutung sterben fast die Hälfte aller Betroffenen – rund 15 von 100 noch vor der Einlieferung ins Krankenhaus. Weniger als 20 Prozent überleben die Blutung ohne Folgeschäden.
- Ein gerissenes Bauchaortenaneurysma führt bei 40 bis 80 von 100 Betroffenen zum Tod.
Grundsätzlich gilt: Je früher die Behandlung eingeleitet wird, desto besser sind die Überlebenschancen.