Achalasie
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Achalasie: Symptome, Therapie und Lebenserwartung

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin), Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 30.05.2022

Achalasie ist eine seltene Funktionsstörung der Speiseröhre, die mit typischen Beschwerden wie Schluckbeschwerden und Aufstoßen von Speisebrei einhergeht. Betroffene haben das Gefühl, dass das Essen im Hals stecken bleibt. Unbehandelt ist eine Achalasie mit einigen Komplikationen verbunden. Erfahren Sie hier mehr über Symptome, Therapie und Lebenserwartung.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Fragen und Antworten zur Achalasie

Eine Achalasie ist eine Funktionsstörung der Speiseröhre, bei der sich der untere Muskel der Speiseröhre nicht richtig öffnet. Auch die normale Funktion und Bewegung der Speiseröhrenmuskulatur sind gestört, weshalb Nahrung nur langsam in den Magen transportiert wird und sich staut.

Betroffene von Achalasie beschreiben oft das Gefühl, dass das Essen nicht in den Magen rutscht, sondern in der Speiseröhre stecken bleibt. Zudem sind diese Symptome typisch: 

  • Probleme und Schmerzen beim Schlucken
  • Aufstoßen
  • Mundgeruch
  • Völlegefühl
  • Erbrechen
  • Gewichtsverlust

Zur Therapie der Achalasie kommen verschiedene Methoden infrage, etwa mithilfe von Medikamenten oder operativen Maßnahmen. Alle verfolgen dasselbe Ziel: Den Druck im unteren Speiseröhrenschließmuskel verringern und so dafür sorgen, dass die Nahrung schnell und vollständig von der Speiseröhre in den Magen gelangen kann. 

Die Ursache der Achalasie lässt sich grundsätzlich nicht beseitigen: Es ist nicht möglich, die gestörte Nervenversorgung der Speiseröhrenmuskulatur zu beheben. Das bedeutet also, dass die Erkrankung bislang nicht heilbar ist. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Linderung der Symptome. 

Was ist Achalasie?

Achalasie ist eine Motilitätsstörung der Speiseröhre (Ösophagus) – das heißt, das Bewegungsvermögen (Motilität) der Speiseröhre ist beeinträchtigt. Betroffene haben deshalb Probleme, Nahrung zu schlucken. Diese Funktionsstörung ist wie folgt gekennzeichnet:

  • Der untere Schließmuskel (Sphinkter) der Speiseröhre (unterer Ösophagussphinkter) befindet sich in einem erhöhten Spannungszustand, sodass er beim Schlucken – anders als bei gesunden Menschen – nicht erschlafft.
  • Gleichzeitig sind die Bewegungen der mittleren und unteren Speiseröhre, die den Speisebrei weiterbefördern (Peristaltik), oft vermindert.

Bei Menschen mit Achalasie ist der Mageneingang so stark verschlossen, dass die Nahrung nicht vollständig in den Magen gelangen kann – das Essen bleibt buchstäblich im Hals stecken. In der Speiseröhre entsteht dadurch ein erhöhter Druck, wodurch sich die Speiseröhre weitet.

Häufigkeit

Achalasie ist sehr selten. Pro Jahr erkranken etwa ein bis drei von 100.000 Menschen an der Funktionsstörung. Grundsätzlich kann dies in jedem Lebensalter geschehen, auch Kinder können betroffen sein. Am häufigsten entwickelt sich die Funktionsstörung der Speiseröhre jedoch bei über 60-Jährigen.

Formen: Primäre und sekundäre Achalasie

Fachleute teilen die Funktionsstörung der Speiseröhre in zwei Formen ein. Die primäre Form zählt als häufigste. Ihre genauen Ursachen sind allerdings unbekannt (idiopathisch).

Selten entsteht die Funktionsstörung als Folge einer anderen Erkrankung, was Fachleute als sekundäre Achalasie (auch Pseudoachalasie) bezeichnen. So können zum Beispiel ein Speiseröhrenkrebs oder Magenkrebs sowie eine Tropenkrankheit namens Chagas-Krankheit für die Schluckbeschwerden verantwortlich sein. Von der sekundären Form sind überwiegend ältere Personen betroffen. 

Achalasie: Schluckbeschwerden und weitere Symptome

Anfangs sind die Symptome der Achalasie milde ausgeprägt und treten nur ab und zu auf. Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung nehmen die Beschwerden allmählich zu, bis sie zu Einschränkungen im Alltag führen.

Die für eine Achalasie typischen Symptome sind:

  • Schluckstörungen (Dysphagie): Schluckbeschwerden sind die ersten Anzeichen der Achalasie. Zunächst tritt das Symptom bei fester Nahrung auf, wobei Betroffene das Gefühl haben, dass das Essen im Hals stecken bleibt. Im fortgeschrittenen Stadium sind Probleme auch bei flüssiger Nahrung möglich. 

  • Aufstoßen von unverdauter Nahrung (Regurgitation): In fortgeschrittenen Stadien kommt es spontan zum Aufstoßen von Speiseresten, die aus der Speiseröhre zurück in den Mundraum gelangen – besonders, wenn sich die Betroffenen hinlegen. Dabei besteht das Risiko, dass die Speisereste in die Atemwege geraten, was eine Lungenentzündung verursachen kann (Aspirationspneumonie). 

  • Husten: Verschlucken sich Betroffene am aufgestoßenen Nahrungsbrei, kann dieser in die Luftröhre gelangen. Aus diesem Grund sind besonders nachts Hustenattacken möglich, wenn Betroffene liegen. 

  • Schmerzen im Brustbereich: Typisch sind bei Achalasie auch Schmerzen hinter dem Brustbein, die gelegentlich als Herzbeschwerden fehlgedeutet werden. Bei besonders ausgeprägten Schmerzen ist die Rede von einer hypermotilen Achalasie.

  • Gewichtsverlust: Da die Achalasie den Essvorgang stört, ist sie mit der Zeit oft mit einem Gewichtsverlust verbunden.

  • Schmerzen beim Schlucken: Ursache hierfür ist eine entzündete Speiseröhre (Retentionsösophagitis), bedingt durch die länger in der Speiseröhre bleibende Nahrung.

Zudem kommt es bei Menschen mit Achalasie oftmals zu Erbrechen und einem Völlegefühl. Auch Mundgeruch ist ein kennzeichnendes Symptom.

Was verursacht Achalasie?

Ursache für die primäre Achalasie ist ein Defekt der Nervenzellen in einem Nervengeflecht, dem Auerbach-Plexus, im Bereich der unteren Speiseröhre. Diese sogenannte Neurodegeneration führt dazu, dass die Speiseröhrenmuskulatur nicht mehr ausreichend durch Nerven versorgt ist und infolge eine dauerhafte Muskelaktivität besteht. Der genaue Auslöser für die ursächliche Neurodegeneration ist noch nicht abschließend geklärt. 

Wahrscheinlich ist die primäre Achalasie eine Autoimmunkrankheit und hat erbliche Ursachen. Beispiele hierfür sind:

Zudem kann eine Verengung am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen für Achalasie verantwortlich sein. Dahinter steckt oftmals ein Tumor in der Speiseröhre (Ösophaguskarzinom) oder in ihrem Übergang zum Magen (Kardiakarzinom bzw. Magenkarzinom).

Achalasie: Untersuchungen und Diagnose

Wer unter Schluckbeschwerden oder häufigem Aufstoßen leidet, sollte sich grundsätzlich ärztlich untersuchen lassen. Anlaufstelle ist zunächst die hausärztliche Praxis. Die Diagnose Achalasie steht oft erst Jahre, nachdem die ersten Beschwerden aufgetreten sind. Der Grund: Im Frühstadium verursacht die Funktionsstörung der Speiseröhre meist nur wenig kennzeichnende Symptome. 

Um eine Achalasie zu diagnostizieren, stellt die*der Ärztin*Arzt zunächst Fragen zu den Symptomen und möglichen Vorerkrankungen (Anamnese). Danach kommen in der Regel verschiedene Untersuchungen der Speiseröhre zum Einsatz.

  • Endoskopie (Spiegelung)
  • Röntgen
  • Manometrie (lässt Rückschlüsse auf Bewegungen der Speiseröhre zu)

Maßnahmen zur Behandlung bei Achalasie

Kommt es im Rahmen einer Achalasie zu Beschwerden, ist eine Therapie erforderlich. Hierzu stehen verschiedene Behandlungsformen zur Verfügung, die ein Ziel erfüllen sollen: Den Druck im unteren Speiseröhrenschließmuskel verringern, damit die Nahrung wieder vollständig und schnell in den Magen gelangen kann.

Achalasie: Behandlung mit Medikamenten

In den Anfangsstadien einer Achalasie sind zur Therapie Medikamente geeignet, die den Druck im unteren Speiseröhrenmuskel senken und so die Beschwerden lindern. Geeignet sind Mittel, die auch gegen Bluthochdruck und die koronare Herzkrankheit zum Einsatz kommen: Kalziumantagonisten und Nitrate. Langfristig lässt die Wirkung der Medikamente jedoch nach – dann sind zur Therapie der Achalasie andere Methoden in Betracht zu ziehen.

Therapie mit Ballondilatation (Ballonerweiterung)

Bei der Achalasie kann die Therapie auch in einer Ballondilatation (Dilatation = Erweiterung) bestehen: Hierbei wird ein Ballon in die Speiseröhre bis in den Magen eingeführt, der den verengten unteren Speiseröhrenmuskel mechanisch aufweitet.

Die Ballondilatation erzielt in der Regel wirksame Ergebnisse zur Behandlung einer Achalasie: Nach einmaliger Anwendung bessern sich die Schluckstörungen in den meisten Fällen über Monate, bei der Hälfte der Betroffenen sogar über Jahre. Dann ist es eventuell erforderlich, die Dilatation zu wiederholen. Besonders im Kindes- und Jugendalter hält die Wirkung der Behandlung jedoch oft nur begrenzte Zeit an.

Allerdings können dabei Komplikationen auftreten: Bei etwa drei Prozent kommt es zu einem Einreißen der Speiseröhre. Bei etwa zwei bis fünf Prozent der Betroffenen gelangen Keime in den Brustraum und verursachen eine Entzündung des Mittelfells (Mediastinitis). Dann kommen Antibiotika zum Einsatz.

Endoskopische Injektion von Botulinumtoxin

In seltenen Fällen bietet sich eine endoskopische Injektion von Botulinumtoxin (auch Botox genannt) zur Therapie an. Während der Spiegelung von Speiseröhre und Magen wird es in den unteren Speiseröhrenmuskel injiziert, wo es die Nerven lähmt und sich infolge der Verschlussdruck vermindert.

Insgesamt ist die endoskopische Injektion von Botulinumtoxin bei einer Achalasie risikoärmer als die Ballondilatation und besonders für ältere Menschen mit schlechtem Gesundheitszustand geeignet, aber statistisch gesehen weniger erfolgreich. Die Beschwerden treten oft innerhalb eines Jahres nach der Behandlung erneut auf.

Operation (periorale endoskopische Myotomie, POEM)

Erzielen die nicht-operativen Behandlungsmaßnahmen keine Besserung, kann eine Operation notwendig sein. Bei der perioralen endoskopischen Myotomie (POEM) spaltet die*der Ärztin*Arzt die Muskulatur der unteren Speiseröhre von außen auf (Myotomie). Die Operation gilt als erfolgsversprechende Therapie.

Da bei einer Achalasie häufig auch eine Refluxkrankheit mit dem Symptom Sodbrennen entsteht, wird im Zuge der POEM dieser mit behandelt: Während der Operation legen Fachleute eine Muskelmanschette ringförmig um den oberen Magen, die einen Rückfluss (Reflux) dauerhaft verhindern soll. 

Achalasie: Verlauf und Prognose

Eine Achalasie verläuft chronisch – Spontanheilungen kommen bei der Funktionsstörung der Speiseröhre nicht vor. Typischerweise nehmen die Schluckstörungen langsam und stetig über Jahre oder Jahrzehnte zu. Mit einer geeigneten Behandlung gelingt es in der Regel, die Beschwerden zu lindern. Darüber hinaus ist es ratsam, die Speiseröhre zur Nachsorge regelmäßig endoskopisch kontrollieren zu lassen, um mögliche Spätfolgen frühzeitig zu entdecken.

Unbehandelt führt eine Achalasie jedoch dazu, dass sich die Speiseröhre zunehmend aufweitet (sog. Dilatation) – bis hin zum sogenannten Megaösophagus mit völligem Funktionsverlust der Speiseröhre. Darüber hinaus sind im fortgeschrittenen Stadium durch das typische Aufstoßen Lungenkomplikationen möglich. Auch kann es durch die länger in der Speiseröhre bleibende Nahrung zu einer Speiseröhrenentzündung kommen, die wiederum Geschwüre oder Blutungen nach sich zieht.

Das Risiko für Speiseröhrenkrebs ist bei Achalasie etwa 30-fach höher als in der Allgemeinbevölkerung. Daher sind in der Nachsorge regelmäßige Endoskopien zur Kontrolle wichtig.

Lässt sich einer Achalasie vorbeugen?

Einer Achalasie kann man nicht vorbeugen, da die genaue Ursache für die gestörte Speiseröhrenfunktion unbekannt ist. Es ist jedoch möglich, das Risiko einiger typischer Begleiterkrankungen wie der Speiseröhrenentzündung zu senken, indem beispielsweise auf Alkohol und Nikotin verzichtet wird.