Jemand hält eine Blutkonserve in den Händen.
© Jupiterimages/iStockphoto

Bluttransfusion

Von: Onmeda-Redaktion
Letzte Aktualisierung: 19.01.2022

Bei einer Bluttransfusion erhält der Empfänger durch eine Infusion in die Vene (intravenös) – über eine Hohlnadel (Kanüle) oder einen Venenkatheter – bestimmte Blutbestandteile eines Spenders. Eine solche Blutübertragung kann zum Beispiel dazu dienen, einen Blutverlust oder eine gestörte Blutbildung zu behandeln.

Allgemeines

Schon früh schrieben die Menschen dem Blut heilende Eigenschaften zu und setzten es auch zu therapeutischen Zwecken ein. Dabei verabreichte man allerdings Bluttränke; später kam die Übertragung von tierischem Blut hinzu. Es dauerte lange, bis die erste Bluttransfusion von Mensch zu Mensch so erfolgte, wie wir sie heute kennen. Im frühen 19. Jahrhundert fand die erste erfolgreiche Übertragung von menschlichem Blut in den Blutkreislauf statt: Damals gelang es einem englischen Geburtshelfer, mit Blutübertragungen Frauen zu retten, die bei der Geburt ihrer Kinder viel Blut verloren hatten.

Bei der ersten Bluttransfusion handelte es sich um eine sogenannte Vollblutspende: Das Blut gelangte unverändert vom Spender zum Empfänger. Heute ist es jedoch üblich, nur bestimmte Blutbestandteile zu übertragen, zum Beispiel:

Um eine Blutkonserve herzustellen, ist es notwendig, die Bestandteile aus dem Spenderblut zu isolieren und zu konservieren. Die meisten Blutkonserven sind Konzentrate roter Blutkörperchen (sog. Erythrozytenkonzentrate). Die Vorteile: Bei einer Bluttransfusion erhält der Betroffene genau die Blutbestandteile, die er wirklich braucht. Zudem lassen sich die einzelnen Blutbestandteile einfacher lagern als Vollblut.

Dank der Richtlinien zur Herstellung und Verabreichung fremder Blutprodukte birgt eine Bluttransfusion kaum noch Risiken in sich. Voraussetzung für eine Blutübertragung ist jedoch, dass die Spender- und Empfängerblutgruppen zusammenpassen (bzw. kompatibel sind): Nur dann verträgt der Empfänger das Blut des Spenders. Daher ist vor der Übertragung von Blutkonserven eine Blutgruppenbestimmung notwendig.

schriftlich zustimmen

in dringenden Notfällen

ohne

Laut Transfusionsgesetz (TFG) ist vorgeschrieben, dass alle Daten zu Konserve, Arzt und Empfänger sowie eventuelle Zwischenfälle bei der Entnahme aufzuzeichnen sind, um den Weg einer Blutkonserve vom Spender bis zum Empfänger nachverfolgen zu können.

Herstellung von Blutkonserven

Das zur Bluttransfusion nötige Blut stammt aus einer Blutkonserve. Für die Herstellung von Blutkonserven sind für gewöhnlich große Anbieter verantwortlich: Dies können Wohlfahrtsorganisationen oder private Unternehmen sein. Die Anbieter liefern die verschiedenen Arten von Blutkonserven – regelmäßig und nach Bedarf – an Ärzte und Krankenhäuser, die sie für Bluttransfusionen einsetzen.

Erythrozytenkonzentrat

Bei einer Bluttransfusion kommen überwiegend Blutkonserven aus Erythrozytenkonzentrat zum Einsatz: Dies ist ein Konzentrat roter Blutkörperchen (Erythrozyten). Der erste Schritt zur Herstellung von Erythrozytenkonzentraten besteht darin, die Blutspende in Blutzellen und -plasma zu trennen und zu filtern. Dann gibt man der Blutspende eine sogenannte Stabilisatorlösung zu, um sie haltbar zu machen.

Es ist nicht erlaubt, Blutspenden unterschiedlicher Spender zur Herstellung der Erythrozytenkonzentrate zu vermischen. Nur so ist bei der Bluttransfusion gewährleistet, dass der Ursprung jeder einzelnen Blutkonserve aus Erythrozytenkonzentrat nachvollziehbar bleibt.

Thrombozytenkonzentrat

Die bei einer Bluttransfusion eingesetzten Blutkonserven können auch aus Thrombozytenkonzentrat bestehen, also aus einem Konzentrat aus Blutplättchen (Thrombozyten). Diese kann man ebenso wie rote Blutkörperchen aus Blutspenden gewinnen. Anders als bei der Herstellung von Blutkonserven aus Erythrozytenkonzentrat ist es bei der Gewinnung von Thrombozytenkonzentrat jedoch zulässig, verschiedene Spenden zu mischen, solange deren Blutgruppe identisch ist. Die Thrombozytenkonzentrat-Transfusion ist vor allem geeignet, um Blutgerinnungsstörungen zu behandeln.

Durchführung

Für jede Bluttransfusion gilt: Vor der eigentlichen Übertragung ist unbedingt sicherzustellen, dassSpender- und Empfängerblut verträglich sind. Dieser Verträglichkeitstest besteht in einer sogenannten Kreuzprobe. Hierzu ist es notwendig, zunächst die Blutgruppe sowohl des Empfänger- als auch des Spenderbluts zu bestimmen. Danach vermischt man rote Blutkörperchen (Erythrozyten) aus der Blutkonserve mit dem Blut des Empfängers und beobachtet die Reaktion.

Außerdem ist das Empfängerblut auf Antikörper zu überprüfen, die zu einer Unverträglichkeitsreaktion führen könnten. Fallen beide Tests negativ aus, kann man die Blutkonserve zur Bluttransfusion freigeben. Zusätzlich ist die Blutgruppe des Empfängers unmittelbar vor Durchführung der Blutübertragung mithilfe einer kleinen Karte am Krankenbett (sog. ABO-Bedside-Test) nochmals zu überprüfen, um Verwechslungen auszuschließen.

Wenn ein ungeborenes Kind wegen einer Rhesusunverträglichkeit eine Anämie (Blutarmut) entwickelt, kommt eine spezielle Form der Bluttransfusion zum Einsatz, die noch im Mutterleib erfolgt: die sogenannte intrauterine fetale Bluttransfusion. Das Kind erhält hierbei immer Spenderblut der Blutgruppe 0 (Rhesus negativ) – über die Nabelschnurvene oder in die freie Bauchhöhle des Fötus, von wo aus das Blut in die Blutbahn gelangt.

Eigenblutspende

Um bei einer Bluttransfusion mögliche Gefahren und Risiken zu meiden, eignet sich die sogenannte Eigenblutspende oder auch autologe Bluttransfusion. Hierbei sind Spender und Empfänger identisch: Der Blutspender erhält sein eigenes Blut beziehungsweise aufbereitete Eigenblutbestandteile während oder nach einer Operation.

Die Eigenblutspende empfiehlt sich bei anstehenden Operationen, bei denen eine Bluttransfusion mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als zehn Prozent nötig ist. Im Notfall steht das Eigenblut dann zur Verfügung, um es während des Eingriffs zurück zu übertragen.

In der Regel findet die Eigenblutspende vier Wochen vor einer Operation in ein bis drei Sitzungen statt. Pro Sitzung ist die Entnahme von bis zu 900 Millilitern Blut möglich, die man anschließend isoliert und konserviert. Diese Vorgehensweise ermöglicht es den Betroffenen, den Blutverlust bis zur Operation wieder auszugleichen.

Eine Eigenblutspende kann auch während der Operation erfolgen: Selbst zu diesem Zeitpunkt ist es noch möglich, rote Blutkörperchen (Erythrozyten) aus (in einem Reservoir gesammeltem) Eigenblut zu gewinnen. Sobald diese Blutkörperchen gewaschen sind, kann man sie wieder dem Blutkreislauf zuführen. Die Vorteile der Bluttransfusion mit Eigenblut liegen vor allem darin, dass keine immunologisch bedingten Nebenwirkungen auftreten und die Übertragung fremder Krankheitserreger ausgeschlossen ist.

Anwendungsgebiete

Die ersten erfolgreichen Behandlungen durch Bluttransfusion von menschlichem Blut fanden im frühen 19. Jahrhundert statt – bei Frauen mit akutem Blutverlust nach der Geburt. Seitdem sind viele Anwendungsgebiete für Bluttransfusionen hinzugekommen.

Allgemein ist auch heute eine Bluttransfusion nötig, wenn ein akuter oder chronischer Blutverlust die Blutmenge im Körper stark verringert hat. Demnach sind Verletzungen (z.B. durch Unfälle) oder Operationen, bei denen es zu hohem Blutverlust kommt, typische Anwendungsgebiete für eine Blutübertragung. Des Weiteren können Menschen mit einer Blutarmut (Anäämie) Blutkonserven benötigen. Auch bei Erkrankungen des blutbildenden Systems (etwa Leukämie) und Blutgerinnungsstörungen kann eine Bluttransfusion zur Behandlung sinnvoll sein.

Nicht nur erwachsene Menschen können eine Bluttransfusion erhalten: Auch frühgeborene und sogar ungeborene Babys im Mutterleib benötigen manchmal aufgrund einer Blutarmut eine Transfusion mit roten Blutkörperchen – zum Beispiel infolge einer Rhesusunverträglichkeit. Dann ist eine Blutübertragung bereits im Mutterleib möglich (sog. intrauterine fetale Bluttransfusion). Um eine Rhesusunverträglichkeit festzustellen, ist die sogenannte Fruchtwasser-Spektrophotometrie geeignet.

Risiken

Eine Bluttransfusion birgt gewisse Risiken in sich und kann verschiedene Komplikationen verursachen (sog. Transfusionszwischenfälle). Dank der Richtlinien zur Herstellung und Verabreichung von fremden Blutprodukten sind Bluttransfusionen jedoch heutzutage sehr sicher. Hinzu kommen strenge gesetzliche Anforderungen, die das Risiko einer Blutübertragung gering halten.

Zu den mit einer Bluttransfusion verbundenen Risiken gehört die sogenannte Unverträglichkeitsreaktion: Dies ist eine Abwehrreaktion des Körpers auf Bestandteile von Blutkonserven, besonders auf verbliebene weiße Blutkörperchen (Leukozyten). Stimmen die Blutgruppen von Spender und Empfänger überein, entwickeln sich in der Regel nur leichte Reaktionen auf die Bluttransfusion. Mögliche Nebenwirkungen der Blutübertragung sind zum Beispiel:

Immunologische Komplikationen

Die von einer Bluttransfusion ausgehenden Risiken können verschiedene Ursachen haben. Eine hängt mit dem Immunsystem des Blutempfänger zusammen: Eine Bluttransfusion kann sogenannte immunologische Komplikationen auslösen. Dies bedeutet: Das Immunsystem reagiert auf Fremdstoffe im Spenderblut. Unterschiedliche Blutgruppen zwischen Spender und Empfänger verursachen schwere Unverträglichkeitsreaktionen (wie anaphylaktischer Schock, Herz- und Kreislaufstörungen, in seltenen Fällen akutes Nierenversagen), die meist lebensbedrohlich sind und eine sofortige Behandlung erfordern.

Nicht-immunologische Komplikationen

Für die Risiken einer Bluttransfusion sind jedoch nicht nur Abwehrreaktionen des Immunsystems verantwortlich – die Blutübertragung kann auch nicht-immunologische Komplikationen auslösen. Ursachen hierfür liegen dann zum Beispiel im Spenderblut selbst oder sind bei der eigentlichen Transfusion entstanden:

  • Das Spenderblut kann Krankheitserreger (Bakterien, Viren) enthalten, die bei der Bluttransfusion in den Blutkreislauf des Empfängers gelangen. So ist zum Beispiel die Übertragung bakterieller und viraler Infektionen wie Hepatitis B, Hepatitis C oder HIV möglich. Das Risiko, sich durch eine Bluttransfusion mit einer Erkrankung zu infizieren, ist hierzulande jedoch äußerst gering:
    • Das Risiko für eine HIV-Infektion liegt bei unter 1:16.000.000
    • Das Risiko für eine Infektion mit Hepatitis B beträgt unter 1:1.000.000
    • Das Risiko für eine Infektion mit Hepatitis C ist geringer als 1:16.000.000
    (In Ländern mit einer schlechten medizinischen Versorgung kann es allerdings geschehen, dass bei einer Bluttransfusion Blutprodukte zum Einsatz kommen, die nicht auf HI- und Hepatitis-Viren getestet sind. Demnach ist dort bei einer Blutübertragung mit höheren Infektionsrisiken zu rechnen.)
  • Durch zu schnelle Übertragung einer zu großen Blutmenge kann eine Herzinsuffizienz oder ein Lungenödem entstehen.
  • Gelangt bei der Bluttransfusion Gas ins Blutgefäß, kann es zu einer Luftembolie kommen.
  • Eine erhöhte Zufuhr roter Blutkörperchen (Erythrozyten) kann über einen längeren Zeitraum zu einer vermehrten Ablagerung von Eisen (sog. Hämosiderose) im Organismus führen.