Reizblase: Symptome, Ursachen und Therapie bei überaktiver Blase
Ständiger Harndrang, obwohl die Blase kaum gefüllt ist, deutet oft auf eine Reizblase hin. Diese Erkrankung kann sowohl bei Frauen als auch bei Männern auftreten und ist im Alltag sehr belastend. Die Ursachen sind nicht immer eindeutig. Welche Möglichkeiten gibt es, eine überaktive Blase zu beruhigen?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Reizblase
Das Hauptsymptom ist ein plötzlich auftretender, starker Harndrang, obwohl die Blase nur wenig gefüllt ist. Betroffene müssen daher häufig kleine Urinmengen entleeren, oft auch nachts. In einigen Fällen kommt es zusätzlich zu ungewolltem Urinverlust.
Die genauen Ursachen sind nicht bekannt. Diskutiert werden altersbedingte Veränderungen der Harnwege, Stress, erhöhter Blasendruck (z.B. durch Übergewicht), Medikamentennebenwirkungen sowie bei Frauen Östrogenmangel und bei Männern eine Prostatavergrößerung. Manchmal ist eine Reizblase auch Folge von Erkrankungen wie einer Blasenentzündung.
Eine überaktive Blase kann möglicherweise durch Blasen- und Beckenbodentraining, Entspannungstechniken und Stressreduktion beruhigt werden. Weitere Behandlungsoptionen sind in schweren Fällen Medikamente oder operative Maßnahmen.
Was ist eine Reizblase?
Eine Reizblase, auch als überaktive Blase bekannt, beschreibt eine Funktionsstörung, die durch einen plötzlich auftretenden, starken Harndrang gekennzeichnet ist. Oft wird der englische Begriff "Overactive Bladder" (OAB) synonym verwendet.
Der Drang zum Wasserlassen zwingt Betroffene dazu, die Toilette aufzusuchen, selbst wenn sie nur geringe Mengen ausscheiden müssen. Diesen Zustand bezeichnen Fachleute als Pollakisurie. In manchen Fällen kann es zusätzlich zu einem unwillkürlichen Urinverlust kommen (Dranginkontinenz).
Wie häufig ist eine überaktive Blase?
In Deutschland leiden über 6 Millionen Menschen an einer überaktiven Blase. Schätzungen zufolge sind etwa 11 bis 16 Prozent der erwachsenen Bevölkerung betroffen, wobei die Wahrscheinlichkeit, an der Blasenfunktionsstörung zu erkranken, mit dem Alter zunimmt. Frauen und Männer sind dabei nahezu gleich häufig betroffen.
Was sind typische Symptome bei einer Reizblase?
Eine Reizblase zeigt sich durch eine Reihe von charakteristischen Beschwerden. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- plötzlich auftretender, starker Harndrang, auch wenn die Blase nur gering gefüllt ist
- häufige Toilettengänge, insbesondere nachts (Nykturie)
- Wasserlassen kleiner Urinmengen
- Schlafstörungen durch nächtlichen Drang zum Wasserlassen
- unwillkürliche Abgabe von Urin, besonders bei ruckartigen Bewegungen wie Husten, Niesen, Lachen, Heben oder Tragen
Betroffene müssen teilweise mehr als 20-mal innerhalb von 24 Stunden Wasser lassen. Die ständige Sorge, nicht rechtzeitig eine Toilette zu erreichen, kann zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen.
Menschen mit einer Reizblase vermeiden es häufig, Orte zu besuchen, an denen ihnen die Toilettensituation nicht vertraut ist. Dies kann zu sozialem Rückzug führen und die Lebensqualität erheblich mindern. Auch das Arbeitsleben leidet oft unter der ständigen Angst, etwa während eines Meetings die Toilette aufsuchen zu müssen.
Reizblase: Verschiedene Ursachen möglich
Die Blasenfunktion basiert auf einem komplexen Zusammenspiel von Muskeln, Nerven und Hormonen. In der Blasenwand befinden sich spezielle Nervenzellen, die den Füllstand messen. Diese Informationen werden über Nervenbahnen an das Gehirn weitergeleitet. Das Gehirn wiederum sendet Signale an die Blasenmuskulatur, um die Blasenentleerung im richtigen Moment auszulösen.
Bei einer Reizblase aktiviert sich die Blasenmuskulatur jedoch vorzeitig. Dies führt dazu, dass Betroffene deutlich häufiger zur Toilette müssen, obwohl nur eine geringe Urinmenge vorhanden ist.
In den meisten Fällen bleibt die Diagnose funktionell, das heißt, es kann keine organische Ursache für die Beschwerden festgestellt werden. Fachleute sprechen von einem idiopathischen Krankheitsbild.
Die derzeitige Forschung geht davon aus, dass eine Kombination aus körperlichen, hormonellen und psychischen Aspekten die Entstehung und den Verlauf einer Reizblase beeinflusst. Mögliche Auslöser sind:
altersbedingte Veränderungen: Mit zunehmendem Alter verändert sich das Gewebe in den Harnwegen, was die Funktion der Blase beeinflussen kann.
nervale Störungen: Störungen im Nervensystem, die durch Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose oder einen Schlaganfall verursacht werden, können die Blasenkontrolle beeinträchtigen.
psychische Belastungen: Studien legen nahe, dass das autonome Nervensystem, das auch an der Blasensteuerung beteiligt ist, in Stresssituationen überreizt wird. Faktoren wie anhaltender Stress, Sorgen oder Angststörungen können somit ebenfalls zu einer schwachen oder "nervösen" Blase führen.
fehlerhaftes Blasentraining: Durch jahrelanges, zu häufiges Aufsuchen der Toilette – beispielsweise aus Vorsicht – "verlernt" die Blase unter Umständen, größere Mengen Urin zu speichern. Schon bei geringem Füllstand entsteht so das Bedürfnis, auf Toilette zu gehen.
erhöhter Druck: Faktoren wie chronische Verstopfung, Schwangerschaft oder Übergewicht erhöhen den Druck im Bauchraum und begünstigen das Entstehen einer Reizblase.
hormonelle Veränderungen: Bei Frauen führt ein Östrogenmangel, besonders während der Wechseljahre, häufig zu einer Schwächung der Blasenmuskulatur und des umliegenden Gewebes. Dies erhöht die Empfindlichkeit der Blasenmuskulatur. Auch eine Gebärmuttersenkung übt Druck aus und kann die Blasenfunktion beeinträchtigen.
vergrößerte Prostata bei Männern: Eine Prostatavergrößerung kann den Blasenausgang einengen und die Blasenfunktion beeinträchtigen. Dies führt zu einer erschwerten Blasenentleerung, die oft mit häufigem Drang zum Wasserlassen verbunden ist.
medikamentöse Nebenwirkungen: Einige Medikamente, insbesondere harntreibende Mittel (Diuretika), beeinflussen die Blasenfunktion möglicherweise.
Blaseninfektionen und Entzündungen: Chronische oder wiederkehrende Harnwegsinfekte machen die Blase überempfindlich und begünstigen mitunter eine Reizblase. Auch entzündliche Erkrankungen wie interstitielle Zystitis (Blasenschmerzsyndrom) sind in diesem Zusammenhang relevant.
ungesunder Lebensstil: Koffein, Alkohol und Nikotin wirken harntreibend und reizen die Blase zusätzlich. Auch bestimmte Nahrungsmittel, wie scharfe Speisen oder Zitrusfrüchte, irritieren die Blase bei manchen Menschen.
Behandlung: Was hilft bei einer Reizblase?
Die Therapie einer Reizblase richtet sich nach den individuellen Symptomen und der Schwere der Beschwerden. Zu den gängigen Behandlungsansätzen zählen:
Blasentraining: Ein strukturiertes Blasentraining hilft Betroffenen, die Kontrolle über den Blasenmuskel zu verbessern. Ziel ist es, die Abstände zwischen den Toilettengängen zu verlängern und den Harndrang besser zu kontrollieren. Dazu wird oft ein Miktionstagebuch geführt, in dem die Häufigkeit des Wasserlassens sowie die Trinkmenge dokumentiert werden.
Verhaltenstherapie: Verhaltenstherapeutische Ansätze zielen darauf ab, das Blasenverhalten positiv zu beeinflussen. Dazu gehört etwa das bewusste Verzögern des Harndrangs. Stressmanagement und Entspannungstechniken können ebenfalls hilfreich sein.
Physiotherapie und Beckenbodentraining: Ein gezieltes Beckenbodentraining stärkt die Muskulatur, die für die Blasenkontrolle verantwortlich ist. Dies kann nicht nur die Toilettengänge reduzieren, sondern auch ungewollten Urinverlust verringern. In der Physiotherapie können spezielle Übungen erlernt werden, um die Muskeln des Beckenbodens gezielt zu kräftigen.
Elektrostimulation: Mittels elektrischer Impulse werden Nerven angeregt, die einen Einfluss auf die Blasenfunktion haben. Die Therapie hat das Ziel, die Kontrolle über die Blasenmuskulatur zu verbessern und den Harndrang zu reduzieren.
Reizblase mit Medikamenten behandeln
Zur Behandlung einer Reizblase können verschiedene Medikamente verordnet werden. Häufig kommen Anticholinergika zum Einsatz. Diese Arzneimittel wirken entspannend auf die Blasenmuskulatur und können die Häufigkeit von Toilettengängen reduzieren. Mitunter sind jedoch Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Verstopfung möglich.
Alternativ können Injektionen mit Botulinumtoxin (Botox) in die Blasenmuskulatur verabreicht werden. Botox schwächt die Muskulatur vorübergehend, wodurch die überaktive Blase beruhigt wird. Dieser Effekt hält in der Regel mehrere Monate an.
Bei Frauen in den Wechseljahren kann möglicherweise eine lokale Östrogentherapie hilfreich sein, um den Harndrang zu reduzieren.
Unterstützend können gegen eine Reizblase verschiedene pflanzliche Präparate verschrieben werden, etwa mit Inhaltsstoffen aus Cranberry, Goldrutenkraut, Bärentraubenblättern oder Kürbiskernen.
Wann ist eine Operation notwendig?
In seltenen und schweren Fällen, in denen keine andere Therapie greift, kommen operative Verfahren in Betracht. Eine Option stellt die sakrale Neuromodulation dar. Dabei wird ein kleiner Stimulator unter die Haut implantiert, der die Nerven, die die Blase steuern, mit sanften elektrischen Impulsen stimuliert.
Diagnose: So wird eine Reizblase festgestellt
Die Reizblase gilt als eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass Ärzt*innen zunächst verschiedene mögliche Ursachen ausschließen, bevor die Diagnose einer Reizblase gestellt wird.
In der Regel erfolgt zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch, in welchem die Symptome und die Krankheitsgeschichte der Patient*innen erfasst werden. Im Anschluss erfolgt eine körperliche Untersuchung. Beispielsweise überprüft der*die Arzt*Ärztin bei Männern, ob die Prostata vergrößert ist.
Zu den weiteren möglichen Untersuchungsmethoden gehören:
Urintest: Dieser dient dazu, bakterielle Infektionen oder andere Auffälligkeiten im Harn festzustellen.
Harnröhrenabstrich: Um Entzündungen oder Infektionen der Harnwege weiter abzuklären.
Blutuntersuchung: Zur Überprüfung von Entzündungswerten oder hormonellen Veränderungen.
Blasenspiegelung (Zystoskopie): Hierbei wird die Blase mit einem dünnen Instrument (Endoskop) untersucht, um Auffälligkeiten direkt zu betrachten.
bildgebende Verfahren: Eine Ultraschalluntersuchung oder Röntgenaufnahme der Blase und der Harnwege wird durchgeführt, um etwa strukturelle Veränderungen auszuschließen.
In manchen Fällen wird eine Blasendruckmessung (Urodynamik) veranlasst. Hierbei führen Ärzt*innen einen dünnen Katheter durch die Harnröhre ein, der mit Drucksonden und Elektroden ausgestattet ist. Diese Methode ermöglicht es, den Druck in der Blase zu messen und die Blasenfunktion präzise zu bewerten.
Verlauf und Prognose: Kann eine Reizblase geheilt werden?
In den meisten Fällen ist eine Reizblase eine chronische Erkrankung. Einige Betroffene erfahren jedoch bereits durch einfache Maßnahmen eine deutliche Linderung der Symptome. In anderen Fällen erweist sich die Therapie als langwieriger und komplizierter. Selbst wenn die Beschwerden nicht vollständig abklingen, lässt sich bei den meisten Patient*innen die Lebensqualität verbessern.
Eine aktive Mitarbeit der Betroffenen ist entscheidend, um die Blasenschwäche in den Griff zu bekommen. Neben dem Abbau von Übergewicht sollten Patient*innen auf das Rauchen und den Konsum von Alkohol verzichten. Auch zu einem Koffeinverzicht wird häufig geraten. Daneben kann regelmäßige körperliche Aktivität, insbesondere ein Training der Beckenbodenmuskulatur, die Symptome lindern.