Ein kleines Mädchen sitzt auf dem WC.
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Kinderentwicklung – das dritte Lebensjahr

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 29.12.2021

Im 3. Lebensjahr, also zwischen 2. und 3. Geburtstag, ist zunehmend zu beobachten, dass gleichaltrige Kinder verschiedene Entwicklungsstände aufweisen.

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Allgemeines

Während einige Kinder schon munter die ersten Worte plappern und kleine Sätze aus zwei oder mehr Wörtern bilden, warten viele Eltern immer noch darauf, dass ihr Kind mit dem Sprechen beginnt. Falls Ihr Kind noch nicht so weit entwickelt ist wie andere, sollte Sie nicht beunruhigen. Vielmehr sollten Sie darauf vertrauen, dass Ihr Sprössling einfach seine Zeit braucht. Lassen Sie im Zweifelsfall organische Ursachen von Ihrem Kinderarzt ausschließen. Mädchen entwickeln sich im Allgemeinen rascher als Jungen, allerdings gibt es auch hier die berühmten Ausnahmen von der Regel.

Körperliche Entwicklung

Mit jedem Tag wird Ihr Kind selbstständiger. Im 3. Lebensjahr können die meisten Kinder alleine essen und trinken; das Milchzahngebiss ist etwa zwischen dem 24. und dem 30. Lebensmonat voll entwickelt.

Die Kinder lernen darüber hinaus, weitgehend selbstständig auf den Topf beziehungsweise auf die Toilette zu gehen. Im Laufe des dritten Lebensjahrs können sie Blase und Darm immer besser kontrollieren. Dass viele Kinder in diesem Alter noch einnässen, ist jedoch völlig normal und kein Grund zur Sorge, denn der Entwicklungsstand zweier gleichaltriger Kleinkinder kann erheblich variieren.

Alleine anziehen

Wie Erwachsene treten auch die Jüngsten sehr unterschiedlich gekleidet in die Öffentlichkeit: Was die einen schick finden, halten andere für spießig, was die eine Hälfte als leger betrachtet, kommt der anderen unpassend vor. Zwischen Eltern und Kindern besteht in dieser Sache jedoch ein gewichtiger Unterschied: Die Großen entscheiden selbst, was sie zu welchen Anlässen anziehen.

Es lassen sich gute Gründe dafür finden, dass Sie als Eltern entscheiden, was Ihr Kind tragen sollen. Kinder ziehen sich oft zu kühl oder zu warm an, da sie noch nicht abschätzen können, wie warm oder wie kalt es draußen ist. Oder sie wählen das gute und teure Kleidungsstück für den Sandkasten und die verschmutzte Hose für den Besuch bei den Großeltern.

Noch gibt Ihr Kind eben nichts auf Mode und Etikette. Gleichwohl ist es ratsam, die Kleiderwahl gelegentlich ihm selbst zu überlassen.

  • Um einen eigenen Geschmack entwickeln zu können, braucht Ihr Kind ein Mindestmaß an Wahlfreiheit. Das bedeutet, dass die farbliche Zusammenstellung der Kleidungsstücke Ihren Augen durchaus einmal Schmerzen bereiten darf.
  • Ihr Kind sollte ruhig hin und wieder die Erfahrung machen, die „falschen“ (nicht wettergerechten) Kleidungsstücke auszuwählen. Dann trifft es vielleicht beim nächsten Mal eine bessere Entscheidung.
  • Je früher Ihr Kind lernt, sich nicht nur selbstständig anzuziehen, sondern auch seine Kleidung alleine auszuwählen, desto früher brauchen Sie sich nicht mehr darum zu kümmern. Das schont nicht nur die Nerven, sondern spart auch eine Menge Zeit.

Schnäuzen lernen

Meist werden Kinder vier Jahre und älter, bis sie ihre Nase effektiv und selbstständig schnäuzen können. Manche lernen es aber schon früher, und so gilt es, ihnen eine möglichst behutsame Schnäuz-Technik beizubringen.

Ihr Kind sollte seine Nase nicht mit aller Gewalt ausschnauben, denn dabei entsteht in der Nase ein Innendruck, der zehn Mal höher sein kann als bei einem kräftigen Nieser. Dadurch wächst die Gefahr, dass infektiöser Nasenschleim in die Nebenhöhlen gedrückt wird und es zu einer Nebenhöhlenentzündung kommt.

So geht es besser: Die Nase Ihres Kinds kommt in die Mitte des Taschentuchs, ein Nasenloch wird von einem Erwachsenen zugehalten, dann schnäuzt Ihr Kind mit geschlossenem Mund. Auf diese Weise kann kein Nasensekret in die inneren Ohrgänge gelangen. Danach ist das andere Nasenloch an der Reihe. Das benutzte Taschentuch kommt am besten sofort in den Müll. Anschließendes Händewaschen hilft zu verhindern, dass die Schnupfenviren überall verteilt werden.

Sie können das Schnäuzen mit ihrem Kind auch spielerisch üben, am besten wenn es gesund ist: Legen Sie eine Daunenfeder auf eine Tischplatte und versuchen Sie abwechselnd mit dem Kind, die Feder mit geschlossenem Mund wegzublasen. Variation: Ein Nasenloch dabei zuhalten.

Geistige Entwicklung, Emotionen und Lernen

Ihr Kind hat im 3. Lebensjahr schon eine gute Selbstwahrnehmung. Es ist sich zunehmend seiner selbst bewusst – und weiß bereits sehr genau, was es will. Zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag verwendet es zunehmend „mein“ und „dein“ und den eigenen Vornamen, bis schließlich auch die Ich-Form angewendet wird.

Raum und Zeit

Das räumliche Denkvermögen nimmt ebenfalls zu. Ihr Kind kann jetzt abschätzen, was es bedeutet, wenn Sie sich im benachbarten Raum der Wohnung aufhalten. Es weiß, dass Sie dann nicht unerreichbar weit entfernt von ihm sind. Zudem beginnt es, Bausteine nicht mehr nur über- beziehungsweise nebeneinander anzuordnen, sondern beide Bauweisen zu kombinieren, sodass räumliche Gebilde wie zum Beispiel kleine Häuser entstehen. Sein Zeitgefühl hingegen ist noch nicht ausgeprägt. Mit Sätzen wie „Ich bin in fünf Minuten wieder da“ kann Ihr Kind auch in dieser Entwicklungsphase nichts anfangen.

Beziehungen

Nicht nur die Selbstwahrnehmung, auch die Fremdwahrnehmung prägt sich immer besser aus. Ihr Kind ist zunehmend in der Lage, Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, muss aber immer eine Bezugsperson wie Mutter oder Vater um sich herum haben. So hängt es in dieser Zeit gern an Ihrem „Rockzipfel“ und weicht nicht von Ihrer Seite. Oftmals ist auch die Bindung an einen bestimmten Gegenstand, dem so genannten Übergangsobjekt, zu beobachten. So erfreut sich zum Beispiel das Kuscheltuch oder ein Kuscheltier jetzt großer Beliebtheit.

Auch wenn Kinder in diesem Alter noch nicht miteinander spielen, sind sie gern in Gesellschaft Gleichaltriger. Sie imitieren die Verhaltensweisen der anderen und spielen zum Beispiel in der Sandkiste nebeneinander – zunächst jeder für sich allein.

Wenn das Kind nicht (richtig) spricht

Kinder lernen das Sprechen unterschiedlich schnell. Trotzdem gibt es Fertigkeiten, die alle in einem bestimmten Alter erreichen – sofern keine Erkrankung oder Störung vorliegt. Weichen Kinder in ihrer Sprachentwicklung deutlich von ihren Altersgenossen ab, liegt häufig eine Hörstörung vor.

Spätestens nach ihrem 2. Geburtstag bauen Kinder ihren aktiven und passiven Wortschatz gewöhnlich kontinuierlich aus – auch wenn sie die meisten Wörter keineswegs korrekt aussprechen. Aus Einwortsätzen werden Zweiwortsätze, außerdem verstehen die Kinder immer besser, was man zu ihnen sagt.

Zum 2. Geburtstag sollte ein Kind in der Lage sein, mindestens 50 Wörter zu sprechen und Sätze aus zwei bis drei Wörtern zu bilden. Bis zum 3. Geburtstag sollten Kinder auf dem Stand sein, Sätze von bis zu sechs Wörtern grammatikalisch korrekt auszusprechen.

Hören Kinder nicht ausreichend gut, können sie oft Dinge nicht benennen, die sie eigentlich bereits kennen. Dabei sind sie meist sehr findig, die fehlenden Höreindrücke auszugleichen, indem sie sich an der Mimik und Gestik ihres Gegenübers orientieren. Auch aus diesem Grund werden die Probleme betroffener Kinder oft erst spät erkannt.

Nicht selten sind Hörschäden angeboren, in den meisten Fällen jedoch Begleitsymptome oder Folge langwieriger und wiederholter Mittelohrentzündungen oder Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln oder Scharlach. Bleibt das Hörproblem bestehen, obwohl die Akuterkrankung ausgeheilt ist, können kindgerechte Hörgeräte eingesetzt werden. Oft ist auch eine professionelle Sprachförderung sehr hilfreich, sodass die Kinder ihr Sprachvermögen bald rasch ausbauen.