Tisch mit einer Lupe, die das Wort Serotonin vergrößert zeigt.
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Serotonin: Wirkung und Ursachen von erhöhten und niedrigen Werten

Von: Jessica Rothberg (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 04.12.2024

Serotonin ist vor allem für seine positive Wirkung auf die Stimmung bekannt. Doch der Botenstoff ist mehr als nur ein "Glückshormon": Es beeinflusst zahlreiche Funktionen im Organismus – vom Schlaf-Wach-Rhythmus bis hin zur Darmtätigkeit. Wann wird der Serotonin-Wert bestimmt und was steckt hinter zu niedrigen und erhöhten Werten?

FAQ: Häufige Fragen und Antworten rund um Serotonin

Serotonin wirkt als Botenstoff im Hirn und steuert beispielsweise Stimmung, Appetit, Schlaf-Wach-Rhythmus, Schmerzempfinden und Verdauung. Ein ausgeglichener Serotoninspiegel ist somit wichtig für das eigene Wohlbefinden.

Serotonin lässt sich durch eine ausgewogene Ernährung mit Lebensmitteln erhöhen, die Tryptophan enthalten. Dazu zählen etwa Bananen und Walnüsse. Auch regelmäßige Bewegung und Sport erhöhen die Ausschüttung von Serotonin. In manchen Fällen können ärztlich verschriebene Medikamente den Serotonin-Wert steigen lassen.

Einige Faktoren können niedrige Serotonin-Werte begünstigen. Dazu zählen unter anderem Stress, ein Vitamin-B6-Mangel und verschiedene Krankheiten wie Autoimmunerkrankungen.

Was ist Serotonin?

Serotonin (auch 5-Hydroxytryptamin, 5-HT) ist ein Botenstoff, der viele wichtige Funktionen im Körper hat. Der Neurotransmitter kommt im peripheren und zentralen Nervensystem vor und wirkt als Gewebshormon auf unterschiedliche Prozesse im Organismus. Serotonin zählt zu den biogenen Aminen, bestimmten Stoffwechselprodukten. Zudem ist es ein Vorläufer von Melatonin, das mitunter den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst. Hergestellt wird der Botenstoff aus der Aminosäure Tryptophan.

Sowohl ein Überschuss als auch ein Mangel an Serotonin ist mit einigen negativen körperlichen Folgen verbunden. Insbesondere Krankheiten wie Migräne, Reizdarm und Depressionen stehen mit dem Neurotransmitter in Verbindung. Da sich Serotonin auch auf die Emotionen auswirken kann, wird es als "Glückshormon" bezeichnet.

Serotonin: Welche Wirkung hat der Botenstoff?

Welche Wirkung Serotonin hat, hängt davon ab, an welchen Rezeptor der Botenstoff dockt. Diese Rezeptoren befinden sich an der Oberfläche von Zellen. Bindet Serotonin an einen Rezeptor, kommt es zu einer bestimmten Reaktion. 

Rund 95 Prozent des Vorrats an Serotonin befinden sich in der Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt, vor allem im Darm. Der Botenstoff reguliert beispielsweise die Darmbewegungen. Blutplättchen (Thrombozyten) nehmen zudem Serotonin im Darm auf. Bei kleinen Verletzungen von Blutgefäßen geben die Thrombozyten das Serotonin wieder ab, da es gefäßverengend wirkt und somit die Blutgerinnung unterstützt.

Darüber hinaus hat Serotonin weitere Wirkungen, die sich insbesondere auf das Gehirn auswirken. Es beeinflusst unter anderem: 

  • Antrieb, Stimmung sowie Impulskontrolle
  • Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Appetit
  • Sexualverhalten
  • Schmerzempfinden
  • Emotionen

Serotonin: Wirkung als Arzneimittel

Bindet Serotonin an Rezeptoren im Brechzentrum (ein Steuerungsbereich im Gehirn), löst dies Erbrechen und Übelkeit aus. Bei einer Krebstherapie mit Chemotherapeutika (Zytostatika) oder infolge einer Strahlentherapie setzt der Darm vermehrt Serotonin frei. Dann erhalten Betroffene Medikamente gegen die Beschwerden, sogenannte Serotonin-Antagonisten (5-H-T3-Rezeptor-Antagonisten). Diese blockieren die Serotonin-Rezeptoren.

Da sich der Botenstoff positiv auf die Stimmung auswirken kann, werden Betroffenen mit Depressionen häufig sogenannten Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) verschrieben. Dazu zählen Antidepressiva mit den Wirkstoffen Citalopram oder Venlafaxin. Die Medikamente hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin in den Nervenzellen und sorgen so dafür, dass dem Gehirn mehr des Botenstoffs zur Verfügung steht.

Auch zur Behandlung von Migräne kommt Serotonin in Form von Triptanen zum Einsatz.

Serotoninspiegel messen: Wann wird der Wert bestimmt?

Der Serotoninspiegel wird bestimmt, wenn Ärzt*innen hormonproduzierende Tumoren vermuten. Diese neuroendokrinen Tumoren (NET) befinden sich oftmals im Magen-Darm-Trakt (Karzinoid), aber mitunter auch in anderen Körperbereichen. Mögliche Symptome sind Durchfall, Flushs (anfallsartige Gesichtsrötungen), Verkrampfungen der Atemwege oder Herzrasen (Tachykardie).

Auch zur Diagnose von Migräne wird der Serotonin-Wert häufig bestimmt.

Wie wird der Serotoninspiegel gemessen?

Serotonin kann direkt im Blut gemessen werden. Häufiger bestimmen Fachleute den Wert jedoch indirekt über ein Abbauprodukt im 24-Stunden-Sammelurin, die 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES). Als Referenzwerte gelten:

  • im Blut: 50 bis 200 Mikrogramm pro Liter (µg/l)
  • im Urin: < 200 Mikrogramm pro Tag (µg/d)

Je nach laborspezifischer Messmethode unterscheiden sich die Referenzbereiche.

Vor der Urinprobe müssen Betroffene auf einige Lebensmittel wie Kaffee oder Schokolade sowie bestimmte Medikamente verzichten, da diese den Wert verfälschen können. Das ärztliche Personal klärt vor der Untersuchung darüber auf.

Niedriger Serotonin-Wert: Was ist die Ursache?

Liegen Funktionsstörungen von Stoffen vor, die Serotonin bilden, kann es zu einem niedrigen Wert kommen. Mögliche Ursachen, die zu einem solchen Serotoninmangel führen können, sind: 

Einige Fachleute vermuten einen Zusammenhang zwischen psychischen Krankheiten wie Angststörungen oder Depressionen und einem niedrigen Serotonin-Wert. Jedoch fehlen aussagekräftige Studien, die diese Vermutung sichern.

Zum Ausgleich eines Serotoninmangels verschreiben Ärzt*innen möglicherweise Medikamente.

Serotonin: Was bedeuten erhöhte Werte?

Deutlich erhöhte Serotonin-Werte können Anzeichen eines neuroendokrinen Tumors (NET) sein. Doch auch bei Zöliakie oder Epilepsie kann das der Fall sein. Deshalb ordnen Fachleute bei auffälligen Werten weitere Untersuchungen an, um eine sichere Diagnose stellen zu können. 

In manchen Fällen kann auch das sogenannte Serotoninsyndrom Ursache sein. Auslöser hierfür sind bestimmte Medikamente, die fälschlicherweise miteinander kombiniert werden, beispielsweise Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und Monoaminoxidase-Hemmer. Dadurch kann es zu einem Überschuss von Serotonin kommen, der potenziell lebensgefährlich ist. Anzeichen sind unter anderem: 

  • Durchfall, Übelkeit, Erbrechen
  • Fieber
  • Schwitzen
  • Zittern
  • Bewusstseinsstörungen 
  • Epileptische Anfälle 

Die Medikamente müssen bei Anzeichen eines Serotoninsyndroms sofort abgesetzt und Betroffene ärztlich untersucht werden.

Erhöhte Serotonin-Werte werden je nach zugrunde liegender Ursache behandelt. 

Serotonin: Bestimmte Lebensmittel erhöhen Wert

Der Vorläufer von Serotonin, das Tryptophan, steckt auch in verschiedenen Lebensmitteln. So kann beispielsweise der Verzehr von Schokolade, Avocados oder Walnüssen Serotonin im Körper erhöhen.