Kolloidales Silber: Heilmittel oder Humbug?
Manche Menschen schwören auf kolloidales Silber. Es soll gegen Keime wie Bakterien wirken und zahlreiche andere positive Gesundheitseffekte haben. Und das ganz ohne Nebenwirkungen, jedenfalls wenn man so manchen Herstellerangaben glaubt. Was ist dran am Silberwasser und ist es wirklich gesund?
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Was ist kolloidales Silber?
Kolloidales Silber ist eine Flüssigkeit aus winzigen, Nanometer-kleinen Silberteilchen (Nanosilber) und destilliertem Wasser. Deshalb wird es oft auch als Silberwasser bezeichnet.
Trotz der vielen angeblichen gesundheitlichen Vorteile hat kolloidales Silber in Deutschland keine Zulassung als Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel. Vielmehr sind die Lösungen in unterschiedlichen Darreichungsformen mit dem Zusatz "für technische Anwendungen" im Internet oder der Apotheke erhältlich. Die Kolloide finden insbesondere bei Heilpraktiker*innen häufig Anwendung.
Kolloidales Silber: Äußerliche und innerliche Anwendung
Produkte mit kolloidalem Silber gibt es in unterschiedlichen Formen und mit verschiedenen Konzentrationen der Silberpartikel. Es kann äußerlich in Form von
- Salben,
- Cremes,
- Seifen,
- Gesichtswassern oder
- Lotionen
angewendet werden. Zur innerlichen Anwendung kann Silberwasser auch getrunken werden. Zudem sind beispielsweise auch Nasentropfen mit Silberteilchen erhältlich, die gegen Erkältungsviren und Bakterien wirken sollen. Derartige Produkte sind keine Arzneimittel und im Internet oder Apotheken erhältlich.
Kolloidales Silber: Angebliche Wirkung
Manchen Herstellern zufolge scheint kolloidales Silber eine Art Wundermittel zu sein, eine Allzweckwaffe gegen Gesundheitsprobleme jeder Art. So soll es zum Beispiel das Immunsystem anregen und Bakterien, Viren oder Pilze bekämpfen – laut manchen Informationen im Internet sogar innerhalb weniger Minuten. Darüber hinaus soll es Entzündungen entgegenwirken und kann so etwa auch bei entzündlichen Hautkrankheiten Verwendung finden.
Daneben hilft kolloidales Silber angeblich gegen jede Menge kleinere Gesundheitsprobleme wie Mundgeruch und Zahnbelag, aber auch schwere Krankheiten, beispielsweise gegen
- Blutvergiftung,
- Leberentzündung (Hepatitis) oder
- Hirnhautentzündung (Meningitis).
Als die Ebola-Epidemie in Teilen Westafrikas grassierte, priesen manche Hersteller kolloidales Silber als hilfreiche Behandlung an. Andere empfehlen kolloidales Silber auch als Mittel gegen HIV-Infektionen, Borreliose oder Krebs.
Kolloidales Silber: Was sagt die Wissenschaft zur Wirksamkeit?
Bislang gibt es keine klinischen Studien, die einen Nutzen von kolloidalem Silber in Bezug auf Erkrankungen belegen. Eingenommene Silberpartikel erfüllen im Körper keinerlei Funktion und haben auch keinen Nutzen im Sinne von Nahrungsergänzungsmitteln. Denn zum Leben braucht der Körper Silber im Vergleich zu Mineralstoffen nicht. Im Gegenteil: Silber kann als Zellgift wirken – vor allem in Form von Nanosilber, wie es in Silberwasser enthalten ist. Die kleinsten Partikel können sich tief im Gewebe ablagern und so möglicherweise biochemische Prozesse stören. Nicht ohne Grund sind deshalb Produkte mit derartigen Silberverbindungen bislang nicht als Arzneimittel zugelassen.
Auf der Haut können die Teilchen aus Silber dagegen möglicherweise einen medizinischen Zweck erfüllen, so zum Beispiel in Verbandsmaterialien für Verbrennungen, Wunden oder Hautinfektionen. Allerdings sind die Studienergebnisse hierzu widersprüchlich.
Zwar kann kolloidales Silber tatsächlich gegen Bakterien wirken. Als angeblichen Vorteil gegenüber einem Antibiotikum führen Hersteller allerdings oft auf, dass Bakterien nicht dagegen resistent werden können. Das stimmt so nicht: Bakterien können durchaus gegen Silber resistent werden. Zumal bei Einnahme von kolloidalem Silber bedacht werden muss, dass die "antibiotische Wirkung" nicht unterscheidet, welche Bakterien im Körper nützlich sind und eventuell benötigt werden. Entsprechend könnte sich durch die Einnahme beispielsweise die Darmflora ungünstig verändern.
Auch ob Silberkolloide das Immunsystem anregen können, bleibt fraglich. Studien mit Menschen gibt es hierzu nicht. Im Tierversuch wirkt sich kolloidales Silber eher schädlich auf das Immunsystem aus.
Hat kolloidales Silber Nebenwirkungen?
Kolloidales Silber kann verschiedene Nebenwirkungen hervorrufen. Wer kolloidales Silber monatelang einnimmt, muss daher mit unschönen Effekten rechnen. Denn das Silber lagert sich im Körper ab und kann zur sogenannten Argyrie führen. Dabei nehmen Haut und Schleimhäute eine blau-schwarze Färbung an. Gesundheitlich ist die Verfärbung im Grunde kein Problem, sie lässt sich jedoch nicht rückgängig machen. Selbst nach Absetzen der Produkte geht die Färbung nicht mehr weg.
Weitere mögliche Nebenwirkungen durch kolloidales Silber sind zum Beispiel:
- Geschmacksstörungen
- Geruchsempfindlichkeit
- Krampfanfälle
- Nierenschäden
Frauen, die kolloidales Silber während der Schwangerschaft einnehmen, riskieren möglicherweise Fehlbildungen beim Baby.
Kolloidales Silber: Wechselwirkungen mit Medikamenten möglich
Wer kolloidales Silber verwendet und gleichzeitig Medikamente einnimmt, kann so bewirken, dass der Körper sie schlechter aufnimmt. Solche Wechselwirkungen können zum Beispiel bei folgenden Wirkstoffen beziehungsweise Wirkstoffgruppen auftreten:
- Antibiotika wie Chinolon oder Tetrazyklin
- Penicillamin
- Schilddrüsenmitteln wie Thyroxin