AIDS: Symptome und Therapie der Immunschwäche
Wer HIV-positiv ist, muss nicht zwangsläufig auch an AIDS erkrankt sein. Jedoch kann eine HIV-Infektion nach mehrjährigem Verlauf in die Abwehrschwäche übergehen. Dank moderner Medikamente ist die Krankheit inzwischen besser behandelbar, wenn auch nicht heilbar geworden.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu AIDS
HIV ist das Virus, mit dem man sich anstecken kann. AIDS ist das fortgeschrittene Stadium einer unbehandelten HIV-Infektion, bei dem das Immunsystem stark geschwächt ist.
Derzeit gibt es keine Heilung. Jedoch kann eine antiretrovirale Therapie die Viruslast unterdrücken und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. Daher haben HIV-positive Menschen heute eine nahezu normale Lebenserwartung.
AIDS-bedingte Hautflecken erscheinen oft als flache oder erhabene, rötliche bis purpurne Läsionen auf Haut und Schleimhäuten. Diese können in Größe und Anzahl variieren und treten häufig im Gesicht, an den Extremitäten oder im Mund auf.
AIDS und HIV-Infektion
AIDS entsteht ausschließlich durch eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV). Dieses Virus, von dem es zwei Typen gibt (HIV-1 und HIV-2), greift das Immunsystem an und führt langfristig zu dessen Schwächung.
Nach mehrjährigem Verlauf kann eine HIV-Infektion in die Immunschwäche AIDS übergehen. Die Abkürzung kommt aus dem Englischen und bedeutet Acquired Immunodeficiency Syndrome (erworbenes Immunschwächesyndrom).
Hat sich eine Person mit dem HI-Virus infiziert, ist sie HIV-positiv. Das bedeutet, dass sich Antikörper im Blut nachweisen lassen, die der Körper als Antwort auf die HI-Viren gebildet hat. Sie kann den Erreger auf andere Personen übertragen.
Gut zu wissen: Seit 2007 ist die Gesamtzahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland tendenziell gesunken. Laut Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) gab es in Deutschland im Jahr 2023 etwa 2.200 HIV-Neuinfektionen. Weltweit infizierten sich im Jahr 2023 etwa 1,3 Millionen Menschen neu.
AIDS: Symptome variieren je nach Stadium
Eine HIV-Infektion verläuft in mehreren Stadien und kann sich bereits nach einigen Monaten, aber auch erst mehr als 15 Jahre nach der Ansteckung zu AIDS entwickeln. Die Symptome variieren je nach Phase der Erkrankung und werden in drei Hauptkategorien eingeteilt:
- Kategorie A: akute HIV-Erkrankung, anschließend symptomfreie Phase
- Kategorie B: Symptome der chronischen HIV-Infektion
- Kategorie C: AIDS
Akute HIV-Infektion (Kategorie A)
Kurz nach der Ansteckung, etwa ein bis sechs Wochen später, können erste Symptome auftreten, die an eine Grippe erinnern:
- Fieber
- geschwollene Lymphknoten
- Halsentzündung
- Müdigkeit
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Durchfall
- Erbrechen
- Appetitlosigkeit
- Hautausschlag am oberen Rumpf
Manche Betroffene bemerken kaum oder gar keine Symptome, weshalb die Infektion oft unentdeckt bleibt. Nach dieser akuten Phase folgt die sogenannte Latenzphase, die im Durchschnitt etwa zehn Jahre dauert. Während dieser Zeit sind die Betroffenen weitgehend beschwerdefrei. Bei rund 40 Prozent der Infizierten kann es jedoch zu anhaltenden Lymphknotenschwellungen (Lymphadenopathie-Syndrom, LAS) kommen.
Symptome einer chronischen HIV-Infektion (Kategorie B)
Mit dem Fortschreiten der Infektion kommt es zu unterschiedlichsten Beschwerden. Sie können von beschwerdefreien Intervallen unterbrochen sein. In dieser Phase treten beispielsweise auf:
- anhaltendes Fieber (bis 38,5 °C)
- monatelanger Durchfall ohne erkennbare Ursache
- Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum
- wiederholte Gürtelrose oder Nervenschäden an Armen und Beinen
- orale Haarleukoplakie (weißliche, nicht abwischbare Beläge am Zungenrand)
- Schleimhautveränderungen und Entzündungen im Bereich der Geschlechtsorgane
AIDS – der schwere Immundefekt (Kategorie C)
Im Endstadium der Infektion entwickelt sich AIDS – ein Zustand, in dem die körpereigenen Abwehrkräfte stark geschwächt sind und Krankheitserreger kaum noch bekämpfen können. Typische Beschwerden umfassen:
Wasting-Syndrom: Charakteristisch sind starker Gewichtsverlust (über 10 % des Körpergewichts), langanhaltender Durchfall sowie Fieber und extreme Erschöpfung
HIV-assoziierte Enzephalopathie: Schädigungen des Gehirns, in der Folge sind kognitive Beeinträchtigungen bis hin zu Demenz möglich
opportunistische Infektionen: Sie treten auf, weil das Immunsystem Krankheitserreger nicht mehr abwehren kann. Dazu gehören Tuberkulose, Pilzinfektionen, Herpes-Infektionen in Lunge sowie Toxoplasmose
Besonders typisch für AIDS sind seltene Erkrankungen wie:
- Lungenentzündung durch den Pilz Pneumocystis jirovecii
- Zytomegalie, eine Virusinfektion, die häufig die Netzhaut betrifft
- von Vögeln übertragene Pilzinfektion (Kryptokokkose)
- chronische Darminfektionen durch Einzeller (Kryptosporidiose)
- bösartige Erkrankungen wie das Kaposi-Sarkom, Non-Hodgkin-Lymphome oder Gebärmutterhalskrebs
Ursache für AIDS ist HIV-Infektion
Das HI-Virus heftet sich mithilfe seiner speziellen Eiweißhülle an menschliche Immunzellen, vor allem an die T-Helferzellen (T-Zellen). Dort schleust es seine Erbsubstanz ein, die aus RNA (Ribonukleinsäure) besteht. Das Virus nutzt die Zelle, um sich zu vermehren, und zerstört sie dabei. Dieser Prozess schwächt das Immunsystem zunehmend, sodass Krankheitserreger leichter zu Infektionen führen können.
Übertragungswege von HIV
Die Erreger sind in erster Linie durch Blut und Sperma übertragbar. Zu den Infektionsquellen zählen:
- ungeschützter Geschlechtsverkehr: Besonders beim Anal- oder Vaginalverkehr besteht ein hohes Infektionsrisiko. Auch wenn Samenflüssigkeit in den Mund gelangt, ist eine Ansteckung möglich, allerdings sehr selten.
- Needle-Sharing: Drogenkonsumierende, die benutzte Spritzen teilen, sind besonders gefährdet.
- Mutter-Kind-Übertragung: Bei der Geburt kann eine infizierte Mutter die Viren an ihr Baby weitergeben.
- Organtransplantationen: Eine Ansteckung ist möglich, wenn die Spendenden HIV-positiv sind. In Deutschland wird dieses Risiko durch strenge Kontrollen jedoch minimiert.
- Bluttransfusionen: Dank umfassender Testverfahren ist eine Infektion über Blutprodukte in Deutschland nahezu ausgeschlossen.
Keine Ansteckung durch Alltagssituationen
HIV wird nicht durch Tröpfcheninfektion (zum Beispiel Husten oder Niesen) oder engen Hautkontakt übertragen. Auch Küssen ist sicher, da die Viruskonzentration im Speichel zu gering ist. Ebenso ist das Virus im Schweiß oder in Tränen in so geringen Mengen vorhanden, dass eine Übertragung nahezu ausgeschlossen ist.
Diagnose bei Verdacht auf AIDS
Eine frühe Diagnose verbessert die Behandlungsmöglichkeiten erheblich. Bei Verdacht auf eine Infektion sollte unbedingt ein HIV-Test durchgeführt werden. Dieser wird in Deutschland anonym und häufig kostenlos von beispielsweise Gesundheitsämtern angeboten.
HIV-Test: Was die Ergebnisse bedeuten
negatives Ergebnis: Es wurden keine Antikörper gegen das HI-Virus nachgewiesen – eine Infektion ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
positives Ergebnis: In seltenen Fällen kann ein positives Ergebnis falsch sein. Daher wird immer ein zweiter Bestätigungstest durchgeführt.
Wichtig zu wissen: Der HIV-Test weist lediglich eine Infektion mit dem Virus nach, nicht jedoch das Vorliegen von AIDS. Der umgangssprachliche Begriff "AIDS-Test" ist daher ungenau.
AIDS: Ansätze zur Therapie
Bisher ist eine HIV-Infektion nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es, den Ausbruch von AIDS möglichst lange hinauszuzögern, Symptome zu lindern und Folgeerkrankungen wie Lungenentzündungen oder Darminfektionen zu behandeln.
Neben der medikamentösen Behandlung spielt eine gesunde Lebensführung eine zentrale Rolle, um das Immunsystem zu stärken. Viele Patient*innen profitieren außerdem von psychosozialer Betreuung und dem Austausch mit anderen HIV-Infizierten.
Antiretrovirale Therapie (ART)
Die Standardtherapie besteht aus einer Kombination verschiedener Medikamente, die gemeinsam die Vermehrung des Virus hemmen. Diese hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) muss lebenslang und regelmäßig erfolgen, um wirksam zu bleiben.
Wirkstoffgruppen der HIV-Therapie:
Entry-Inhibitoren: Hemmen das Eindringen des Virus in Immunzellen, Beispiele sind Enfuvirtid, Maraviroc.
Reverse-Transkriptase-Hemmer: Sie blockieren ein Enzym, das die RNA des Virus in DNA umwandelt. Es gibt Nukleosid-/Nukleotid-Analoga (NRTI/NtRTI) wie Lamivudin, Tenofovir, Emtricitabin sowie Nicht-nukleosidische Hemmer (NNRTI) wie Efavirenz, Nevirapin.
Integrase-Hemmer: Verhindern, dass die HIV-DNA in die Erbinformation der Immunzelle integriert wird, zum Beispiel Raltegravir oder Dolutegravir.
Proteasehemmer: Stören ein Enzym, das für den Zusammenbau neuer HI-Viren erforderlich ist, dazu zählen Atazanavir und Darunavir.
Das HI-Virus mutiert ständig, wodurch es resistent gegen bestimmte Medikamente werden kann. Um diese Gefahr zu minimieren, setzen Ärzt*innen auf Kombinationen aus verschiedenen Substanzen.
Nebenwirkungen der Medikamente
Die Einnahme von HIV-Medikamenten kann mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall oder Müdigkeit einhergehen. Bei starken Beschwerden können alternative Wirkstoffkombinationen zum Einsatz kommen.
Verlauf von AIDS
Der Krankheitsverlauf einer HIV-Infektion ist individuell verschieden. Bricht AIDS schließlich aus, können unterschiedlichste Beschwerden und Erkrankungen auftreten.
Dank moderner Medikamente hat sich die Prognose in Industrieländern deutlich verbessert. In ärmeren Ländern bleibt die medizinische Versorgung jedoch weiterhin unzureichend. Bei rechtzeitiger Behandlung und guter Gesundheit ist eine nahezu normale Lebenserwartung möglich.
Zu den ungünstigen Prognosefaktoren zählen eine hohe Viruslast und eine niedrige Anzahl an T-Helferzellen.
HIV-Infektion vorbeugen
Das Virus wird vor allem über Blut, Sperma und Scheidensekret übertragen. Daher liegt das Hauptrisiko bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Auch das gemeinsame Benutzen von Spritzen im Rahmen von Drogenkonsum birgt ein Risiko.
Maßnahmen zur Prävention sind:
Kondom und Femidom: Sie bieten den besten Schutz beim Vaginal- und Analverkehr.
Oralverkehr: Das Risiko ist zwar gering, dennoch sollten möglichst keine Samen- oder Scheidensekrete in den Mund gelangen. Schutz bieten hier Kondom oder Lecktuch.
Drogenkonsum: Um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, sollten ausschließlich sterile Einmalspritzen verwendet werden. In vielen Städten sind diese kostenlos erhältlich.
Gemeinsame Nutzung von Gegenständen: Möglichst keine Rasierklingen oder andere Gegenstände teilen, die mit Blut in Kontakt kommen könnten.
Präexpositionsprophylaxe (PrEP): Die medikamentöse Behandlung verhindert die Vermehrung von HIV in den Zellen, wenn das Virus in den Körper eindringt und unterbindet so eine Infektion.
Impfung: Es handelt sich zwar nicht um eine klassische Impfung. Dennoch bietet das Medikament Lenacapavir, das als halbjährliche Depotspritze verabreicht wird, einen effektiven Schutz vor HIV-Infektionen. Eine Zulassung in Deutschland wird für 2025 erwartet.
Im Alltag, zum Beispiel beim Händeschütteln, Umarmen oder durch das Teilen von Geschirr und Handtüchern, besteht kein Infektionsrisiko. Auch Küssen ist unbedenklich, da HIV über Speichel praktisch nicht übertragen wird.
HIV und Schwangerschaft
HIV-positive Mütter können das Virus während der Schwangerschaft, Geburt oder Stillzeit auf ihr Kind übertragen. Durch eine medikamentöse Behandlung während der Schwangerschaft und beim Neugeborenen sowie durch einen Kaiserschnitt statt vaginaler Geburt kann das Risiko minimiert werden.
Paare mit Kinderwunsch können sich an spezialisierte Zentren wenden, um eine künstliche Befruchtung ohne Übertragungsrisiko durchführen zu lassen.
Postexpositionsprophylaxe (PEP)
Falls ein hohes Ansteckungsrisiko besteht, können antiretrovirale Medikamente (Postexpositionsprophylaxe, PEP) verhindern, dass sich HIV im Körper ausbreitet. Die Behandlung muss innerhalb von 48 Stunden nach der potenziellen Infektion beginnen, idealerweise innerhalb der ersten zwei Stunden.