Ein älterer Mann sitzt neben einer Ärztin, die einen Teil eines Wiebelsäulenmodells in der Hand hält und mit der anderen Hand darauf deutet.
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Spinalanästhesie

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 09.12.2021

Die Spinalanästhesie ist eine Form der rückenmarksnahen Regionalanästhesie, bei welcher einzelne Nervensegmente betäubt werden. Dabei spritzt der Narkosearzt ein örtliches Betäubungsmittel, ein Lokalanästhetikum, in den Wirbelkörperkanal (Spinalkanal). Im Gegensatz zur Vollnarkose bleibt man während der Operation bei vollem Bewusstsein – der Patient kann aber ein Beruhigungsmittel einnehmen, sodass er die Operation nicht oder kaum wahrnimmt.

Allgemeines

Im Spinalkanal befindet sich neben dem Nervenwasser (Liquor) das Rückenmark sowie von ihm abgehende Nervenfasern. In der Regel endet das Rückenmark auf Höhe des ersten bis zweiten Lendenwirbelkörpers. Daher spritzt der Arzt das Betäubungsmittel bei der Spinalanästhesie meist auf Höhe zwischen dem dritten und vierten Lendenwirbel, um eine Verletzung des Rückenmarks auszuschließen. Die auf dieser Höhe verlaufenden Nervenfasern (sog. Cauda equina) können der Nadel ausweichen.

Der Narkosearzt kann mithilfe der Spinalanästhesie ganz unterschiedliche Körperbereiche betäuben. Das Verfahren eignet sich für Operationen am Bauch (z.B. Kaiserschnitt), an der Hüfte, am gesamten Bein und am Fuß.

Ablauf der Spinalanästhesie

Zur Vorbereitung desinfiziert der Arzt die Einstichstelle am Rücken über der Wirbelsäule und spritzt ein örtliches Betäubungsmittel mit einer feinen Nadel in und unter die Haut. An dieser nun betäubten Stelle nimmt er die Spinalanästhesie mithilfe einer speziellen Kanüle (z.B. sog. Sprottenadel) vor. Er führt sie meist zwischen dem dritten und vierten Lendenwirbel am sitzenden oder auf der Seite liegenden Patienten ein und schiebt sie vorsichtig bis zum Wirbelkanal vor. Dort angekommen, verabreicht er das Lokalanästhetikum.

Bereits nach etwa fünf bis zehn Minuten setzt die betäubende und Muskeln lähmende Wirkung ein. Welches Lokalanästhetikum der Narkosearzt für die Spinalanästhesie wählt, richtet sich unter anderem danach, welche Bereiche betäubt werden sollen (Ausdehnung) und wie lange die Betäubung anhalten soll. Dabei bestimmen mehrere Faktoren, welche Körperregion schmerzunempfindlich und gelähmt wird:

  1. die Eigenschaften des Betäubungsmittels (Menge, Dichte)
  2. die Höhe der Punktion (Wo führt der Arzt die Kanüle ein?)
  3. die Körperlage des Patienten nach der Einspritzung

Der Narkosearzt wählt Betäubungsmittel, Höhe der Einstichstelle und Lagerung passend zum Eingriff aus und steuert so die Spinalanästhesie. Je nach dem verteilt sich das Anästhetikum im Spinalkanal weiter nach oben oder unten und hemmt dort die Nervenaktivität. Was die Eigenschaften betrifft, unterscheiden Mediziner "isobare" und "hyperbare" örtliche Betäubungsmittel. "Isobar" bedeutet, dass es dieselbe Dichte (Schwere) wie Liquor hat, "hyperbar", dass es dichter und somit schwerer als Liquor ist. Hyperbare Betäubungsmittel sinken weiter im Spinalkanal herab.

Einsatzgebiete

Aufgrund der Eigenschaften der Betäubungsmittel und der Lage des Rückenmarks und der Nervenfasern im Wirbelkanal eignet sich die Spinalanästhesie für Eingriffe in unterschiedlichen Körperregionen. Es lassen sich vier Ausdehnungstypen der Spinalanästhesie unterscheiden:

  • hoher Block: Eingriffe am Oberbauch
  • mittlerer Block. Eingriffe am Unterbauch (z.B. Leistenbruch, Blaseneingriffe)
  • tiefer Spinalblock: Operationen an Hüfte, Bein und Fuß
  • Sattelblock: Eingriffe im äußeren Genital- und Analbereich

Welche Ausdehnung mit der Spinalanästhesie erreicht werden muss, hängt folglich von der zu operierenden Körperregion ab. Ein Beispiel: Der hohe Block eignet sich für einen Kaiserschnitt. Gängige Eingriffe im Bereich des Beins, die in Spinalanästhesie erfolgen, sind:

  • Operationen am Schenkelhals (Oberschenkelknochen)
  • Spiegelung des Kniegelenks (Arthroskopie)
  • Brüche des Mittelfußknochens
  • Brüche des Sprungelenks

Kaiserschnitt

Die Spinalanästhesie ist beim Kaiserschnitt (Sectio caesarea) ein sehr gängiges Narkoseverfahren. Geplante und sogenannten eilige Kaiserschnitte werden in Deutschland häufig in dieser Technik vorgenommen. "Eilig" bedeutet, dass das Kind innerhalb einer halben Stunde auf die Welt gebracht werden sollte. Nur beim sogenannten Notfall-Kaiserschnitt ("Notfall-Sectio"), bei dem das Leben des Kindes oder der Mutter bedroht ist, erfolgt statt einer Spinalanästhesie immer eine Vollnarkose (Allgemeinanästhesie). Die Vollnarkose wirkt direkt und erlaubt somit eine möglichst schnelle Entbindung.

Das passende Anästhesieverfahren für einen Kaiserschnitt hängt folglich vor allem von der geburtshilflichen Dringlichkeit (Geht es Kind und Mutter gut?) ab. Bei regulären Entbindungen spielt der Wunsch der Patientin und die Empfehlung des Narkosearztes eine Rolle.

Eine Spinalanästhesie für einen Kaiserschnitt zu wählen, hat gegenüber einer Vollnarkose folgende Vorteile:

  • Es handelt sich um eine einfache Technik, die zu einer tiefen, reproduzierbaren und schnell einsetzenden Schmerzlosigkeit und motorischen Blockade (Muskellähmung) führt.
  • Die Patientin ist wach, atmet selbstständig und ihre Schutzreflexe (z.B. im Mund-Rachen-Raum) bleiben erhalten.
  • Die Mutter bekommt die Geburt mit.
  • Das Kind wird nicht mit Narkosemedikamenten belastet.

Regionale Anästhesieverfahren wie die Spinalanästhesie scheinen beim Kaiserschnitt seltener zu Komplikationen bei Kind und Mutter zu führen. Zudem sind Mütter mit diesem Verfahren meist sehr zufrieden. Trotzdem können die für eine Spinalanästhesie typischen unerwünschten Nebenwirkungen auftreten.

Komplikationen und Nebenwirkungen

In einigen Fällen kann es im Rahmen der Spinalanästhesie zu Komplikationen und Nebenwirkungen kommen. Häufig sinkt der Blutdruck (Blutdruckabfall), weil das örtliche Betäubungsmittel die Gefäße der Beine weit stellt und Blut dort "versackt". Der Narkosearzt verabreicht dann ein Medikament, dass die Gefäße enger stellt und somit den Blutdruck wieder erhöht.

Weitere mögliche Nebenwirkungen einer Spinalanästhesie sind Übelkeit und Erbrechen sowie Kopfschmerzen und Rückenschmerzen. Die Kopfschmerzen verstärken sich typischerweise im Stehen – liegt der Betroffene, verschwinden sie oder sind nur schwach ausgeprägt.

Für eine Spinalanästhesie mögliche Komplikationen sind zudem:

  • Infektionen an der Einstichstelle
  • Blutung
  • Verletzung eines Nerven