Eine Ärztin untersucht einen jungen Mann, der offensichtlich Schmerzen in der Schulter hat
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Schmerztherapie: Multimodale Behandlung akuter und chronischer Schmerzen

Von: Julia Heidorn (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 16.10.2024

Eine Schmerztherapie dient der Behandlung von akuten oder chronischen Schmerzen, etwa bei Migräne, Arthrose oder Fibromyalgie. Idealerweise findet eine multimodale Schmerztherapie statt, bei der neben Medikamenten beispielsweise auch Entspannungstechniken und Physiotherapie zum Einsatz kommen. Wie läuft eine Schmerztherapie ab und welche Risiken gibt es?

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.

FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Schmerztherapie

Eine Schmerztherapie umfasst nicht-medikamentöse Verfahren wie Physio- und Psychotherapie. Bei Bedarf kommen auch Schmerzmittel sowie präventiv wirkende Medikamente zum Einsatz.

Eine Schmerztherapie dauert je nach Erkrankung unterschiedlich lange. Bei manchen Betroffenen besteht bereits nach einigen Wochen kein Behandlungsbedarf mehr, andere müssen die Therapie über Monate oder Jahre hinweg fortführen.

Eine Schmerztherapie ist bei akuten wie chronischen Schmerzen wichtig, um die Lebensqualität der Patient*innen zu verbessern und einer Verschlechterung oder Chronifizierung vorzubeugen.

In der Schmerztherapie können verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz kommen, beispielsweise nicht-opioide Analgetika (etwa Paracetamol oder Ibuprofen), opioide Analgetika (etwa Tilidin oder Fentanyl) sowie Wirkstoffe, die die Intensität und Häufigkeit der Schmerzattacken reduzieren (etwa Antidepressiva oder Antiepileptika).

Was versteht man unter Schmerztherapie?

Durch eine Schmerztherapie werden sowohl akute als auch chronische Schmerzen verschiedenster Ursache behandelt. Das Ziel der Behandlung ist, die Schmerzen abklingen zu lassen oder zumindest zu lindern und so die Lebensqualität der Patient*innen zu verbessern. Die Therapie akuter Schmerzen dient zudem dazu, eine Chronifizierung der Beschwerden zu verhindern. Eine Schmerztherapie kommt zum Einsatz bei:

  • primärem Schmerz: Hier handelt es sich um Schmerzerkrankungen, für die bei Untersuchungen keine zugrundeliegende körperliche Ursache gefunden wird, etwa Kopfschmerzen oder Fibromyalgie.
  • sekundärem Schmerz: Hier liegt eine körperliche Erkrankung oder Verletzung vor, die die Symptome auslöst, zum Beispiel Arthrose oder eine Neuralgie (Nervenschmerzen).

Eine von fünf Personen, die eine hausärztliche Praxis aufsuchen, leidet unter Schmerzen. Insbesondere Menschen über 50 sind betroffen. Am häufigsten handelt es sich um Rücken- oder Gelenkschmerzen. Die körperlichen Beschwerden treten oft im Zusammenhang mit psychischen Problemen auf, etwa Depressionen.

Die Behandlung kann sowohl in Form einer ambulanten Schmerztherapie in der Nähe des Wohnorts als auch in einem Klinikum erfolgen. Idealerweise suchen Betroffene bei chronischem Schmerz eine Schmerzambulanz auf.

Ablauf: Wie verläuft eine multimodale Schmerztherapie?

Eine Schmerztherapie behandelt bestenfalls die Ursache der Beschwerden, beispielsweise eine Gelenkfehlstellung oder rheumatoide Arthritis. Ist das nicht möglich oder reicht diese Behandlung nicht aus, wird auch symptomatisch therapiert. Dabei steht eine Vielzahl verschiedener Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

In unkomplizierten Fällen kann eine Schmerztherapie in der hausärztlichen Praxis oder durch eine*n Fachärztin*Facharzt erfolgen. Bei chronischen oder komplexen Fällen ist eine multimodale Schmerztherapie sinnvoll, bei der verschiedene medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapieansätze miteinander kombiniert werden. Sie kann beispielsweise durch eine*n Schmerztherapeutin*Schmerztherapeuten in der Nähe oder in einer spezialisierten Schmerzklinik erfolgen. Schwierige Fälle werden hier bei einer interdisziplinären Schmerzkonferenz besprochen, bei der Ärzt*innen verschiedener Fachrichtungen zusammenkommen.

Schmerztagebuch für einen Behandlungsplan

Vor Beginn der Therapie halten Betroffene in einem Schmerztagebuch die Häufigkeit und Intensität ihrer Beschwerden fest, eventuell auch mögliche Auslöser. Dieses Tagebuch ist die Grundlage für einen Behandlungsplan, den die*der Ärztin*Arzt gemeinsam mit der betroffenen Person erstellt. Zunächst kommen nicht-medikamentöse Verfahren zum Einsatz, bei Bedarf auch Schmerzmittel oder andere Medikamente.

Schmerztherapie: Nicht-medikamentöse Verfahren

Zu den nicht-medikamentösen Verfahren gehören:

  • Schulung der Patient*innen: Je mehr Betroffene über ihre Erkrankung wissen, desto besser können sie diese im Alltag selbst managen, etwa indem sie bestimmte Auslöser vermeiden.

  • physikalische Therapie: Dazu gehören beispielsweise Massagen, Wärme- und Kältetherapie, Ultraschall- oder Magnetfeldbehandlungen.

  • Physiotherapie: Oft können Übungen zur Lockerung und/oder Kräftigung der Muskulatur hilfreich sein.

  • Entspannungsmethoden: Viele Beschwerden, etwa Kopf- und Rückenschmerzen, können durch Stress ausgelöst oder verschlimmert werden. Gleichzeitig stellen sie eine psychische Belastung dar. So kommt ein Teufelskreis in Gang. Entspannungsmethoden wie progressive Muskelentspannung oder achtsamkeitsbasierte Stressreduktion können helfen.

  • Biofeedback: Bei einer Biofeedbackbehandlung werden Vorgänge im Organismus durch technische Hilfsmittel sicht- oder hörbar gemacht. So lernen Betroffene, diese Vorgänge im Körper zu beeinflussen. Biofeedbacktherapie kommt beispielsweise bei Migräne und Rückenschmerzen zum Einsatz.

  • Psychotherapie: Im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie lernen Betroffene einen besseren Umgang mit ihrer Erkrankung. So können sie den Leidensdruck verringern und ihr Stressniveau senken, was sich wiederum positiv auf die Beschwerden auswirken kann.

  • Elektrostimulation: Durch elektrische Stimulation der Nerven werden Verspannungen gelöst und der Muskelaufbau gefördert.

Schmerztherapie mit Medikamenten

Führen die genannten Verfahren nicht zum gewünschten Behandlungserfolg, kommen Medikamente zum Einsatz. Je nach Grunderkrankung und Ausprägung der Symptome stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung:

  • Leichte bis mäßig starke Schmerzen werden mit sogenannten nicht-opioiden Analgetika behandelt. Dazu gehören die Wirkstoffe Ibuprofen, Diclofenac, Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS) und Metamizol.

  • Mäßig starke bis starke Schmerzen machen stattdessen oder zusätzlich eine Therapie mit schwach wirksamen Opioiden notwendig. Dazu gehören beispielsweise Codein und Tilidin.

  • Sehr starke Schmerzen sprechen nur auf eine Behandlung mit stark wirksamen Opioiden an, beispielsweise Fentanyl oder Morphin.

  • Krampfartige Schmerzen, etwa im Verdauungstrakt oder der Gebärmutter, können mit Spasmolytika behandelt werden, die krampflösend wirken.

  • Bei schmerzhaften Muskelkrämpfen und Trigeminusneuralgie, also Schmerzen an einem Gesichtsnerv, können beispielsweise Muskelrelaxanzien zum Einsatz kommen.

  • Bei bestimmten Schmerzarten, etwa Kopf- und Nervenschmerzen, ist eine medikamentöse Prophylaxe sinnvoll. Sie verringert die Häufigkeit und/oder Intensität der Attacken und somit auch den Schmerzmittelbedarf. Hier kommen beispielsweise Psychopharmaka oder Medikamente gegen Epilepsie (Antikonvulsiva) zum Einsatz.

  • Schwerkranke, etwa Patient*innen in einer Klinik, können eine sogenannte Analgosedierung erhalten. Dabei werden schmerzlindernde Wirkstoffe mit einem Beruhigungsmittel kombiniert.

Je nach Schmerzart können noch weitere, spezielle Verfahren zum Einsatz kommen, etwa Pflaster mit Wirkstoffen wie Capsaicin und Lidocain, eine Nervenblockade durch ein Lokalanästhetikum (periradikuläre Therapie), eine Operation oder ein Schmerzschrittmacher, also ein implantiertes Gerät, das die Schmerzweiterleitung unterbindet.

Anwendungsgebiete: Wann erfolgt eine Schmerztherapie?

Eine Schmerztherapie ist bei allen chronischen Schmerzen angezeigt, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Treten akute Schmerzen regelmäßig oder über mehrere Tage hinweg auf, sollten auch diese ärztlich behandelt werden. Wichtig ist, dass vor der eigentlichen Schmerztherapie die geeignete Diagnostik erfolgt, damit gegebenenfalls die Ursache der Beschwerden therapiert werden kann.

Schmerzen nach einer Verletzung oder einem operativen Eingriff sind zwar zu erwarten, sollten aber dennoch behandelt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich ein Schmerzgedächtnis herausbildet und es zu einer Chronifizierung kommt.

Während akute Schmerzen mit einer konkreten Ursache in der Regel zunächst in der haus- oder fachärztlichen Praxis behandelt werden, ist bei chronischen Schmerzen der Besuch bei einer*einem spezialisierten Schmerzärztin*Schmerzarzt sinnvoll, weil hier eine multimodale Schmerztherapie angezeigt ist.

Risiken und Komplikationen einer Schmerztherapie

Eine Schmerztherapie mit Medikamenten birgt das Risiko von Nebenwirkungen und Langzeitfolgen. So können Schmerzmittel bei regelmäßiger Einnahme den Verdauungstrakt, das Herz-Kreislauf-System, die Nieren und die Leber belasten. Eine Kopfschmerzerkrankung können sie auf Dauer sogar noch verschlimmern, weil bei zu häufiger Einnahme Kopfschmerzen durch den Medikamentenübergebrauch auftreten können. Eines der Behandlungsziele ist daher immer, den Bedarf an Schmerzmitteln zumindest zu senken.

Wenn Betroffene unter Vorerkrankungen leiden, können mitunter nur ausgewählte oder gar keine Medikamente zum Einsatz kommen. Das Gleiche gilt während Schwangerschaft und Stillzeit. Bei Schmerzpatient*innen, die bereits andere Wirkstoffe einnehmen, sind mögliche Wechselwirkungen zu beachten.

Opioide wie Tilidin, Morphin und Fentanyl können zudem abhängig machen. Besondere Vorsicht gilt bei ihrer Einnahme, wenn die Betroffenen bereits unter einer Abhängigkeit leiden oder in der Vergangenheit darunter gelitten haben.

Was gilt es bei einer Schmerztherapie zu beachten?

Bei einer Schmerztherapie ist eine regelmäßige ärztliche Betreuung wichtig. Gerade zu Beginn der Behandlung sollten Betroffene weiterhin ein Schmerztagebuch führen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen.

Mindestens alle drei bis sechs Monate ist eine ärztliche Kontrolle notwendig. Hier wird beurteilt, ob:

  • die Therapie anschlägt
  • die Wirksamkeit ausreichend stark ist
  • nach wie vor Behandlungsbedarf besteht
  • Neben- oder Wechselwirkungen auftreten

Bei einer medikamentösen Schmerztherapie ist darauf zu achten, dass kein Medikamentenübergebrauch erfolgt und sich keine Abhängigkeit einstellt. Kann die*der Patient*in nicht oder nur eingeschränkt kommunizieren, besteht hingegen die Gefahr, dass die Beschwerden nicht ausreichend therapiert werden.