Ein Neugeborenes in grün getreiftem Oberteil weint.
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Leistenbruch beim Baby und Kind

Von: Astrid Clasen (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 29.12.2021

Treten in der Leistengegend Fettgewebe oder Teile des Darms durch eine Lücke in der Bauchwand, ist das ein Leistenbruch. Beim Baby und Kind ist er meist angeboren. Fast 5 von 100 Kindern sind betroffen – viele davon sind Frühgeborene. Woran können Eltern einen Leistenbruch erkennen und wie reagieren sie dann richtig?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Ursachen

Ursache für einen Leistenbruch beim Baby und Kind ist eine angeborene Schwäche in der Bauchwand. Jungen sind etwa 4- bis 8-mal häufiger betroffen als Mädchen. Das hat anatomische Gründe.

Bei Jungen liegen die Hoden in der Schwangerschaft zuerst noch in der Leiste. Erst kurz vor oder nach der Geburt wandern sie durch den Leistenkanal in den Hodensack. Solange dieser Kanal nicht richtig verschlossen ist, kann es eher zu einem Leistenbruch kommen.

Bei Erwachsenen ist ein Leistenbruch hingegen meist die Folge einer Krankheit mit Bindegewebsschwäche oder einer Operation mit Bauchschnitt. Auch ein ständig erhöhter Druck im Bauchraum (z. B. durch lang anhaltende Tätigkeiten, bei denen man schwer heben muss) kann für Leistenbrüche (mit)verantwortlich sein.

Lesetipp:Ausführliche Infos über den Leistenbruch, seine Symptome und Behandlung bei Mann und Frau

Leistenbruch beim Baby & Kind: Symptome

Zwar sind Leistenbrüche bei Kindern meist angeboren. Doch manchmal ist ein angeborener Leistenbruch nicht sofort erkennbar, sondern erst ein paar Wochen oder Monate nach der Geburt.

Am häufigsten tritt ein Leistenbruch beim Baby und Kind nur auf der rechten Seite auf. Er kann sich aber auch nur auf der linken Seite oder (seltener) beidseitig zeigen.

Typisches Symptom für den Leistenbruch ist eine kugelige Schwellung in der Leiste – ähnlich wie eine Beule. Dabei handelt es sich um den Bruchsack. Sein Inhalt besteht aus Fettgewebe und/oder Anteilen des Darms, die sich durch eine Lücke in der Bauchwand bis unter die äußere Haut vorwölben.

Wenn der Bruchsack nach unten wandert, kann der Leistenbruch auch bei Jungen als geschwollener Hodensack und bei Mädchen als geschwollene Schamlippe erkennbar sein. Die Schwellung kann kommen und gehen.

Manchmal zeigt sich der Leistenbruch nur, wenn das Baby oder Kind schreit, presst, hustet oder aufrecht steht. Eine schon sichtbare Schwellung kann durch Anstrengung oder Weinen größer werden. Sobald das Kind liegt oder entspannt ist, kann die Schwellung wieder kleiner werden oder ganz verschwinden.

Solange der Bruchinhalt wieder zurück in den Bauchraum gleiten kann, bereitet der Leistenbruch oft keine Beschwerden. Manchmal verspürt das Kind jedoch einen ziehenden Schmerz an der betroffenen Stelle oder hat Probleme beim Wasserlassen.

Mit der Zeit wird die Schwellung allmählich größer. Dann kann der Leistenbruch auch stärkere Beschwerden verursachen. Kritisch wird es, wenn die Größe der Schwellung unverändert bleibt, egal ob das Kind sich anstrengt oder entspannt.

Denn das kann bedeuten, dass Bauchgewebe, ein Teil des Darms oder (bei Mädchen) womöglich auch ein Eierstock im Leistenbruch eingeklemmt ist. Das Baby oder Kind hat bei einer solchen akuten Einklemmung (Inkarzeration) starke Schmerzen. Es ist plötzlich sehr unruhig und reizbar, weint viel und trinkt vielleicht auch weniger.

Wenn es beim Leistenbruch zu einer Einklemmung kommt, wird die Schwellung oft viel fester und verfärbt sich rot. Im weiteren Verlauf können weitere Symptome hinzukommen, wie:

Gut zu wissen: Hinweise für Eltern

Ein Leistenbruch kann jederzeit plötzlich zu einer Einklemmung führen. Darum sollten Sie bei einem Baby oder Kind eine Schwellung oder Anzeichen für Schmerzen niemals ignorieren, sondern möglichst bald ärztliche Hilfe suchen.

Eine Einklemmung ist ein medizinischer Notfall. Denn die Durchblutung des eingeklemmten Gewebes kann so stark eingeschränkt sein, dass es abstirbt. Im Extremfall kann ein eingeklemmter Leistenbruch für das Baby oder Kind sogar lebensbedrohlich sein.

Bei einem eingeklemmten Leistenbruch muss das Baby oder Kind schnellstmöglich operiert werden. Wählen Sie beim geringsten Verdacht auf eine Einklemmung sofort den Notruf (112) oder fahren Sie schnell mit dem Kind ins Krankenhaus.

Leistenbruch beim Baby & Kind: Behandlung

Ein Leistenbruch beim Baby und Kind wird immer operativ behandelt – auch wenn die Beschwerden gering sind oder ganz fehlen. Denn ohne OP besteht ein recht hohes Risiko, dass sich der Bruchinhalt einklemmt.

Die Erfolgsaussicht der Leistenbruch-OP beim Baby und Kind ist hoch: In den meisten Fällen ist der Bruch nach der Behandlung vollständig und dauerhaft behoben. In einigen Fällen (ca. 3 %) können die Betroffenen allerdings noch als Erwachsene chronische Schmerzen an der operierten Stelle verspüren.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die OP?

Für einen Leistenbruch beim Baby und Kind gilt allgemein: am besten so früh wie möglich nach der Diagnose operieren. Wie dringend die OP im Einzelfall ist, hängt vom Alter des Kindes und von der Schwere des Bruchs ab.

Bereitet der Leistenbruch dem Baby oder Kind keine Beschwerden, findet die Operation meist innerhalb eines Monats nach der Diagnose statt. Bei Frühgeborenen mit angeborenem Leistenbruch erfolgt die Behandlung normalerweise noch vor der Entlassung aus der Klinik.

Verursacht der Leistenbruch Schmerzen, ist es ratsam, das Kind innerhalb von 1 bis 2 Tagen zu operieren. Das gilt jedoch nur, wenn keine Einklemmung vorliegt. Hat sich Gewebe eingeklemmt, ist eine sofortige Notfalloperation nötig.

Wie läuft die OP ab?

Eine Leistenbruch-OP beim Baby und Kind ist meist ambulant möglich. In dem Fall können Sie Ihr Kind noch am selben Tag (meist einige Stunden nach dem Eingriff) wieder mit nach Hause nehmen.

Vor Beginn der OP bekommt das Kind meist eine Vollnarkose. Anschließend behebt die Chirurgin oder der Chirurg den Leistenbruch. Das geschieht

  • entweder in einer offenen OP, wobei in der Regel nur ein kleiner Hautschnitt nötig ist,
  • oder in einem minimal-invasiven Eingriff mithilfe eines Endoskops.

Wenn der Leistenbruch beim Baby oder Kind erst seit Kurzem besteht und klein ist, wird der Bruchsack entfernt und die betroffene Stelle in der Bauchwand wieder zugenäht.

Bei einem größeren Leistenbruch schiebt die Chirurgin oder der Chirurg den Bruchinhalt wieder zurück in die Bauchhöhle. Dann wird die Bauchwand sorgfältig mit eigenem Körpergewebe verschlossen. Ein Netz wird beim Baby oder Kind nicht eingesetzt.

Was passiert nach der OP?

Nach der Leistenbruch-OP ist es wichtig, das Baby oder Kind eine Weile zu beobachten und die Operationswunde zu kontrollieren. Sobald das Kind sich von der Narkose erholt hat und seine Wunde gut zu verheilen scheint, kann es die Praxis oder Klinik in der Regel wieder verlassen.

Vorher erhalten Sie noch Informationen darüber, was bei der Nachsorge zu Hause zu beachten ist. Zum Beispiel, ob Ihr Baby oder Kind nach der Leistenbruch-OP normal essen darf oder wann es wieder baden kann. Eventuell vereinbart die Ärztin oder der Arzt auch direkt einen Termin zur Kontrolluntersuchung.

In den ersten paar Tagen nach der Leistenbruch-OP braucht das Kind Schmerzmittel. Dann haben sich die Schmerzen normalerweise so weit abgeschwächt, dass keine Schmerzbehandlung mehr nötig ist. Leichte Beschwerden können allerdings noch ein paar Wochen anhalten.

Babys und Kleinkinder erholen sich fast immer sehr schnell von der Leistenbruch-OP. Für gewöhnlich sind sie schon 24 bis 48 Stunden später wieder normal aktiv. Schulkinder können meist ein paar Tage nach der Leistenbruch-OP wieder zur Schule gehen. Körperliche Belastungen sind aber in den ersten 1 bis 2 Wochen nach dem Eingriff zu vermeiden.

Was tun, wenn zu Hause Komplikationen auftreten?

Die meisten Leistenbruch-OPs verlaufen problemlos. Trotzdem kann Ihr Baby oder Kind nach der Entlassung Beschwerden oder Komplikationen entwickeln, die eine schnelle ärztliche Behandlung erfordern. In dem Fall gilt: Warten Sie nicht bis zum Kontrolltermin, sondern nehmen Sie sofort Kontakt zu Ihrer Praxis oder Klinik auf. Zum Beispiel, wenn ...

  • … aus der OP-Wunde Flüssigkeit oder Blut austritt.
  • … der Bereich um die Wunde(n) gerötet ist.
  • … das Kind Fieber über 38 °C bekommt.
  • … das Kind erbrechen muss.
  • … das Kind weniger Pipi macht als sonst.