Kälteallergie: Symptome und Therapie bei Kälteurtikaria
Frischer Wind, niedrige Temperaturen oder kaltes Wasser: Menschen mit einer Kälteallergie reagieren auf derartige Umweltreize mit Hautreaktionen wie Quaddeln und Pusteln. Was genau steckt hinter einer Kälteallergie und was lässt sich gegen die sogenannte Kälteurtikaria tun?
Was ist eine Kälteallergie?
Kälteallergie ist der umgangssprachliche Begriff für eine Kälteurtikaria (auch Kälte-Nesselsucht). Dabei handelt es sich um eine Sonderform der Nesselsucht (Urtikaria), die durch Kälte ausgelöst wird und mit typischen Hautreaktionen einhergeht. Tatsächlich liegt bei der Kälteallergie keine Allergie vor, sondern eine Pseudoallergie.
Normalerweise setzt der Organismus bei einer Allergie Histamin (ein Botenstoff) frei, der gegen den allergieauslösenden Stoff (Allergen) vorgehen soll. In der Regel sind Allergene harmlose Substanzen wie Tierhaare oder Pollen, auf die der Körper fälschlicherweise reagiert und Antikörper bildet. Bei der Kälteallergie liegt kein auslösendes Allergen vor, sondern vielmehr ein physikalischer Reiz – etwa der Kontakt mit kaltem Wind oder Wasser sowie niedrige Temperaturen. An den Stellen der Kälteeinwirkung schüttet der Körper ebenfalls Histamin aus, was letztlich Hautreaktionen verursacht. Das Immunsystem bildet dabei jedoch keine Antikörper gegen diese externen Reize, weshalb die Kälteurtikaria zu den Pseudoallergien zählt.
Die Kälteurtikaria ist keine Seltenheit und macht etwa 15 Prozent der physikalischen Formen der Nesselsucht aus. Besonders häufig sind Menschen in nordischen Ländern wie etwa Skandinavien betroffen – Frauen dabei doppelt so oft wie Männer.
Wie äußert sich eine Kälteurtikaria?
Bei Menschen mit Kälteallergie kommt es innerhalb von wenigen Minuten nach Kontakt mit Kälte zu Reaktionen der Haut. Typisch sind vor allem:
- Quaddeln
- starke Rötungen
- Juckreiz
- Schleimhautveränderungen
Betroffene beschreiben meist das Gefühl, als hätten sie in eine Brennnessel gegriffen. In der Regel treten Symptome nur an den Körperstellen auf, die direkt mit Kälte in Kontakt gekommen sind. Im Winter zeigt sich deshalb die Kälteurtikaria oftmals an Händen oder im Gesicht. Aber auch Hals und Füße können betroffen sein. Entstehen Symptome nach dem Verzehr von kalten Getränken oder Speisen, sind mitunter Schleimhautveränderungen möglich.
Kommen größere Körperbereiche in Berührung mit Kälte, können zudem allgemeine Krankheitssymptome auftreten, wie:
- Kopfschmerzen,
- Abgeschlagenheit,
- Atembeschwerden oder
- Herzrasen (Tachykardie)
Darüber hinaus entwickeln manche Betroffene auch erst Beschwerden, nachdem sie sich wieder in eine warme Umgebung begeben haben. In schwerwiegenden Fällen kann es, etwa durch einen Sprung in kaltes Gewässer, zu einer systemischen Reaktion führen – ein anaphylaktischer Schock kann die Folge sein, der umgehend notfallmedizinisch versorgt werden muss. Anzeichen hierfür sind etwa Atemnot, schneller Puls oder Bewusstlosigkeit.
Kälteallergie: Ursachen und Risikofaktoren
Die genaue Ursache einer Kälteallergie ist abschließend noch nicht geklärt. Grundsätzlich reagiert der Organismus von Betroffenen anders auf Kälte als bei gesunden Menschen. Die Schwellentemperatur, bei der es zu Symptomen kommt, ist dabei sehr individuell. Manche Betroffene zeigen erst bei einer Temperatur von 4 Grad Celsius Beschwerden – andere bereits bei 20 oder 30 Grad Celsius. Auch der Wechsel zwischen hohen und niedrigen Temperaturen kann zu Beschwerden der Kälteurtikaria führen.
Darüber hinaus scheint es einen Zusammenhang zwischen der Entstehung einer Kälteurtikaria und gewissen Infektionskrankheiten oder Allergien zu geben. Dazu zählen beispielsweise:
- Hepatitis
- Masern
- Windpocken
- Gelbsucht (Ikterus)
- Syphilis
- HIV-Infektion
- Pfeiffersches Drüsenfieber
- Lebensmittelallergien
- Insektengiftallergien
- Borreliose
- verschiedene Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale
Zudem zählen verschiedene Medikamente wie etwa Antibiotika, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder etwa orale Verhütungsmittel wie die Antibabypille zu möglichen Auslösern. Fachleute vermuten auch genetische Faktoren bei der Entstehung einer Kälteallergie.
Wie lässt sich eine Kälteallergie diagnostizieren?
Um eine Kälteurtikaria zu diagnostizieren, stehen Ärzt*innen zwei Tests zur Verfügung. Beim sogenannten Eiswürfeltest wird ein mit Eis gefülltes Glas für einige Zeit an den Unterarm der zu untersuchenden Person gehalten. Kommt es nach kurzer Zeit zur Bildung von Quaddeln und weiteren Symptomen, kann dies ein Hinweis für eine Kälteallergie sein. Darüber hinaus lässt sich mithilfe eines speziellen elektronischen Tests der genaue Temperaturschwellenwert ermitteln, bei dem es zu Symptomen kommt.
Kälteurtikaria: Wie erfolgt die Behandlung?
Menschen mit Kälteallergie sollten so gut wie möglich eine Kälteexposition, also den Kontakt mit Kälte, verhindern. Liegt der Auslöser etwa in einer Infektionskrankheit, verschwinden die Symptome der Kälteurtikaria meist mit Abklingen der Erkrankung. Da die genauen Ursachen der Kälteallergie noch nicht geklärt sind, kann lediglich den Symptomen gegengesteuert werden. Dazu können verschiedene Medikamente verschrieben werden, wie:
- Antihistaminika
- Mastzellstabilisatoren
- Antibiotika
Bei einer akuten Kälteurtikaria können zudem kortisonhaltige Päparate wie Salben angewendet werden. Kommt es zu einer systemischen Reaktion, ist mitunter die Verabreichung von Adrenalin notwendig. Bei schweren Fällen der Kälteurtikaria sollten Betroffene einen Autoinjektor mit Adrenalin (auch als EpiPen bezeichnet) mit sich führen.
Kälteallergie: Verlauf und Prognose
Eine Kälteurtikaria gilt grundsätzlich als ungefährlich. Die mittlere Krankheitsdauer beträgt rund fünf bis zehn Jahre. In seltenen Fällen sind jedoch schwerwiegende Komplikationen wie ein allergischer Schock möglich.
Sind große Körperbereiche einer Temperatur unterhalb des individuellen Schwellenwerts ausgesetzt, kann es zu einer Minderdurchblutung von Gehirn, Nieren oder Herz kommen. Auch Schwellungen der Zunge und Mundschleimhaut sind möglich, die zu Atemproblemen oder schlimmstenfalls zu einem vollständigen Verschluss der Atemwege führen können. Eine weitere mögliche Folge sind systemische Reaktionen, wenn Betroffene etwa im Rahmen einer Operation eine zu kalte intravenöse Infusionslösung erhalten.
Lässt sich einer Kälteallergie vorbeugen?
Grundsätzlich lässt sich einer Kälteurtikaria nicht vorbeugen, da die genaue Ursache unklar ist. Patient*innen können jedoch einige Maßnahmen ergreifen, um den Symptomen vorzubeugen. Dazu zählen:
Kälte meiden: Sowohl kalte Außentemperaturen als auch kalte Gewässer sollten bestenfalls gemieden werden. Auch der Konsum von kühlen Getränken oder Speisen sowie der Kontakt mit kalten Gegenständen ist zu unterlassen.
warme Kleidung: Im Winter schützen beispielsweise Mützen, Handschuhe oder gefütterte Schuhe die Haut vor einer Kälteexposition.
fetthaltige Cremes: Vor tiefen Temperaturen schützen mitunter auch fetthaltige Cremes wie Gesicht- oder Handcremes.
Notfallset: Wer ein hohes Risiko für systemische Reaktionen aufweist, sollte stets ein Notfallset mit einem Autoinjektor mit Adrenalin bei sich tragen.