Neomycin
Allgemeines
Der Wirkstoff Neomycin kann in Form von Spüllösungen, Salben und Vaginalzäpfchen als Einzelwirkstoff bei verschiedenen infektionsbedingten Erkrankungen und zur Linderung von Entzündungen eingesetzt werden.
Welchen Zwecken dient dieser Wirkstoff?
- schwere und chronische sowie bakterienbedingte Harnblasen- und/oder Harnwegsinfektionen unter anderem bei gutartiger Prostatavergrößerung behandeln
- bakterielle Infektionen vor, während oder nach medizischen Untersuchungen und operativen Maßnahmen der ableitenden Harnwege verhüten
- Infektionen bei Dauerkathederträgern und Katheterwechsel verhindern
- Entzündungen und bakterielle Infektionen im Genitalbereich behandeln
- bakteriell infizierte Wunden oder Ekzeme der Haut bei Hautinfektionen behandeln
- Hefepilzinfektionen der Haut unterstützend behandeln
- Beschwerden bei Juckreiz, entzündlichen Hautveränderungen, Verbrennungen und starkem Sonnenbrand lindern
- bakterienbedingte Augeninfektionen mitbehandeln
Gegenanzeigen
Im Folgenden erhalten Sie Informationen über Gegenanzeigen bei der Anwendung von Neomycin im Allgemeinen, bei Schwangerschaft & Stillzeit sowie bei Kindern. Bitte beachten Sie, dass die Gegenanzeigen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.
Wann darf Neomycin nicht verwendet werden?
Der Wirkstoff darf bei einer Überempfindlichkeit gegen Neomycin oder andere Aminoglykosid-Antibiotika sowie bei eingeschränkter Nierenfunktion oder bei einer Vorschädigung des Gehör- und Gleichgewichtsorgans (Vestibular- oder Cochlearorgans) nicht eingesetzt werden.
Nur nach sorgfältiger ärztlicher Nutzen-Risiko-Abwägung sollte Neomycin verabreicht werden bei der Muskelerkrankung Myasthenia gravis und bei Patienten, die gleichzeitig muskelentkrampfende Wirkstoffe (Muskelrelaxantien) erhalten.
Sorgfältig ärztlich überwacht werden müssen außerdem Patienten, die bei früheren Erkrankungen Kanamycin und/oder Streptomycin erhalten haben. Aus dieser Zeit kann eine noch nicht wahrnehmbare Höreinschränkung bestehen. Bei erneuter Einnahme kann das Gehör weiter geschädigt werden und sich eine Schwerhörigkeit bemerkmar machen.
Zur Anwendung am Auge darf der Wirkstoff nicht bei einem Befall des Auges mit Viren und Pilzen verabreicht werden.
Wird der Wirkstoff zur Behandlung von Hautinfektionen in Salbenform verwendet, so sollte er nicht auf großflächigen Wunden angewendet werden.
Was müssen Sie bei Schwangerschaft und Stillzeit beachten?
Der Wirkstoff Neomycin darf in der Schwangerschaft nicht angewendet werden, weil bereits in der frühen Phase der Schwangerschaft das Risiko besteht, dass das Ungeborene stark geschädigt wird. Außerdem können bei der Anwendung während der Schwangerschaft Gehörschäden beim Kind entstehen.
Der Wirkstoff geht in die Muttermilch über und kann so beim gestillten Säugling Durchfall verursachen. Außerdem kann die natürliche Mundflora des Kindes so verändert werden, dass bei ihm eine Pilzbesiedlung an den Schleimhäuten (Pilzinfektion im Mund) möglich ist. Neomycin darf daher in der Stillzeit ebenfalls nicht eingesetzt werden.
Was ist bei Kindern zu berücksichtigen?
Da die unbedenkliche Anwendung des Wirkstoffs bei Kindern nicht nachgewiesen ist, sollte Neomycin an Kinder nicht verabreicht werden.
Bei Frühgeborenen und in den ersten Lebenswochen des Kindes darf der Wirkstoff als Spüllösungen keinesfalls angewandt werden. Durch die noch nicht ausgereifte Nierenfunktion kann der Wirkstoff sich anreichern und die Nieren sowie das Gehör des Neugeborenen schädigen.
Welche Nebenwirkungen kann Neomycin haben?
Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste zu möglichen, bekannten Nebenwirkungen von Neomycin. Diese Nebenwirkungen müssen nicht auftreten, können aber. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Medikamente. Bitte beachten Sie außerdem, dass die Nebenwirkungen in Art und Häufigkeit je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.
Gelegentliche Nebenwirkungen:
Allergische Hautveränderungen (Exantheme), Blutbildveränderungen, niedriger Blutdruck, Herzschlagfolgeerhöhungen (Tachykardien), Übelkeit und Erbrechen, Schwindel.
Seltene Nebenwirkungen:
Gesichtsfeldausfälle (Skotome), Atmungsstörungen in Form von Atemdepression.
Sehr seltene und vereinzelt auftretende Nebenwirkungen:
anaphylaktischer Schock, Atemstillstand.
Nebenwirkungen ohne Häufigkeitsangabe:
Muskelschmerzen, nervenbedingte Muskelstörungen (neuromuskuläre Blockaden) wie Ermüdbarkeit der äußeren Augenmuskeln, Störungen beim Kauen, Schlucken und Sprechen, Muskellähmungen (Parästhesien), Kribbeln, Einschlafen der Gliedmaßen, Augenmuskellähmungen, Gehöhrschäden, Gleichgewichtsorganschäden, leichte vorübergehende Erhöhung der Leberenzyme (SGOT, SGPT und AP), Nierenschäden, Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut wie Ausschlag, Juckreiz, Rötungen, Fieber, entzündliche Hautreaktionen, Infektionen durch Bakterien oder Sprosspilze wie Mundsoor.
Besonderheiten:
Bei der Anwendung von Neomycin in Spüllösungen können krampfartige Schmerzen im Beckenbodenbereich auftreten.
Welche Wechselwirkungen zeigt Neomycin?
Bitte beachten Sie, dass die Wechselwirkungen je nach Arzneiform eines Medikaments (beispielsweise Tablette, Spritze, Salbe) unterschiedlich sein können.
Neomycin hat gehörschädigende und nierenschädigende Nebenwirkungen. Um diese nicht zu verstärken, sollte die gleichzeitige Anwendung anderer gehör- oder nierenschädigender Wirkstoffe vermieden werden.
Die nierenschädigende Wirkung von Neomycin kann durch die gleichzeitige Anwendung von Cephalosporinen (Wirkstoffe gegen Bakterien) verstärkt werden. Gleiches gilt für Ciclosporin und Tacrolimus (beide aus der Gruppe der Immunologika).
Bei gleichzeitiger oder direkt aufeinander folgender Behandlung von Neomycin und Cisplatin beziehungsweise Carboplatin (beides Wirkstoffe gegen Krebs) oder Vancomycin (Wirkstoff gegen Bakterien) wird die nierenschädigende Wirkung von Neomycin ebenfalls verstärkt. In Einzelfällen kann ein lebensbedrohliches, akutes Nierenversagen auftreten.
Andere Wirkstoffe, die auch den Gehörgang oder die Nieren schädigen können, wie beispielsweise Amphotericin B (Wirkstoff gegen Pilzinfektionen) oder Schleifendiuretika (Entwässerungsmittel wie Etacrynsäure und Furosemid), können die Gefahr erhöhen, dass gehörgangschädigende und nierenschädigende Nebenwirkungen von Neomycin auftreten.
Bei kombinierter Anwendung von Polypeptid-Antibiotika (Wirkstoffe gegen Bakterien) und Neomycin treten verstärkt Nebenwirkungen auf.
Bei gleichzeitiger Einnahme von Muskelentspannungsmitteln (Muskelrelaxanzien) kann es zu einer Verstärkung der Nervenreizleitungsblockade kommen und es besteht die Gefahr der Atemlähmung. Gleiches gilt für Narkosegase (wie zum Beispiel Halothan). Das Narkosegas Methoxyfluran wird zudem in seiner nierenschädigenden Wirkung durch Neomycin verstärkt.
Bei Therapie mit Bisphosphonaten (Wirkstoffe gegen Osteoporose) und gleichzeitiger oder um mehrere Wochen voraus gegangener Behandlung mit Neomycin ist das Risiko von schweren Blutkalziumerniedrigungen erhöht. Herzrhythmusstörungen können die Folge sein.
Bei Patienten mit schwerer Nierenschwäche kann bei gleichzeitiger Behandlung mit Penicillinen (Wirkstoffe gegen Bakterien) die Wirksamkeit von Neomycin beeinträchtigt sein.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- Das Medikament darf in Form einer Spüllösung nur kurzfristig angewendet werden.
- Während der Behandlung mit dem Medikament können Nierenfunktionsstörungen sowie Nierenwerterhöhungen auftreten. Regelmäßige ärztliche Kontrollen der Nierenwerte sollten daher erfolgen.
- Bei Innenohrschwerhörigkeit darf das Medikament nicht angewendet werden.
Manchmal lösen arzneiliche Wirkstoffe allergische Reaktionen aus. Sollten Sie Anzeichen einer allergischen Reaktion wahrnehmen, so informieren Sie umgehend Ihren Arzt oder Apotheker.
Welche Medikamente beinhalten Neomycin?
Folgende Tabelle zeigt alle erfassten Medikamente, in welchen Neomycin enthalten ist.In der letzten Spalte finden Sie die Links zu den verfügbaren Anwendungsgebieten, bei denen das jeweilige Medikamente eingesetzt werden kann.
So wirkt Neomycin
Im Folgenden erfahren Sie mehr zu den Anwendungsgebieten und der Wirkungsweise von Neomycin. Lesen Sie dazu auch die Informationen zu den Wirkstoffgruppen Aminoglykosid-Antibiotika, Antibiotika, zu welcher der Wirkstoff Neomycin gehört.
Anwendungsgebiete des Wirkstoffs Neomycin
Der Wirkstoff Neomycin kann in Form von Spüllösungen, Salben und Vaginalzäpfchen als Einzelwirkstoff bei verschiedenen infektionsbedingten Erkrankungen und zur Linderung von Entzündungen eingesetzt werden.
Als Spüllösung kommt Neomycin insbesondere bei schweren Harnwegsinfektionen wie chronischen Blasenentzündungen (Zystitiden), Harnwegsentzündungen infolge von Harnabflusstörungen, Blasenentleerungsstörungen bei gutartiger Prostatavergrößerung (Prostataadenom) oder krebsbedingten Wucherungen der Vorsteherdrüse (Prostatakarzinom) zum Einsatz.
In dieser Darreichungsform wird der Wirkstoff außerdem vor, während oder nach medizinischen Untersuchungen und operativen Eingriffen an der Harnblase beziehungsweise den ableitenden Harnwegen zur Vorbeugung gegen Infektionen gegeben. Zur Verhütung von Infektionen kommt Neomycin als Lösung auch bei Trägern von Dauerkathetern und bei einem Katheterwechsel zum Einsatz.
In Salben wird Neomycin zur äußerlichen Anwendung bei Haut- und Schleimhautinfektionen, Wunden und Verbrennungen angewendet. In diesem Zusammenhang dient der Wirkstoff zur Behandlung von infizierten Wunden, bakterienbedingten Ekzemen, Hautinfektionen (Dermatosen), blasenbildenden Hautflechten (Impetigo contagiosa) und eitrigen Hautausschlägen (Pyodermien).
In Cremes, kombiniert mit Dexamethason und Nystatin wird Neomycin zudem zur Anfangs- und Zwischenbehandlung von Ekzemen und entzündlichen Hautkrankheiten angewandt, wenn diese durch Bakterien und/oder Pilze verursacht sind. Insbesondere Hefepilzinfektionen und entzündliche, schorfige und eitrige Hautveränderungen mit Juckreiz sowie Verbrennungen und starker Sonnenbrand können durch die Behandlung mit dieser Wirkstoffkombination gelindert werden.
Ein weiteres Anwendungsgebiet von Neomycin sind bakterielle Infektionen im Genitalbereich. In Vaginalzäpfen wird der Wirkstoff in die Scheide eingeführt, um bakteriell bedingten Ausfluss (Fluor vaginalis oder Trichomonaden-Fluor), bakterienbedingte Scheidenentzündungen (Colpitis) sowie Entzündungen der äußeren weiblichen Geschlechtsteile (Vulvitis) zu verringern.
Daneben wird Neomycin häufig in Kombination mit Dexamethason und/oder Polymyxin-B in Augensalben oder Augentropfen bei Infektionen und entzündlichen Erkrankungen des vorderen Augenabschnittes sowie zur Behandlung von Entzündungszuständen nach chirurgischen Eingriffen am Auge bei gleichzeitiger Vorbeugung gegen bakterielle Infektionen angewandt.
Zu folgenden Anwendungsgebieten von Neomycin sind vertiefende Informationen verfügbar:
Wirkungsweise von Neomycin
Der Wirkstoff Neomycin gehört zur Wirkstoffgruppe der Aminoglykosid-Antibiotika und hat auch deren Wirkungsweise gegen Krankheitserreger.
Neomycin ist ein sogenanntes Breitband-Antibiotikum, das heißt, es wirkt sowohl gegen grampositive als auch gegen gramnegativeBakterien. Der Wirkstoff hat eine bakterienabtötende (bakterizide) Wirkung und hemmt bereits in geringen Dosierungen die Vermehrung von Bakterien wie zum Beispiel Staphylokokken. So können beispielsweise Infektionen durch Streptokokken und Harnwegsinfektionen mit Neomycin behandelt werden.
Der Vorteil von Neomycin liegt darin, dass es bei örtlicher Anwendung über die Haut und Schleimhaut praktisch nicht in den Körper aufgenommen wird. Diese geringe Aufnahme durch die Haut und Schleimhaut sowie seine gute Löslichkeit im Wundsekret erlaubt hohe wirksame Wirkstoffkonzentrationen von Neomycin am Wirkort. Der Wirkstoff kann dadurch seine antibiotische Wirkung bestens entfalten und wird daher auch häufig bei Hautinfektionen sowie durch Bakterien verursachten Ekzemen und eitrigen Hautausschlägen (Pyodermie) angewandt.
Aufgrund seiner antibiotischen Wirkung wird Neomycin außerdem zur Linderung von Entzündungen bei bakteriellen Infektionen im Schambereich eingesetzt.
Disclaimer:
Bitte beachten: Die Angaben zu Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie zu Gegenanzeigen und Warnhinweisen beziehen sich allgemein auf den Wirkstoff des Medikaments und können daher von den Herstellerangaben zu Ihrem Medikament abweichen. Bitte fragen Sie im Zweifel Ihre*n Arzt*Ärztin oder Apotheker*in oder ziehen Sie den Beipackzettel Ihres Medikaments zurate.