Fehlgeburt (Abort)
Endet eine Schwangerschaft, bevor der Fötus lebensfähig ist, wird das als Fehlgeburt (Abort) bezeichnet. Die meisten Fehlgeburten geschehen unbemerkt um den Zeitpunkt der Einnistung herum und werden höchstens als starke oder verspätete Regelblutung wahrgenommen. Das Risiko einer Fehlgeburt sinkt im Verlauf der Schwangerschaft.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Allgemeines
Typische Anzeichen einer Fehlgeburt können vaginale Blutungen und das Einsetzen von Wehen sein. Die Fehlgeburt wird beim Frauenarzt oder in der Klinik mittels Ultraschalluntersuchung festgestellt. Das weitere Vorgehen hängt davon ab, um welche Form einer Fehlgeburt es sich handelt: Wenn der Arzt Lebenszeichen des Fötus feststellen kann und der Muttermund noch geschlossen ist (sog. "drohende Fehlgeburt"), kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% die Schwangerschaft erhalten werden.
In den übrigen Fällen wird durch wehenfördernde Medikamente und die Ausschabung der Gebärmutter die Schwangerschaft beendet.
Zu den häufigsten Gründen für eine Fehlgeburt zählen
- genetische Defekte des Embryos,
- mütterliche Faktoren wie Infektionen,
- hormonelle Störungen oder
- Fehlbildungen der Gebärmutter beziehungsweise der Plazenta sowie
- Blutgruppenunverträglichkeiten.
Definition
Von einer Fehlgeburt (Abort) spricht man, wenn die Schwangerschaft vor Ende der 22. bis 24. Schwangerschaftswoche (SSW) abbricht, das Kind keine Lebenszeichen wie Atmung, Herzschlag oder Nabelschnurpuls zeigt und unter 500 Gramm wiegt.
Wird das Kind zwischen der 24. SSW und der 35. SSW lebend geboren, spricht man von einer Frühgeburt.
Wird das Kind nach der 24. Schwangerschaftswoche tot geboren, spricht man von einer Totgeburt.
Als sogenanntes Windei wird eine Schwangerschaft bezeichnet, in der sich kein Embryo ausbildet. Die befruchtete Eizelle nistet sich ein, Fruchthöhle und Plazenta bilden sich, aber die Zellen, aus denen der Embryo entstehen sollte, entwickeln sich nicht oder nur unvollständig weiter. Im Ultraschall ist dann nur die leere Fruchthöhle zu sehen. 50 bis 90 Prozent der Fehlgeburten im 2. Schwangerschaftsmonat können auf ein Windei zurückgeführt werden.
Einteilung
Eine Fehlgeburt (Abort) kann nach verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt werden.
Nach der Ursache:
- Spontanabort: Fehlgeburt aufgrund natürlicher Ursachen (z.B. genetische Defekte, Zervixinsuffizienz der Mutter, ...)
- Künstlicher (artifizieller) Abort: Fehlgeburt durch Medikamente, Chemikalien oder andere äußere Einwirkungen; hierzu zählt beispielsweise auch eine Abtreibung
Nach dem Zeitpunkt des Auftretens:
- Frühestabort: Der Frühestabort tritt meist infolge genetischer Schäden noch vor der Einnistung oder kurz danach auf und fällt zeitlich etwa mit der erwarteten Menstruation zusammen. Die Blutungsstärke entspricht häufig der einer normalen Regelblutung. Viele Frauen, die über eine verspätete Regelblutung berichten, hatten vermutlich tatsächlich einen Frühestabort.
- Frühabort: Als Frühabort wird eine Fehlgeburt vor der 13. Schwangerschaftswoche bezeichnet.
- Spätabort: Bei einer Fehlgeburt ab der 13. SSW handelt es sich um einen Spätabort.
Nach der Körpertemperatur der Mutter zum Zeitpunkt der Fehlgeburt:
- afebriler Abort: unfiebrige Fehlgeburt, Temperatur bis 37,9°C
- febriler Abort:
- leichte Verlaufsform: fieberhafte Fehlgeburt, Temperatur zwischen 38° und 39°C
- schwere Verlaufsform: septischer Abort (mit Blutvergiftung einhergehende Fehlgeburt), Temperatur über 39°C, Schüttelfrost
Nach Verlauf und Stadium werden folgende Formen einer Fehlgeburt unterschieden:
- Ein Abortus imminens, also eine drohende Fehlgeburt, liegt vor, wenn zwar eine Blutung auftritt, die Schwangerschaft aber noch intakt ist. Häufig kann durch eine umgehende Therapie die Schwangerschaft erhalten werden.
- Beim Abortus incipiens, der beginnenden Fehlgeburt, hat die Wehentätigkeit eingesetzt oder die Fruchtblase ist gesprungen. Dieser Verlauf ist nicht mehr aufzuhalten.
- Kommt eine Fehlgeburt zum Stillstand, spricht man von einem Abortus incompletus, (unvollständige Fehlgeburt). In diesem Fall wird die Fehlgeburt in der Klinik beendet.
- Bei einer vollständigen Fehlgeburt und einem Stillstand der Blutung spricht man von einem Abortus completus.
- Eine Sonderform der Fehlgeburt ist die Missed abortion (verhaltener Abort). Es handelt sich dabei um einen frühen Tod des Embryos ohne Blutungen oder Wehentätigkeit.
- Der septische Abort oder Abortus febrilis, also eine Fehlgeburt, die mit einer Blutvergiftung und schwerem Fieber einhergeht, ist auch für die Mutter gefährlich.
- Als habitueller Abort, also als wiederholte Fehlgeburt, wird eine Fehlgeburt bezeichnet, wenn ihr bereits zwei oder mehr Fehlgeburten vorausgehen.
Häufigkeit
Fehlgeburten kommen häufig vor, in den meisten Fällen jedoch in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft, oft von den Frauen unbemerkt. Bei Frauen unter 30 Jahren sterben Schätzungen zufolge 40 bis 70 Prozent der befruchteten Eizellen ab (bei über 30-Jährigen liegt dieser Wert noch höher), ohne dass die Schwangerschaft festgestellt wurde, viele bereits, bevor sie sich in der Gebärmutter einnisten konnten.
Das Risiko, dass eine bereits festgestellte Schwangerschaft in einer Fehlgeburt endet, liegt bei 11 bis 15 Prozent.
Die meisten Fehlgeburten (75%) treten im ersten Drittel der Schwangerschaft (1. Trimester) auf. Da jedoch sehr frühe Fehlgeburten oft unbemerkt bleiben, kann die tatsächliche Anzahl nur geschätzt werden. Viele frühe Fehlgeburten werden von den Frauen als verspätete Menstruationsblutung wahrgenommen.
40 bis 70 Prozent der Fehlgeburten geschehen aufgrund chromosomaler Fehlbildungen beim Embryo.
Ursachen
Eine Fehlgeburt (Abort) kann vielfältige Ursachen haben. Grundsätzlich kann zwischen kindlichen (fetalen), mütterlichen und väterlichen Ursachen unterschieden werden.
Kindliche Ursachen für eine Fehlgeburt können sein:
- Chromosomenmutationen (schätzungsweise 50-70% aller Spontanaborte),
- Infektionen des Kindes sowie
- Einwirkungen von Medikamenten oder ionisierenden Strahlen (z.B. Röntgenstrahlung).
Zu den mütterlichen Ursachen für eine Fehlgeburt zählen:
- Fehlentwicklung der Plazenta
- Fehlbildungen der Gebärmutter
- Verwachsungen, Tumoren oder eine Schwäche des Gebärmutterhalses (Zervixinsuffizienz)
- mechanische Traumata wie Stürze
- starke psychische Belastungen
- Infektionen der Mutter
- hormonelle (endokrine) Störungen, wie ein unbehandelter Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder eine unbehandelte Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
- Rhesusunverträglichkeiten zwischen Mutter und Kind (immunologische Abwehrreaktionen)
- Drogen-, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch
Ob Rauchen und ein übermäßiger Koffeinkonsum das Risiko einer Fehlgeburt erhöhen, ist umstritten. Beides kann jedoch grundsätzlich negativen Einfluss auf die Entwicklung des Fötus nehmen und sollte daher vermieden werden.
Koffeingenuss in Maßen stellt in der Schwangerschaft kein Problem dar.
Zu den väterlichen Abortursachen zählen:
- genetische Störungen sowie
- verschiedene Arten von Spermaanomalien.
Außerdem können schwangerschaftsspezifische hormonelle Funktionsstörungen der Mutter (z.B. eine Gelbkörper-Hormonschwäche) oder des Kindes (z.B. eine Trophoblastinsuffizienz) einen sogenannten endokrinen Abort auslösen.
Anzeichen einer Fehlgeburt
Anzeichen einer Fehlgeburt (Abort) können sein:
Ist die Schwangerschaft bereits fortgeschritten, kann zusätzlich Fruchtwasser austreten.
Der Abortus febrilis, die schwerste und auch für die Mutter gefährliche Form einer Fehlgeburt, äußert sich zudem durch schweres Fieber und eitrigen Ausfluss.
Die genannten Anzeichen weisen nicht zwingend auf eine Fehlgeburt hin, sondern können einzeln oder zusammen auftreten, ohne negative Auswirkungen auf die Schwangerschaft zu haben. Lassen Sie Beschwerden in der Schwangerschaft immer vom Frauenarzt abklären.
Wie wird die Fehlgeburt festgestellt?
Eine Fehlgeburt (Abort) wird vom Frauenarzt über die typischen Anzeichen (Blutungen, Wehentätigkeit, abgehendes Fruchtwasser) und den Stand der Schwangerschaft (vor der 22.-24. Schwangerschaftswoche) festgestellt. Außerdem werden die Lebenszeichen des Kindes mithilfe von Ultraschall und CTG (Aufzeichnen möglicher Wehentätigkeit und der Herztöne) überprüft – sind keine Lebenszeichen vorhanden, handelt es sich um eine Fehl- oder Totgeburt.
Bei der sogenannten Missed abortion fehlen typische Symptome. Diese Form der Fehlgeburt kann nur anhand einer Ultraschalluntersuchung festgestellt werden.
Wie geht es weiter?
Eine Fehlgeburt sollte beim Frauenarzt oder ein einer Klinik abgeklärt werden. Die Ärzte müssen feststellen:
- um welche Form der Fehlgeburt es sich handelt,
- ob die Schwangerschaft noch erhalten werden kann,
- ob Medikamente notwendig sind, um die Fehlgeburt zu beenden und
- ob eine Ausschabung nötig ist.
Können Lebenszeichen des Fötus festgestellt werden und der Muttermund ist noch verschlossen (drohende Fehlgeburt), werden die Ärzte gewöhnlich versuchen, die Schwangerschaft zu erhalten. In diesem Fall wird Bettruhe verordnet, je nach Notwendigkeit stationär in der Klinik. Häufig werden zusätzlich beruhigende Medikamente verabreicht. Die Einnahme von Magnesium-Tabletten soll die Wehentätigkeit unterdrücken. Bei einer drohenden Fehlgeburt ab der 22. SSW werden mitunter wehenhemmende Medikamente eingesetzt.
Sowohl bei der beginnenden Fehlgeburt (Abortus incipiens) als auch bei der unvollständigen Fehlgeburt (Abortus incompletus) werden die Ärzte die Fehlgeburt möglichst schnell zu einem Abschluss bringen, um Komplikationen für die Mutter zu vermeiden. Das bedeutet, dass die Ärzte wehenfördernde Medikamente verabreichen und eine Gebärmutterausschabung vornehmen.
Liegt der Sonderfall einer Missed abortion vor, muss die Fehlgeburt medikamentös eingeleitet werden. Zuvor wird die Blutgerinnung untersucht, da häufig Gerinnungsstörungen beobachtet werden, wenn der Fötus bereits längere Zeit verstorben ist. Anschließend wird auch hier die Gebärmutter ausgeschabt.
Bei rhesus-negativen Frauen, deren Partner rhesus-positiv ist, werden die Ärzte innerhalb von 72 Stunden nach der Fehlgeburt prophylaktisch Anti-Rh-Immunglobulin verabreichen. Damit soll eine Rhesusunverträglichkeit bei einer weiteren Schwangerschaft vermieden werden.
Schwanger nach Fehlgeburt?
Frauen, die bereits eine Fehlgeburt (Abort) hatten, haben ein erhöhtes Fehlgeburten-Risiko bei späteren Schwangerschaften. Die Möglichkeit, erneut schwanger zu werden, ist jedoch nicht beeinträchtigt. Der Erfolg weiterer Schwangerschaften hängt von den Ursachen für die vorangehende Fehlgeburt ab. Können diese erkannt und beseitigt werden, steht einer erfolgreichen Schwangerschaft nichts im Wege.
Waren hormonelle Störungen Ursache für vorangehende Fehlgeburten, können Sie in Absprache mit Ihrem Frauenarzt bei einer erneuten Schwangerschaft entsprechende Hormonpräparate einnehmen, um das Risiko für eine weitere Fehlgeburt gering zu halten.
Ärzte empfehlen, frühestens drei Monate nach einer Fehlgeburt erneut schwanger zu werden.
Vorbeugen
Viele Faktoren können zu einer Fehlgeburt führen. Oft kann jedoch keine genaue Ursache festgestellt werden. Darum können Sie einer Fehlgeburt auch nur in einem gewissen Rahmen vorbeugen, indem Sie einige Dinge beachten:
- Achten Sie auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung in der Schwangerschaft.
- Versuchen Sie, Stressauslöser möglichst zu meiden und viel zu entspannen.
- Der Genuss von Alkohol und Drogen ist ein bekannter Risikofaktor für Fehlgeburten. Auf solche Substanzen sollten Sie daher während der Schwangerschaft verzichten.
- Halten Sie außerdem Ihren Koffeinkonsum niedrig und rauchen Sie nicht.