12 Anzeichen, die auf eine Depression hinweisen können
Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit: Das sind typische Anzeichen einer Depression. Doch dies sind bei Weitem nicht die einzigen Symptome. Manchmal stehen sogar ganz andere Beschwerden im Vordergrund. Welche Warnsignale möglicherweise auf eine Depression hinweisen und wann Betroffene sich Hilfe suchen sollten, erfahren Sie hier.
Was ist eine Depression?
Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie ordnet drei Hauptsymptome einer Depression zu:
- eine gedrückte Stimmung,
- der Verlust von Freude und Interesse sowie
- Antriebslosigkeit/rasche Ermüdbarkeit.
Eine Depression ist jedoch mehr als eine Auflistung dieser drei Krankheitszeichen. Die psychische Störung verändert das Denken, Fühlen und Verhalten der Betroffenen. Und: Sie zeigt sich bei jeder Person anders. Manche spüren zum Beispiel eine tiefe, grundlose Traurigkeit. Andere Betroffene berichten hingegen von einem "Gefühl der Gefühllosigkeit".
Sie sind nicht mehr in der Lage, intensive Gefühlsregungen wie Freude, Wut, aber auch Traurigkeit wahrzunehmen. Das lässt sich unter anderem neurologisch erklären: Während depressiver Episoden wird weniger Noradrenalin produziert. Durch den Mangel des "Glückshormons" vernetzen sich die Nervenzellen im Gehirn langsamer, sodass es sich schlechter an neue Reize anpasst.
Bei Depressionen handelt es sich um eine ernstzunehmende psychische Erkrankung. Wird diese nicht rechtzeitig erkannt, kann das schwerwiegende Folgen nach sich ziehen: Mehr als die Hälfte der Suizide in Deutschland sind auf Depressionen zurückzuführen. Eine frühe und gezielte Behandlung ist daher wichtig, um Leben zu retten.
12 Symptome, die Anzeichen einer Depression sein können
Neben den Hauptsymptomen der Depression gibt es zahlreiche Zusatzsymptome. Bei einigen Menschen stehen Letztere so sehr im Vordergrund, dass die Erkrankung lange im Verborgenen bleibt. Denn in diesem Fall vermuten Betroffene, Angehörige und Fachleute häufig eine andere Ursache. Dazu kommt es vor allem, wenn die Depression vorrangig mit körperlichen Beschwerden einhergeht, einem sogenannten somatischen Syndrom.
1. Schlafstörungen sind ein Anzeichen der Depression
Menschen mit Depression leiden häufig unter Schlafstörungen. Sie haben etwa Schwierigkeiten, einzuschlafen. Oft werden sie bereits in den frühen Morgenstunden wach und finden bis zum Aufstehen keinen Schlaf mehr. Grundsätzlich schlafen Betroffene meist deutlich weniger als normal. Dementsprechend fühlen sie sich tagsüber müde und ausgebrannt.
Seltener kommt es vor, dass depressive Menschen viel länger schlafen als gewöhnlich (oder tagsüber vermehrt schlafen), sich anschließend aber auch nicht erholt fühlen.
2. Verlust der Libido: Ein Anzeichen der Depression
Viele depressive Personen verspüren weder Lust auf Geschlechtsverkehr, noch haben sie den Antrieb für sexuelle Aktivitäten. Mediziner*innen sprechen von einer mangelnden beziehungsweise fehlenden Libido. Sexuelle Unlust ist ein häufiges Anzeichen bei einer depressiven Verstimmung, das die Partnerschaft stark belasten kann.
3. Körperliche Beschwerden ohne organische Ursache
Eine Depression kann sich durch zahlreiche körperliche Anzeichen bemerkbar machen. Dann ist keine organische Ursache für die Beschwerden feststellbar. So kann bei immer wiederkehrenden Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Schwindel auch psychische Ursachen möglich.
Die Beschwerden sind mitunter so stark ausgeprägt, dass die Betroffenen zusätzliche psychische Beschwerden wie Freudlosigkeit (Anhedonie) und Interessensverlust kaum bemerken. Fachleute sprechen auch von einer maskierten oder larvierten Depression.
Mögliche körperliche Anzeichen einer Depression sind
- allgemeines Krankheitsgefühl
- Taubheitsgefühl (Hypästhesie) in den Armen und Beinen
- Magen-Darm-Probleme, z. B. Verstopfung, Übelkeit, Durchfall und Magenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Kreislaufprobleme und Schwindel
- ein Kloßgefühl im Hals
- Luftnot (Dyspnoe)
- Herzrasen (Tachykardie) und Herzstolpern (Extrasystolen)
- Rückenschmerzen
Körperliche Beschwerden und Krankheiten, die schon vor der Depression bestanden haben, können sich während einer depressiven Episode verstärken. Zum Beispiel können chronische Rückenschmerzen an Intensität zunehmen.
Übrigens: Bei Kindern kommt es relativ häufig vor, dass sich eine Depression vor allem körperlich äußert – zum Beispiel in Form von Bauchschmerzen. Denn Kindern fällt es oft schwer, ihre Gedanken und Gefühle einzuordnen und sprachlich zum Ausdruck zu bringen.
4. Anzeichen einer Depression: Fehlender Appetit und Gewichtsverlust
Ob Nudeln, Pizza oder Salat: Bei einer Depression schmeckt selbst das Lieblingsgericht oft nicht. Manche Betroffene vergessen regelrecht zu essen, da sie schlichtweg keinen Appetit mehr verspüren (Inappetenz). Häufig verlieren sie innerhalb weniger Wochen deutlich an Gewicht.
Auch das Gegenteil kann der Fall sein: Manche Personen essen während einer Depression besonders viel, sodass eine Gewichtszunahme folgt. Dazu kommt es, wenn Betroffene sich mit Essen trösten, ablenken oder "betäuben". So ist die Binge-Eating-Störung eine häufige Begleiterkrankung (Komorbidität) depressiver Störungen.
5. Morgentief und Abendhoch
Viele depressive Menschen haben ein sogenanntes Morgentief. Morgens geht es ihnen besonders schlecht. Sie würden am liebsten im Bett bleiben und müssen sich regelrecht zum Aufstehen zwingen. Bei einer schweren Depression schaffen sie es kaum oder gar nicht, aus dem Bett zu kommen. In den Abendstunden hellt sich die Stimmung dagegen häufig deutlich auf – manchmal so sehr, dass sich die Betroffenen wieder richtig gut fühlen. Am nächsten Morgen folgt allerdings das nächste Tief.
6. Konzentrationsprobleme: Anzeichen der Depression
Konzentrationsstörungen und Irritierbarkeit zählen zu typischen Anzeichen einer Depression. Während einer ausgeprägten depressiven Episode fällt es Betroffenen zum Beispiel schwer, einem Gespräch zu folgen, sich etwas zu merken oder ein Buch zu lesen.
Ebenfalls typisch: Vielen depressiven Menschen erscheint es nahezu unmöglich, selbst einfache Entscheidungen zu treffen – und wenn es nur um die Frage geht, was es zum Mittagessen geben soll. Die Konzentrationsprobleme bereiten den Erkrankten oft große Sorgen. Sie befürchten etwa, an einer Demenz erkrankt zu sein. In der Regel handelt es sich aber um Brain Fog.
7. Negative Gedanken als Anzeichen der Depression
Depressive Menschen sehen schwarz: Für sie ist das Glas grundsätzlich halb leer. Sie sehen keinen Ausweg aus ihrer Situation und sind fest davon überzeugt, dass es ihnen nie mehr besser gehen wird. Entsprechend fühlen sie sich der Krankheit ausgeliefert und jeder neue Tag ist für sie eine Qual. Betroffene einer Depression grübeln oft stundenlang und verstricken sich in negativen Gedanken.
8. Angst ist bei Depressionen ein Anzeichen
Etwa sieben bis acht von zehn Betroffenen berichten während einer depressiven Episode über Angstgefühle. Die Ängste sind oft diffus. Das bedeutet: Die Betroffenen können nicht sagen, wovor sie genau Angst haben. Vielmehr erleben sie ein unspezifisches Gefühl von Bedrohung. Sie fühlen sich überfordert und haben Sorge, wie es in Zukunft für sie weitergeht.
9. Reizbarkeit: Typisches Anzeichen einer Depression
Eine Depression kann sich in Form von Reizbarkeit und Aggression äußern. Schon Kleinigkeiten werfen die Erkrankten völlig aus der Bahn und sie fühlen sich entsprechend schnell angegriffen und reagieren gereizt.
10. Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen bei Depressionen möglich
Viele depressive Personen, selbst wenn sie vorher sehr selbstbewusst waren, fühlen sich während einer Depression unzulänglich und minderwertig. Ob bei der Arbeit oder in der Haushaltsführung: Wer eine Depression hat, traut sich kaum noch etwas zu. Nichts will mehr gelingen – und wenn doch einmal etwas funktioniert hat, dann war es ihrer Meinung nach Glück. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch vom Hochstapler-Syndrom.
11. Schuldgefühle und die Überzeugung, wertlos zu sein
Egal, was passiert: Depressive Menschen suchen die Schuld meist bei sich selbst und weniger bei anderen. Verspäten sie sich zum Beispiel, weil sie unvorhergesehen im Stau standen, sehen sie den Fehler bei sich – denn sie hätten ja früher losfahren können. Solche Schuldgefühle verstärken die Annahme, unzulänglich und wertlos zu sein und die Freundschaft anderer "nicht zu verdienen".
12. Psychomotorische Hemmung und/oder starke Unruhe
Insbesondere bei schwereren Depressionen kann eine sogenannte psychomotorische Hemmung auftreten. Die Bewegungen der Betroffenen sind verlangsamt, ihre Mimik wirkt starr und sie sprechen langsamer als gewöhnlich. Auch wenn sie nach außen sehr ruhig wirken, verspüren Betroffene oft eine quälende innere Unruhe. Andere haben hingegen einen ausgeprägten Bewegungsdrang (sog. Agitiertheit).
Wo finden Betroffene Hilfe?
Eine Depression ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann. Deshalb ist es wichtig, unmittelbar Hilfe zu suchen, wenn erste Frühsymptome für eine Depression auftreten. Je eher dies geschieht, desto besser. Denn lässt sich verhindern, dass die Erkrankung chronisch wird (Dysthymie).
Nicht zuletzt weisen auch Suizidgedanken auf eine ausgeprägte Depression hin. Gedanken der Selbsttötung sollten Betroffene und Angehörige immer ernst nehmen. Bei Depressionen sollte nicht gezögert und frühzeitig Hilfe in Anspruch genommen werden. Es empfiehlt sich im Zweifel, den Notruf (112) zu wählen. Auch die nächste psychiatrische Klinik oder der sozialpsychiatrische Dienst sind wichtige Anlaufstellen.
Vorsicht: Einzelne körperliche Symptome wie Schlafstörungen oder sexuelle Unlust können viele Ursachen haben und sind noch kein Beweis für eine Depression. Auch die Durchführung eines Online-Selbsttests kann keine ärztliche Diagnose ersetzen. Bei länger anhaltenden und/oder starken Beschwerden sollte daher immer ein ärztlicher oder psychotherapeutischer Rat eingeholt und eine Therapie eingeleitet werden. Grundsätzlich ist es wichtig, bei den genannten Symptomen zunächst körperliche oder andere psychische Ursachen auszuschließen.
Die gute Nachricht ist, dass es effektive Therapiemaßnahmen gibt, mit denen sich Depressionen behandeln lassen. Zum einen kann eine medikamentöse Behandlung durch die Gabe von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (Antidepressiva) wirksam sein. Neben der Einnahme von Medikamenten ist zudem eine Psychotherapie sinnvoll. Daneben können auch Selbsthilfegruppen zu einer Besserung der Beschwerden beitragen.
Bei Fragen zur Erkrankung Depression und depressiven Verstimmungen oder der Anlaufstelle vor Ort, kann das Info-Telefon Depression unter der Telefonnummer 0800 / 33 44 533 helfen.