Man sieht verschiedene Utensilien für eine Ayurveda-Massage.
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Ayurveda

Von: Onmeda-Redaktion, Brit Weirich (Medizinautorin, M.A. Mehrsprachige Kommunikation)
Letzte Aktualisierung: 21.12.2021

Ayurveda ist ein in Indien entstandenes Heilsystem, um Krankheiten zu behandeln und die Gesundheit zu fördern. Lesen Sie hier, wie eine Ayurveda-Therapie abläuft, in welchen Bereichen sie zur Anwendung kommt und welche Effekt damit wirklich erzielt werden können.

Allgemeines

Der Begriff Ayurveda stammt aus der altindischen Gelehrtensprache Sanskrit und bedeutet "Wissenschaft vom Leben". Er setzt sich aus den beiden Begriffen Ayus (= Zeitspanne, Leben) und Veda (= reines Wissen) zusammen. Ayurveda ist eine ganzheitliche Methode aus Indien, die verschiedene Aspekte umfasst:

  • Ratschläge zur Ernährung und Lebensführung
  • Reinigung des Körpers von Giftstoffen durch spezielle Ayurveda-Massagen, Kräuterdämpfe und Einläufe (Panchakarma)
  • Verabreichen von Kräuterarzneien als Teil der ayurvedischen Heilpflanzenkunde
  • Anleiten zu richtiger Atmung und Meditation
  • Bewegungslehre, z. B. in Form von Yoga

Grundlegendes Ziel des Ayurveda ist ein idealer Zustand von Körper und Geist, um ein langes und gesundes Leben zu ermöglichen.

Im Mittelpunkt des Ayurveda stehen immer der Mensch als Individuum und die drei Regelkräfte, die sogenannten Doshas:

  • Vata,
  • Pitta
  • und Kapha.

Der Ayurveda-Therapeut oder die Therapeutin schaut sich hierzu die jeweilige Konstitution (d. h. die körperliche und psychische Verfassung) des Patienten an und spürt Ungleichgewichte der Regelkräfte auf.

Nach ayurvedischer Anschauung ist der Mensch dann gesund, wenn die drei Doshas harmonisch aufeinander abgestimmt sind. Jeder Mensch hat dabei eine individuelle Zusammensetzung der Doshas. Kommt diese harmonische Zusammensetzung aus dem Gleichgewicht, können körperliche und seelische Störungen die Folge sein.

Mithilfe von Ernährungstipps, Reinigungsprozessen und Heilanwendungen wie Massagen, versucht der Therapeut oder die Therapeutin dann, das individuelle Gleichgewicht der drei Doshas wiederherzustellen.

In Indien praktizieren die Menschen Ayurveda bereits seit mehreren tausend Jahren. Hierzulande hat Ayurveda seit den 1980er Jahren einen neuen Aufschwung erlebt und ist vor allem in der Wellness-Branche eine beliebte Anwendungsform, zum Beispiel als Ayurveda-Massage. Die am weitesten verbreitete Ayurveda-Form ist das sogenannte Maharishi-Ayurveda.

Historisches

Die Grundlagen des Ayurveda wurden vor circa 5.000 Jahren in Form der Vedischen Schriften festgehalten. Diese beinhalten die Regeln, nach denen ein gesundes Leben möglich ist. Die ayurvedische Medizin ist heute in Indien anerkannt und stellt neben der Schulmedizin ein eigenes Teilgebiet dar.

In Deutschland gibt es viele Ärzte und Ärztinnen, die Ayurveda ausüben. Aber auch Nicht-Mediziner und Medizinerinnen, etwa aus dem Wellness- oder Ernährungsbereich, bieten unter dem Stichwort Ayurveda spezielle Massagen und Tipps zur Lebensweise an. Besonders im Wellness- und Touristikbereich ist Ayurveda zu einem wichtigen Schlagwort geworden.

In Deutschland ist die Form des Maharishi-Ayurveda vorherrschend. Der Begründer Maharishi Mahesh Yogi (1917 - 2008) machte es sich in den 1980er Jahren zur Aufgabe, Ayurveda in seiner Ganzheit wiederzubeleben. Mithilfe weltweiter Forschungs- und Gesundheitszentren versuchte er, die Wirksamkeit des Ayurveda wissenschaftlich nachzuweisen. Zudem entwickelte er zusätzlich zu den altindischen Elementen transzendentale Meditationstechniken. Die Kombination dieser beiden Ayurveda-Formen bildet die Grundlage des Maharishi-Ayurveda.

Grundlagen

Nach ayurvedischer Vorstellung bestehen alle Dinge aus den fünf Elementen Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde (häufig auch als "Äther" bezeichnet). Jedes dieser Elemente stellt im Ayurveda verschiedene Arten von Kraft und Energie dar. Sie sind Symbole für Erscheinungsformen und Eigenschaften, die sich auch im menschlichen Körper wiederfinden. Im Ayurveda leiten sich aus den fünf Elementen die drei Doshas ab, die Regulationssysteme des menschlichen Körpers:

DoshaElementeEigenschaftenMögliche Auslöser für Anstieg des Doshas
VataÄther und LuftSteuert Aktivität, Wachheit und Bewegung; fördert Kommunikation und Sinneswahrnehmung, einen feingliedrigen Körperbau, unregelmäßige Lebensführung, bevorzugte Sinne: Tast- und Hörsinn.Kälte, Wind, trockene/bittere Nahrung, Unregelmäßigkeit, zu wenig Schlaf, Alkohol
PittaFeuer und WasserRegelt Verdauung, Stoffwechsel und Wärmehaushalt; fördert Intelligenz und Entscheidungsfähigkeit, steht für Ungeduld, Temperament, mittleren Körperbau, bevorzugte Sinne: Sehen.Hitze, rotes Fleisch, Salz, saures und salziges Essen, zu viel geistige Arbeit, Sommer
KaphaWasser und ErdeGibt die Struktur, reguliert die Körperflüssigkeiten und das Abwehrsystem; fördert einen gedrungenen, muskulösen Körperbau mit Neigung zu Fettleibigkeit, psychische Stabilität, Trägheit, Verlässlichkeit, bevorzugte Sinne: Schmecken und RiechenKälte, Feuchtigkeit, zu viel Süßes, Fett, Milchprodukte, Bewegungsmangel, zu viel Schlaf

Im Ayurveda ist jedem Menschen eine Konstitution eigen, die sich aus einer individuellen, nur für ihn typischen Zusammensetzung der drei Doshas ergibt. Gerät dieses Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht, entstehen Unwohlsein und Krankheit. Die Methoden des Ayurveda zielen vor allem darauf, dieses Gleichgewicht zu erhalten.

Durch eine gesunde Lebensführung und die zusätzliche Anwendung von Ayurveda – zum Beispiel in Form von Ayurveda-Ernährung beziehungsweise Ayurveda-Massagen – sollen geschwächte Teilbereiche gestärkt werden, um die Balance zwischen den Doshas wiederherzustellen.

Durchführung

Bei Ayurveda hängt die Durchführung von der Diagnose ab: Meist stellt der Therapeut oder die Therapeutin zusätzlich zu einer schulmedizinischen Diagnose eine sogenannte ayurvedische Diagnose.

Ein ayurvedischer Arzt oder eineayurvedische Ärztin beurteilt den Menschen grundsätzlich ganzheitlich. Er oder sie betrachtet Körper, Geist und Seele und bestimmt in einem persönlichen Gespräch den individuellen Dosha-Typen. Zusätzlich werden einige körperliche Untersuchungen, wie Puls- und Zungendiagnostik, durchgeführt.

Ziel der Ayurveda-Behandlung ist es, das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Doshas wiederherzustellen. Dabei helfen in der Regel eine spezielle Ayurveda-Ernährung sowie pflanzliche Heilmittel. Besonders spielt die Zusammensetzung der Nahrung, zum Beispiel bezogen auf den Anteil der verschiedenen Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig, bitter, scharf, zusammenziehend), eine wichtige Rolle. So lassen sich die Doshas durch die jeweilige Geschmacksrichtung verstärken oder vermindern – und auf diese Weise Störungen beheben.

Zudem stellen Heilpfanzen einen wichtigen Bestandteil der Ayurveda-Therapie dar. Neben der Wirkung der verschiedenen Heilpflanzen, spielen in der ayurvedischen Medizin auch der Erntezeitpunkt, die Verarbeitung und die Kombination der Heilpflanzen eine wichtige Rolle. Die Heilpflanzen lassen sich unter anderem über ihre Wirkung auf die drei Doshas wie folgt einteilen:

  • Pflanzen, die das Vata beruhigen (Vatashamana) oder anregen (Vatakopana)
  • Wirkstoffe, die das Pitta kühlen (Pittashamana) oder erhitzen (Pittakopana)
  • Heilpflanzen, die das Kapha verstärken (Kaphashamana) oder vermindern (Kaphakopana)
  • und schließlich Heilpflanzen, die alle drei Doshas ausgleichen können (Tri Dosha shamana)

Zusätzlich lassen sich die Heilpflanzen im Ayurveda auch nach ihrer Hauptwirkung einteilen:

  • Stoffe, die den Kreislauf unterstützen
  • Pflanzenwirkstoffe, die entwässernd wirken
  • Heilfpflanzen, die die Verdauung fördern
  • krampflösende Wirkstoffe
  • schmerzstillende Pflanzenstoffe
  • sowie Inhaltsstoffe, die den Schlaf fördern

Hinzu können Reinigungsprozeduren kommen, die schädliche Säfte des dominanten Doshas entfernen sollen. Formen der Reinigung sind zum Beispiel:

  • Einläufe
  • abführende Mittel
  • gesteuertes Erbrechen
  • Ayurveda-Massagen
  • Ayurveda-Packungen
  • Wärmedampfbäder
  • Aderlass

Diese Prozeduren werden unter dem Begriff Panchakarma-Kur zusammengefasst.

Eine weitere Ayurveda-Form sind Körper- und Atemübungen, die durch Sinneseindrücke wie Farben, Gerüche und Klänge zusätzlich beeinflusst werden sollen.

Anwendungsgebiete

Ayurveda wird zur Vorbeugung von Erkrankungen eingesetzt. Typische Anwendungsgebiete sind zum Beispiel Verbesserung des Allgemeinbefindens (z. B. durch spezielle Ayurveda-Ernährung) sowie Prävention von stressbedingten Krankheiten. Nach ihrer Philosophie ist eine Ayurveda-Therapie aber prinzipiell bei allen Erkrankungen möglich.

Maharishi-Ayurveda kommt begleitend zur medikamentösen Therapie als unterstützende Maßnahme bei schweren und lebensbedrohlichen Krankheiten wie Krebserkrankungen zum Einsatz. Hierbei wird stets die transzendentale Meditation in die Ayurveda-Therapie eingebunden.

In aller Regel übernimmt die Krankenkasse die Kosten einer Ayurveda-Therapie nicht.

Wirksamkeit

Aus Sicht der Schulmedizin ist Ayurveda keine Alternative zur alleinigen Behandlung von schweren oder akuten Erkrankungen. Als langfristige Ergänzung zur westlichen Medizin, etwa bei chronischen und/oder psychosomatischen Beschwerden, zeigt Ayurveda aber durchaus Wirksamkeit. Die entspannenden Anwendungen (z. B. Ayurveda-Massage) können das Allgemeinbefinden verbessern und stressbedingten Krankheiten vorbeugen.

Aussagekräftige Studien über die grundlegende Ayurveda-Wirksamkeit liegen bisher noch nicht vor. Bei einigen Erkrankungen zeigt Ayurveda jedoch gute Erfolge, zum Beispiel bei:

Risiken

Ayurveda-Ernährung und Ayurveda-Massagen sind klassische Bestandteile der aus Indien stammenden Heilkunst. Diese Therapiemaßnahmen sind in der Regel gut verträglich und lassen sich zur Behandlung von vielfältigen Befindlichkeitsstörungen einsetzen.

Jedoch gibt es bei Ayurveda auch einige Risiken, zum Beispiel bei der Einnahme von ayurvedischen Heilpflanzen. Hierbei kann es unter anderem zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder zu allergischen Reaktionen kommen. Zudem stehen einige ayurvedische Kräuter in Verdacht, eine giftige Wirkung zu entfalten, etwa das Weinrautenkraut, das im Ayurveda traditionell bei rheumatischen Beschwerden oder Kreislaufproblemen angewandt wird. Für Schwangere und Kinder ist es daher ratsam, auf die Einnahme ayurvedischer Heilpflanzen zu verzichten.