Warum bekomme ich beim Musikhören manchmal Gänsehaut?
"Warum bekomme ich beim Musikhören manchmal Gänsehaut?"
Medizinische Fragen einfach erklärt
Der Refrain setzt ein, schlagartig gewinnt das Lied an Kraft. Eine Stimme singt von Liebe und Schmerz, Geigen untermalen jedes Wort. Viele Menschen empfinden das als intensiven und emotionalen Moment – sie gehen in der Musik auf, das große Gefühl des Stückes überträgt sich unmittelbar auf ihre Stimmung. Die Emotion zeigt sich mitunter auch körperlich: Die Haare stehen zu Berge und es läuft ein Schauer über den Rücken. Für Musikliebhaber macht das erst den besonderen Kick eines guten Liedes aus. Und auch der Künstler freut sich über ein Lob wie "An dieser Stelle bekomme ich immer Gänsehaut". Doch wie kommt es dazu, dass ein Musikstück zu Gänsehaut führt?
Verschiedene Forschungsgruppen gehen dieser Frage nach. Ihr Fazit: Auf beiden Seiten muss die Mischung stimmen; denn das Musikstück und der Hörer tragen ihren Teil dazu bei, dass sich die Armhaare aufrichten und der Rücken kribbelt. Auch das Drumherum spielt eine Rolle: Ist die Stimmung im Konzertsaal schlecht, springt der Funke wahrscheinlich nicht über. Wer einen engen Bezug zu Musik hat und sich stark mit ihr identifiziert, bekommt eher eine Gänsehaut. Weitere Eigenschaften von Gänsehautkandidaten: Sie sind generell emotional und profitieren stark von äußerer Anerkennung, ernten also gerne Lob. Dies erklären Wissenschaftler dadurch, dass Musikhören Teile des Gehirns aktiviert, die auch Gefühle wie Freude und Belohnung verarbeiten. Doch bei weitem nicht jeder Mensch fühlt sich derart stark von Musik angesprochen. Einige können eine Gänsehaut beim Musikhören nicht mal nachvollziehen – schlicht weil sie das nie erlebt haben.
Auf Seiten des Musikstücks scheinen eine Reihe unterschiedlicher Elemente für eine Gänsehaut zu sorgen. So geben Testpersonen immer wieder an, dass sie eine Gänsehaut bekommen, wenn in einem Lied eine Stimme oder ein Chor einsetzt oder plötzlich die Lautstärke steigt. Die Gänsehaut (medizinisch: Cutis anserina) entsteht, weil das intensive Hörerlebnis in Teilen des Nervensystems Reaktionen auslöst: In der Folge gelangen Nervenimpulse zum Herzen und lassen es schneller schlagen, andere wandern zu den kleinen Muskeln in der Haut (Musculi arrectores pilorum), die sich anspannen und so die Haare emporrichten.