Mann und Frau beim Geschlechtsverkehr im Bett
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Orgasmus: Was beim Höhepunkt im Körper passiert

Von: Frederike Rausch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 16.03.2023

Der Orgasmus (auch Klimax genannt) bezeichnet den Höhepunkt des sexuellen Lustempfindens. Ihm folgt das Gefühl einer besonders angenehmen körperlichen und geistigen Entspannung. Was genau passiert im Körper beim Orgasmus?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was ist ein Orgasmus?

Der Orgasmus ist der Höhepunkt der sexuellen Lust beim Geschlechtsverkehr, Masturbieren (Selbstbefriedigung) oder anderen sexuellen Handlungen wie Oralsex. Die Bezeichnung "Orgasmus" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Leidenschaft" oder "Trieb".

Einen Höhepunkt zu erreichen, ist für viele Menschen entscheidend für ein glückliches und erfülltes Sexualleben. Wie jemand einen Orgasmus erlebt und wie er abläuft, ist von Person zu Person verschieden. Zudem kann die Intensität des Höhepunkts von Mal zu Mal variieren. Generell entsteht ein Orgasmus durch bestimmte körperliche und emotionale Faktoren.

Orgasmus der Frau: Vaginal oder klitoral?

Lange Zeit stand zur Debatte, welche Art des weiblichen Höhepunkts die lustvollere ist: wenn die Klitoris gereizt wird (klitoraler Orgasmus) oder wenn das männliche Glied in der Vagina einen Orgasmus (vaginaler Orgasmus) beim Geschlechtsverkehr auslöst. Auch stand zur Diskussion, ob es einen vaginalen Orgasmus überhaupt gibt.

Inzwischen sind sich viele Fachleute darüber einig, dass das Gewebe der Klitoris viel größer ist, als man bisher annahm und sich nicht nur auf den außen sichtbaren Teil beschränkt. 
Die Klitoris besitzt Schwellkörper, welche die Vagina umschließen und sehr sensibel auf Berührung reagieren. Bei der Penetration wird die Klitoris also indirekt mitstimuliert. Der Begriff vaginaler Orgasmus ist somit irreführend.

Die vier Phasen des Orgasmus

Die sexuelle Erregung, die im Orgasmus gipfelt, verläuft in vier aufeinanderfolgenden Phasen:

  1. Erregungsphase
  2. Plateauphase
  3. Orgasmusphase
  4. Entspannungsphase

Bei Frauen und Männern gibt es innerhalb dieser vier Phasen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede.

1. Erregungsphase

Nimmt die körperliche Erregung zu, beschleunigt sich der Puls, der Atem wird schneller und der Blutdruck steigt. Diese Erregungsphase kann plötzlich einsetzen und sich rasch steigern. Sie kann zwischen wenigen Minuten bis zu Stunden dauern. 

Welche Faktoren bei einer Person eine sexuelle Erregung hervorrufen, ist sehr unterschiedlich. Möglich sind Sinneswahrnehmungen, die erotische Assoziationen oder sexuelle Reaktionen auslösen. Andere Menschen erregen dagegen Düfte, erotische Bilder und Filme, Träume oder Gegenstände. 

Durch die Berührung erogener Zonen kann die Erregung gesteigert werden. Als erogene Zonen gelten alle Körperpartien, deren Berührung eine sexuelle Erregung auslöst, zum Beispiel der Mund, der Hals, die Brust oder der Genitalbereich.

Die Erregungsphase unterscheidet sich zwischen Frau und Mann in einigen Punkten:

  • Erregungsphase der Frau: Wenn die Frau sexuell erregt ist, kommt es zu verschiedenen Veränderungen der äußeren und inneren weiblichen Geschlechtsorgane. Klitoris und Schamlippen schwellen an und färben sich zunehmend rot. In der Scheide (Vagina) sondert sich in der Scheidenschleimhaut vermehrt Flüssigkeit ab (sog. Transsudation). Dass die Scheide feucht wird – auch Lubrikation genannt – erleichtert es dem Penis, einzudringen. Die Scheide wird außerdem länger und weiter, die Gebärmutter erhebt sich leicht. Die Brüste können leicht anschwellen und die Brustwarzen richten sich auf. Bei einigen Frauen zeigt sich ein sogenannter Sex flush (engl. flush = Erröten), bei dem sich die Haut in bestimmten Bereichen (wie Gesicht, Brust, Rücken) rötet.

  • Erregungsphase beim Mann: Es kommt zu verschiedenen Vorgängen in den männlichen Geschlechtsorganen: Der Penis wird stärker durchblutet, dadurch dicker und länger und richtet sich auf. Den gesamten Vorgang bezeichnet man als Erektion (von lat. erectio = Aufrichten). Die Hoden und der Hodensack (Skrotum) ziehen sich zusammen.

2. Plateauphase

Die Plateauphase dauert insgesamt nur wenigen Minuten an, denn die Erregung von Mann und Frau hat nun bereits eine bestimmte Höhe (Plateau) erreicht. Kurz vor dem Orgasmus steigen bei Frau und Mann die Atmung, der Blutdruck und der Puls. Es kommt zu einer höheren Muskelspannung, gleichzeitig lässt die Kontrolle über die Körper nach. 

Im Detail unterscheidet sich die Plateauphase von Frau und Mann folgendermaßen:

  • Plateauphase der Frau: Bevor es zum Höhepunkt kommt, schwellen die kleinen Schamlippen weiter an und färben sich intensiver. Auch die Brüste erreichen einen größeren Umfang. Die im Scheidenvorhof liegenden Barholin-Drüsen geben eine Flüssigkeit ab, die es dem Penis erleichtert, in die Scheide zu gleiten.

  • Plateauphase beim Mann: Im Moment höchster Erregung nimmt der Penis an Breite und Länge weiter zu. Insbesondere die Eichel nimmt an Umfang zu und verfärbt sich rötlich-violett. Zudem schwellen die Hoden an. Der Mann sondert außerdem oft den sogenannten Lusttropfen oder Sehnsuchtstropfen aus, der bereits Samenzellen (Spermien) enthalten kann. 

3. Orgasmusphase

Die Orgasmusphase geht mit einer allgemeinen Muskelanspannung und mit (individuell unterschiedlich stark ausgeprägten) Veränderungen des Bewusstseins einher, das viele Menschen als "Schweben" beschreiben. Atemfrequenz, Blutdruck und Puls haben ihr Maximum erreicht. Die Intensität des Orgasmus kann variieren. Sie ist zudem von vielen emotionalen und körperlichen Faktoren abhängig, so zum Beispiel von Grad und Dauer der vorher bestehenden Erregung. 

In der Regel dauert diese Phase bei Männern nicht länger als ein paar Sekunden, bei Frauen bis zu einer Minute. Weitere Unterschiede im Detail sind:

  • Orgasmus der Frau: Wenn die Frau zum Höhepunkt kommt, zieht sich die Muskulatur von Scheide, Gebärmutter und Beckenboden mehrfach rhythmisch zusammen. Das untere Scheidendrittel verengt sich zur sogenannten orgastischen Manschette. Manche Frauen können ihren Orgasmus über einen Zeitraum von 20 bis zu 60 Sekunden aufrechterhalten oder erleben sogar mehrere Orgasmen (sog. multipler Orgasmus). Während des Höhepunkts (oder auch schon in der Phase der sexuellen Erregung) können einige Frauen eine weibliche Ejakulation bekommen – insbesondere, wenn der G-Punkt stimuliert wird.  

  • Orgasmus beim Mann: Der Höhepunkt ist beim Mann deutlich kürzer als bei der Frau und durch die Ejakulation sowie ein rhythmisches Zusammenziehen der Beckenbodenmuskulatur gekennzeichnet. Beim Samenerguss wird Sperma aus der Harnröhre gespritzt.

4. Entspannungsphase

Nach dem Orgasmus beginnt die Entspannungs- oder Rückbildungsphase, in der sich Atmung, Blutdruck und Puls normalisieren. Die Muskelanspannung lässt nach. 
Bei Mann und Frau kann die Rückbildungsphase sehr unterschiedlich andauern. Letztlich ist sie aber zusätzlich von Person zu Person verschieden. Grundsätzlich werden folgende Punkte unterschieden:

  • Entspannungsphase der Frau: Nach dem Orgasmus nimmt die Gebärmutter wieder ihre ursprüngliche Position ein und die Scheide verkürzt sich. Schamlippen und Klitoris schwellen ab. Der außen sichtbare Teil des Kitzlers ist nach dem Höhepunkt oft besonders empfindlich, was Berührungen unangenehm macht. Die Rückbildung der Scheide ist nach 15 Minuten abgeschlossen. Bis die Schamlippen und Klitoris abgeschwollen sind, können bis zu drei Stunden vergehen.

  • Entspannungsphase beim Mann: Nach dem Samenerguss verkleinert sich der Penis rasch wieder auf den normalen, erschlafften Zustand. Die Hoden schwellen ebenfalls ab und gehen in ihre ursprüngliche Position zurück. Vor allem Männer empfinden in dieser Phase ein ausgeprägtes Schlafbedürfnis. Das liegt unter anderem an der Freisetzung verschiedener Hormone wie Oxytocin. Männer sind in diesem Stadium gegenüber sexuellen Reizen häufig weniger empfänglich als Frauen.

Orgasmus: Ursache für Störungen

Der Orgasmus kann auf unterschiedliche Weise gestört sein. Es kommen dabei körperliche und psychische Faktoren infrage.

Eine Orgasmusstörung liegt vor, wenn

  • der Orgasmus vorzeitig eintritt,
  • der Orgasmus verzögert eintritt oder
  • der Orgasmus ganz ausbleibt.

Störung des Orgasmus bei Frau und Mann 

Für viele Männer ist oft die Frage problematisch, wann der Orgasmus eintritt: Etwa jeder vierte erwachsene Mann leidet an einem vorzeitigen Orgasmus (auch als vorzeitiger Samenerguss bzw. vorzeitige Ejakulation bezeichnet). 

Die Betroffenen erreichen ihren sexuellen Höhepunkt immer wieder schon vor oder kurz nach dem Eindringen des Penis, ohne dies kontrollieren zu können – und das Gefühl der Befriedigung bleibt typischerweise aus.

Für Frauen kann das Problem eher darin bestehen, dass es sehr lange dauert, bis sie zum Höhepunkt kommen, beziehungsweise, dass sie ihn überhaupt nicht erreichen – selbst wenn sexuelles Verlangen (Libido), Lustempfinden und körperliche Reizung der erogenen Zonen ausreichend vorhanden sind. Man spricht dann von Hypoorgasmie (seltenen Orgasmen) beziehungsweise Anorgasmie (völlig ausbleibende Orgasmen).
 
Etwa 25 Prozent der Frauen haben beim Geschlechtsverkehr nur sehr selten einen Orgasmus, vier Prozent sogar nie. Dies kann emotionale, aber auch körperliche Ursachen haben. Gerade bei Frauen ist das Erreichen des Orgasmus häufig an einen sehr individuellen Ablauf der sexuellen Reaktionsphasen gebunden, die stärker störungsanfällig sind als bei Männern. Dies gilt vor allem für den Orgasmus durch Geschlechtsverkehr und weniger für die Masturbation. 

Störend kann auch der sogenannte Coitus interruptus sein, also der unterbrochene Beischlaf, bei dem der Mann den Penis kurz vor der Ejakulation aus der Scheide zieht. Dasselbe gilt für den sehr kurzen Koitus, der durch eine äußerst rasche Erregungsphase beim Mann mit unmittelbarem Übergang in die Orgasmusphase gekennzeichnet ist. In beiden Fällen stagniert die Erregung bei der Frau häufig auf einem niedrigen Niveau und ein Orgasmus bleibt aus. 

Orgasmus: Wann liegt eine Störung vor?

Ab welchem Punkt eine Orgasmusstörung besteht, ist zunächst eine sehr individuelle Empfindung. Auch ein Liebesspiel ohne Orgasmus kann sexuell befriedigend sein. Außerdem ist zu bedenken, dass sich viele Menschen negativ durch mediale Klischeebilder beeinflussen lassen und unter Leistungsdruck setzen, was die Orgasmushäufigkeit und -fähigkeit angeht. 
Erst wenn der Orgasmus ausbleibt, ist die als körperliches Problem anzusehen, dann ist es ratsam, der Störung auf den Grund zu gehen.
Die Ursachen für einen gestörten Orgasmus sind vielfältig. Auslöser einer Orgasmusstörung sind zum Beispiel:

  • organische Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, Depression

  • Operationen an der Gebärmutter oder Vagina

  • Nebenwirkungen von Medikamenten 

  • psychische Blockaden

  • Probleme in der Partnerschaft

  • Hormonstörungen (z. B. ein zu niedriger Testosteronspiegel beim Mann)

Die Behandlung von Störungen des Orgasmus richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Ist die Orgasmusstörung nicht körperlich bedingt, kann eine psychotherapeutische Unterstützung helfen.