Gaslighting: Psychische Manipulation erkennen
Gaslighting (wissenschaftlich: Invalidierende Kommunikation) beschreibt eine Art von emotionalem Missbrauch. Verunsicherung und Manipulation prägen solche Beziehungen, bis eine Person nicht mehr zwischen Realität und Lüge unterscheiden kann. Beispiele für Gaslighting, welche Auswirkungen entstehen können und wie Betroffene sich am besten wehren, lesen Sie hier.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Gaslighting: Definition
Gaslighting kann als verdecktes Mobbing und emotionale Manipulation beschrieben werden. Beim Gaslighting gibt es zwei Beteiligte:
- den Gaslighter, der versucht, sein Gegenüber zu verunsichern und so zu kontrollieren,
- den Gaslightee, der durch das Verhalten des Gaslighters mit der Zeit an sich selbst und seiner Wahrnehmung zweifelt.
Eine bestimmte Personengruppe für Gaslighting gibt es nicht. Der emotionale Missbrauch kann zum Beispiel in der Ehe, aber auch in der Familie, im Freundeskreis oder unter Arbeitskolleg*innen auftreten. Menschen, die diese invalide Kommunikation nutzen, geben dem Gegenüber das Gefühl, seine Wahrnehmungen und Gedanken seien falsch und unwichtig. Lügen, Verdrehungen und Unterstellungen nehmen einen großen Teil solcher Beziehungen ein. Auf Dauer kann eine emotionale Abhängigkeit des Opfers entstehen.
Diese Eigenschaften können dem Gaslighting zugeschrieben werden:
- Es löst Selbstzweifel aus.
- Der Gaslighter erhält zunehmend Macht über das Gaslightee.
- Es kommt meist nur in vertrauten Beziehungen vor.
- Dass man von jemanden stark beeinflusst und manipuliert wurde, fällt dem Opfer oft erst nach Jahren auf.
- Lügen und Verdrehungen bekommen Außenstehende in der Regel nicht mit – ein bewusstes Vorgehen des Gaslighters.
Auch wenn Gaslighting nicht strafbar ist, zählt es zu seelischem Missbrauch, der unbedingt bei einer Therapeutin oder einem Therapeuten gemeldet werden sollte. Betroffene können im schlimmsten Fall eine Depression oder Angststörung entwickeln und sollten sich deshalb unbedingt Hilfe holen.
Gaslighter sind meist selbst unsicher
Gaslighter können zu Beginn sehr freundlich und zuvorkommend sein. Dieses charmante Verhalten kann dann umschlagen und in unverschämten und durchaus auch verletzenden Aussagen und Handlungen enden. Sie bringen ihre Opfer oft dazu, mit ihnen zu streiten. Solche Streitigkeiten entstehen meist plötzlich und dienen in der Regel nicht dazu, Konflikte zu lösen, sondern beim Gegenüber Verwirrung zu stiften.
Anzeichen für einen Gaslighter können sein:
- Lügen, die meist den Gaslightee betreffen,
- Unterstellungen, so lange, bis das Gegenüber sich nicht mehr rechtfertigen kann,
- Kontrolle wird erreicht, indem das Opfer verunsichert wird und Selbstzweifel bekommt,
- Streit eskaliert schnell, da der Gaslighter eine verzerrte Wahrnehmung bei der betroffenen Person auslösen möchte,
- Trost, da sich das Opfer irgendwann hilflos fühlt und beim Gaslighter Hilfe sucht. Eine emotionale Abhängigkeit entsteht.
Häufig projiziert der Gaslighter eigene Schuldgefühle auf den Partner. Er ist meist mit sich selbst unzufrieden und leidet vermutlich an Selbstzweifeln. Es ist auch möglich, dass der*die Täter*in an Narzissmus leidet. Ein Gaslighter fühlt sich dann besser, wenn er emotionale Macht gegenüber einer anderen Person besitzt – durch die Schwäche seines Opfers erlangt er mehr Selbstbewusstsein. Gaslighter reagieren häufig aggressiv und manchmal auch gewalttätig, wenn sie auf ihre Manipulationsversuche angesprochen werden.
Auswirkung von Gaslighting
Von Gaslighting Betroffene bemerken lange Zeit gar nicht, dass sie manipuliert werden. Ein Grund dafür ist, dass sich der emotionale Missbrauch meist schleichend entwickelt. Gaslightees haben durch die emotionale Manipulation häufig das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. Sie können irgendwann nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden, so als wären sie einer Gehirnwäsche unterzogen worden. Menschen, die Gaslighting miterleben, waren vorher oft selbstbewusste, kompetente Personen. Durch den psychischen Missbrauch werden sie immer verunsicherter und stellen ihre eigenen Fähigkeiten infrage.
Häufig beginnt die Manipulation mit der Verleugnung vergangener Ereignisse. Der*die Täter*in behauptet, dass etwas in dieser Art nicht geschehen sei. Das Opfer weiß eigentlich sicher, dass es zum Beispiel eine bestimmte Aussage getroffen hat. Da es dem Gaslighter sehr vertraut, werden dessen Behauptungen auch ernstgenommen und mit der Zeit zweifelt das Opfer an der eigenen Erinnerung.
Gaslighting Anzeichen und Beispiele
- Sie werden selbstkritischer und stellen viele Entscheidungen und Handlungen infrage.
- Sie werden viel nachdenklicher und haben öfter das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Das kann schon bei einer Aussage Ihrerseits anfangen: "Habe ich etwas Falsches gesagt?" "Habe ich die richtigen Worte gewählt"?
- Ihnen wird vorgegeben, was Sie zu denken oder zu tun haben. "Mir zuliebe könntest du öfter lächeln".
- Angeblich weiß der Täter, wie andere Menschen über Sie denken: "Alle denken, du könntest auch etwas mehr Überstunden machen".
- "Du warst damals nicht auf dem Geburtstag meiner Mutter". Sie wissen aber genau, dass Sie dort waren – oder doch nicht? Gaslighter täuschen, lügen und stiften Verwirrung, bis Sie sich selbst nicht mehr sicher sind.
- Sie fühlen sich öfter schuldig gegenüber dem Gaslighter. Er ruft absichtlich solche Schuldgefühle hervor, in dem er Sie für sehr Vieles in Verantwortung zieht: "Weil Du mich wütend gemacht hast, konnte ich eine Woche nicht mit Dir sprechen".
- Abwertungen sind beim Gaslighting häufig: "Warum tanzt Du so peinlich und lachst so laut" – solche Vorwürfe müssen sich Gaslightees öfter anhören. "Du spinnst.", "Du bist psychisch krank.", auch solche Aussagen sind möglich.
- Eine emotionale Abhängigkeit entsteht und Sie suchen Sicherheit sowie Anerkennung bei dem*der Täter*in, da Sie diese bei Ihnen selbst nicht finden können.
- Eine extreme Ausprägung des Gaslightings kann dazu führen, dass der*die Täter*in sogar mit einem Suizid droht, wenn das Opfer etwas nicht für ihn macht. Generell kommt es auch im Alltag öfter zu Erpressungen.
- Gaslighter bestrafen ihr Gegenüber oft mit Schweigen und Ignorieren.
- Freunde und Familie zieht der Gaslighter oft auf seine Seite.
- In einer intakten Beziehung sucht man nach Klärung von Problemen. Beim Gaslighting schiebt der*die Täter*in die Schuld immer anderen zu und legt sich Fakten so aus, dass sie den eigenen Zweck erfüllen.
- Sie finden ein bestimmtes Verhalten oder eine Situation seltsam? Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl – der Gaslighter will Sie vermutlich vom Gegenteil überzeugen.
Was tun bei Gaslighting? So können Sie sich wehren
Ein erster Hinweis von Gaslighting kann sein, wenn ein neuer Mensch ins Leben getreten ist, durch den Sie sich schleichend verändern. Sie fühlen sich immer unsicherer, sind öfter verwirrt und nicht mehr so lebensfroh wie vorher? Dann macht es durchaus Sinn, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch ein Gespräch mit Freunden oder Familienmitgliedern kann ein erster Schritt sein. Sie können die Situation oft gut einschätzen und Ihnen helfen, wieder klare Sicht zu bekommen. Vielleicht sind auch sie Opfer des Gaslightings gewesen und haben es vorher gar nicht mitbekommen. Auch am Arbeitsplatz sollten Sie mit Kolleg*innen oder einer vertrauten Person darüber sprechen.
Lernen Sie wieder, auf das Bauchgefühl zu hören. Ein ungutes Gefühl hat meist seine Daseinsberechtigung. Nehmen Sie bestehende Zweifel ernst. Zudem ist es wichtig, die emotionale Abhängigkeit zu lösen. Wenn Sie Ihr Gegenüber auf das Gaslighting ansprechen wollen, lassen Sie sich nicht auf Schuldzuweisungen ein und rufen Sie sich die typischen Eigenschaften eines Gaslighters noch einmal in Erinnerung.
In vielen Fällen kann es auch sinnvoll sein, den Kontakt zu der Person abzubrechen. Gerade, wenn die eigene mentale oder körperliche Gesundheit darunter leidet. Die Beziehung beenden oder den Job kündigen kann dann Erleichterung bringen. Wenn Sie diesen Schritt nicht alleine schaffen oder noch Zweifel bestehen, ist eine Therapie als erster Schritt ratsam.
Gaslighting-Test: Bin ich ein Gaslighter?
Sie sind sich nicht sicher, ob Sie Eigenschaften eines Gaslighters haben? Dann stellen Sie sich folgende Fragen:
- Kann ich mit Kritik gut umgehen und mir Fehler eingestehen?
- Suche ich bei anderen die Schuld, wenn jemand an mir Kritik äußert?
- Gebe ich anderen die Schuld für Geschehnisse, obwohl sie unschuldig sind?
- Zeige ich einer Person Schwächen auf, auch wenn sie mit der eigentlichen Situation nichts zu tun hat?
Befürchten Sie, anderen gegenüber manipulativ zu sein? Dann suchen Sie sich therapeutische Hilfe. So können Sie sich und Personen in Ihrem Umfeld helfen. Sprechen Sie auch Familienmitglieder oder Freunde an. Sie können Ihre Befürchtungen womöglich besser einschätzen.