Eine Flasche und ein Glas mit Ingwersaft
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Ingwer-Shot: Hilft er wirklich bei Erkältungen?

Von: Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 12.02.2024

Ingwer-Shots haben ein gesundes Image: Neben ihrer positiven Wirkung auf den Darm gelten sie auch als effektives Mittel, um sich in der Erkältungssaison vor einem Infekt zu schützen. Die kleinen Fläschchen im Supermarkt werben damit, das Immunsystem zu stärken. Aber stimmt das wirklich? Und wie lässt sich das Trendgetränk selbst herstellen?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

Was sind Ingwer-Shots?

Bei Ingwer-Shots handelt es sich um hochkonzentrierten Ingwersaft, der in kleinen Flaschen abgefüllt wird und in diversen Cafés, Supermärkten und online erhältlich ist. Kostenpunkt: Rund 3 Euro pro 100 Milliliter. Um den bestmöglichen Effekt zu erzielen, wird Kund*innen geraten, täglich einen Ingwer-Shot zu trinken. Entsprechend teuer kann der Konsum auf lange Sicht werden. 

Woraus bestehen Ingwer-Shots?

Je nach Hersteller können die Inhaltsstoffe der Ingwer-Shots variieren. Anders, als man annehmen würde, ist nicht etwa der Ingwer Hauptbestandteil. Die scharfe Knolle macht gerade einmal 20 bis 30 Prozent des Drinks aus. Der Anteil an Apfelsaft ist hingegen doppelt so hoch.

Trotzdem ist auf den kleinen Flaschen von "Ingwer-Shots mit Apfel" die Rede, und nicht etwa von "Apfel-Shots mit Ingwer". Zugegeben, das ohnehin schon scharfe Getränk wäre bei einem höheren Ingweranteil vermutlich kaum genießbar. Dennoch wird auf den ersten Blick vermittelt, dass es sich vor allem um Ingwersaft handelt.

Zusätzlich zu Apfel- und Ingwersaft sind in der Regel auch Zitronen- und Orangensaft sowie Süßungsmittel und Konservierungsstoffe enthalten. 

Helfen Ingwer-Shots bei Erkältungen?

Einige Studien deuten darauf hin, dass die in Ingwer enthaltenen Scharfstoffe antibakterielle und antivirale Eigenschaften aufweisen. So soll die Ingwerknolle dabei helfen, die Abwehrkräfte zu stärken und Erkältungsviren (Rhinoviren) zu bekämpfen. Einzelne Tier- und Zellstudien zeigen zudem, dass Ingwer bis zu einem gewissen Grad schmerzlindernd wirkt. Bei Husten und Halsschmerzen kann ein heißer Ingwertee wohltuend sein. 

Inwieweit ein täglicher Ingwer-Shot in der Erkältungssaison einen nennenswerten, vorbeugenden Effekt hat, ist allerdings unklar. Die Studien sind nicht fundiert genug, um eine eindeutige Aussage zu treffen.

Gleiches gilt übrigens für die Zitrone, der eine ähnliche Wirkung nachgesagt wird: Bislang konnte in keiner Studie eindeutig nachgewiesen werden, dass das im Zitronensaft enthaltene Vitamin C einer Erkältung vorbeugen oder diese lindern kann. 

Wie gesund ist Ingwer?

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verwendet man die Gewürzpflanze bereits seit mehr als 2000 Jahren, und auch heute noch werden in Apotheken und Drogerien verschiedenste Produkte verkauft, die Ingwer enthalten. Im Jahr 2018 wurde Ingwer sogar zur Heilpflanze des Jahres gewählt.

Der Ingwer-Wurzelstock enthält unter anderem 

Aus medizinischer Sicht sind zudem die enthaltenen ätherischen Öle und die Scharfstoffe (Gingerole) von Bedeutung. Die bioaktiven Verbindungen sorgen für den typisch scharfen Ingwergeschmack und haben verschiedene gesundheitliche Vorteile:

  • Verdauungsfördernde Eigenschaften: Die Gingerole in Ingwer haben einen positiven Effekt auf den Magen- und Darmbereich. Sie können nachweislich die Verdauung fördern, indem sie die Produktion von Magensäure anregen und die Bewegung des Magens beschleunigen. So lassen sich etwa Magenkrämpfe und Blähungen lindern. 

  • Antiemetische Wirkung: Ätherische Öle und Gingerole in Ingwer können Übelkeit und Erbrechen entgegenwirken. Denn Übelkeit wird durch Serotoninrezeptoren ausgelöst. Die Scharfstoffe im Ingwer blockieren genau diese Rezeptoren. Dies kann besonders nützlich sein bei Reisekrankheit, Schwangerschaftsübelkeit oder Übelkeit nach einer Operation.

  • Wärmewirkung: Äußerlich angewendet, etwa als Badezusatz, soll Ingwer gegen Muskelschmerzen helfen. Viele Menschen empfinden die Wärmewirkung, die von den Gingerolen ausgeht, als wohltuend. Wissenschaftlich belegt ist dies jedoch nicht.

  • Antioxidative Eigenschaften: Die antioxidativen Eigenschaften der ätherischen Öle und Gingerole können helfen, Zellschäden durch freie Radikale zu bekämpfen und sollen so das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs senken. Hier fehlen jedoch noch aussagekräftige Studien. 

  • Entzündungshemmende Wirkung: Gingerole haben antiinflammatorische Eigenschaften, die dabei helfen können, Entzündungen im Körper zu reduzieren. Dies kann insbesondere bei entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis, Rheuma oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa vorteilhaft sein. Aktuelle Studien weisen außerdem darauf hin, dass Ingwer bei Periodenbeschwerden helfen kann.

Können Ingwer-Shots beim Abnehmen helfen?

Die Behauptung, Ingwer könne beim Abnehmen helfen, hält sich hartnäckig. So soll die Knolle den Stoffwechsel anregen, die Fettverbrennung ankurbeln und außerdem das Hungergefühl hemmen. Bislang konnte dies allerdings nicht in aussagekräftigen Studien nachgewiesen werden. 

Rezept: Ingwer-Shots lieber selber machen

Dass die scharfe Ingwerknolle ein Immun-Booster ist, konnte bislang nicht ausreichend belegt werden – und somit sind Ingwer-Shots auch kein Garant gegen Infektionen. Trotzdem spricht nichts gegen einen selbstgemachten Ingwer-Shot am Morgen – sei es, um den Magen zu beruhigen oder einfach für den scharf-fruchtigen Kickstart in den Tag.

⌛ 5 Minuten

Zutaten für fünf Ingwer-Shots:

  • 100 Gramm (g) Ingwer, möglichst in Bio-Qualität
  • 3 reife Zitronen (geschält)
  • 3 Esslöffel Honig (für die vegane Variante: Agavendicksaft)
  • 1-2 Teelöffel Kurkuma (optional)

Außerdem:

  • ein Entsafter (alternativ eine Küchenmaschine mit Pürierfunktion oder ein Pürierstab)
  • kleine verschließbare Fläschchen (30-50 ml)

Zubereitung

  1. Ingwer in kleine Stücke schneiden und in den Mixer geben. Die Knolle muss nicht geschält werden, sofern die Schale unbehandelt und gründlich abgewaschen ist.

  2. Zitronen schälen und zusammen mit Honig und Kurkuma ebenfalls hinzugeben. Alles gründlich durchmixen, bis eine gleichmäßige Flüssigkeit ohne Stückchen entsteht.

  3. Saft in kleine Flaschen füllen und im Kühlschrank aufbewahren. Gut gekühlt halten sich die Shots etwa zwei bis drei Wochen. Tipp zur längeren Haltbarkeit: Flüssigkeit in Eiswürfelformen füllen und die Shots einfrieren. So lohnt es sich, direkt eine größere Menge herzustellen.