Dammriss bei der Geburt
Die Vorfreude auf die Geburt eines Kindes wird oft getrübt durch die Angst vor einem Dammriss oder einem Dammschnitt. Heutzutage werden Dammschnitte aber immer seltener durchgeführt. Welche Schweregrade von Dammrissen es gibt und wie man vorbeugen kann.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist ein Dammriss?
Unter einem Dammriss versteht man eine Verletzung der Weichteile bei der Geburt, bei welcher die Scheidenhaut einreißt. Der Damm ist der Teil des Beckenbodens beziehungsweise der Beckenbodenmuskulatur, der sich zwischen Vagina und After befindet. Während des Geburtsvorgangs kann der Damm unter bestimmten Umständen reißen, zum Beispiel, wenn:
- der Kopf des Kindes zu groß ist,
- die Weichteile der Mutter nicht weich und dehnbar genug sind,
- die Geburt zu schnell abläuft (etwa, weil das Kind aufgrund von Komplikationen schnell zur Welt kommen muss – dann wird der Damm zu schnell gedehnt und kann reißen) oder
- wenn die Geburt durch Geburtszange oder Saugglocke unterstützt werden muss.
Durch spezielle Grifftechniken während der Geburt kann ein*e Geburtshelfer*in, beispielsweise eine Hebamme, einen Dammriss in vielen Fällen verhindern. Oft reicht es, wenn die Hebamme die werdende Mutter genau anleitet, sodass das Kind nicht zu schnell geboren wird und sich so der Druck auf den Damm nur langsam und schonend aufbaut. Schon während der Schwangerschaft können Frauen außerdem mit einfachen Mitteln versuchen, einem Dammriss vorzubeugen.
Schweregrade 1 bis 4 bei Dammriss
Ein Dammriss kann unterschiedlich ausgeprägt sein und lässt sich in vier Grade einteilen:
- 1. Grad: Verletzung der Haut des Scheideneingangs und des Damms ohne Verletzung der Dammmuskulatur
- 2. Grad: Riss der oberflächlichen Dammmuskulatur; der äußere Afterschließmuskel (Musculus sphincter ani externus) bleibt intakt; häufig mit ausgeprägtem Scheidenriss.
- 3. Grad: Riss des Damms einschließlich des äußeren Afterschließmuskels
- 4. Grad: kompletter Dammriss, bei welchem auch die Vorderwand des Enddarms (Rektumvorderwand) eingerissen ist
Dammriss nähen und Versorgung nach der Geburt
Bei Dammrissen 1. oder 2. Grades erfolgt die Versorgung direkt vor Ort nach der Geburt. Dafür wird eine lokale Betäubung (Lokalanästhetikum) direkt in den Damm gespritzt. Der Riss wird mit Fäden versorgt, die sich von selbst auflösen. Schwerere Dammrisse (Grad 4) benötigen zunächst eine Versorgung des Darms, bevor der Damm genäht wird. Der Eingriff erfolgt in einem Operationssaal und kann unter vollständiger Narkose oder lokaler Betäubung durchgeführt werden.
In manchen Fällen ist es möglich, dass die Patientin Antibiotika verabreicht bekommt, um einer Infektion vorzubeugen. Im Wochenbett sollte die versorgte Wunde täglich (vor allem nach dem Stuhlgang) mit sauberem Wasser gereinigt werden.
Kurze Sitzbäder (maximal zwei Minuten) können zudem die Abheilung eines Dammrisses unterstützen. Bei vielen Frauen haben auch Kühlpads eine wohltuende Wirkung auf den wunden Intimbereich. Tipp: Binden in den Kühlschrank packen und im Anschluss in die Unterhose legen.
Wie lange dauert die Heilung bei Dammriss?
Im Allgemeinen heilen Dammrisse ohne Komplikationen ab. Wurde die Muskulatur verletzt, können kühlende Kompressen Blutergüsse mildern und die Wundheilung fördern. Bei Dammrissen 3. und 4. Grades sollte man zusätzlich auf eine geregelte Verdauung und einen weichen Stuhlgang achten.
Selten können Dammfisteln (rektovaginale Fisteln) entstehen, die Verbindungen zwischen Enddarm und Scheide darstellen und aufgrund von schlecht verheilten Dammrissen oder -schnitten entstehen. Die früher häufige auftretende Darminkontinenz, vor allem nach Rissen 3. und 4. Grades, ist heutzutage äußerst selten.
Je nach Schwere ist der Dammriss nach mehreren Tagen bis Wochen in der Regel gut verheilt. Nach spätestens sechs Wochen sollte die Verletzung restlos ausgeheilt sein und keine Probleme mehr bereiten.
Sex nach Dammriss: Wann ist es wieder möglich?
Um Infektionen und Entzündungen zu vermeiden, sollte grundsätzlich auf Sex verzichtet werden, bis der Wochenfluss beendet und alle Geburtswunden verheilt sind. Zudem können bei einem Dammriss auch kleine Risse in der Scheide entstehen, die zunächst verheilen sollten.
Ein Dammriss 1. Grades ist in vielen Fällen ein bis zwei Wochen nach der Entbindung wieder verheilt. Dennoch ist es ratsam, offen über das Thema Sex zu sprechen und gegebenenfalls die Hebamme um Rat zu fragen. Frauen mit schwereren Geburtsverletzungen sollten die gynäkologische Untersuchung nach dem Wochenbett abwarten. Grundsätzlich gilt: Sex sollte beiden Partner*innen Freude bereiten. Manchmal braucht es Zeit, setzen Sie sich nicht unter Druck und versuchen Sie es erst, wenn Sie bereit dafür sind.
Stuhlgang nach Dammriss
Geburtsverletzungen im Intimbereich können beim Stuhlgang unangenehm sein und Schmerzen verursachen. Deswegen ist es ratsam, den Stuhl relativ weich zu halten, um starkes Pressen zu vermeiden. Frisch gebackenen Müttern mit Dammriss wird daher eine ballaststoffreiche Ernährung sowie viel trinken empfohlen.
Zur Vermeidung von Infektionen sollte die Frau den Intimbereich nach dem Stuhlgang mit sauberem Wasser kurz abspülen. Der Tipp gilt auch, wenn es beim Urinieren brennt. Spülen Sie gleich im Anschluss mit Wasser nach, das kann die Beschwerden lindern.
Dammschnitt kommt nur noch selten vor
Um einem Dammriss vorzubeugen, wurde früher routinemäßig ein Dammschnitt (Episiotomie; Episio = Schamgegend, - tomie = Schnitt) durchgeführt. Heutzutage geht die Tendenz eher dahin, einen Dammschnitt nur in seltenen Fällen anzuwenden und gegebenenfalls einen Dammriss zuzulassen. Der Grund: Der Beckenboden kann durch den Schnitt geschwächt werden und dauerhafte Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind möglich. Dammrisse heilen häufig besser, da das Gewebe an "günstigeren" Stellen reißt.
Bei dem Eingriff kommt es zu einem Schnitt von der Scheide aus in den Damm, um die Geburtsöffnung künstlich zu weiten und so die Geburt zu erleichtern.
Dies soll verhindern, dass der mütterliche Damm bei der Entbindung reißt oder überdehnt wird. Außerdem kann mithilfe der Technik bei einer Frühgeburt der Druck auf den kindlichen Kopf vermindert werden.
Einen Dammschnitt wird die*der anwesende Ärztin*Arzt beispielsweise durchführen, wenn
- die mütterlichen Weichteile sehr straff und wenig nachgiebig sind,
- der Kopf des Babys verhältnismäßig groß ist,
- bei einer Zangen- oder Saugglockengeburt oder
- wenn die letzte Phase der Geburt beschleunigt werden soll.
Bei einer Hausgeburt oder einer Entbindung im Geburtshaus nimmt die Hebamme, wenn nötig, den Dammschnitt vor. Arzt*Ärztin oder Hebamme nähen den Dammschnitt, sobald das Baby geboren ist.
Ein Dammschnitt (Episiotomie) kann in drei verschiedene Richtungen erfolgen:
mediane Episiotomie: Für die mediane Episiotomie nimmt die*der Ärztin*Arzt oder die Hebamme den Dammschnitt entlang der Mittellinie des Damms vor.
mediolaterale Episiotomie: Die mediolaterale Episiotomie ist die am häufigsten durchgeführte Schnittführung. Bei ihr wird der Dammschnitt von der Scheidenmitte aus in einem Winkel von 45 Grad nach rechts oder links vorgenommen. Es handelt sich hierbei um die Schnittführung, welche die größte Erweiterung der Geburtsöffnung ermöglicht und damit die Gefahr für einen Dammriss erheblich senkt.
laterale Episiotomie: Für die laterale Episiotomie entsteht der Schnitt etwa zwei Zentimeter links oder rechts neben der Mittellinie des Damms. Da diese Schnittführung eine sehr schlechte Heilungstendenz hat, gilt sie mittlerweile als veraltet und wird für gewöhnlich nicht mehr verwendet.
Dammriss vorbeugen: Das können Sie tun
Um das Dammgewebe weich und flexibel zu machen und so einem Dammriss vorzubeugen, können Schwangere etwa ab der 34. Schwangerschaftswoche das Dammgewebe täglich mit Öl massieren. Natürliche Öle sind am besten zur Unterstützung der Dammmassage geeignet.
Nehmen Sie für die Dammmassage eine bequeme Haltung auf einem Stuhl ein und winkeln Sie ein Bein an den Körper an. In dieser Position können Sie das Öl in U-förmigen Bewegungen in das Dammgewebe einmassieren. Viele Frauen massieren den Damm im Stehen, indem sie ein Bein beispielsweise auf der Badewanne oder einem Hocker aufstellen.
Auch Sitzbäder mit Lindenblüten oder Heublumen lockern das Gewebe. Beckenbodentraining, eine ausgewogene Ernährung und viel Bewegung unterstützen außerdem eine normale Geburt und senken das Risiko, dass der Damm reißt oder ein Dammschnitt nötig wird.