Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis)
Die afrikanische Schlafkrankheit (Trypanosomiasis) ist eine Infektionskrankheit, die nur im tropischen Afrika vorkommt. Die Erreger, Trypanosomen, werden durch den Stich der Tsetsefliege auf den Menschen übertragen.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Überblick
Bei der afrikanischen Schlafkrankheit unterscheidet man zwei Varianten, die ost- und die westafrikanische Form. Diese unterscheiden sich nach der Art des Erregers und vor allem in der Dauer des Krankheitsverlaufs.
Beide Krankheitsformen zeigen insgesamt zwei Stadien. Erstes Anzeichen bei einer Trypanosomiasis ist oft eine Entzündung an der Einstichstelle (Trypanosomenschanker), die bei der westafrikanischen Form jedoch seltener zu sehen ist als bei der ostafrikanischen Schlafkrankheit. Weitere Anzeichen im ersten Stadium sind Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Lymphknotenschwellungen.
Im zweiten Stadium der Schlafkrankheit durchdringen die Erreger die Blut-Hirn-Schranke. Es treten Symptome einer Hirnhautentzündung (Meningitis) auf sowie die namensgebenden Schlafstörungen. Gestörte Bewegungsabläufe, Reizbarkeit und Wesensveränderungen sind weitere Hinweise auf die Schlafkrankheit. Im Endstadium sind Betroffene apathisch, es ist ihnen nicht mehr möglich, mit ihrer Umgebung Kontakt aufzunehmen, und sie hören auf zu essen und zu trinken.
Die ostafrikanische, durch den Erreger Trypanosoma brucei rhodesiense verursachte Schlafkrankheit verläuft wesentlich schneller und kann bereits vor dem Übergang in ein zweites Stadium durch die Beteiligung des Herzens tödlich enden. Die westafrikanische Form wird durch den Erreger Trypanosoma brucei gambiense hervorgerufen – hier stehen Symptome, die das zentrale Nervensystem betreffen, im Vordergrund.
Der Erreger der Schlafkrankheit lässt sich mikroskopisch nachweisen, im ersten Stadium an der Einstichstelle und im Blut, im zweiten Stadium aus befallenen Lymphknoten oder der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor). Medikamente können die Sterblichkeit der Trypanosomiasis auf drei bis zehn Prozent senken, diese gehen jedoch mit vielen Nebenwirkungen einher.
Ohne Therapie endet die Schlafkrankheit immer tödlich, Betroffene sterben an fortschreitendem Gewichtsverlust (Kachexie) oder Sekundärinfektionen. Afrikareisende sollten daher an vorbeugende Maßnahmen wie zum Beispiel lange Kleidung oder Insektenschutzmittel denken.
Definition
Die Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) ist eine Infektionskrankheit, die durch Parasiten, die Trypanosomen, verursacht wird. Nach den Erregern unterscheidet man zwei Formen der afrikanischen Trypanosomiasis: Die westafrikanische und die ostafrikanische Schlafkrankheit. Die beiden Varianten sind von unterschiedlicher Dauer und unterscheiden sich im Krankheitsverlauf.
Die Schlafkrankheit ruft zunächst Symptome wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen hervor. Später kommt es zu den namensgebenden Schlafstörungen, Verhaltensstörungen und Hirnhautentzündung. Unbehandelt führt die Schlafkrankheit zum Tod. Bei der ostafrikanischen Trypanosomiasis wird oft auch das Herz in Mitleidenschaft gezogen, bei der westafrikanischen Variante der Schlafkrankheit steht die chronische Hirnentzündung im Vordergrund.
Die ostafrikanische Schlafkrankheit befällt neben dem Menschen auch Wild- und Haustiere, die damit außerdem als Erregerreservoir von Bedeutung sind. Die Schlafkrankheit tritt ausschließlich in Afrika auf.
Ursachen
Die afrikanische Schlafkrankheit ist eine Infektionskrankheit, die durch Trypanosomen ausgelöst wird. Diese Erreger werden durch den Stich der Tsetsefliege übertragen.
Erreger
Trypanosomen sind Parasiten, die beim Menschen in Blut und Lymphflüssigkeit leben. Sie können je nach Gattung verschiedene Krankheitsbilder hervorrufen: Neben der afrikanischen Schlafkrankheit, die durch Trypanosoma brucei gambiense (westafrikansiche Form) beziehungsweise Trypanosoma brucei rhodesiense (ostafrikanische Form) verursacht wird, wird auch die Chagas-Krankheit durch Trypanosomen (Trypanosoma cruzi) ausgelöst.
Trypanosoma brucei gambiense kommen ausschließlich beim Menschen vor, demgegenüber befällt Trypanosoma brucei rhodesiense auch Tiere.
Der Erreger der Schlafkrankheit wird durch verschiedene Untergruppen der Tsetsefliegen übertragen.
Inkubationszeit
Bei der westafrikanischen Schlafkrankheit kommt es nach zwei bis drei Wochen nach dem infizierten Stich zum ersten Stadium der Erkrankung, bei der ostafrikanischen Schlafkrankheit ist die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Schlafkrankheit (Inkubationszeit) etwas kürzer.
Symptome
Beide Formen der Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) verlaufen in zwei Stadien, die sich allerdings in ihrer Dauer unterscheiden. Auch die Symptome können sehr unterschiedlich sein.
Stadium I
Bereits der Stich der Tsetsefliege ist sehr schmerzhaft. An der Einstichstelle entsteht eine teigige, gerötete Schwellung (Trypanosomenschanker), die nach Tagen bis Wochen selbstständig abheilt. Bei der westafrikanischen Schlafkrankheit ist die Einstichstelle allerdings nur in 20 Prozent der Fälle zu sehen. Bei beiden Krankheitsformen bekommt der Betroffene nach der Infektion Fieber.
Bei der westafrikanischen Form werden häufig Lymphknotenschwellungen, insbesondere der hinteren Halslymphknoten, beobachtet (Winterbottomsches Zeichen).
Das Stadium I verläuft bei der ostafrikanischen Schlafkrankheit schwerer als bei der westafrikanischen Form.
Stadium II
Nachdem sich die Parasiten vermehrt haben, werden sie auf dem Blut- und Lymphweg im Körper verschleppt, durchdringen die Blut-Hirn-Schranke und erreichen das Zentralnervensystem (enzephalitisches Stadium). Dies geschieht bei der westafrikanischen Form meist erst nach Wochen bis Monaten, teilweise auch nach Jahren nach Stadium I. Bei der ostafrikanischen Form hingegen dauert dies nur wenige Tage beziehungsweise Wochen.
Im Stadium II nehmen die Fieberschübe in ihrer Stärke allmählich ab. Der Betroffene leidet unter Kopfschmerzen und es kommt zu einer Wesensveränderung und zu Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Im Endstadium ist der Betroffene apathisch und es gelingt ihm nicht mehr, mit seiner Umgebung einen geregelten Kontakt aufzunehmen. Außerdem hören Infizierte auf zu essen und zu trinken, sodass es ohne Behandlung zu Auszehrung und Infekten kommt, die unbehandelt letztendlich zum Tode führen.
Bei der ostafrikanischen Schlafkrankheit kommt es nach circa 3 bis 9 Monaten zum Tod. Häufige Todesursache ist bei dieser Form Herzversagen.
Diagnose
Bei der Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) ist es wichtig, rechtzeitig die richtige Diagnose zu stellen. Erkrankt jemand nach einem Tropenaufenthalt an Fieber, fällt der erste Verdacht oft auf Malaria. Nach wiederholt negativem Malariabefund nach einem Aufenthalt in entsprechenden Regionen Afrikas sollte der Arzt die Diagnose afrikanische Schlafkrankheit in Betracht ziehen. Um die Diagnose zu sichern, muss ein Erregernachweis erfolgen.
Ein für die Schlafkrankheit typischer, wenn auch nicht spezifischer Befund ist die Erhöhung der IgM-Globuline, einer bestimmten Antikörperuntergruppe sowohl im Blut als auch im Liquor. Die vermehrte Zahl der IgM-Globuline ist auf die ständigen Wechsel der Oberflächenantigene der Parasiten zurückzuführen. Außerdem stehen heute serologische Methoden der Diagnose zur Verfügung (Immunfluoreszenz, Enzym-Immunoessay).
Therapie
Die Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) erfordert aufgrund der hohen Toxizität eine Therapie unter medizinischer Betreuung, die meist stationär erfolgt.
Vor Beginn der Behandlung wird mit einer Liquorpunktion geklärt, ob ein Befall des Nervensystems vorliegt. Ist dies nicht der Fall, kann man davon ausgehen, dass sich der Infizierte noch im Primärstadium befindet, das mit Suramin bei der ostafrikanischen Schlafkrankheit oder Pentamidin bei der westafrikanischen Variante behandelt wird. Beide Medikamente gehen mit starken Nebenwirkungen einher.
Ist das Nervensystem bereits befallen, sind diese Substanzen jedoch wirkungslos. In diesem Fall erfolgt – im Anschluss an eine Vorbehandlung mit Suramin oder Pentamidin – im Falle der ostafrikanischen Variante die Gabe von Melarsoprol. Melarsoprol enthält Arsen in einer organischen Verbindung und ist giftig, sodass die Behandlung auch bei fachgerechtem Einsatz in manchen Fällen zum Tod führen kann. Melarsoprol ist in Deutschland nicht zugelassen.
Zur Therapie der westafrikanischen Schlafkrankheit können die Wirkstoffe Eflornithin und Nifortimox verwendet werden.
Verlauf
In seltenen Fällen wurden bei der westafrikanischen Form der Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) Spontanheilungen vor dem Befall des Zentralnervensystems beobachtet. Im späteren Verlauf, also nach dem Befall des Nervensystems scheint dies nicht mehr vorzukommen. Dann verlaufen beide Formen der Schlafkrankheit unbehandelt tödlich.
Je nach Erreger nimmt die Schlafkrankheit einen unterschiedlichen Verlauf. Während bei der ostafrikanischen Schlafkrankheit häufig das Herz betroffen ist, kommt es bei der westafrikanischen Schlafkrankheit zu einer chronischen Hirnentzündung, die mit Persönlichkeitsveränderungen, Verwirrtheitszuständen und Kräfteverfall einhergeht.
Die westafrikanische Schlafkrankheit schreitet in der Regel eher langsam fort. Das zweite Stadium wird erst nach Monaten erreicht. Wird die Erkrankung nicht behandelt kommt es zu Mangelernährung oder Sekundärinfektionen.
Die ostafrikanische Form der Schlafkrankheit schreitet schnell fort und verläuft akut und fieberhaft. Hierbei kann es, noch bevor Stadium II erreicht wird, zum Herztod des Betroffenen kommen. Stadium II tritt bei der ostafrikanischen Form bereits nach einigen Wochen ein.
Vorbeugen
Vorbeugende Maßnahmen gegen die Schlafkrankheit (afrikanische Trypanosomiasis) bestehen in erster Linie darin, die Tsetsefliege in den betroffenen Ländern zu bekämpfen sowie Fliegenstiche zu vermeiden. Wer schützende Kleidung (Imprägnieren mit Permethrin) trägt und Moskitonetze verwendet, kann sich vor den Fliegenstichen schützen. Mit Anti-Mücken-Sprays oder Ähnlichem kann man nur mäßig effektiv vorbeugen.
Eine Chemoprophylaxe mit Suramin oder Pentamidin ist theoretisch möglich. Aufgrund der Resistenzentwicklung und der hohen Giftigkeit wird die Chemoprophylaxe jedoch nicht empfohlen.