Anenzephalie: Symptome, Lebenserwartung & Ursachen
Die Anenzephalie ist eine schwere angeborene Fehlbildung: Den betroffenen Babys fehlen große Teile des Gehirns und das Schädeldach, wodurch der Kopf eine charakteristische Form hat. Was Ursachen sind und wie sich die Fehlbildung auf die Lebenserwartung auswirkt.
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Mediziner*innen geprüft.
Zusammenfassung
- Definition: Bei der Anenzephalie handelt es sich um eine schwere angeborene Fehlbildung.
- Symptome: Bei einem Kind mit Anencephalus fehlen Schädeldach und Großhirn weitgehend und die Augen treten meist deutlich hervor. Weitere Symptome sind möglich, wie beispielsweise abstehende Ohren oder eine Gaumenspalte.
- Ursachen: Die genaue Ursache der Entwicklungsstörung ist unklar. Jedoch bestehen Risikofaktoren, wozu vor allem ein Folsäuremangel zählt.
- Diagnose: Durch eine Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft lässt sich eine Anenzephalie erkennen.
- Behandlung: Es steht keine Therapie zur Verfügung. Die betroffenen Babys versterben mitunter im Mutterleib oder überleben nur wenige Tage bis Wochen oder Monate.
- Vorbeugung: Wichtig ist vor allem, dass Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch ausreichend Folsäure zu sich nehmen.
Was ist eine Anenzephalie?
Die Anenzephalie ist per Definition eine Fehlbildung infolge einer Entwicklungsstörung in der Frühschwangerschaft. Sie ist durch das Fehlen wichtiger Schädelknochen und Gehirnteile gekennzeichnet. Im Extremfall findet sich bei Babys mit einem Anencephalus anstelle des Gehirns eine funktionslose Gewebsmasse. Der Begriff "Anenzephalie" leitet sich vom Griechischen ab und bedeutet "Ohne Gehirn".
Die Anenzephalie ist die schwerste angeborene Fehlbildung des Zentralnervensystems (ZNS: Gehirn und Rückenmark).
Anenzephalie: Häufigkeit
In Mitteleuropa kommt es bei 1 bis 2 von 1.000 Schwangerschaften zu einer Anenzephalie. Gab es bereits in einer Familie ein Kind mit Anenzephalie, besteht ein Wiederholungsrisiko von zwei bis drei Prozent.
Nach angeborenen Herzfehlern und Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sind Neuralrohrdefekte die häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Dabei treten Anenzephalie und Spina bifida etwa gleich häufig auf.
Anenzephalie: Auswirkung auf Lebenserwartung
Insgesamt ist die Anenzephalie eine so schwerwiegende Fehlbildung, dass die betroffenen Kinder nicht lebensfähig sind. Sie kommen oftmals schon tot zur Welt oder sterben bei der Geburt beziehungsweise wenige Stunden bis Tage danach. Mitunter leben betroffene Babys auch einige Wochen bis Monate.
Anenzephalie: Symptome und Aussehen
Eine Anenzephalie ist durch ihre typischen Symptome unverkennbar: Bei einem Kind mit Anencephalus fehlen Schädeldecke und Großhirn weitgehend. Dies verleiht dem Kopf ein typisches Aussehen, das zur Bezeichnung Froschkopf oder Krötenkopf geführt hat. Gleichzeitig treten bei einer Anenzephalie oft aufgrund zu flacher Augenhöhlen die Augen hervor (Exophthalmus).
Ein weiteres mögliches Symptom bei einer Anenzephalie kann eine erhöhte Fruchtwassermenge (Hydramnion) sein: Da ein ungeborenes Kind mit Anencephalus keine Schluckreflexe hat, vermehrt sich in der Regel das Fruchtwasser während der Schwangerschaft über die normalen zwei Liter hinaus.
Weitere Symptome bei Anencepahlus sind:
- breiter, flacher Schädel
- kleine Ohren, die meist nach vorne abstehen
- oft liegt eine Gaumenspalte vor
- fehlender Hals
- Brust und Gesicht bilden eine Fläche
- Kreislauf-, Temperaturregluations- und Atmungsfunktionen sind intakt
- starke Schmerzempfindlichkeit bei lebend geborenen Babys
Anenzephalie: Ursachen und Risikofaktoren
Die Anenzephalie ist, wie die Spina bifida (offener Rücken), ein sogenannter Neuralrohrdefekt. Kommt es zu einer Entwicklungsstörung des Nervensystems während der dritten bis vierten Schwangerschaftswoche, kann eine Anenzephalie entstehen. Der genaue Auslöser für die Entwicklungsstörung ist unbekannt.
Das Neuralrohr stellt ein Frühstadium des Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark) und seiner Umgebung (d. h. Knochen, Muskeln, Bindegewebe) dar. Es entsteht durch die Verschmelzung paarig angelegter Nervenwülste: Dies findet etwa am 18. Entwicklungstag des Embryos statt. Aus dem unteren Abschnitt des Neuralrohrs entwickeln sich dann das Rückenmark und die Wirbelsäule, aus dem oberen Abschnitt das Gehirn und das Schädeldach. Wird die Entwicklung in dieser Zeit gestört, kann das je nach Lage verschiedene Neuralrohrdefekte verursachen:
- Wenn die oberen Abschnitte des Neuralrohrs nicht verschmelzen, hat dies eine Anenzephalie zur Folge.
- Wenn der Verschluss des Neuralrohrs im unteren Bereich gestört ist, entsteht eine Spina bifida.
Mögliche Risikofaktoren einer Anenzephalie
Es können verschiedene Risikofaktoren die Entstehung einer Anenzephalie begünstigen. Dazu zählen etwa:
- ein Folsäuremangel des Embryos (etwa infolge einer Störung im Folsäure-Stoffwechsel der Mutter)
- erbliche Faktoren
- in der Schwangerschaft eingenommene Medikamente gegen Epilepsie
- sehr junges Alter bei Erstgebärenden
- höheres Alter der Mutter
Wie lässt sich eine Anenzephalie diagnostizieren?
Bei der Anenzephalie ist die Diagnose schon möglich, bevor das Kind geboren ist: Wie bei jedem anderen Neuralrohrdefekt kann eine Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft zeigen, ob die beim Anencephalus unverkennbaren Fehlbildungen vorliegen.
Vor allem das fehlende Schädeldach ist im vorgeburtlichen Ultraschall deutlich zu erkennen, aber auch die Kopfform und hervortretenden Augen.
Neben dem Ultraschall kann bei einer Anenzephalie eventuell auch eine Blutuntersuchung zur Diagnose beitragen: Mit dem sogenannten Triple-Test lassen sich bis zu 80 Prozent der Neuralrohrdefekte aufdecken. Der Triple-Test erfolgt in der 16. Schwangerschaftswoche.
Anenzephalie: Lässt sich die Fehlbildung behandeln?
Gegen die Anenzephalie steht noch keine Therapie zur Verfügung. Ein Fötus mit Anencephalus ist in den meisten Fällen nicht lebensfähig; die meisten Kinder mit einem solchen Neuralrohrdefekt kommen bereits tot zur Welt oder sterben kurz nach der Geburt.
Wenn die*der Ärztin*Arzt beim ungeborenen Kind im Rahmen der vorgeburtlichen Diagnostik (Pränataldiagnostik) eine Anenzephalie feststellt, können sich Eltern daher für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Sie können sich aber auch trotz Anenzephalie dafür entschließen, das Kind auszutragen und es nach der Geburt bis zum Tod zu begleiten.
Kann man einer Anenzephalie vorbeugen?
Einer Anenzephalie lässt sich nicht mit Sicherheit vorbeugen, da die genaue Ursache der Fehlbildung des Zentralnervensystems unklar ist. Allerdings sind einige vermeidbare Risikofaktoren bekannt, die einen Neuralrohrdefekt begünstigen – allen voran der Mangel am B-Vitamin Folsäure.
Wer schwanger ist oder eine Schwangerschaft plant, sollte daher zusätzlich ein Folsäure-Präparat einnehmen, um das Risiko einer Anenzephalie für das Kind so gering wie möglich zu halten. Nach Möglichkeit sollte schon beim Kinderwunsch mit der Folsäure-Einnahme begonnen und bis acht Wochen nach der Empfängnis fortgeführt werden. Der*die Gynäkolog*in berät über ein geeignetes Präparat, die genaue Dosierung und den Zeitraum der Einnahme.