Nulldiät: Gefährliche Fastenkur zum Abnehmen?
Keine feste Nahrung, nur kalorienfreie Flüssigkeiten wie Wasser und Tee: So gestaltet sich die Nulldiät. Einige Menschen fasten aus religiösen Gründen, andere streben eine möglichst schnelle Gewichtsabnahme an. Aber wie genau funktioniert die Nulldiät? Wie viel lässt sich mit dem Vollfasten abnehmen und welche Risiken gehen mit der Abnehmmethode einher?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist eine Nulldiät?
Bei der Nulldiät, auch als totales Fasten oder Vollfasten bekannt, wird über einen bestimmten Zeitraum komplett auf feste Nahrung verzichtet. Wie der Name Nulldiät schon vermuten lässt, nimmt man also keine Kalorien zu sich. Erlaubt sind ausschließlich Wasser und ungesüßter Tee.
Ketose: Der gewünschte Effekt bei der Nulldiät
Das Prinzip hinter der radikalen Ernährungsform ist einfach: Wird dem Körper nicht mehr genügend Energie zugeführt, muss er sie sich auf andere Weise verschaffen. Deshalb bedient sich der Organismus an körpereigenen Reserven. So greift er auf die Kohlenhydratspeicher zurück, um sich dort die notwendige Energie zu besorgen. Nach einiger Zeit sind jedoch keine Kohlenhydrate mehr vorhanden, die Speicher sind leer.
Dann setzt die sogenannte Ketose ("Hungerstoffwechsel") ein. In diesem Zustand bedient sich der Körper an den Fettdepots: Mithilfe der Leber werden Ketonkörper gebildet. So können Fettsäuren in Energie umgewandelt werden und der gewünschte Effekt – eine Gewichtsreduktion – tritt ein. Bei einem kompletten Nahrungsverzicht setzt die Ketose bereits nach rund einem Tag ein.
Der Körper greift aber nicht nur auf die Fettzellen zurück, sondern auch auf die Muskelmasse. Denn der Organismus benötigt Eiweiß (Protein). Führt man dem Körper über die Ernährung kein Eiweiß mehr zu, wird dieses vorwiegend aus der Muskulatur mobilisiert.
Wie viel kann man durch die Nulldiät abnehmen?
Durch den Abbau von Fett und Eiweiß ist die Gewichtsreduktion bei völligem Nahrungsentzug vergleichsweise hoch.
- Frauen verlieren etwa 380 Gramm (g) und
- Männer rund 450 g Körpergewicht pro Tag.
Dabei sind rund 80 bis 120 g allein auf den Eiweißabbau zurückzuführen. So lassen sich in einer Woche rund 2,7 bis 3,2 Kilogramm (kg) abnehmen. Bei einem Zeitraum von drei Wochen wären das 8 bis 10 kg.
Für wen eignet sich eine Nulldiät?
Die Motive für eine Nulldiät können unterschiedlich sein. So fasten einige Menschen etwa aus religiösen Gründen. Meist steht jedoch eine schnelle Gewichtsabnahme im Vordergrund.
Da die Nulldiät immer nur über einen gewissen Zeitraum erfolgt, ist die Gewichtsreduktion in aller Regel nicht von Dauer: Der sogenannte Jojo-Effekt stellt sich ein. Dadurch ist die Diätform für Menschen, die langfristig abnehmen möchten, eher nicht geeignet – außer, sie wird als motivierender Einstieg gewertet, auf den eine grundlegende Ernährungsumstellung folgt.
Für Menschen, die nur kurzfristig abnehmen möchten, kann die Nulldiät durchaus effektiv sein. Zum Beispiel gibt es Sportarten, für die das Körpergewicht eine wichtige Rolle spielt, etwa Kampfsport oder Bodybuilding. Doch auch hier sollte man sich etwaigen Risiken bewusst sein.
Nulldiät für Menschen mit Adipositas
Eine Zeit lang wurde die Nulldiät auch in der Adipositastherapie angewandt. Adipositas ist eine krankhafte Fettleibigkeit. Um das starke Übergewicht der Erkrankten abzubauen, wurde die Diät während eines stationären Krankenhausaufenthalts durchgeführt. Die Zeitdauer belief sich hierbei in der Regel auf maximal 100 Tage.
Diese Behandlungsmethode findet heute keine Anwendung mehr, da kaum langfristige Erfolge erzielt werden konnten. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass im Anschluss an die Nulldiät keine ausreichende Betreuung der Betroffenen mehr stattfand.
Wie wird eine Nulldiät durchgeführt?
Üblicherweise wird die Nulldiät über einen Zeitraum von einer bis drei Wochen durchgeführt. Gerade bei Menschen, die noch keine Erfahrung mit dem Vollfasten haben, sollte die eigentliche Fastenzeit aber nicht länger als eine Woche dauern.
Die Nulldiät gliedert sich in drei Phasen:
1. Entlastungstage
Um den Körper schrittweise an den Nahrungsentzug zu gewöhnen, setzen viele Fastende ein bis drei Tage vor der eigentlichen Diät vor allem auf leicht verdauliche Lebensmittel, etwa
- Obst,
- Gemüse
- oder Reis.
Genussmittel wie Alkohol, Kaffee und Tabak werden in diesem Zeitraum üblicherweise weggelassen.
Stimmt man den Organismus – und auch die Psyche – nicht allmählich auf die bevorstehende Diät ein, kann es zu unerwünschten Reaktionen kommen, etwa zu
- erhöhter Reizbarkeit,
- Kopfschmerzen,
- Bauchschmerzen,
- Abgeschlagenheit
- oder besonders starkem Heißhunger.
2. Die eigentliche Fastenzeit
In diesem Zeitraum wird dem Körper nur kalorienfreie Flüssigkeit zugeführt, also Wasser oder Tee. Feste Nahrung ist nicht vorgesehen.
3. Aufbautage
Nach der Fastenkur muss der Körper wieder langsam an feste Nahrung gewöhnt werden. Dazu eignen sich, wie auch während der Entlastungstage, leicht verdauliche Lebensmittel besonders gut. Zu vermeiden sind hingegen schwer verdauliche Lebensmittel, etwa Fleisch oder besonders fettige Gerichte und Frittiertes. Denn während der Diät wird die Verdauung weitgehend eingeschränkt. Diese muss schrittweise angeregt werden, damit es nicht zu Beschwerden wie Magenkrämpfen kommt.
Risiken der Nulldiät
Wer eine kurzfristige Gewichtsabnahme wünscht, kann dieses Ziel mithilfe der Nulldiät durchaus erreichen. Zudem verfolgt das Fastenprogramm ein einfaches Prinzip und ist somit leicht umzusetzen.
Vollfasten ist sowohl zeit- als auch kostensparend. Für stark übergewichtige Menschen kann die Diät ein motivierender Einstieg zum langfristigen Gewichtsverlust durch eine Ernährungsumstellung sein. Dennoch geht die Ernährungsweise mit einigen Risiken einher, deren sich Abnehmwillige bewusst sein sollten.
Fehlende Proteinzufuhr führt zu Stickstoffmangel
Durch den Nahrungsentzug werden dem Körper essenzielle Nährstoffe vorenthalten, zum Beispiel Protein. Der Mensch benötigt Eiweiß aus der Nahrung, um neue Zellen bauen und bestehende Zellen reparieren zu können.
Der tägliche Eiweißbedarf liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei Erwachsenen bei mindestens 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht. Damit dieser Bedarf weiterhin gedeckt werden kann, baut der Körper das körpereigene Protein aus der Muskulatur ab. Die Muskeln benötigen Protein jedoch, um den Körper mit Stickstoff zu versorgen.
Stickstoff ist lebenswichtig: Das Element ist am Stoffwechselprozess beteiligt, unterstützt das Bindegewebe und erfüllt essenzielle Funktionen im Immunsystem. Zwar besteht die Luft zu einem Großteil aus Stickstoff. Im gasförmigen Zustand kann der menschliche Organismus das Element jedoch nicht verwerten. Daher muss es über die Nahrung aufgenommen werden.
Organe wie Herz und Nieren können beschädigt werden
Über einen längeren Zeitraum kann der durch die Nulldiät ausgelöste Eiweißmangel zu Organschäden führen. Zum einen konnte man bei einigen Menschen, die vollständig auf Nahrung verzichtet haben, Veränderungen am Herzmuskel beobachten. Untersuchungen mit dem Elektrokardiogramm (EKG) zeigten zudem, dass sich Herzfrequenz und Herzrhythmus verändern können.
Auch für die Niere kann ein vollständiger Nahrungsentzug langfristig riskant sein. Normalerweise ist sie vor allem für die Ausscheidung von Giftstoffen zuständig. Dies geschieht über den Harn. Beim Vollfasten müssen die Nieren allerdings noch mehr leisten.
Das Gehirn braucht nämlich Energie. Diese ist nach einer gewissen Zeit aber aufgebraucht. Dann werden Fettsäuren in sogenannte Ketonkörper umgewandelt, die das Gehirn nutzen kann. Und diese Ketonkörper müssen ausgeschieden werden, wodurch die Niere mehr arbeiten muss. Die Folge: Die Harnsäureausscheidung wird gehemmt und Harnsäure sammelt sich im Blut an. Das kann zum Beispiel Gicht begünstigen.
Mangel an Elektrolyten und Mineralstoffen
Der Nahrungsverzicht zieht nicht nur einen Gewichtsverlust nach sich. Durch die Entleerung des Verdauungstraktes und den Mangel an Eiweiß, Kohlenhydraten, Wasser und Elektrolyten, fehlt es dem Körper an wichtigen Mineralstoffen wie Natrium und Magnesium.
Das kann verschiedene Beschwerden mit sich bringen, etwa
- Müdigkeit,
- fehlende Energie,
- starke Hungergefühle (Heißhunger),
- Kreislaufprobleme,
- Magenschmerzen
- und bei längerer Fastendauer auch Haarausfall.
Um diesen Symptomen entgegenzuwirken, empfehlen Ernährungswissenschaftler*innen folgende Tipps während der Fastenkur zu beachten:
- ausreichend trinken (mindestens drei Liter pro Tag)
- den Körper zusätzlich mit Vitaminen versorgen (z. B. in Tablettenform)
- nicht ganz auf "Null gehen" und dem Körper Nährstoffe über Getränke wie Gemüsebrühe, Fruchtsäfte oder Eiweiß-Drinks zuführen