Zytokine sind Botenstoffe, die vom Immunsystem gebildet werden.
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Was sind Zytokine und was bewirken sie im Körper?

Von: Jasmin Krsteski (Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 19.03.2025

Zytokine sind Proteine, die wichtig für das Immunsystem sind. Sie können Entzündungen sowohl fördern als auch hemmen. Bildet der Körper zu wenig oder zu viele Zytokine, sind manchmal chronische Entzündungen und Autoimmunerkrankungen die Folge. Welche Wirkung haben Zytokine wie Interleukine oder Interferone und wann werden sie bestimmt? 

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zu Zytokinen

Zytokine sind Botenstoffe des Immunsystems. Sie unterstützen die Abwehr von Infektionen. Zytokine können entweder entzündungsfördernd oder -hemmend wirken.

Was sind Zytokine?

Zytokine (auch: Cytokine) sind Glykoproteine, die als Botenstoffe des Immunsystems wirken. Sie werden von Zellen abgegeben und steuern die Kommunikation zwischen Leukozyten, Monozyten, Makrophagen und anderen Immunzellen. Dafür dockt ein Zytokin an einen sogenannten Rezeptor an, der auf der Zelloberfläche sitzt. Damit löst es eine bestimmte Reaktion aus. Zum Beispiel aktivieren die Botenstoffe die passenden Zellen des Immunsystems und lotsen sie an den Ort der Infektion.

Ist die Regulation von Zytokinen gestört, können Erkrankungen sowohl die Ursache als auch die Folge sein. Zudem bestehen Wechselwirkungen: So kann ein Überschuss an Zytokinen eine Autoimmunerkrankung auslösen, die wiederum die Freisetzung dieser Botenstoffe verstärkt. Die Bestimmung der Zytokine kann daher für eine Diagnose hilfreich sein.

Was bewirken Zytokine im Körper?

Wichtige Aufgaben der verschiedenen Zytokine im Körper sind beispielsweise:

  • Aktivierung und Steuerung der Immunantwort
  • Vermehrung und Differenzierung von Granulozyten, Monozyten und anderen Blutzellen
  • Entzündungsreaktionen fördern oder hemmen
  • Wundheilung und Reparaturprozesse im Gewebe
  • Blutbildung
  • Infektabwehr
  • Regulation von Fieber

Zytokine können sowohl lokal wirken als auch über den Blutkreislauf den ganzen Körper beeinflussen.

Zytokine in der Medizin

Zur Behandlung mancher Krankheiten werden Zytokine gezielt gehemmt, beispielsweise mithilfe bestimmter Antikörper oder Zytokinrezeptoren. Solche entzündungshemmenden Mittel stehen zum Beispiel gegen Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn oder die rheumatoide Arthritis zur Verfügung. Denn dabei richtet sich das überschießende Immunsystem gegen den eigenen Körper und muss eingedämmt werden.

Andererseits können die Zytokine selbst als Medikamente genutzt werden, um das Immunsystem zu stimulieren, etwa bei einer Virus-Hepatitis oder bestimmten Krebsarten.

Wann werden Zytokine im Blut bestimmt?

Zytokine werden nicht routinemäßig bestimmt, sondern nur, wenn ein Verdacht auf Entzündungsprozesse, Immunstörungen oder schwere Infektionen besteht. In der Regel geschieht das im Rahmen einer Blutuntersuchung. Zum Beispiel bei:

  • Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes, um den Entzündungsstatus zu überwachen

  • Infektionen wie Covid-19 oder einer Blutvergiftung (Sepsis), um das Risiko eines Zytokinsturms abzuschätzen

  • Krebserkrankungen, um die tumorbedingte Entzündungsreaktion und das Immunsystem zu beurteilen

  • Transplantationen, um das Risiko einer Abstoßungsreaktion zu überwachen

  • Behandlungen mit Biologika oder Immunmodulatoren (zum Beispiel bei Autoimmunerkrankungen), um den Therapieerfolg zu kontrollieren

Was passiert bei einem Zytokinsturm?

Ist nach einer Infektion der Erreger bekämpft, fährt das Immunsystem normalerweise wieder runter. Aus noch unbekannten Gründen passiert das jedoch manchmal nicht. Dann werden immer größere Mengen an Zytokinen freigesetzt, die das Immunsystem weiter anfeuern und heftige Entzündungsprozesse auslösen.

Ein solcher Zytokinsturm kann lebensbedrohliche Folgen haben. Die ursprünglich gegen den Erreger gerichteten entzündlichen Prozesse schädigen das körpereigene Gewebe und können in schweren Fällen zum Organversagen führen.

Mögliche Anzeichen für einen Zytokinsturm sind:

Welche Zytokine gibt es und welche Aufgaben haben sie?

Zytokine lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen, die jeweils unterschiedliche Aufgaben haben:

Proinflammatorische Zytokine

Entzündungsfördernde Zytokine verstärken Entzündungen und aktivieren Immunzellen, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Beispiele sind:

  • Interleukin-1 (IL-1): fördert Entzündungen und Fieber
  • Interleukin-6 (IL-6): unterstützt die Akute-Phase-Reaktion, die schnelle Reaktion des Körpers auf eine Infektion oder Verletzung
  • TNF-α (Tumornekrosefaktor-alpha): fördert Entzündungen, ist an Autoimmunerkrankungen beteiligt
  • Interferon-gamma (IFN-γ): unterstützt die Abwehr von Infektionen

Antiinflammatorische Zytokine

Entzündungshemmende Zytokine sorgen dafür, dass die Entzündung nach erfolgreicher Bekämpfung des Krankheitserregers wieder abklingt und sich die aktivierten Zellen abschalten. Zum Beispiel:

  • Interleukin-4: fördert die Differenzierung von B-Lymphozyten (bestimmte weiße Blutkörperchen) und hemmt Entzündungen
  • Interleukin-10: hemmt Entzündungen und unterdrückt übermäßige Immunreaktionen
  • Transforming Growth Factor-beta (TGF-β): fördert die Gewebereparatur und Immuntoleranz

Spezialisierte Zytokine

Spezialisierte Zytokine übernehmen gezielte Aufgaben im Immunsystem, zum Beispiel:

  • Chemokine lenken Immunzellen gezielt an Entzündungs- oder Infektionsorte
  • Koloniestimulierende Faktoren (CSF) fördern die Bildung von Blutzellen

TNF-α spielen eine Rolle in der Krebsforschung. Als Wachstumsfaktor können sie unter bestimmten Bedingungen Tumorzellen zerstören, aber auch die Tumorentwicklung begünstigen, indem sie die Zellvermehrung und Entzündungsprozesse verstärken.

Was bedeutet es, wenn die Zytokine erniedrigt oder erhöht sind?

Zytokine werden vom Körper je nach Bedarf reguliert. Die entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Botenstoffe befinden sich bei einer Immunreaktion normalerweise in einem Gleichgewicht.

Liegen zu viele entzündungsfördernde oder zu wenig entzündungshemmende Zytokine vor, bleibt das Immunsystem in einem überaktiven Zustand. Die anhaltende Entzündungsreaktion kann körpereigenes Gewebe schädigen. Das Risiko für chronische Entzündungen und Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis oder rheumatoide Arthritis ist erhöht.

Wann treten zu hohe Zytokinwerte auf?

Eine erhöhte Zytokinproduktion ist meist eine Reaktion auf Infektionen, Entzündungen oder Stress. Je nach Ausmaß kann sie auf verschiedene Gesundheitszustände hinweisen:

  • Leicht erhöhte Zytokinwerte treten etwa bei Infekten oder Stress auf.

  • Eine deutlich erhöhte Menge weist auf schwere Entzündungen, Infektionen oder Autoimmunerkrankungen hin.

  • Sehr hohe Werte können für einen Zytokinsturm sprechen, etwa aufgrund einer Sepsis oder eines Zytokin-Freisetzungssyndroms (CRS). CRS tritt häufig als Nebenwirkung von Immuntherapien wie der CAR-T-Zell-Therapie auf und führt zu einer überschießenden Immunreaktion mit hohem Fieber, niedrigem Blutdruck und Organkomplikationen.

Daneben gibt es weitere Faktoren, die die Zytokinproduktion erhöhen können:

  • Krebserkrankungen: Einige Tumoren produzieren entzündungsfördernde Zytokine, die etwa das Wachstum beeinflussen können.

  • Übergewicht (Adipositas): Fettgewebe produziert entzündungsfördernde Zytokine (Adipokine) wie TNF-α und IL-6.

  • starker Stress: Chronischer Stress beeinflusst die Zytokinproduktion.

  • genetische Faktoren: Manche Menschen haben genetisch bedingt eine erhöhte Zytokinaktivität, was die Wahrscheinlichkeit für Autoimmunerkrankungen erhöht.

Wann sind zu wenig Zytokine vorhanden?

Sind zu wenige entzündungsfördernde Zytokine vorhanden, kann das Immunsystem nicht ausreichend stark auf Erreger reagieren. Mögliche Ursachen sind:

  •  Immunschwäche: Etwa bei HIV oder nach einer Chemotherapie ist die Immunabwehr geschwächt.

  • Medikamenteneinfluss: Immunsuppressiva oder Biologika können gezielt Zytokine hemmen, um überschießende Immunreaktionen zu unterdrücken.

  • Alter: Mit zunehmendem Alter kann das Immunsystem schwächer werden.

  • Mangelernährung: Ein Mangel an Vitaminen und Spurenelementen wie Zink kann die Produktion wichtiger Immunbotenstoffe verringern.